TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/3 W129 2181294-1

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Veröffentlicht am 03.12.2020
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Entscheidungsdatum

03.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GehG §113 Abs13
GehG §13b
GehG §175 Abs79 Z2
GehG §8 Abs1

Spruch


W129 2181294-1/21E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch Kugler Wohlgemuth Rechtsanwälte, wegen Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung aufgrund der mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2008092-2/5E, erfolgten Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages, zu Recht:

A)

1.) Es wird festgestellt, dass dem Beschwerdeführer am 01.01.2006 ein Gehalt der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2 in der Gehaltsstufe 16 mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 17 am 01.01.2008 gebührte.

2.) Dem Beschwerdeführer gebührt eine Nachzahlung der Bezugsdifferenz gemäß § 13b GehG 1956 iVm § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010 ab 01.07.2006.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2008092-2/5E, wurde der 20.12.1975 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers neu festgesetzt (bisher: 29.04.1979).

Im Erkenntnis erfolgte zudem der Hinweis, dass die belangte Behörde noch über den (bereits am 31.03.2010 erfolgten) Antrag auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung des Beschwerdeführers unter Bedachtnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und den Anwendungsvorrang des Europarechtes abzusprechen habe.

Die Zustellung des Erkenntnisses an die belangte Behörde erfolgte am 18.10.2016. Weder der Beschwerdeführer noch die belangte Behörde erhoben das Rechtsmittel der Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

2. Mit Bescheid der belangten Behörde, Zl. LGSKtn/PER/2017 vom 15.11.2017 erfolgte die Abweisung des Antrages auf Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung.

Aufgrund der mit dem Besoldungsrechtsanpassungsgesetz, BGBl. I Nr. 104/2016, geschaffenen Rechtslage könne die „Erledigungsempfehlung“ des Bundesverwaltungsgerichtes nicht umgesetzt werden.

3. Gegen den genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht das Rechtsmittel der Beschwerde

4. Die Beschwerde langte am 02.01.2018 beim Bundesverwaltungsgericht ein; das Beschwerdeverfahren wurde zunächst faktisch, in weiterer Folge mit Beschluss vom 05.04.2019, Zl. W129 2181294-1/5Z, bis zur Klärung der Rechtsfrage ausgesetzt, die dem EuGH mit Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom 30.06.2017, W128 2148285-1/2Z, zur Vorabentscheidung vorgelegt wurde.

Diese Vorabentscheidung des EuGH erfolgte am 08.05.2019 (C-24/17).

5. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 27.05.2019 wurden (unter anderem) Gehaltszettel des Beschwerdeführers vorgelegt, aus denen die bisherige besoldungsrechtliche Stellung zum Stichtag 01.01.2015 wie folgt hervorgeht: Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2 in der Gehaltsstufe 18 mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 18 am 01.07.2015.

6. Ein zwischenzeitlich eingebrachter Fristsetzungsantrag des Beschwerdeführers wurde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.01.2000, Fr 2019/12/0042-3, zurückgewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Beschwerdeführer ist Beamter der Allgemeinen Verwaltung (Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2) und dem Arbeitsmarktservice, Landesgeschäftsstelle Kärnten zur Dienstleistung zugewiesen. Am 31.03.2010 stellte er einen Antrag auf Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages und Neufestsetzung seiner besoldungsrechtlichen Stellung.

Mit rechtskräftigem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12.10.2016, Zl. W213 2008092-2/5E, wurde der 20.12.1975 als Vorrückungsstichtag des Beschwerdeführers neu festgesetzt (bisher: 29.04.1979).

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ergibt sich aus der eindeutigen Aktenlage. Sowohl dem Beschwerdeführer als auch der belangten Behörde wurde hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente und bestimmter rechtlicher Schlussfolgerungen Parteiengehör gewährt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da eine Senatsentscheidung in den einschlägigen Bundesgesetzen nicht vorgesehen ist, liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Zu A)

3.2 Mit BGBl. I 82/2010 wurde in § 8 Abs. 1 GehG 1956 festgelegt, dass der für die Vorrückung in die zweite in jeder Verwendungsgruppe in Betracht kommende Gehaltsstufe erforderliche Zeitraum fünf Jahre, ansonsten zwei Jahre beträgt.

Wie der EuGH in seinem Urteil vom 11.11.2014, C-530/13 (Schmitzer), ausführte, muss ein Beamter die Möglichkeit haben, unter Berufung auf Art. 2 RL die diskriminierenden Wirkungen der Verlängerung der Vorrückungszeiträume anzufechten, auch wenn er zuvor eine Neufestsetzung des Vorrückungsstichtages nach Neurecht durch diesbezügliche Antragstellung erwirkt hat. Eine gänzliche Nichtanwendung der Bestimmungen zur Vorrückung und zu den anrechenbaren Zeiten, wie es § 175 Abs. 79 Z 3 GehG idF BGBl. I Nr. 32/2015 normiert, widerspricht diesem Grundsatz. Die RL steht nationalen Regelungen entgegen, wonach zur Beendigung einer Diskriminierung wegen des Alters Schulzeiten und Zeiten der Berufserfahrung berücksichtigt werden, aber für die von dieser Diskriminierung betroffenen Beamten zugleich eine Verlängerung des für die Vorrückung erforderlichen Zeitraums eingeführt wird.

