TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 I413 2228767-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs2
AsylG 2005 §57
AVG §39 Abs2a
BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52
FPG §52 Abs1 Z1
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
StGB §15
StGB §75
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I413 2228767-1/41E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Martin ATTLMAYR, LL.M. als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch: VEREIN MENSCHENRECHTE ÖSTERREICH, gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BAG) vom 24.01.2020, Zl. XXXX 151704033, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 09.03.2020 und am 19.10.2020 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird mit gemäß § 28 Abs 1 und Abs 2 VwGVG mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es in Spruchpunkt I. zu lauten hat

Eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ gemäß § 57 Asylgesetz 2005 wird XXXX XXXX XXXX nicht erteilt. Gemäß § 10 Absatz 2 Asylgesetz 2005 in Verbindung mit § 9 BFA-VG wird gegen XXXX XXXX eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 1 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 erlassen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste am 25.09.2001 illegal in das Bundesgebiet ein und stellte unter dem Namen XXXX XXXX , geb. XXXX , StA Nigeria, einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit Bescheid vom 06.11.2001, XXXX -BAG abgewiesen wurde. Mit diesem Bescheid wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria für zulässig erklärt. Die dagegen erhobene Berufung wurde zurückgezogen, weil der Beschwerdeführer die österreichische Staatsangehörige XXXX geheiratet hatte. Der Bescheid vom 06.11.2001, XXXX , erwuchs in Rechtskraft.

2. Der Beschwerdeführer erhielt zwei Mal eine Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ mit Gültigkeit bis 14.12.2005.

3. Am 13.12.2004 wurde über den Beschwerdeführer die Untersuchungshaft verhängt. In weiterer Folge wurde er mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz zu 6 Hv XXXX /2005g, wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 4. Fall, Abs 3 1. Fall SMG und § 28 Abs 2 2. Fall, Abs 3 1. Fall, Abs 4 Z 3 SMG, §§ 12, 15 StGB und § 27 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt.

4. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 24.07.2006, III- XXXX /FrB/06, wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die dagegen erhobene Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion Wien vom 08.03.2007, SD XXXX /06, abgewiesen und das unbefristete Aufenthaltsverbot bestätigt.

5. Auf Betreiben der nunmehrigen Ehefrau XXXX XXXX stellte das Amt der Steiermärkischen Landesregierung dem Beschwerdeführer trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes einen Aufenthaltstitel zum Aufenthaltszweck „Angehörige mit Österreichern“, Kartennummer A XXXX , mit Gültigkeit 08.10.2015 bis 07.10.2020 aus.

6. Mit Bescheid vom 10.10.2019, XXXX /191033065, hob die belangte Behörde das gegen den Beschwerdeführer verhängte unbefristet erlassene Aufenthaltsverbot von Amts wegen auf.

7. Mit Urteil Landesgerichts Graz vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, dass er am 21.10.2015 in Graz XXXX vorsätzlich zu töten versucht hat, indem er ihm ein Jagdmesser in den Bauch stieß und zumindest zwei Stiche ins Gesicht versetzte, wobei der Bauchstich eine lebensgefährliche Verletzung mit Darmaustritt zur Folge hatte, die notfallmedizinische und operativ versorgt werden musste, und verurteilte ihn wegen des Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten. Über Berufung der Staatsanwaltschaft wurde das Strafausmaß auf dreizehn Jahre und sechs Monate mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 26.06.2019, 9 Bs XXXX /19h, angehoben und erwuchs am 26.06.2019 in Rechtskraft.

8. Am 06.08.2019 wurde der Beschwerdeführer durch die belangte Behörde wegen der Prüfung aufenthaltsbeendender Maßnahmen niederschriftlich einvernommen.

9. Mit angefochtenem, dem Beschwerdeführer am 29.02.2020 zugestellten Bescheid vom 24.01.2020, XXXX /151704033, erteilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen und erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt I.), stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt II.), aberkannte der Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung die aufschiebende Wirkung (Spruchpunkt III.) und erließ gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt IV.).

10. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vom 17.02.2020, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass die Erlassung der Rückkehrentscheidung gegen den Beschwerdeführer gegen das Wohl seiner Kinder verstoße und der Beschwerdeführer daher in seinem Recht auf Familienleben gemäß Art 8 EMRK verletzt werde. Er beantragte, den Bescheid ersatzlos zu beheben und zur neuerlichen Verhandlung an das BFA zurückzuverweisen, in eventu einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß §§ 57 und 55 AsylG zu erteilen, in eventu den angefochtenen Bescheid dahingehend abzuändern, dass der Bescheid im Spruchpunkt I. betreffend die gegen den Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs 2 Z 2 FPG gefällte Rückkehrentscheidung auf Dauer für unzulässig erklärt wird, (falls als nötig erachtet) eine mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anzuberaumen, das verhängte unbefristete Einreiseverbot zu beheben und in eventu das verhängte unbefristete Einreiseverbot herabzusetzen.

11. Mit Schriftsatz vom 18.02.2020, eingelangt am 20.02.2020, legte die belangte Behörde die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

12. Am 09.03.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht die mündliche Verhandlung durch, in der der Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau einvernommen wurden.

13. Am 13.03.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, in dem er seine Verbundenheit zu seinen beiden Söhnen zum Ausdruck brachte.

14. Mit Schreiben vom 10.03.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Familiengerichtshilfe Graz um Übersendung des Pflegschaftsaktes 83 Ps XXXX /18f. Mit erneutem Ersuchen vom 03.06.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht die Familiengerichtshilfe Graz um Übersendung des Pflegschaftsaktes 83 Ps XXXX /18f. Mit Eingabe vom 23.06.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht erneut um Übermittlung des Pflegschaftsaktes 83 Ps XXXX /18f. Am 30.06.2020 langte der Pflegschaftsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. Die Familien- und Jugendgerichtshilfe Graz erstattete zu 83 Ps XXXX /18f am 08.07.2020 (eingelangt am 16.07.2020) eine Stellungnahme.

