TE Bvwg Beschluss 2020/11/17 W195 2233963-1

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Veröffentlicht am 17.11.2020
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Entscheidungsdatum

17.11.2020

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
GebAG §32
GebAG §33
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
VwGVG §17

Spruch


W195 2233963-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 15.08.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm § 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit

€ 165,90 (inkl. USt.)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schriftsätzen vom 24.10.2019, XXXX sowie vom 15.11.2019, Zl. XXXX beraumte das Bundesverwaltungsgericht zwei öffentliche mündliche Verhandlungen für den 22.01.2020 an, zu welchen der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde.

2. In der Folge fanden am 22.01.2020 zwei öffentliche mündliche Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, im Rahmen derer der Antragsteller als Dolmetscher fungierte. Die mündliche Verhandlung zur Zl. XXXX begann um 09:00 Uhr und endete um 12:20 Uhr. Die mündliche Verhandlung zur Zl. XXXX auf die sich die gegenständliche Honorarnote bezieht, begann um 12:40 Uhr und endete um 14:45 Uhr. Zwischen den beiden Verhandlungen hatte der Antragsteller eine Wartezeit von 20 Minuten.

3. Am 15.08.2020 brachte der Antragsteller den gegenständlichen (verbesserten) Antrag auf Gebühren betreffend seine Teilnahme als Dolmetscher an der mündlichen Verhandlung, Zl. XXXX vom 22.01.2019 um 12:40 Uhr, beim Bundesverwaltungsgericht im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs ein, in welchem er unter anderem zwei Stunden Zeitversäumnis verzeichnete. In der Honorarnote betreffend die Verhandlung am selben Tag zur Zl. XXXX machte der Antragsteller ebenfalls eine Stunde Zeitversäumnis geltend.

4. Das Bundesverwaltungsgericht hielt dem Antragsteller sodann mit Schreiben vom 27.10.2020, nachweislich zugestellt am 29.10.2020, mit der Möglichkeit zur Stellungnahme binnen 14 Tagen, kurz zusammengefasst vor, dass im Hinblick darauf, dass alle Zeitversäumnisse zusammenzurechnen seien und die Verhandlungen auch in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen würden, sich an diesem Verhandlungstag lediglich zwei begonnene Stunden Zeitversäumnis ergeben würden sowie bereits eine Stunde Zeitversäumnis in der Honorarnote zur Zl. XXXX beantragt worden sei und daher gegenständlich lediglich die Entschädigung für eine weitere Stunde Zeitversäumnis zuerkannt werden könne.

5. In der Folge langte keine weitere Stellungnahme ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller im Rahmen zweier Verhandlungen am 22.01.2020 als Dolmetscher fungierte, wobei die erste Verhandlung um 09:00 Uhr begann und um 12:20 Uhr endete sowie die auf den gegenständlichen Gebührenantrag bezogene Verhandlung um 12:40 Uhr begann und um 14:45 Uhr endete.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu den Verfahren Zlen. XXXX und XXXX den Niederschriften der mündlichen Verhandlungen, Zlen. XXXX und XXXX den Gebührenanträgen zu den Verhandlungen vom 22.01.2020, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.10.2020, XXXX und dem Akteninhalt

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

Zu der beantragten Zeitversäumnis gemäß § 32 und § 33 Abs. 2 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Routenplaner berechnen eine mögliche, als Richtwert anzusehende Fahrzeit. Tatsächliche Verkehrssituationen sind naturgemäß aber nicht einbeziehbar, sodass insbesondere für die Anreise zu einem Gericht unter Berücksichtigung des erwünschten pünktlichen Erscheinens ein nicht unerheblicher „Zeitpolster hinzuzufügen“ ist (vgl. OGH 15 Os 74/08h; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 63 zu § 32).

Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. OGH 06.02.1969, EvBI 1969/388; OLG Wien 24.07.1986, 11 R 108/86; LGZ Wien 48R 68/08t EFSLg 121.620; OGH Wien 28.09.2010, 14 Os 109/10a; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, E 72 zu § 32).

Der Antragsteller fungierte am 22.01.2020 im Rahmen von zwei mündlichen Verhandlungen vor dem Bundesverwaltungsgericht als Dolmetscher.

