TE Bvwg Beschluss 2020/11/23 W195 2234429-1

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Veröffentlicht am 23.11.2020
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Entscheidungsdatum

23.11.2020

Norm

AVG §53b
B-VG Art133 Abs4
BVwGG §21 Abs9
GebAG §31
GebAG §32 Abs1
GebAG §32 Abs2 Z1
GebAG §39 Abs1
GebAG §53 Abs1
GebAG §54 Abs1 Z3
GebAG §54 Abs1 Z4
GOG §89c
VwGVG §17

Spruch


W195 2234429-1/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Vizepräsidenten Dr. Michael SACHS als Einzelrichter über den auf der Honorarnote vom 21.07.2020 basierenden gebührenrechtlichen Antrag des Dolmetschers XXXX beschlossen:

A)

I. Die gebührenrechtlichen Ansprüche werden gemäß § 17 VwGVG iVm § 53b AVG iVm
§ 39 Abs. 1 GebAG iVm § 53 Abs. 1 Gebührenanspruchsgesetz mit

€ 186,30 (inkl. USt)

bestimmt.

II. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

I.1. Mit Schriftsatz vom 27.05.2020, XXXX , beraumte das Bundesverwaltungsgericht eine öffentliche mündliche Verhandlung für den 16.07.2020 an, zu welcher der Antragsteller als Dolmetscher geladen wurde und in deren Rahmen er auch als Dolmetscher fungierte.

I.2. Mit 21.07.2020 langte der Gebührenantrag für Dolmetscher (mündliche Verhandlungen) in dem Verfahren zur XXXX via Postweg beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Entschädigung für Zeitversäumnis

a) § 32 (1) 2 begonnene Stunden á € 22,70 + 1 Stunde Postweg

68,10

b) § 33 (1) über 30 km beg. Stunden á € 28,20

 

Mühewaltung § 54 Abs. 1

 

3. Teilnahme an Verhandlung oder Vernehmung

a) für die erste halbe Stunde € 24,50

b) für weitere 3 halbe Stunden á € 12,40

c) bei besonders schwieriger Dolmetschtätigkeit erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. € 15,40 HOHES RISIKO (COVID-19)

30,70

46,20

4. Übersetzung von Schriftstücken in der Verhandlung oder Vernehmung*

1) 2 Seiten pro 1000 Zeichen € 7,60 ÜBERSETZUNG VON SMS NACHRICHTEN

15,20

Reisekosten §§ 27ff

 

20 km á € 0,42

8,40

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und zurück Postweg

5,20

PARKSCHEINE

4,40

Sonstige Kosten

 

§ 31. Z. 5 Stempel und Postgebühren

3,15

Zwischensumme

181,35

§ 31 Z 6 20% USt

36,27

Gesamtsumme

217,00

*Wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstückes höchstens 20 Euro

I.3. Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2020, XXXX , wurde der Antragsteller zur Einbringung seines Antrages via elektronischem Rechtsverkehr aufgefordert oder ersucht Gründe darzulegen, weshalb eine Übermittlung per WEB-ERV untunlich oder unzumutbar sei. Gemäß § 89c Abs. 5a GOG iVm § 21 Abs. 9 BVwGG seien Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten oder Übersetzungen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) verpflichtet. Diese Verpflichtung entfalle, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige/den Sachverständigen oder die Dolmetscherin/den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar sei; dies sei insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige/den Sachverständigen oder die Dolmetscherin/den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Des Weiteren könne von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs dann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich sei.