15. Mit Schreiben vom 07.07.2020 ersuchte das Bundesverwaltungsgericht das zuständige Jugendamt um eine Stellungnahme, ob aus Sicht des Jugendamtes eine dauerhafte Unterbindung des Besuchskontaktes zum Vater gerechtfertigt erscheine oder hierdurch negative Folgen für das Kindeswohl zu befürchten seien. Am 24.07.2020 erstattete das Jugendamt Graz eine Stellungnahme.

16. Mit Beschluss vom 16.07.2020 bestellte das Bundesverwaltungsgericht Dr. XXXX zum Sachverständigen aus dem Fachgebiet Psychologie, Familien-, Kinder-, Jugendpsychologie und beauftragte diesen, folgendes Beweisthema zu beantworten: „Welche konkreten Auswirkungen hat eine (dauerhafte) Aufenthaltsbeendigung auf die Beziehung des Kindesvaters (ONYDUM XXXX Alchukwu) zu seinen Söhnen (mj XXXX XXXX und mj. XXXX XXXX ), auf deren Entwicklung und das Wohl der Kinder?“

17. Am 09.09.2020 erstattete der nichtamtliche Sachverständige ein psychologisches Gutachten, in dem der Sachverständige zusammengefasst zur Schlussfolgerung gelangte, dass bei einer Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers in Österreich das Kindeswohl und die Entwicklung der mj. Söhne des Beschwerdeführers mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht beeinträchtigt wird.

18. Zu diesem Gutachten erstattete der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 18.09.2020 eine Stellungnahme, in der mangelhafte Erforschungen des Sachverhaltes gerügt werden. Mit Schreiben vom 17.09.2020, eingelangt am 25.09.2020, erstattete der Beschwerdeführer eine in Englisch verfasste Stellungnahme zum Gutachten.

19. Mit Schreiben vom 29.09.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht die Stellungnahme der Rechtsvertretung an den nichtamtlichen Sachverständigen zur Kenntnis- und Stellungnahme.

20. Mit Schreiben vom 07.10.2020 nahm der nichtamtliche Sachverständige zur Stellungnahme der Rechtsvertretung seinerseits Stellung.

21. Am 19.10.2020 führte das Bundesverwaltungsgericht eine weitere mündliche Verhandlung durch, in der das Gutachten und die Stellungnehme des nichtamtlichen Sachverständigen sowie die Stellungnahme des Beschwerdeführers bzw seiner Rechtsvertretung zum Gutachten erörtert wurden. Ferner erörterte das Bundesverwaltungsgericht die Lage im Herkunftsstaat aufgrund des aktuellen Länderinformationsblattes und der aktuellen Informationen zur COVID-19-Pandemie. Das Bundesverwaltungsgericht fasste sodann in dieser Verhanldlung den Beschluss, das Ermittungsverfahren gemäß § 39 Abs 3 AVG iVm § 17 VwGVG zu schließen.

22. Am 22.10.2020 langte beim Bundesverwaltungsgericht die Mitteilung der Rechtevertretung ein, dass der Beschwerdeführer erst nach der mündlichen Verhandlung am 19.10.2020 bekannt gegeben habe, dass er seit ca 2 Jahren eine Lebensgefährtin in Österreich habe, die ihn auch regelmäßig besuche. Diese angebliche Lebensgefährtin, J XXXX O XXXX habe an einem Termin bei der Rechtsvertretung mitgeteilt, dass sie seit 2018 eine Beziehung zum Beschwerdeführer habe. Die Lebensgefährtin besitze einen Daueraufenthalt EU und besuche den Beschwerdeführer jede Woche. Diesem Schreiben wurde eine Kopie der Aufenthaltskarte der angeblichen Lebensgefährtin des Beschwerdeführers sowie ein Schreiben von ihr vorgelegt.

23. Am 30.10.2020 langte ein Schreiben des Beschwerdeführers ein, in dem Photos und eine weitere Stellungnahme zum Gutachten des nichtamtlichen Sachverständigen vorgelegt wurden. Zugleich brachte der Beschwerdeführer vor, in einer Beziehung zu J XXXX O XXXX zu stehen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der in Punkt I. dargestellte Verfahrensgang wird festgestellt. Darüber hinaus werden nachstehende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer heißt XXXX XXXX XXXX , wurde am XXXX in Oba, Nigeria, geboren und ist nigerianischer Staatsangehöriger. Er bekennt sich zum christlich-katholischen Glauben und gehört der Volksgruppe der Ibo an. Seine Identität steht fest.

Der Beschwerdeführer besuchte in Nigeria die Schule und die Universität, wo er Buchhaltung studierte. Zudem lernte er auch etwas Elektronik. Er verdiente in Nigeria als Buchhalter und zuvor in einem Restaurant seinen Lebensunterhalt. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig und ist aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Nigeria in der Lage, sich am nigerianischen Arbeitsmarkt wiedereinzugliedern.

Der Beschwerdeführer spricht Ibo, beherrscht die englische Sprache und ein wenig die deutsche Sprache. Er ist nicht in der Lage ohne Beiziehung eines Dolmetschers sich in der deutschen Sprache verständlich zu machen.

Der Beschwerdeführer verließ Nigeria im Jahr 2001. Er stammt aus dem Niger-Delta und lebte zuletzt in Kanu-State. Er hielt sich in der BRD auf, bevor er nach Österreich illegal einreiste und dort am 25.09.2001 unter der Identität XXXX XXXX , geb. XXXX , StA Nigeria, einen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 06.11.2001, Z. XXXX , als unbegründet abgewiesen und zugleich ausgesprochen, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Nigeria zulässig ist. Nach Zurückziehung der dagegen erhobenen Berufung infolge der Verehelichung mit P XXXX P XXXX und der damit verbundenen Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung, erwuchs dieser Bescheid in Rechtskraft.