Die mündliche Verhandlung zur Zl XXXX vom 22.01.2020 begann um 09:00 Uhr und endete um 12:20 Uhr. Für die Anfahrt zum Bundesverwaltungsgericht, machte der Antragsteller in der früheren hier nicht gegenständlichen Honorarnote eine Stunde Zeitversäumnis geltend. Die in Bezug auf die gegenständliche Honorarnote relevante mündliche Verhandlung vom 22.01.2020 zur Zl. XXXX begann um 12:40 Uhr und endete um 14:45 Uhr. In der gegenständlichen Honorarnote verzeichnete der Antragsteller zwei Stunden Zeitversäumnis, wobei es sich bei einer Stunde Zeitversäumnis um die Wartezeit zwischen den Verhandlungen und bei der anderen um die Rückfahrt handle. Sohin verzeichnete der Antragsteller für den Verhandlungstag vom 22.01.2020 insgesamt drei Stunden Zeitversäumnis.

Ermittlungen des Bundesverwaltungsgerichts lassen lediglich auf insgesamt zwei nachvollziehbare Stunde Zeitversäumnis schließen. Für die Wegstrecke von der Wohnstätte „ XXXX “ zum Ladungsort „Erdbergstraße 192-196, 1030 Wien“ (Bundesverwaltungsgericht, Hauptsitz Wien) werden laut Routenplaner www.google.at/maps maximal 30 Minuten benötigt.

Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Verhandlungstag (insgesamt 60 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Bundesverwaltungsgericht sowie die Einberechnung eines nicht unerheblichen Zeitpolsters von 30 Minuten – laut Gebührenantrag wurde die Reise um 08:15 begonnen und um 15:30 beendet – für Verkehr bzw. auch die Suche eines Parkplatzes und die Wartezeit zwischen den Verhandlungen von 20 Minuten) ergibt sich eine Zeitspanne von 110 Minuten, welche somit zwei begonnene Stunden nicht übersteigt.

Vor dem Hintergrund, dass alle Zeitversäumnisse zusammenzurechnen sind und die Verhandlungen auch in einem örtlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen, sowie bereits eine Stunde Zeitversäumnis in der Honorarnote zur Zl XXXX beantragt wurde, kann gegenständlich lediglich die Entschädigung für eine weitere Stunde Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG in Höhe von € 22,70 zuerkannt werden.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass offensichtliche Rechenfehler des Sachverständigen (hier: Dolmetschers) stets vom Gericht richtigzustellen sind, und zwar auch dann, wenn sich der Sachverständige zu seinen Lasten geirrt hat (OLG Wien 27.10.1989, 15 R 149/89 SV 1990/1, vgl. Krammer/Schmidt, SDG - GebAG3 (2001) § 39 GebAG, E 9).

Der Antragsteller beantragte gemäß § 31 GebAG für „Stempel- und Postgebühren“ einen Betrag in Höhe von € 15,00 und merkte an, dass es sich bei der Summe „um Parkscheingebühren & Mittagessen EUR 6,60 + EUR 8,50“ handle. Bei korrekter Rechnung (€ 8,50 + € 6,60) ergibt sich jedoch eine Gebühr in Höhe von € 15,10. Da es sich dabei um einen Rechenfehler des Dolmetschers gehandelt hat, war die Höhe mit € 15,10 (aufgeschlüsselt auf € 8,50 und € 6,60) vom Gericht richtigzustellen und zu bestimmen.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung Zeitversäumnis § 32 bzw. § 33 GebAG

1 begonnene Stunde á € 22,70 

22,70

Reisekosten §§ 27, 28 GebAG

 

15 km à € 0,42

6,30

Aufenthaltskosten § 29 iVm §§ 13 bis 15 GebAG

 

Die Reise wurde um 08.15 angetreten und um 15.30 Uhr beendet.

8,50

Parkgebühr

6,60

Mühewaltung § 54 GebAG

 

für die erste halbe Stunde € 24,50

24,50

für weitere 4 halbe Stunden à € 12,40

49,60

Mühewaltung § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

 

für die Übersetzung des im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigten gesamten Schriftstücks höchstens € 20,00

20,00

Zwischensumme

138,20

20 % Umsatzsteuer

27,64

Gesamtsumme

165,84

Gesamtsumme aufgerundet auf 10 Cent

165,90

Die Gebühr des Antragstellers war daher mit € 165,90 (inkl. USt.) zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Teilstattgebung Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2233963.1.00

Im RIS seit

20.04.2021

Zuletzt aktualisiert am

20.04.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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