TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/26 W128 2221785-1

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Veröffentlicht am 26.11.2020
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Entscheidungsdatum

26.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchUG §33 Abs2 litc
SchUG §45 Abs5
SchUG §70
SchUG §71

Spruch


W128 2221785-1/15E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael FUCHS-ROBETIN über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch NOWOTNY & WOHLMACHER Rechtsanwälte OG, Obere Donaustraße 4, 4040 Linz, gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 12.07.2019, Zl. A3-44/1-2019, zu Recht erkannt:

A)

Der bekämpfte Bescheid wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin war im Schuljahr 2018/2019 Schülerin der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe, XXXX (Schule).

2. Am 18.06.2019 übermittelte die Schulleitung der Beschwerdeführerin ein Schreiben in welchem ihr mitgeteilt wurde, dass sie bis zum 08.04.2019 28 Stunden und 3 Minuten an unentschuldigten Fehlstunden aufweise. In der Folge seien am 13. und 14. Juni 2019 weitere Fehlzeiten aufgetreten. Die Beschwerdeführerin werde daher aufgefordert, diese Fehlzeiten durch Vorlage einer ärztlichen Bestätigung binnen einer Woche zu rechtfertigen. Erfolge eine solche Rechtfertigung nicht, so gelte sie als von der Schule abgemeldet.

3. Am 18.06.2019 sandte die Beschwerdeführerin ein E-Mail an die Direktion in welchem sie ihre Abwesenheiten erklärte und ärztliche Bestätigungen beilegte.

4. Am 25.06.2019 übermittelte der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin ein Schreiben an die Direktion der Schule und führte aus, dass die Beschwerdeführerin der Aufforderung vom 18.06.2019 bereits nachgekommen sei und das entsprechende E-Mail erneut beigeschlossen sei. Die Angelegenheit sei damit erledigt.

5. Am 26.06.2019 wurde der Beschwerdeführerin eine Schulbesuchsbestätigung ausgestellt, aus der ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin die Schule bis zum 25.06.2019 besucht habe.

6. Mit Schreiben vom 27.06.2019 teilte die Beschwerdeführerin durch ihre rechtsfreundliche Vertretung mit, dass diese Abmeldung rechtswidrig erfolgt sei, und sie Widerspruch im Sinne des § 70 Abs. 1 lit. j SchUG, eventualiter Beschwerde, gegen das Schreiben vom 18.06.2019 einlege. Unter einem beantragte sie die Wiederaufnahme in die Schule.

7. Im Rahmen des Parteiengehörs teilte die Beschwerdeführerin durch ihren rechtsfreundlichen Vertreter mit Schreiben vom 11.07.2019 mit, dass sie nicht nur Widerspruch (in eventu Beschwerde) gegen die Abmeldung von der Schule iS der §§ 45 iVm 33 SchUG erhoben habe, sondern auch einen Antrag auf Wiederaufnahme im Sinne des § 45 Abs. 5 SchUG gestellt habe, der ebenfalls einer Erledigung ausharre. Die von der Behörde beabsichtigte Zurückweisung sei rechtswidrig, da Entscheidungen in Angelegenheiten des § 45 SchuG gemäß §§ 70 iVm 71 leg.cit. einem Widerspruch zugängig seien.

8. Mit Bescheid vom 12.07.2019 wies die belangte Behörde den Widerspruch („gegen das Schreiben der Schulleitung […] vom 18.06.2019“) als unzulässig zurück. In der Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Widerspruch nur in den in § 70 Abs. 1 (iVm § 70 Abs. 1) bzw. Abs. 2 SchUG genannten Fällen zulässig sei. Da die Beschwerdeführerin gemäß § 45 Abs. 5 iVm § 33 Abs. 1 lit. c SchUG ex lege aufgehört hat, Schülerin der Schule zu sein, bestehe keine Widerspruchsmöglichkeit.

9. Dagegen richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde vom 22.07.2019. Begründend wird ausgeführt, dass die Abmeldung rechtwidrig erfolgte und, dass über den Antrag auf Wiederaufnahme nicht abgesprochen worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht möge die Unzulässigkeit der am 25.06.2019 verfügten Abmeldung erkennen, in eventu die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverweisen.