Dem Beschwerdeführer wurde aufgrund der Verehelichung mit P XXXX P XXXX eine Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck „begünstigter Drittstaatsangehöriger“ ausgestellt, die zuletzt bis 14.12.2005 gültig war. Am 24.07.2006 wurde gegen den Beschwerdeführer ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, das am 20.03.2007 rechtskräftig wurde. Trotz des aufrechten unbefristeten Aufenthaltsverbots erteilte die Stmk Landesregierung rechtswidrig dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung für den Aufenthaltszweck „Angehörige mit Österreichern“ mit der Kartennummer XXXX mit der Gültigkeit vom 08.10.2015 bis 07.10.2020. Die Aufenthaltsberechtigung ist zwischenzeitig, am 07.10.2020, abgelaufen.

Mit Bescheid vom 10.10.2019, Zl XXXX /191033065, hob die belangte Behörde wegen Änderung der maßgeblichen Umstände aufgrund des Inkrafttretens des FrÄG 2011 das unbefristete Aufenthaltsverbot auf.

Er heiratete am im Jahr 2003 die österreichische Staatsbürgerin P XXXX P XXXX , mit der er bis zur Scheidung am 2007 verheiratet war. Er lebte mit ihr bis 2004 im gemeinsamem Wohnsitz und danach von ihr separiert in Wien. Es bestehen keine Sorgepflichten gegenüber seiner früheren Ehefrau.

Zwischen 2008 und 2014 lebte er Beschwerdeführer in London, wo auch ein Bruder, mit dem er telefonisch in Kontakt steht, lebt. In London betrieb er ein Off-Licence-Lebensmittelgeschäft. Kurzfristig lebte er zwischen 2014 und 2015 in Südafrika.

Seit 27.06.2009 ist er mit XXXX H XXXX , verehelichte XXXX , verheiratet, mit der er zwei Kinder, den am XXXX .2008 geborenen XXXX jr. und den am XXXX .2011 geborenen D XXXX , hat. Die beiden Kinder sind in London geboren. Der Beschwerdeführer lernte seine Frau im Jahr 2006 oder 2007 in Österreich kennen. Seine Frau und die Kinder kehrten 2014 nach Österreich zurück, nachdem der Beschwerdeführer seine Familie im Stich gelassen hatte.

Der Beschwerdeführer kehrte erst am 01.07.2015 nach Österreich zurück, war zwischen 14.07.2015 bis 02.05.2016 in Graz, XXXX , polizeilich gemeldet und lebte ca eine Woche mit seiner Ehefrau und den Kindern im gemeinsamen Haushalt in Graz-Gösting, XXXX , und anschließend bis zu seiner Verhaftung am 22.10.2015, bei einem Freund in Wien. Seit 22.10.2015 lebt der Beschwerdeführer von seiner Familie getrennt in der Justizanstalt Graz-Jakomini bzw der Justizanstalt Graz-Karlau.

XXXX XXXX besucht den Beschwerdeführer nicht regelmäßig in der Justizanstalt Graz Jakomini bzw Graz Karlau. Ihr letzter Besuch datiert vom 31.07.2018. Sie plant die Scheidung vom Beschwerdeführer, da sie mit dem nigerianischen Staatsangehörigen XXXX , geb. XXXX , dem Opfer des versuchten Mordanschlages durch den Beschwerdeführer, seit 2014 eine Lebensgemeinschaft führt. Die beiden mj. Kinder erachten XXXX als „Vaterersatz“. XXXX XXXX hat wegen der Vorgeschichte mit Ihrem Mann Angst vor dem Beschwerdeführer.

Die beiden mj. Kinder haben keinen Kontakt zu ihrem Vater, dem Beschwerdeführer. Der mj. XXXX kennt den Beschwerdeführer nicht. Die mj Kinder besuchen den Beschwerdeführer in der Justizanstalt Graz Jakomini bzw Graz Karlau nicht. Es besteht seitens des mj XXXX , der seinen Vater zwar kennt, aber seit zumindest fünf Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm hat, ein negativer Bindungsbezug zu seinem Vater. Dieser stellt für ihn keine Bezugsperson mehr dar. Der mj XXXX lehnt den Kontakt zu seinem Vater ab und erblickt in diesem eine Gefahr für die aktuelle Familiensituation. Er lehnt jede Beziehung zu seinem Vater ab und versteht die Bemühungen seines Vaters um ein Besuchsrecht als ein Bemühen um seinen Österreichaufenthalt. Eine Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers in Österreich hat keinerlei Einfluss auf das Kindeswohl bzw auf die seelische und geistige Entwicklung des mj XXXX . Der mj. XXXX hat keinerlei Bezug zum Beschwerdeführer. Er kennt ihn nicht persönlich, noch konnte er aufgrund des Haftverlaufes und Aufenthalts des Beschwerdeführers im Ausland eine Beziehung zu ihm entwickeln. Er ist auch nicht an einem Kontakt mit seinem Vater interessiert. Eine emotionale Bindung zum Beschwerdeführer besteht seitens des mj XXXX nicht. Eine Aufenthaltsbeendigung des Beschwerdeführers in Österreich hat keinerlei Einfluss auf das Kindeswohl bzw auf die seelische und geistige Entwicklung des mj XXXX . Die beiden mj Söhne können im Falle einer Trennung vom Vater aufgrund mangelnder Bindung zum Beschwerdeführer allein mit dem mütterlichen Elternteil in Österreich belassen werden.

Der Beschwerdeführer hat seinerseits seit seiner Inhaftierung keinen persönlichen Kontakt mit seinen Kindern. Diesen Umstand führt der Beschwerdeführer auf den Einfluss der Kindesmutter zurück. Er beantragte am 29.10.2019 einen Antrag auf Kontaktrecht zu seinen Kindern. Über diesen Antrag wurde bislang nicht entschieden.