Darüber hinaus wurde der Antragsteller hinsichtlich der von ihm beantragten Gebühren darauf hingewiesen, dass eine zusätzliche Stunde Zeitversäumnis gemäß § 32 GebAG für die Postaufgabe der Gebührennote nicht vorgenommen werden könne, da die Honorarnote mittels WEB ERV und nicht via Postweg einzubringen sei. Vor dem Hintergrund der verpflichtenden elektronischen Einbringung könnten auch die beantragten Kosten der Tickets der öffentlichen Verkehrsmittel iHv € 5,20 für die Hin- und Rückfahrt zu einer Geschäftsstelle der Post sowie die Postgebühren selbst iHv € 3,15 nicht vergütet werden, sofern nicht, die Übermittlung per WEB ERV unzumutbar (unverhältnismäßiger Aufwand im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen) oder untunlich (im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens) sei. Hinsichtlich der Verzeichnung des erhöhten Mühewaltungssatzes gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG wurde der Antragsteller darauf aufmerksam gemacht, dass die zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergangene Verpflichtung, während der gerichtlichen Verhandlung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, keine besondere Schwierigkeit im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG darstelle. Vielmehr sei eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit anzunehmen, wenn beispielsweise eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen sei, weshalb im gegenständlichen Fall kein erhöhter Mühewaltungssatz zu verzeichnen sei. Ferner sei bei der Berechnung der Mühewaltungsgebühr gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG für die in der Verhandlung übersetzten vier SMS auf die Gesamtzahl der Schriftzeichen und nicht auf die Seitenanzahl abzustellen.

I.4. Am 12.11.2020 brachte der Antragsteller im Postweg eine Stellungnahme sowie eine korrigierte Honorarnote betreffend die Verhandlung vom 16.07.2020, XXXX , beim Bundesverwaltungsgericht ein. In der Stellungnahme gab der Antragsteller an, dass die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für ihn nicht zumutbar sei; da dies im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen, mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Es wird von dem unter Punkt I. dargelegten Sachverhalt ausgegangen, aus dem hervorgeht, dass der Antragsteller an der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.07.2020, XXXX , in der Funktion als Dolmetscher, teilgenommen hat und der Antrag auf Gebühren mit 21.07.2020 via Postweg beim Bundesverwaltungsgericht einlangte.

2. Beweiswürdigung:

Der verfahrensgegenständliche Sachverhalt ergibt sich aus einer Abfrage der elektronischen Verfahrensadministration des Bundesverwaltungsgerichtes zu dem Verfahren XXXX , dem Akteninhalt, der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, der vom Antragsteller eingebrachten Honorarnote vom 21.07.2020, dem Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 28.10.2020, XXXX , der Stellungnahme und der korrigierten Honorarnote des Antragstellers vom 12.11.2020 sowie aus Erhebungen der Verrechnungsstelle des Bundesveraltungsgerichts im Zusammenhang mit der Häufigkeit der Bestellung des Antragstellers.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz – BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG, die Bestimmungen des Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF, mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 53b AVG haben nichtamtliche Dolmetscherinnen und Dolmetscher für ihre Tätigkeit im Verfahren Anspruch auf Gebühren, die durch Verordnung der Bundesregierung in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) festzusetzen sind. Soweit keine solchen Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, sind auf den Umfang der Gebühr die §§ 24 bis 34, 36 und 37 Abs. 2 GebAG mit den in § 53 Abs. 1 GebAG genannten Besonderheiten und § 54 GebAG sinngemäß anzuwenden. Die Gebühr ist gemäß § 38 GebAG bei der Behörde geltend zu machen, die den Sachverständigen (hier: Dolmetscher) herangezogen hat.

Zu A)

Zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 89a GOG

Gemäß § 53 Abs. 1 iVm § 38 Abs. 1 GebAG hat die Dolmetscherin den Anspruch auf ihre Gebühr binnen 14 Tagen nach Abschluss ihrer Tätigkeit bei sonstigem Verlust schriftlich oder mündlich, unter Aufgliederung der einzelnen Gebührenbestandteile, bei dem Gericht, vor dem die Beweisaufnahme stattgefunden hat oder stattfinden sollte, geltend zu machen.

Gemäß § 89c Abs. 5a GOG iVm § 21 Abs. 9 BVwGG sind Sachverständige sowie Dolmetscherinnen und Dolmetscher nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten, insbesondere zum Zweck der Übermittlung von Gutachten oder Übersetzungen, zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr (§ 89a GOG) verpflichtet.

Diese Verpflichtung entfällt, wenn die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für die Sachverständige/den Sachverständigen oder die Dolmetscherin/den Dolmetscher im Einzelfall nicht zumutbar ist; dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sie mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Sachverständige/den Sachverständigen oder die Dolmetscherin/den Dolmetscher verbunden wäre, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen. Des Weiteren kann von der Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs dann abgesehen werden, wenn diese im Einzelfall, insbesondere im Hinblick auf den Gutachtensgegenstand oder die Verwertbarkeit des Gutachtens, untunlich ist.