10. Mit Schreiben vom 26.07.2019 legte die belangte Behörde die Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor, ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen.

11. Mit Beschluss vom 08.08.2019 beatragte das Bundesverwaltungsgericht beim Verfassungsgerichthof in § 45 Abs. 5 erster Satz des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 (WV) idF BGBl. I Nr. 35/2018, die Wortfolge „oder 30 Unterrichtsstunden“, in eventu, die Wortfolge „oder fünf nicht zusammenhängende Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr“ als verfassungswidrig aufzuheben.

12. Mit Erkenntnis vom 28.11.2019, G 190/2019-9 wies der Verfassungsgerichtshof diesen Antrag zurück und begründete dies zusammengefasst damit, dass der Antrag zu eng gefasst sei, um den Verfassungsgerichtshof in die Lage zu versetzen, darüber zu befinden, auf welche Weise die Verfassungswidrigkeit beseitigt werden könne.

13. Mit Beschluss vom 11.02.2020, Zl. W128 2221785-1/7Z beantragte das Bundesverwaltungsgericht beim Verfassungsgerichtshof § 45 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 (WV) idF BGBl. I Nr. 35/2018, in eventu § 33 Abs. 2 lit. c und § 45 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schulunterrichtsgesetz - SchUG), BGBl. Nr. 472/1986 (WV) idF BGBl. I Nr. 35/2018, als verfassungswidrig aufzuheben.

14. In seinem Erkenntnis vom 08.10.2020, G 136/2020-12,G 310/2020-7 erkannte der VfGH zu Recht:

„l. Der zu G 136/2020 gestellte Hauptantrag, § 45 Abs. 5 des Bundesgesetzes über die Ordnung von Unterricht und Erziehung in den im Schulorganisationsgesetz geregelten Schulen (Schuluntemchtsgesetz - SchUG), BGBI. Nr. 472/1986 (WV), idF BGBI. l Nr. 35/2018, als verfassungswidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen.

II. Im Übrigen werden die Anträge abgewiesen.“

In seiner Begründung führte der Verfassungsgerichtshof aus, dass die angefochtenen Bestimmungen einer verfassungskonformen Interpretation zugänglich sind. Die Rechtfertigung des Fernbleibens bzw. die Mitteilung gemäß § 45 Abs. 5 SchUG sei als Benachrichtigungspflicht zu verstehen. Sofern der betreffende Schüler der Aufforderung des Schulleiters gemäß §45 Abs. 5 Satz l SchUG, in welcher Form immer, fristgerecht nachkomme, trete die Rechtsfolge der Beendigung des Schulbesuches gemäß § 33 Abs. 2 lit. c SchUG nicht ein. Wenn hingegen die Mitteilung nicht fristgerecht erstattet werde, könne ein betroffener Schüler nach § 45 Abs. 5 Satz 2 SchUG um eine Wiederaufnahme ansuchen. Eine negative Entscheidung des Schulleiters über das Ansuchen um Wiederaufnahme könne ebenso wie eine allenfalls ergangene Feststellung, dass die Rechtsfolge der ex lege Abmeldung eingetreten sei, mittels Widerspruch gemäß § 71 Abs. 1 iVm § 70 Abs. l lit. j SchUG angefochten werden.

15. Nach Aufforderung durch das Bundesverwaltungsgericht nahm die Beschwerdeführerin dazu mit Schriftsatz vom 19.11.2020 Stellung. Dabei teilte sie mit, dass sie – da aus ihrer Sicht ausschließlich Rechtsfragen zu klären seien – auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichte.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführerin war laut Schulbesuchsbestätigung vom 26.06.2019 vom 10.09.2018 bis 25.06.2019 Schülerin der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe, XXXX .

Mit Schreiben vom 18.06.2019 wurde sie von der Schulleitung aufgefordert, Fehlzeiten durch Vorlage einer ärztlichen Bestätigung binnen einer Woche zu rechtfertigen, ansonsten gelte sie von der Schule abgemeldet.

Die Beschwerdeführerin rechtfertigte ihr Fernbleiben sowohl mit E-Mail vom 18.06.2019 persönlich, als auch mit Schreiben vom 25.06.2019 mittels ihres rechtsfreundlichen Vertreters.