Aus der Rechtssache Leitner (EuGH 08.05.2019, C-396/17) ergibt sich, dass eine rückwirkend in Kraft gesetzte Regelung, die die diskriminierende Wirkung der alten Regelung perpetuiert, dem Unionsrecht widerspricht. Auch der VwGH hat mittlerweile Amtsrevisionen zurückgewiesen, die sich gegen die Neufestsetzung der besoldungsrechtlichen Stellung wandten (zB VwGH 27.05.2019, Ra 2016/12/0110).

3.3. Aus alldem ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass eine regelmäßige Vorrückung von zwei Jahren hätte stattfinden müssen. Alle dem entgegen stehenden gesetzlichen Bestimmungen haben aufgrund von Art. 2, 6, 9 und 16 der RL 2000/78 unangewendet zu bleiben.

Das bedeutet, dass auf Basis des vom Bundesverwaltungsgericht rechtskräftig festgestellten Vorrückungsstichtages (20.12.1975) dem Beschwerdeführer am 01.01.2006 ein Gehalt der Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 2 in der Gehaltsstufe 16 (mit nächster Vorrückung in die Gehaltsstufe 17 am 01.01.2008) gebührte.

3.4. Zur Nachzahlung der Bezugsdifferenz:

Zum Zeitpunkt der Antragstellung regelte § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010, dass der Zeitraum vom 18.06.2009 bis zum Tag der Kundmachung des BGBl 82/2010 (das war der 30.08.2010) nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist anzurechnen ist (Verjährungsverzicht).

Dem Beschwerdeführer gebührt eine Nachzahlung der Bezugsdifferenz, wobei die Verjährungsfrist des § 13b GehG 1956 iVm dem Verjährungsverzicht des § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010 anzuwenden ist.

Die Wortfolge „diese Bestimmungen sind in laufenden und künftigen Verfahren nicht mehr anzuwenden“ in § 175 Abs. 79 Z 2 GehG 1956 idF BGBl. 32/2015 hat aufgrund des unionsrechtlichen Effektivitäts- und Äquivalenzprinzips und des Vertrauensschutzes unangewendet zu bleiben.

Da der Antrag am 31.03.2010 gestellt wurde und daher in den Zeitraum fällt, für den ein Verjährungsverzicht abgegeben wurde, verlängert sich die dreijährige Verjährungsfrist um neun Monate und 12 Tage (Zeitraum zwischen 19.06.2009 und 31.03.2010), daraus ergibt sich zunächst der 19.06.2006. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt die "anspruchsbegründende Leistung" nach § 13b Abs. 1 GehG 1956 im Bestand eines Dienstverhältnisses am Monatsersten (Fälligkeitsdatum). Nachdem mit dem Monatsersten der Anspruch auf den gesamten Monatsbezug entsteht, beginnt auch die dreijährige Verjährungsfrist bereits mit Ablauf des Monatsersten zu laufen (VwGH 19.09.2003, 2003/12/0002). Somit gebührt die Nachzahlung der Bezugsdifferenz gemäß § 13b GehG 1956 iVm § 113 Abs. 13 GehG 1956 idF BGBl. I 82/2010 letztlich ab 01.07.2006.

3.5. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass dienstrechtliche Streitigkeiten öffentlich Bediensteter unter den Begriff der "civil rights" im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 MRK fallen, insoweit derartige Streitigkeiten durch die innerstaatliche Rechtsordnung geregelte, subjektive Rechte oder Pflichten des jeweils betroffenen Bediensteten zum Gegenstand haben (vgl. VwGH 13.09.2017, Ro 2016/12/0024 mwN).

Demnach kann eine Verhandlungspflicht gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK nur dann entfallen, wenn die Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen Platz greifen (vgl. VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067).

Da sich im vorliegenden Fall der Sachverhalt aus den Akten ergibt, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung seitens des rechtsfreundlich vertretenen Beschwerdeführers faktisch verzichtet wurde (im Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 10.03.2020 wurde eine schriftliche Entscheidung für den Fall angekündigt, dass im Rahmen des eingeräumten Parteiengehörs kein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt werde) und da es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handelt, kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

3.6. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Der Wortlaut der angewandten Bestimmung ist eindeutig.

4. Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Beamter besoldungsrechtliche Stellung Bezugsdifferenz EuGH Gehaltsstufe Nachzahlungsanspruch Neufestsetzung Verwendungsgruppe Vorrückungsstichtag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W129.2181294.1.00

Im RIS seit

12.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

12.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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