Der Beschwerdeführer ist für beide Kinder sorgepflichtig. Der Beschwerdeführer bringt ca EUR 250-300 in der Justizanstalt Graz Karlau im Rahmen seiner Tätigkeit in der Großwäscherei ins Verdienen, leistet nach eigenen Angaben gelegentlich Zahlungen in Höhe von EUR 50-100 an seine Gattin, was diese jedoch verneint. Er kommt seinen Sorgepflichten gegenüber seinen Kindern insgesamt nicht nach.

Der Beschwerdeführer ging vor seiner Haft in Österreich zu keinem Zeitpunkt einer legalen Beschäftigung nach. Er verrichtete in Österreich ausschließlich Schwarzarbeit, finanzierte seinen Lebensunterhalt ua auch mit Einkünften aus dem Verkauf von Suchtgift und lebt seit 2015 bis zu seiner Inhaftierung am 22.10.2015 von dem Geld, das seine Ehefrau im Gasthaus ihrer Mutter im Graz verdiente und von den staatlichen Unterstützungen für die Kinder (Kindergeld).

Seit Rückkehr nach Österreich im Jahr 2014 arbeitet die Ehegattin des Beschwerdeführers in einem Kaffeehaus in Graz und bringt monatlich ca. EUR 1.200,00 ins Verdienen. Zudem erhält sie Kinderbeihilfe. Ihr Lebensgefährte XXXX ist ebenfalls berufstätig und trägt ebenfalls zu Unterhalt bei. Sie lebt mit dem Lebensgefährten und den mj. Kindern in einem Haus in Graz–Göstling zur Miete. Der Beschwerdeführer trägt seit seiner Einreise nach Österreich nichts zum Unterhalt der Kinder bei. Die Ehefrau des Beschwerdeführers ist bereit und in der Lage, die tägliche und tatsächliche Sorge für die beiden mj. Kinder allein wahrzunehmen und die beiden mj Söhne allein beim mütterlichen Elternteil zu belassen.

Der Beschwerdeführer hat abgesehen von der Ehefrau und den zwei Kindern in Österreich keine Verwandten und verfügt auch über keine über bloße Grußbekanntschaften hinausgehende Freundschaften in Österreich.

In Nigeria leben die Mutter und ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers, zu denen er bis zu seiner Inhaftierung Kontakt hatte. Zuletzt war der Beschwerdeführer im Jahr 2015 in Nigeria.

Der Beschwerdeführer wurde in Österreich zwei Mal strafgerichtlich verurteilt:

Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Graz zu 6 Hv XXXX /2005g, wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 4. Fall, Abs 3 1. Fall SMG und § 28 Abs 2 2. Fall, Abs 3 1. Fall, Abs 4 Z 3 SMG, §§ 12, 15 StGB und § 27 1 1. und 2. Fall SMG zu einer Freiheitsstrafe von 36 Monaten verurteilt, weil er im Zeitraum 2001 bis Ende 2002 in Graz in mehreren Angriffen zumindest 7 g Heroin und 3,5 g Kokain direkt an Suchtgiftkonsumenten gewinnbringend verkaufte, im Jahr 2002 in Graz im Auftrag von S XXXX O XXXX , S XXXX O XXXX und zumindest drei weiteren, namentlich nicht bekannten Nigerianern gegen Entgelt von zumindest EUR 1.500,00 insgesamt ca 600 Kugeln Heroin und ca 360 Kugeln Kokain in verkehrsübliche Kugeln zum Weiterverkauf verpackte, im November 2004 in Wien Heroin in zumindest einer Menge von 240 bis 250 g Heroin an Unbekannte weiterverkaufte, in Wien als Bestimmungstäter gewerbsmäßig im November 2004 einen in Amsterdam (Niederlande) aufhältigen Nigerianer namens „oniche“ bestimmte, ihm von den Niederlanden 300 g Heroin nach Österreich zu liefern, worauf ihm in Wien von einem anderen unbekannten Nigerianeer 270 g Heroin übergeben wurden und die Tat in Bezug auf 30 gr. Beim Versuch blieb und im November 2004 in Wien von einem „Letto“ genannten Schwarzafrikaner um EUR 550,00 25 g Kokain (davon 13,7 g Reinsubstanz) gekauft und in der Folge besessen und 17,7 g Heroin besessen hatte. Als mildernd wertete das Gericht das Geständnis, die bisherige Unbescholtenheit, dass die Tathandlungen teilweise beim Versuch blieben und die Tathandlungen lange zurückliegend und teilweise im jugendlichen Alter begangen wurden, als erschwerend das Zusammentrafen von mehreren Verbrechen mit einem Vergehen (11 Verbrechen und mehrere Vergehen), die mehrfache Qualifikation der Tathandlungen (einerseits die große Menge, andererseits als Mitglied einer kriminellen Vereinigung) sowie die Tatsache, dass die Tathandlungen durch längere Zeit fortgesetzt wurden.

Mit Urteil Landesgerichts Graz vom 07.08.2018, 4 Hv 24/18s, wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, dass er am 21.10.2015 in Graz XXXX vorsätzlich zu töten versucht hat, indem er ihm ein Jagdmesser in den Bauch stieß und zumindest zwei Stiche ins Gesicht versetzte, wobei der Bauchstich eine lebensgefährliche Verletzung mit Darmaustritt zur Folge hatte, die notfallmedizinische und operativ versorgt werden musste, und verurteilte ihn wegen des Verbrechen des versuchten Mordes nach §§ 15, 75 StGB zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und sechs Monaten. Über Berufung der Staatsanwaltschaft wurde das Strafausmaß auf dreizehn Jahre und sechs Monate mit Urteil des Oberlandesgerichts Graz vom 26.06.2019, 9 Bs XXXX /19h, angehoben und erwuchs am 26.06.2019 in Rechtskraft. Als mildernd wertete das Landesgericht für Strafsachen Graz den Umstand, dass die Tat beim Versuch geblieben ist, als erschwerend zog das Gericht keine Gründe heran. Das Oberlandesgericht Graz wertete die Tatbegehung unter Einsatz einer Waffe und den Umstand, dass das unbewaffnete und dem Angeklagten unterlegene Opfer keine Möglichkeit hatte, sich gegen den überraschenden Angriff zu wehren, als erschwerend. Weiteres wertete es die dem Bauchstich resultierende lebensgefährliche Verletzung des Opfers und die aus der schweren Körperverletzung resultierende Gesundheitsschädigung und Berufsunfähigkeit von mehr als 24 Tagen als straferschwerend. Überdies wertete das Oberlandesgericht Graz die Aussage des Beschwerdeführers, er habe schon länger auf diesen Moment gewartet, als keinen durch äußere Gegebenheiten hervorgerufene impulsive und intensiven Erregungszustand, sondern als eine geplante Tatausführung aus Rachemotiven. Der Beschwerdeführer erachtet sich hinsichtlich dieser Verurteilung als unschuldig und hat keine Schuldeinsicht.

Der Beschwerdeführer verbüßt gegenwärtig eine mehrjährige Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Graz-Jakomini und nunmehr in der Justizanstalt Graz-Karlau.

1.2. Zur Situation im Herkunftsstaat:

1.2.1. Politisches System

Das politische System Nigerias orientiert sich stark am System der Vereinigten Staaten; in der Verfassungswirklichkeit dominieren der Präsident und die ebenfalls direkt gewählten Gouverneure. Die lange regierende People´s Democratic Party (PDP) musste nach den Wahlen 2015 erstmals seit 1999 in die Opposition; seither ist die All Progressives´ Congress (APC) unter dem am 23.02.2019 wiedergewählten Präsidenten Muhammadu Buhari an der Macht.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019a): Nigeria - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/-/205844http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Nigeria/Innenpolitik_node.html, Zugriff 31.1.2020

-        AA - Auswärtiges Amt (24.5.2019b): Nigeria - Überblick, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/nigeria-node/nigeria/205786, Zugriff 9.4.2020

-        BBC News (26.2.2019): Nigeria Presidential Elections Results 2019, https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-f0b25208-4a1d-4068-a204-940cbe88d1d3, Zugriff 12.4.2019

-        DW - Deutsche Welle (11.3.2019): EU: Nigerian state elections marred by 'systemic failings', https://www.dw.com/en/eu-nigerian-state-elections-marred-by-systemic-failings/a-47858131, Zugriff 9.4.2020

-        FH - Freedom House (1.2019): Freedom in the World 2018 - Nigeria, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/nigeria, Zugriff 20.3.2019

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (3.2020a): Nigeria - Geschichte und Staat, http://liportal.giz.de/nigeria/geschichte-staat.html, Zugriff 9.4.2020

-        ÖB - Österreichische Botschaft Abuja (10.2019): Asylländerbericht Nigeria

-        Stears News (9.4.2020): Governorship Election Results, https://nigeriaelections.stearsng.com/governor/2019, Zugriff 9.4.2020

1.2.2. Sicherheitslage

In Nigeria herrscht keine Bürgerkriegssituation; es gibt keine Bürgerkriegsgebiete oder –parteien. Allerdings sind der Nordosten, der Middle Belt, das Nigerdelta und der Bundesstaat Zamfara von Unruhen und Spannungen geprägt. Im Südosten bestehen zudem Spannungen wegen Gruppen von Igbo, die für ein unabhängiges Biafra eintreten. Spannungen bestehen auch zwischen der Armee und dem Islanic Movement in Nigeria (IMN). Für einzelne Teile Nigerias (insbesondere für die nordöstlichen Bundesstaaten) besteht eine Reisewarnung, insbesondere aufgrund des hohen Entführungsrisikos.

Im Norden und Nordosten Nigerias hat sich die Sicherheitslage verbessert; in den ländlichen Teilen der Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa kommt es aber weiterhin zu Anschlägen der Boko Haram. Es gelang den Sicherheitskräften zwar, Boko Haram aus den meisten ihrer Stellungen zu vertreiben. Seitens des Präsidenten wurde bereits der „technische Sieg“ über Boko Haram proklamiert, wobei es tatsächlich gelungen ist, Boko Haram aus einigen Gebieten zu vertreiben. Nach Rückzug in unwegsames Gelände und dem Treueeid einer Splittergruppe gegenüber dem sog. Islamischen Staat ist Boko Haram mittlerweile zu ursprünglichen Guerillataktik von Überfällen auf entlegenere Dörfer und Selbstmordanschlägen oft auch durch Attentäterinnen zurückgekehrt. doch war es kaum möglich, die Gebiete vor weiteren Angriffen durch die Islamisten zu schützen. Einige Gebiete stehen immer noch unter der Kontrolle der verschiedenen Fraktionen der Gruppe, wobei JAS im Nordosten in Richtung Kamerun am aktivsten ist, während ISIS-WA hauptsächlich in der Nähe der Grenze zu Niger operiert. Boko Haram kontrolliert einige Dörfer nahe des Tschad-Sees. Im Jahr 2019 führten Boko Haram und ISIS-WA Angriffe auf Bevölkerungszentren und Sicherheitskräfte im Bundesstaat Borno durch. Boko Haram führte zudem in eingeschränktem Ausmaß Anschläge im Bundesstaat Adamawa durch, während ISIS-WA Ziele im Bundesstaat Yobe angriff. Boko Haram kontrolliert zwar nicht mehr so viel Territorium wie zuvor, jedoch ist es beiden Gruppen im Nordosten des Landes weiterhin möglich, Anschläge auf militärische und zivile Ziele durchzuführen. Im Nordosten hat sich die Sicherheitslage nach zeitweiliger Verbesserung (2015-2017) seit 2018 wieder verschlechtert. Die nigerianischen Streitkräfte sind nicht in der Lage, ländliche Gebiete zu sichern und zu halten und beschränken sich auf das Verteidigen einiger urbaner Zentren im Bundesstaat Borno.

Der nigerianischen Armee und der zivilen Bürgerwehr Joint Task Force wird vorgeworfen, im Kampf gegen Boko Haram zahlreiche Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben; die von Präsident Buhari versprochene Untersuchung blieb bisher aber folgenlos.

Das Nigerdelta (Bundesstaaten Ondo, Edo, Delta, Bayelsa, Rivers, Imo, Abia, Akwa Ibom und Cross River) ist seit Jahren von gewalttätigen Auseinandersetzungen und Spannungen rund um die Verteilung der Einnahmen aus den Öl- und Gasreserven geprägt. Von 2000 bis 2010 agierten in der Region militante Gruppen, die durch ein im Jahr 2009 ins Leben gerufene Amnestieprogramm zunächst beruhigt wurden. Nach dem Auslaufen des Programmes Ende 2015 brachen wieder Unruhen aus, so dass eine weitere Verlängerung beschlossen wurde. Zwischen der Regierung und den Delta-Interessensgruppen laufen Dialogprozesse und wird ein fallweise gebrochener Waffenstillstand grundsätzlich gehalten. Die Lage hat sich seit November 2016 wieder beruhigt, doch bleibt sie volatil. Insbesondere kam es zum Wiederaufleben von Angriffen auf die Ölinfrastrukturen, die die Stabilität der Erdölproduktion bedrohen. Gegen militante Gruppierungen im Nigerdelta geht zivilen Bürgerwehr Civilian Joint Task Force unter Federführung des Militärs zT sehr effektiv vor, begeht diese Gruppe häufig selbst Menschenrechtsverletzungen oder denunziert willkürlich persönliche Feinde bei den Sicherheitsorganen. Bei den Auseinandersetzungen im Nigerdelta handelte es sich sowohl um einen Konflikt zwischen regionalen militanten Gruppen zur Durchsetzung finanzieller Partikularinteressen solcher Gruppen einerseits und der Staatsgewalt andererseits, als auch um Rivalitäten zwischen unterschiedlichen lokalen Gemeinschaften, die einen Verteilungskampf rivalisierender Gruppen darstellen. Entführungen zur Lösegelderpressung sind im Nigerdelta und in den südöstlichen Bundesstaaten Abia, Imo und Anambra besonders häufig.

In Zentralnigeria (Middle Belt bzw. Jos Plateau) kommt es immer wieder zu lokalen Konflikten zwischen ethnischen, sozialen und religiösen Gruppen. Der Middle Belt bildet eine Brücke zwischen dem vorwiegend muslimischen Nordnigeria und dem hauptsächlich christlichen Süden. Der Ursprung dieser Auseinandersetzungen, etwa zwischen (überwiegend muslimischen nomadischen) Hirten und (überwiegend christlichen) Bauern, liegt oft nicht in religiösen Konflikten, entwickelt sich aber häufig dazu.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

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1.2.3. Justizsystem / Rechtsschutz

Die Justiz Nigerias hat ein gewisses Maß an Unabhängigkeit und Professionalität erreicht, doch bleibt sie politischem Einfluss, Korruption und einem Mangel an Ressourcen ausgesetzt. Eine systematisch willkürliche bzw nach Rasse, Nationalität oä diskriminierende Strafverfolgung und Strafzumessungspraxis ist nicht erkennbar, doch werden aufgrund der herrschenden Korruption tendenziell Ungebildete und Arme, die sich nicht von Beschuldigungen freikaufen oder eine Freilassung auf Kaution oder sich einen Rechtsbeistand leisten können, benachteiligt. Elementare prozessuale Rechte (Unschuldsvermutung, zeitnahe Information über Anklagepunkte, Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren, Recht auf einen Anwalt und auf ausreichende Vorbereitung der Verteidigung, Verbot der Selbstbezichtigung, Fragerecht usw) sind gesetzlich vorgesehen, werden aber mitunter nicht gewährleistet. Das Institut der Pflichtverteidigung gibt es erst in einigen Bundesstaaten. Im Allgemeinen hat der nigerianische Staat Schritte unternommen, um ein Strafverfolgungssystem zu etablieren und zu betreiben, im Rahmen dessen Angriffe von nicht-staatlichen Akteuren bestraft werden. Er beweist damit in einem bestimmten Rahmen eine Schutzwilligkeit und -fähigkeit, die Effektivität ist aber durch einige signifikante Schwächen eingeschränkt. Effektiver Schutz ist in jenen Gebieten, wo es bewaffnete Konflikte gibt (ua Teile Nordostnigerias, des Middle Belt und des Nigerdeltas) teils nicht verfügbar. Dort ist auch für Frauen, Angehörige sexueller Minderheiten und Nicht-Indigene der Zugang zu Schutz teilweise eingeschränkt. In insgesamt zwölf mehrheitlich muslimisch besiedelten, nördlichen Bundesstaaten wird die Scharia angewendet. Es gilt nur für Muslime. Christen steht es aber frei, sich einem staatlichen Gerichtsverfahren zu unterwerfen. Nicht-Muslime haben aber jedenfalls das Recht auf ein Verfahren vor einem säkularen Gericht. Den rigorosen Strafandrohungen der Scharia stehen ebenso rigorose Beweisanforderungen gegenüber, sodass bei prozedural einwandfreien Scharia-Verfahren ein für eine Verurteilung ausreichender Zeugenbeweis oft nicht zu führen ist. In der Vergangenheit ist es aufgrund der Komplexität des auch für viele Richter zunächst noch neuen islamischen Beweisrechts insbesondere in der Eingangsinstanz oft zu mit Rechtsfehlern behafteten Urteilen gekommen. Dabei erregten Ermittlungen und Anklagen wegen sogenannter Hudud-Straftatbestände (z.B. außerehelicher Geschlechtsverkehr, Diebstahl, Straßenraub, Alkoholgenuss) in den letzten Jahren weit weniger öffentliche Aufmerksamkeit als noch in den ersten Jahren nach der Wiedereinführung des islamischen Strafrechts. Die Scharia-Berufungsgerichte wandeln konsistent Steinigungs- und Amputationsurteile in andere Strafen um. Im Jahr 2019 gab es keine Berichte über ausgeführte Prügelstrafen.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

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1.2.4. Sicherheitsbehörden, Haftbedingungen, Todesstrafe

Der (Bundes-)Polizei (National Police Force – NPF) obliegen die allgemeinen Polizei- und Ordnungsaufgaben. Sie umfasst rund 360.000 Personen, die durch geringe Besoldung und schlechte Ausrüstung eingeschränkt ist, wird oftmals die Armee zur Seite gestellt. Insgesamt ist trotz der zweifelsohne vorhandenen Probleme im Allgemeinen davon auszugehen, dass die nigerianischen Behörden gewillt und fähig sind, Schutz vor nichtstaatlichen Akteuren zu bieten. Problematisch ist aber insbesondere, dass Gefangene häufig Folterung und Misshandlung ausgesetzt sind. Disziplinarrechtliche oder strafrechtliche Folgen hat dies kaum. Die Bedingungen in den Haftanstalten sind hart und lebensbedrohlich. Nigeria hält an der Todesstrafe fest, diese ist seit 2006 de facto ausgesetzt, wobei es in den Jahren 2013 und 2016 in Edo State aber zu einzelnen Hinrichtungen gekommen war 2019 gab es keine Berichte über Hinrichtungen, auch 2018 ist es zu keinen Exektutionen gekommen, allerdings wurden mindestens 46 Todesurteile verhängt. Die Regierung Buharis hat der Korruption den Kampf erklärt, doch mangelt es ihr an effektiven Mechanismen.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (16.1.2020): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria (Stand September 2019)

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1.2.5. Vigilantengruppen, Bürgerwehren, Hisbah

In verschiedenen Regionen des Landes haben sich bewaffnete Organisationen in Form von ethnischen Vigilantengruppen gebildet, z.B. der Odua People’s Congress (OPC) im Südwesten oder die Bakassi Boys im Südosten. Bei diesen Gruppen kann man sich gegen Zahlung eines Schutzgeldes „Sicherheit“ erkaufen. Die Polizei geht teilweise gegen diese Gruppen vor, teilweise arbeitet sie aber auch mit ihnen zusammen. Im Kampf gegen Boko Haram hat sich unter Federführung der Armee im Nordosten eine interethnische Vigilantengruppe – die Civilian Joint Task Force (CJTF) – herausgebildet, die eng mit dem Militär kooperiert und auch von der Regierung unterstützt wird. Vigilantengruppen verletzen durch Verhaftungen von Personen regelmäßig persönliche Freiheiten der Bürger. Aufgrund eines im September 2017 vereinbarten Aktionsplanes zur Unterbindung der Rekrutierung und Verwendung von Kindern kommt es nicht mehr zur Rekrutierung von Kindern und zur Reintegration von ehemaligen Kindersoldaten.

Zur Einhaltung von religiösen Vorschriften besteht in einigen Bundesstaaten die Hisbah-Polizei, welche in den Bundesstaaten Zamfara, Niger, Kaduna und Kano mit erweitertem Scharia-Geltungsbereich zur Rechtsdurchsetzung va bei Verkehrsdelikten und der Marktaufsicht ermächtigt sind. Hisbah verhaftet auch Straßenbettler und Prostituierte sowie beschlagnahmt und vernichtet Alkohol. Das Oberste Gericht hat Hisbah, die in Kano direkt vom Bundesstaat betrieben wurde, als verfassungswidrig bezeichnet und wurde daher umorganisiert.

Quellen:

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1.2.6. Folter, unmenschliche Behandlung

Folter und unmenschliche Behandlung sind verboten und stehen auch seit 2017 unter Strafe. Dennoch bestehen Vorwürfe gegen nigerianische Streitkräfte, schwerste Menschenrechtsverletzungen, wie Folter, willkürliche Verhaftungen und Tötungen zu begehen. Im Rahmen des Kampfes gegen Boko Haram und ISIS-WA im Nordosten des Landes kommt es bei Anti-Terror-Operationen durch Sicherheitskräfte zu Menschenrechtsverletzungen. Die Special Anti-Robbery Squad (SARS) geht brutal gegen Verdächtige vor und es kommt zu Folter, gezwungenen Geständnissen und Tötungen. Gesicherte Erkenntnisse über systematisches Verschwindenlassen unliebsamer Personen durch staatliche Organe liegen nicht vor, es bestehen aber diesbezügliche Vorwürfe, insbesondere gegenüber dem Inlandsgeheimdienst und gegen die im Norden des Landes agierenden Sicherheitskräfte der Joint Task Force. Willkürliche Verhaftungen sind gesetzlich verboten. Dennoch werden solche Praktiken, insbesondere im Kampf gegen Boko Haram praktiziert. Betroffene sind insbesondere auch Frauen, Kinder und Jugendliche, die festgehalten werden, weil sie im Verdacht stehen, mit Mitgliedern von Boko Haram verwandt zu sein. Boko Haram entführte andererseits viele Mädchen und Frauen, wobei bisweilen diese wieder freigelassen werden. Boko Haram setzt sie als Lastenträger sowie für Selbstmordattentate ein. Außerdem werden sie häufig sexuell missbraucht und an Mitglieder von Boko Haram zwangsverheiratet.

Quellen:

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1.2.7. Korruption

Auch wenn Korruption verboten ist, ist dieses Problem weit verbreitet. Eine effektive Umsetzung der Gesetze gegen die Korruption erfolgt nicht. Korruption betrifft alle Ebenen in den Behörden, der Justiz und bei den Sicherheitskräften. Die Korruptionsbekämpfung ist seit 1999 wenig erfolgreich. Die Independent Corrupt Practices and Other Related Offenses Commission (ICPC) hält ein breites Mandat bezüglich der Verfolgung fast aller Formen von Korruption, während die Economic and Financial Crimes Commission (EFCC) auf Finanzdelikte beschränkt ist. Obwohl die Bemühungen der EFCC und der ICPC sich auf Regierungsbeamte mit niedrigem und mittlerem Rang konzentrieren, haben beide Organisationen mit Ermittlungen und Anklagen gegen verschiedene hochrangige Regierungsbeamte begonnen.

Quellen:

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1.2.8. Menschenrechtssituation, Opposition, Unabhängigkeitsbewegungen

Die Menschenrechtssituation in Nigeria hat sich in den letzten 20 Jahren verbessert, schwierig bleiben aber die allgemeinen Lebensbedingungen. Die Versammlungsfreiheit ist verfassungsrechtlich garantiert, wird aber gelegentlich durch das Eingreifen von Sicherheitsorganen bei politisch unliebsamen Versammlungen eingeschränkt. Die politische Opposition kann sich aber grundsätzlich frei betätigen; es gibt auch keine Erkenntnisse über die Verfolgung von Exilpolitikern durch die nigerianische Regierung. Gelegentlich gibt es aber, vor allem bei Gruppen mit sezessionistischen Zielen, Eingriffe seitens der Staatsgewalt. Dabei ist insbesondere die Bewegung im Süden und Südosten Nigerias zu nennen, die einen unabhängigen Staat Biafra fordert. Dafür treten sowohl das Movement for the Actualisation of the Sovereign State of Biafra (MASSOB) und die Indigenous People of Biafra (IPOB) ein. Seit der Verhaftung des Leiters des inzwischen verbotenen Radiosenders „Radio Biafra“ im Oktober 2015 kommt es vermehrt zu Demonstrationen von Biafra-Anhänger, gegen die laut verschiedenen Berichten, unter anderem von Amnesty International, von den nigerianischen Sicherheitskräften mit Gewalt vorgegangen worden sein soll. Zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung wurden Truppen entsandt und die IPOB zur terroristischen Organisation erklärt und – wie auch die schiitische Islamische Bewegung Nigerias (IMN), die im Juli 2019 zur illegalen Organisation erklärt wurde – verboten. Die Polizei geht gegen Mitglieder der IPOB und der IMN mittels Inhaftierungen vor. Die Sicherheitskräfte nahmen im Verlauf des Jahres 2019 mindestens 200 Mitglieder und Unterstützer der IPOB fest, zehn Personen wurden getötet. In Abia wurden mutmaßliche IPOB-Mitglieder etwa wegen Mordes, Brandstiftung und anderen Verbrechen verhaftet. Seither hat es seitens IPOB und MASSOB nur noch vereinzelt Versuche gegeben, in der Öffentlichkeit für die (verfassungswidrige) Unabhängigkeit eines fiktiven Staates „Biafra“ zu werben. Diese wurden von den nigerianischen Sicherheitsbehörden regelmäßig unterbunden. Insgesamt können diese Bewegungen als relativ unbedeutende Randgruppen angesehen werden. Auch wenn der IPOB Führer Nnamdi Kanu vom Ausland aus für die Biafra Bewegung agiert, ist in Nigeria selbst IPOB derzeit nicht mehr aktiv.

Quellen:

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1.2.9. Religionsfreiheit, religiöse Gruppen, Kulte

Im Vielvölkerstaat Nigeria ist Religionsfreiheit einer der Grundpfeiler des Staatswesens. Etwa 50% der Bevölkerung sind Muslime, 40 % bis 45 % Christen und der Rest Anhänger von Naturreligionen. Im Norden dominieren Muslime, im Süden Christen. Religiöse Diskriminierung ist verboten. In der Praxis bevorzugen die Bundesstaaten aber in der Regel die jeweils durch die lokale Mehrheitsbevölkerung ausgeübte Religion. Insbesondere in den Scharia-Staaten ist die Situation für Christen sehr schwierig. Die Toleranz zwischen den Glaubensgemeinschaften ist nur unzureichend ausgeprägt, mit Ausnahme der Yoruba im Südwesten Nigerias, unter denen auch Ehen zwischen Christen und Muslimen verbreitet sind. Speziell in Zentralnigeria kommt es zu lokalen religiösen Auseinandersetzungen, die auch zahlreiche Todesopfer gefordert haben. In Nigeria gibt es auch noch Anhänger von Naturreligionen („Juju“); eine Verweigerung der Übernahme einer Rolle als Priester kann schwierig sein, doch wird dies nicht als Affront gegen den Schrein empfunden und sind auch keine Fälle bekannt, in denen dies zu einer Bedrohung geführt hätte. Im Süden Nigerias sind auch Kulte und Geheimgesellschaften vorhanden; insbesondere im Bundesstaat Rivers überschneiden sich Kulte häufig mit Straßenbanden, kriminellen Syndikaten etc. Mafiöse Kulte prägen trotz ihres Verbotes das Leben auf den Universitäten; es wird auch über Menschenopfer berichtet. Das Secret Cult and Similar Activities Prohibition Gesetz aus dem Jahr 2004 verbietet ca. 100 „Kulte“, darunter kriminelle Banden sowie: spirituell und politisch motivierte Gruppen auf der Suche nach Macht und Kontrolle.

Quellen:

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-        DFAT - Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (9.3.2018): DFAT Country Information Report Nigeria, https://www.dfat.gov.au/sites/default/files/country-information-report-nigeria.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (2.2019): Country Guidance: Nigeria; Guidance note and common analysis, https://www.ecoi.net/en/file/local/2004112/Country_Guidance_Nigeria_2019.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (11.2018b): Country of Origin Information Report - Nigeria - Targeting of individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001375/2018_EASO_COI_Nigeria_TargetingIndividuals.pdf, Zugriff 15.4.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (6.2017): EASO Country of Origin Information Report Nigeria Country Focus, http://www.e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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