Am 26.06.2019 stellte die Schule eine Schulbesuchsbestätigung aus, aus der ersichtlich ist, dass die Beschwerdeführerin bis zum 25.06.2019 Schülerin der Schule war.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zum verfahrensmaßgeblichen Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt, dem Verfahren vor der belangten Behörde und der Beschwerde. Der Sachverhalt ist aktenkundig, unstrittig und deshalb erwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt mangels einer anderslautenden Bestimmung Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 33 Abs. 2 lit. c Schulunterrichtsgesetz (SchUG), BGBl. Nr. 472/1986, idgF lautet (auszugsweise):

„Beendigung des Schulbesuches

§ 33. (1) Ein Schüler hört auf, Schüler einer Schule zu sein, wenn er die lehrplanmäßig letzte Schulstufe abgeschlossen hat. Wenn ein Schüler zur Wiederholung der lehrplanmäßig letzten Schulstufe berechtigt ist (§ 27) und von diesem Recht Gebrauch macht, bleibt er bis zum Abschluß der Wiederholung weiterhin Schüler.

(2) Ein Schüler hört schon vor dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt auf, Schüler einer Schule zu sein

[…]

c) mit dem ungenützten Ablauf der einwöchigen Frist seit der Zustellung einer schriftlichen Aufforderung zur Rechtfertigung gemäß § 45 Abs. 5;

[…]

(3) Der Zeitpunkt und der Grund der Beendigung des Schulbesuches sind auf dem Jahreszeugnis (§ 22 Abs. 1) oder dem Semesterzeugnis (§ 22a Abs. 1), wenn jedoch das Ende des Schulbesuches nicht mit dem Abschluß einer Schulstufe zusammenfällt, auf der Schulbesuchsbestätigung (§ 22 Abs. 10) ersichtlich zu machen.“

§ 45 SchUG lautet (auszugsweise):

„Fernbleiben von der Schule

§ 45. (1) Das Fernbleiben vom Unterricht ist nur zulässig:

a) bei gerechtfertigter Verhinderung (Abs. 2 und 3),

b) bei Erlaubnis zum Fernbleiben (Abs. 4),

c) bei Befreiung von der Teilnahme an einzelnen Unterrichtsgegenständen (§ 11 Abs. 6).

(2) Eine gerechtfertigte Verhinderung ist insbesondere: Krankheit des Schülers; mit der Gefahr der Übertragung verbundene Krankheit von Hausangehörigen des Schülers; Krankheit der Eltern oder anderer Angehöriger, wenn sie vorübergehend der Hilfe des Schülers unbedingt bedürfen; außergewöhnliche Ereignisse im Leben des Schülers oder in der Familie des Schülers; Ungangbarkeit des Schulweges oder schlechte Witterung, wenn die Gesundheit des Schülers dadurch gefährdet ist; Dauer der Beschäftigungsverbote im Sinne der Bestimmungen über den Mutterschutz.

(3) Der Schüler hat den Klassenvorstand oder den Schulleiter von jeder Verhinderung ohne Aufschub mündlich oder schriftlich unter Angabe des Grundes zu benachrichtigen. Auf Verlangen des Klassenvorstandes oder des Schulleiters hat die Benachrichtigung jedenfalls schriftlich zu erfolgen. Bei einer länger als eine Woche dauernden Erkrankung oder Erholungsbedürftigkeit oder bei häufigerem krankheitsbedingtem kürzerem Fernbleiben kann der Klassenvorstand oder der Schulleiter die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verlangen, sofern Zweifel darüber bestehen, ob eine Krankheit oder Erholungsbedürftigkeit gegeben war.

[…]

(5) Wenn ein Schüler einer mittleren oder höheren Schule länger als eine Woche oder fünf nicht zusammenhängende Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr dem Unterricht fernbleibt, ohne das Fernbleiben zu rechtfertigen (Abs. 3) und auch auf schriftliche Aufforderung hin eine Mitteilung binnen einer Woche nicht eintrifft, so gilt der Schüler als vom Schulbesuch abgemeldet (§ 33 Abs. 2 lit. c). Die Wiederaufnahme des Schülers ist nur mit Bewilligung des Schulleiters zulässig, die nur dann zu erteilen ist, wenn das Fernbleiben nachträglich gerechtfertigt wird und die Unterlassung der Mitteilung an die Schule aus rücksichtswürdigen Gründen unterblieben ist.

