TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/3 97/08/0047

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.06.1997
beobachten
merken

Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
20/01 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB);
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ABGB §7;
AlVG 1977 §33 Abs1;
AlVG 1977 §36 Abs1;
AlVG 1977 §6 Abs1;
ASVG §292;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des D in W, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in W, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftssstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 23. Februar 1996, Zl. Abt. 12/7022/7100 B, betreffend Auszahlung einer Ausgleichszulage zur "Alterspension aus der Arbeitslosenversicherung", zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und der ihr angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ergibt sich nachstehender Sachverhalt:

Mit Bescheid vom 24. Jänner 1996 wies das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste den Antrag des Beschwerdeführers auf Auszahlung einer Ausgleichszulage in der Höhe von S 3.193,-- monatlich zu seiner "Alterspension aus der Arbeitslosenversicherung" ab.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, wobei er im wesentlichen vorbrachte, die von ihm bezogene Leistung aus der Arbeitslosenversicherung hieße zwar nominell-formell "Notstandshilfe", wäre aber funktionell-materiell nichts anderes als eine Alterspension. Die Ausgleichszulage wäre daher zufolge analoger Anwendung der §§ 292 ff ASVG auszuzahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt. Nach der Begründung beziehe der Beschwerdeführer seit dem 1. März 1991 - mit Unterbrechungen - Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung. Derzeit beziehe der Beschwerdeführer Notstandshilfe, jedoch keine "Alterspension aus der Arbeitslosenversicherung". Da dem Arbeitslosenversicherungsgesetz eine Leistungsart "Ausgleichszulage" fremd und eine analoge Anwendung der §§ 292 ff ASVG nicht zulässig sei, habe der Antrag auf Zuerkennung einer solchen Ausgleichszulage abgewiesen werden müssen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluß vom 25. November 1996, B 908/96, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt im wesentlichen - wie bereits im Verwaltungsverfahren - vor, eine Versorgungsleistung aus der Arbeitslosenversicherung (Notstandshilfe) zu beziehen. Dabei handle es sich seiner Ansicht nach aber um eine "effektiv-faktische Alterspension". Das seien alle Versorgungsleistungen der öffentlichen Hand, die - unabhängig davon, wie sie gesetzlich benannt oder bezeichnet würden - an natürliche Personen, die bereits das effektiv-faktische Pensionsalter erreicht hätten, ausbezahlt würden.

Effektiv-faktisches Pensionsalter sei jenes Lebensalter, ab welchem eine Person keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen könne, weil der Arbeitsmarkt Personen ab diesem Alter vom aktiven Erwerbsleben generell aussperre und keine Arbeit mehr finden lasse. Dieses effektiv-faktische, weil arbeitsmarktbedingte Pensionsalter sei nach Auffassung des Beschwerdeführers in Österreich derzeit das 50. Lebensjahr, weil alle Personen ab diesem Lebensjahr aus dem aktiven Erwerbsleben durch Kündigung, Entlassung udgl. hinausgedrängt würden und am Arbeitsmarkt keinerlei Arbeit mehr finden könnten. Der Beschwerdeführer stehe im 54. Lebensjahr und habe damit das effektiv-faktische Pensionsalter überschritten, sodaß seine aus Mitteln der Arbeitslosenversicherung gezahlte Versorgungsleistung eine effektiv-faktische Alterspension sei, ungeachtet ihrer formal-gesetzlichen Bezeichnung als "Notstandshilfe". Da diese Alterspension nicht den Ausgleichszulagenrichtsatz erreiche, stehe dem Beschwerdeführer in analoger Rechtsanwendung des § 292 ASVG eine Ausgleichszulage zu.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Der Beschwerdeführer bezieht als Leistung der Arbeitslosenversicherung Notstandshilfe. Voraussetzung dafür ist unter anderem, daß er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht. Der Arbeitsvermittlung steht nach § 7 Abs. 2 AlVG zur Verfügung, wer eine Beschäftigung aufnehmen kann und darf und arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, daß bei ihm diese Voraussetzungen gegeben sind. Wäre dies nicht der Fall, hätte er im übrigen gar keinen Anspruch auf Notstandshilfe.

Dem Beschwerdeführer kann schon nicht gefolgt werden, wenn er behauptet, bei der ihm gewährten Notstandshilfe handle es sich um eine "effektiv-faktische Alterspension". Für eine analoge Anwendung der §§ 292 ff ASVG, die die Ausgleichszulage zu Pensionen aus der Pensionsversicherung regeln, ist im Bereich der Arbeitslosenversicherung mangels einer bestehenden planwidrigen Rechtslücke kein Raum. Zur Sicherung des Lebensunterhaltes (iS einer Grundversorgung) ist nämlich (außerhalb des gesetzlichen Pensionssystems) die Sozialhilfe zuständig. Die bloße Meinung des Beschwerdeführers, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt noch nicht die Annahme einer Gesetzeslücke. Das System der Arbeitslosenversicherung ist grundsätzlich auf einen zeitlich befristeten Status ausgerichtet, in dem für den Zeitraum der Arbeitslosigkeit eine bestimmte Existenzsicherung bis zum Neuantritt einer Beschäftigung gewährleistet werden soll. Die dauernde Absicherung durch soziale Transfers wird hingegen von anderen Versicherungs- bzw. Versorgungssystemen geleistet, wie etwa der gesetzlichen Pensions- oder Unfallversicherung, teilweise auch der Sozialhilfe.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war diese ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Analogie Schließung von Gesetzeslücken VwRallg3/2/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997080047.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten