TE Bvwg Erkenntnis 2020/12/3 W227 2231684-1

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Veröffentlicht am 03.12.2020
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Entscheidungsdatum

03.12.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
StudFG §32 Abs1
StudFG §6 Z1

Spruch


W227 2231684-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX gegen den Bescheid des Senats der Studienbeihilfenbehörde an der Stipendienstelle Wien vom 23. März 2020, Zl. 451582001, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin schloss am 26. Juni 2019 das Bachelorstudium „Soziale Arbeit“ an der Fachhochschule FH Campus Wien ab. Für dieses Studium wurde ihr Studienbeihilfe gewährt.

Im Wintersemester 2019/2020 wurde sie zum Masterstudium „Kinder und Familienzentrierte Soziale Arbeit“ an der FH Campus Wien zugelassen und beantragte dafür am 22. September 2019 Studienbeihilfe.

2. Mit Bescheid vom 1. Oktober 2019 bewilligte die Studienbeihilfebehörde der Beschwerdeführerin Studienbeihilfe ab September 2019 in Höhe von monatlich 455,00 Euro.

3. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Vorstellung.

4. Mit dem angefochtenen Bescheid gab der Senat der Studienbeihilfenbehörde der Vorstellung teilweise statt und änderte den Bescheid vom 1. Oktober 2019 gemäß „§ 44, §§ 6 -12, § 26 Abs. 2, § 28, § 52c, §§ 30 – 32“ Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) wie folgt ab:

„Ihr Antrag vom 22. September 2019 auf Gewährung einer Studienbeihilfe für den Fachhochschul-Studiengang FH-MasterStG Kinder und Familienzentrierte Arbeit wird bewilligt.

Die Höhe der Studienbeihilfe beträgt monatlich:

ab September 2019: 465,00 Euro

Als Rückvergütung des Studienbeitrages erhalten Sie einen Studienzuschuss in der Höhe von 363,36 Euro für das Wintersemester 2019 und 363,36 Euro für das Sommersemester 2020.“

Begründend führte der Senat der Studienbeihilfenbehörde zusammengefasst aus:

Die Beschwerdeführerin sei am XXXX geboren und verheiratet; sie habe 2 Kinder (2011 und 2014 geboren) und keinen Selbsterhalterstatus. Für die Ermittlung der finanziellen Förderungswürdigkeit sei somit sowohl das Einkommen ihrer Eltern als auch das Einkommen ihres Ehemannes aus dem Kalenderjahr 2018 maßgeblich.

Für ihren Ehemann ergebe sich auf Grund der vom Finanzamt übermittelten Einkommensdaten (Jahreslohnzettel und Arbeitnehmerveranlagung 2018) ein Einkommen i.S.d. StudFG in Höhe von 31.112,63 Euro.

Für den Vater der Beschwerdeführerin sei laut letztergangenem Einkommensteuerbescheid 2017 ein Einkommen i.S.d. StudFG von 12.145,53 Euro ermittelt worden.

Für die Mutter ergebe sich auf Grund der vom Finanzamt übermittelten Einkommensdaten (Jahreslohnzettel und Arbeitnehmerveranlagung 2018) ein Einkommen i.S.d. StudFG in Höhe von 22.257,48 Euro.

Da die Eltern im gemeinsamen Haushalt leben würden, ergebe deren gemeinsames Einkommen 34.403,01 Euro. Daraus errechne sich nach Abzug der Freibeträge eine jährliche zumutbare Unterhaltsleistung von 2.913,06 Euro.

Vom Ehemann der Beschwerdeführerin ergebe sich nach Abzug der Freibeträge und Absetzbeträge für beide Kinder eine jährliche zumutbare Unterhaltsleistung in Höhe von 3.618,79 Euro – daraus resultierend errechne sich eine monatliche Studienbeihilfe von derzeit 455,00 Euro.

Vom Ehemann seien im Zuge der Vorstellung die Monatslohnzettel aus 2019 von Jänner bis September nachgereicht worden (die Monate Oktober bis Dezember seien hochgerechnet worden).

Nach Berücksichtigung aller eingebrachten Vorwände (Abzug von Beiträgen an die Versorgungskammer der Rechtsanwälte als auch Abzug der Kammerumlage) errechne sich für das Kalenderjahr 2019 ein Einkommen des Ehemannes i.S.d. StudFG in Höhe von 30.756,49 Euro. Die daraus resultierende Unterhaltsleistung betrage 3.511,95 Euro (anstatt wie bisher 3.618,79 Euro).

Eine Schätzung gemäß § 12 Abs. 1 StudFG sei beim Ehemann somit zulässig, da eine mindestens 10%-ige Einkommensminderung gegeben sei (Gegenüberstellung des Bruttoeinkommens abzüglicher Sozialversicherungsbeträge, Steuerbegünstigte Abzüge Iaut Arbeitnehmerveranlagung 2018 blieben dabei außer Betracht).

Dem Begehren, das Einkommen des Ehemannes aus 2019 zu berücksichtigen, könne daher vollinhaltlich stattgegeben werden.

Somit betrage die monatliche Studienbeihilfe nunmehr 465,00 Euro (anstatt wie bisher 455,00 Euro).

Aus den vorgelegten Beschlüssen des Bezirksgerichts XXXX vom 29. November 2019, wonach die Anträge der Beschwerdeführerin auf Festsetzung einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Vaters ab 1. Jänner 2017 auf monatlich 250,00 Euro und der Mutter ab 1. Jänner 2017 auf monatlich 250,00 Euro abgewiesen worden seien, ergebe sich aus den Begründungen Folgendes:

„Die Eheschließung macht den Unterhaltsberechtigten nicht selbsterhaltungsfähig, sondern lediglich die Unterhaltspflicht der Eltern subsidiär gegenüber jener des Partners. Aus diesem Grund ist die Leistungsfähigkeit des Ehegatten festzustellen.

Im gegenständlichen Fall erzielt der Ehemann der Stud. ein entsprechendes Einkommen, welches mehr als ausreichend als Familieneinkommen anzusehen ist, weshalb eine Unterhaltspflicht des Vaters [der Mutter] für die Stud. als subsidiär Unterhaltspflichtiger zu verneinen ist.“

Da somit laut Gerichtsbeschlüssen kein grundsätzlicher Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern bestehe, könne § 31 Abs. 2 StudFG nicht zur Anwendung kommen, weshalb bei der Ermittlung der finanziellen Förderungswürdigkeit weiterhin vom Einkommen der Eltern auszugehen sei.

5. In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

Die Studienbeihilfenbehörde gehe „irrigerweise“ davon aus, dass ein vorliegender Gerichtsbeschluss ausschließlich dann für die Bemessung der Unterhaltsleistung der Eltern i.S.d. § 31 Abs. 2 StudFG heranzuziehen sei, wenn der festgesetzte Unterhalt geringer als der pauschal bemessene Unterhalt nach § 31 Abs. 1 StudFG, aber größer als „Null“ sei.

Denn auch beim Bestehen einer Unterhaltspflicht dem Grunde nach, könne der tatsächlich ausgemessene Unterhalt mit „Null“ vom Gericht festgesetzt werden.

Die Beschwerdeführerin habe grundsätzlich einen aufrechten Unterhaltsanspruch gegenüber ihren Eltern, solange sie ihr Studium zielstrebig betreibe und dies ihrem besseren Fortkommen diene. Aufgrund ihrer aufrechten Ehe, des ausreichend hohen Einkommens ihres Ehemannes und der geltenden Subsidiarität, seien ihre Eltern allerdings nicht verpflichtet, ihr tatsächlich auch nur einen geringen Geldunterhalt zu bezahlen.

Richtigerweise wären nur ihr eigenes und das Einkommen ihres Ehemannes bei der Bemessung zu berücksichtigen und die Studienbeihilfe daher mit 737,00 Euro monatlich ab September 2019 festzusetzen gewesen.

Dadurch, dass eine Unterhaltsleistung ihrer Eltern i.S.d. § 31 Abs. 1 StudFG berücksichtigt worden sei und der Beschwerdeführerin 465,00 Euro anstelle von 737,00 Euro monatliche Studienbeihilfe zugesprochen worden sei, sei sie in ihren Rechten verletzt worden und der angefochtene Bescheid sei in diesem Umfang mit Rechtswidrigkeit behaftet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die am XXXX geborene Beschwerdeführerin ist seit 18. August 2011 verheiratet und ist gemeinsam mit ihrem Ehemann sorgepflichtig für 2 minderjährige Kinder (2011 und 2014 geboren).

Sie schloss am 26. Juni 2019 das Bachelorstudium „Soziale Arbeit“ an der FH Campus Wien ab.

Im Wintersemester 2019/2020 wurde sie zum Masterstudium „Kinder und Familienzentrierte Soziale Arbeit“ an der FH Campus Wien zugelassen und beantragte dafür am 22. September 2019 Studienbeihilfe.

Die jährliche zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern der Beschwerdeführerin i.S.d. StudFG ergibt 2.913,06 Euro, jene ihres Ehemannes 3.511,95 Euro.

Das Bezirksgericht XXXX wies mit Beschlüssen vom 29. November 2019 die Anträge der Beschwerdeführerin auf Festsetzung einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung ihres Vaters und ihrer Mutter ab 1. Jänner 2017 auf monatlich jeweils 250,00 Euro ab, weil ihr Ehemann ein Einkommen erzielt, welches mehr als ausreichend als Familieneinkommen anzusehen ist, weshalb eine Unterhaltspflicht ihrer Eltern als subsidiär Unterhaltspflichtige zu verneinen ist.

Dabei stellte das Bezirksgericht fest, dass die Beschwerdeführerin über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen von 1.742,66 Euro bei einer 25h Beschäftigung und ihr Ehemann über ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen wie folgt verfügt:

2017                     von rund 2.524,00 Euro

2018                     von rund 2.692,00 Euro

Jänner bis Juni 2019    von rund 2.500,00 Euro

Juli bis September 2019   von rund 2.140,00 Euro

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Nach § 6 Z 1 StuFG ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende sozial bedürftig ist.

§ 31 StudFG lautet:

„Zumutbare Unterhalts- und Eigenleistungen

§ 31. (1) Die zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern beträgt
bis         zu 11 273 Euro                                   0%
für         die nächsten 5 575 Euro (bis 16 848 Euro)  10%
für         die nächsten 7 309 Euro (bis 24 157 Euro)  15%
für         die nächsten 18 069 Euro (bis 42 226 Euro)  20%
über         42 226 Euro      25%

der Bemessungsgrundlage. Ein negatives Einkommen gemäß § 2 Abs. 2 EStG 1988 des einen Elternteiles vermindert das Einkommen des anderen Elternteiles nicht. Leben die Eltern nicht im gemeinsamen Haushalt, so beträgt die zumutbare Unterhaltsleistung die Summe der zunächst von jedem Elternteil getrennt zu berechnenden Unterhaltsleistungen.

(2) Von einer geringeren zumutbaren Unterhaltsleistung ist auszugehen, wenn der Studierende nachweist, daß der ihm von einem Elternteil geleistete Unterhalt nicht die sich aus Abs. 1 ergebende Höhe erreicht, obwohl auf Grund der Eignung des Studierenden für das gewählte Studium grundsätzlich ein Unterhaltsanspruch besteht. Der Nachweis ist nur erbracht, wenn das zuständige Gericht dem Studierenden trotz ausdrücklichem Antrag einen niedrigeren Unterhalt als nach den obigen Sätzen zugesprochen hat oder der Studierende den Unterhalt trotz einer zur Hereinbringung der laufenden Unterhaltsbeträge geführten Exekution auf wiederkehrende Leistungen, die künftig fällig werden (§ 291c der Exekutionsordnung, RGBl. Nr. 79/1896), gegebenenfalls einer Exekution zur Sicherstellung (§ 372 der Exekutionsordnung), nicht erhalten hat.