[…]“

§ 70 SchUG lautet (auszugsweise):

„Verfahren

§ 70. (1) Soweit zur Durchführung von Verfahren andere Organe als die Schulbehörden des Bundes berufen sind, finden die allgemeinen Verfahrensbestimmungen des AVG keine Anwendung und sind in den nachstehend angeführten Angelegenheiten die Absätze 2 bis 4 anzuwenden:

[…]

j) Fernbleiben von der Schule (§ 45),

[…]

(2) Der Erlassung einer Entscheidung hat die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes, soweit er nicht von vornherein klar gegeben ist, durch Beweise voranzugehen. Als Beweismittel kommt alles in Betracht, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich ist. Dem Schüler (Aufnahmsbewerber, Prüfungskandidaten) ist, sofern der Sachverhalt nicht von vornherein klar gegeben ist oder seinem Standpunkt nicht vollinhaltlich Rechnung getragen werden soll, Gelegenheit zu geben, zu den Sachverhaltsfeststellungen Stellung zu nehmen.

(2a) Das verfahrensleitende Organ hat von den Verfahrensbestimmungen nach Maßgabe der technischen Gegebenheiten abzuweichen, wenn dies für Körper- oder Sinnesbehinderte, die am Verfahren beteiligt sind, erforderlich ist.

(3) Entscheidungen können sowohl mündlich als auch schriftlich erlassen werden. Sofern einem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird, kann innerhalb einer Woche eine schriftliche Ausfertigung der Entscheidung verlangt werden.

(4) Die schriftliche Ausfertigung einer Entscheidung hat zu enthalten:

a) Bezeichnung und Standort der Schule, Bezeichnung des entscheidenden Organes;

b) den Inhalt der Entscheidung unter Anführung der angewendeten Gesetzesstellen;

c) die Begründung, wenn dem Standpunkt des Schülers (Aufnahmsbewerbers, Prüfungskandidaten) nicht vollinhaltlich Rechnung getragen wird;

d) Datum der Entscheidung;

e) die Unterschrift des entscheidenden Organes, bei Kollegialorganen des Vorsitzenden;

f) die Belehrung über die Widerspruchsmöglichkeit, wenn dem Ansuchen nicht vollinhaltlich stattgegeben wird.“

Gemäß § 71 Abs. 1 SchuG ist gegen Entscheidungen in den Angelegenheiten des § 70 Abs. 1 Widerspruch an die zuständige Schulbehörde zulässig. Der Widerspruch ist schriftlich (in jeder technisch möglichen Form, nicht jedoch mit E-Mail) innerhalb von fünf Tagen bei der Schule, im Falle der Externistenprüfungen bei der Prüfungskommission, einzubringen.

Gemäß § 71 Abs. 9 ist gegen andere als in Abs. 1 und 2 dieser Gesetzesstelle genannte Entscheidungen von schulischen Organen ein Widerspruch an die zuständige Schulbehörde nicht zulässig.

3.2.2. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde den Widerspruch der Beschwerdeführerin zurückgewiesen hat. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist, wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, Sache des Beschwerdeverfahrens (nur) die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Dem Verwaltungsgericht ist es daher verwehrt, über diesen Rahmen hinaus in einer Entscheidung über die "Hauptsache" vorzugehen, weil dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit den Parteien eine Instanz genommen würde (vgl. für viele VwGH vom 13.10.2020, Ra 2019/15/0036).

Dabei ist zu beachten, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid einen Widerspruch gegen das Schreiben der Schulleitung vom 18.06.2019, wonach die Beschwerdeführerin als vom Schulbesuch abgemeldet gilt, zurückgewiesen hat. Dies ergibt sich eindeutig sowohl aus dem Spruchkopf, als auch in weiterer Folge aus der Begründung.

Die belangte Behörde übersieht jedoch, dass sich der Widerspruch der Beschwerdeführerin nicht gegen das Schreiben der Schulleitung vom 18.06.2019 richtete, sondern gegen die Feststellung der ex lege Abmeldung der Beschwerdeführerin vom Schulbesuch. Diese Feststellung wurde von der Schulleitung mit der Schulbesuchsbestätigung vom 26.06.2020 zum 25.06.2019 getroffen. Der Widerspruch vom 27.06.2020 ist somit in jedem Fall auch rechtzeitig erfolgt. Wie in der Folge aufgezeigt wird, hätte sich die belangte Behörde inhaltlich mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinanderzusetzen gehabt.

3.2.3. Sowohl die Schulleitung als auch die belangte Behörde sind unrichtiger Weise davon ausgegangen, dass die ex lege Abmeldung eines Schülers gemäß § 45 Abs. 5 SchUG quasi einem Automatismus unterliegt, der ohne weitere entsprechende Feststellungen Rechtskraft entfaltet. Diese Auslegung ist dem Gesetz jedoch nicht zu entnehmen.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 08.10.2020, G 136/2020-12,G 310/2020-7 ausgeführt hat, kommt dem Schulleiter bei der Anwendung des § 45 Abs. 5 SchUG kein Ermessen zu. Sobald ein Schüler einer mittleren oder höheren Schule länger als eine Woche oder fünf nicht zusammenhängende Schultage oder 30 Unterrichtsstunden im Unterrichtsjahr dem Unterricht fernbleibt, ohne der Benachrichtigungspflicht gemäß § 45 Abs. 3 SchUG nachzukommen, hat der Schulleiter den betreffenden Schüler zwingend schriftlich aufzufordern, binnen einer Woche der Benachrichtigungspflicht nachzukommen und den Grund des Fernbleibens mitzuteilen. Sofern ein Schüler die Mitteilung iSd § 45 Abs. 5 Satz 1 SchUG rechtzeitig innerhalb der einwöchigen Frist erstattet, tritt die Rechtsfolge der ex lege Abmeldung nicht ein. Eine allenfalls aus Sicht des Schulleiters mangelhafte Mitteilung lässt diese Rechtsfolge hingegen nicht eintreten.

Wenn die Mitteilung nicht fristgerecht erstattet wird, kann ein betroffener Schüler nach § 45 Abs. 5 Satz 2 SchUG um eine Wiederaufnahme ansuchen. Eine negative Entscheidung des Schulleiters über das Ansuchen um Wiederaufnahme kann ebenso wie eine allenfalls ergangene Feststellung, dass die Rechtsfolge der ex lege Abmeldung eingetreten sei, mittels Widerspruch gemäß § 71 Abs. 1 iVm § 70 Abs. 1 lit. j SchUG angefochten werden.

3.2.4. Eine solche Feststellung traf die Schulleitung, als sie mit der Schulbesuchsbestätigung vom 26.06.2020 der Beschwerdeführerin mitteilte, dass sie die Schule (nur) bis zum 25.06.2019 besucht hat, ohne dass taugliche Gründe für eine solche Beendigung des Schulbesuches vorlagen. Die Beschwerdeführerin kam nämlich ihrer Benachrichtigungspflicht nach und rechtfertigte ihr Fernbleiben sowohl mit E-Mail vom 18.06.2019, als auch mit Schreiben vom 25.06.2019 über ihren rechtsfreundlichen Vertreter innerhalb der gesetzten Frist.

Insofern hat die belangte Behörde den Widerspruch zu Unrecht zurückgewiesen, weshalb der bekämpfte Bescheid aufzuheben war.

In der Folge wird die belangte Behörde den Widerspruch unter Beachtung der Rechtsanschauung des Bundesverwaltungsgerichts inhaltlich zu erledigen haben.

3.2.5. Eine mündliche Verhandlung, auf die im Übrigen von der Beschwerdeführerin verzichtet wurde, konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, da sich die Lösung des Falles rein auf Rechtsfragen beschränkt.

3.3. Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen – unter 3.2. dargestellten - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Darüber hinaus wurde die gegenständliche Auslegung der einschlägigen Bestimmungen vom Verfassungsgerichtshof geklärt (siehe VfGH vom 08.10.2020, G 136/2020-12,G 310/2020-7).

Schlagworte

Abmeldung Auftrag an die belangte Behörde Beendigung des Schulbesuchs Behebung der Entscheidung ersatzlose Behebung Fernbleiben vom Unterricht Widerspruch Zurückweisungstatbestand

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W128.2221785.1.01

Im RIS seit

02.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

02.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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