(3) Die zumutbare Unterhaltsleistung des Ehegatten oder des eingetragenen Partners beträgt 30% des 8 400 Euro übersteigenden Betrages seiner Bemessungsgrundlage.

(4) Die zumutbare Eigenleistung für Studierende umfasst den 10 000 Euro übersteigenden Betrag ihrer Bemessungsgrundlage; diese Grenze verringert sich aliquot, wenn nicht während des gesamten Jahres Studienbeihilfe bezogen wird. Bei der Berechnung der Studienbeihilfe ist hinsichtlich der zumutbaren Eigenleistung vorerst von den Angaben des Studierenden gemäß § 12 Abs. 3 auszugehen. Nach Vorliegen sämtlicher Nachweise über das Jahreseinkommen ist eine abschließende Berechnung durchzuführen. Die Differenz der ausbezahlten Studienbeihilfe zu einer sich dabei ergebenden höheren Studienbeihilfe ist von der Studienbeihilfenbehörde an den Studierenden auszubezahlen.“

3.1.2. Für den Fall der Beschwerdeführerin bedeutet das:

Strittig ist, ob die errechnete zumutbare Unterhaltsleistung der Eltern der Beschwerdeführerin bei der Berechnung der Studienbeihilfe zu berücksichtigen ist, oder nicht.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass sich aufgrund des vom Bezirksgericht (rechtskräftig) festgestellten monatlichen Durchschnittsnettoeinkommens der Beschwerdeführerin (1.742,66 Euro bei einer 25h Beschäftigung) und jenem ihres Ehemannes (Jänner bis Juni 2019 rund 2.500,00 Euro und Juli bis September 2019 rund 2.140,00 Euro) die Frage stellt, ob grundsätzlich die Anspruchsvoraussetzung der sozialen Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin i.S.d. § 6 Z 1 StudFG gegeben ist, was im Rahmen eines allfälligen Rückzahlungsverfahrens seitens der Studienbeihilfenbehörde zu klären sein wird.

Weiters wies das Bezirksgericht die Anträge der Beschwerdeführerin auf Festsetzung einer monatlichen Unterhaltsverpflichtung ihres Vaters und ihrer Mutter ab 1. Jänner 2017 auf monatlich jeweils 250,00 Euro deswegen ab, weil ihr Ehemann ein Einkommen erzielt, welches mehr als ausreichend als Familieneinkommen anzusehen ist, weshalb eine Unterhaltspflicht der Eltern für die Beschwerdeführerin als subsidiär Unterhaltspflichtige zu verneinen ist.

Folglich hat sich das Bezirksgericht mit der Frage der Höhe der Unterhaltsleistungen der Eltern der Beschwerdeführerin gar nicht auseinandergesetzt. Insofern kann auch nicht gesagt werden, das Bezirksgericht hätte eine geringere zumutbare Unterhaltsleistung festgestellt, als jene, die die Studienbeihilfenbehörde der Berechnung zugrunde gelegt hat.

Damit ist § 31 Abs. 2 StudFG nicht anwendbar. Vielmehr kommt § 32 Abs. 1 StudFG zur Berechnung der zumutbaren Unterhaltsleistung zum Tragen.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12).

3.2. Zur Zulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere:

Kommt § 31 Abs. 2 StudFG zur Anwendung, wenn der Ehemann/die Ehefrau zur Gänze für den Unterhalt der/des Studierenden aufkommen kann?

Eine entsprechende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt nicht vor; es ist auch nicht davon auszugehen, dass eine eindeutige Gesetzeslage vorliegt bzw. dass die aus Anlass des hier zu beurteilenden Falles vorgenommene Ableitung zwingend ist.

Schlagworte

Ehepartner Masterstudium Revision zulässig soziale Bedürftigkeit Studienbeihilfe Unterhaltsanspruch Unterhaltspflicht zumutbare Unterhaltsleistung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2231684.1.00

Im RIS seit

11.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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