Während die Unzumutbarkeit auf den unverhältnismäßigen Aufwand, etwa im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen, abstellt, betrifft die Untunlichkeit z.B. eine nicht zweckmäßige Verwertbarkeit eines elektronisch übermittelten Gutachtens, wenn also der Gutachtensgegenstand eine Art der Darstellung erfordert, die sich durch eine elektronische Übermittlung nicht ausreichend gewährleisten lässt, was etwa bei Grundstücks- und Vermessungsplänen der Fall sein kann. Anders als bei der Ausnahme von der Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr muss in diesem Fall die erforderliche technische Ausstattung vorhanden sein, weil die grundsätzliche Verpflichtung zum elektronischen Rechtsverkehr besteht. Es muss diese Einbringungsart nur ausnahmsweise – obwohl technisch möglich – nicht benützt werden, weil die Einbringung auf elektronischem Weg eine gegenüber der physischen Übermittlung geminderte gutachterliche Aussagekraft hat. (vgl. ErläutRV 561 BlgNR 26. GP. 3).

Der Antragsteller brachte seinen Gebührenantrag im Zusammenhang mit dem Verfahren zu der XXXX , via Postweg beim Bundesverwaltungsgericht ein, obwohl für Dolmetscherinnen und Dolmetscher sowie für Sachverständige die Pflicht zur Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr gemäß § 21 Abs. 6 BVwGG iVm § 89c Abs. 5a GOG besteht. Das Anbringen der Antragsteller wies daher einen Formmangel auf. Seitens des Bundesverwaltungsgerichts wurde an den Antragsteller ein Mängelbehebungsauftrag unter Setzung einer Frist von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens übermittelt.

In der am 12.11.2020 eingelangten und (wiederum) auf dem Postweg übermittelten Stellungnahme gab der Antragsteller an, dass die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für ihn nicht zumutbar sei; da dies im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen, mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden wäre.

Hinsichtlich der Häufigkeit der Bestellung des Antragstellers ist auszuführen, dass Erhebungen der Verrechnungsstelle des Bundesveraltungsgerichts ergeben haben, dass der Antragsteller im Verfahren, XXXX , zum ersten Mal vom Bundesverwaltungsgericht, als Dolmetscher bestellt wurde und an einer Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht teilnahm. Bei der gegenständlichen Honorarnote handelt es sich somit um die erste Gebührennote, die von dem Antragsteller beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht wurde. Die Argumentation des Antragstellers, dass im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen, die Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr nicht zumutbar ist, erscheint somit nachvollziehbar.

Vor diesem Hintergrund entfällt im gegenständlichen Fall die Verpflichtung der Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr für den Antragsteller.

Zu der beantragten Gebühr für Zeitversäumnis gemäß §§ 32 und 33 GebAG

Gemäß § 32 Abs. 1 und 2 Z 1 GebAG hat der Sachverständige für die Zeit, die er wegen seiner Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren außerhalb seiner Wohnung oder seiner gewöhnlichen Arbeitsstätte bis zur möglichen Wiederaufnahme der Arbeit besonders aufwenden muss, Anspruch auf eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Ausmaß von € 22,70, handelt es sich aber um eine Tätigkeit nach § 34 Abs. 3 Z 1 GebAG, von € 15,20 für jede, wenn auch nur begonnene Stunde. Der Anspruch auf Entschädigung durch Zeitversäumnis besteht so weit nicht, als der Sachverständige Anspruch auf eine Gebühr für Mühewaltung hat.

Alle Zeitversäumnisse sind stets zusammenzurechnen und erst dann ist zu prüfen, wie viele Stunden sie zusammen ergeben, wobei eine bloß begonnene Stunde genauso wie eine volle honoriert wird (vgl. OGH 06.02.1969, EvBI 1969/388; OLG Wien 24.07.1986, 11 R 108/86; LGZ Wien 48R 68/08t EFSLg 121.620; OGH Wien 28.09.2010, 14 Os 109/10a; Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4, § 32, E 72).

Mit der Gebührennote vom 16.07.2020, beim Bundesverwaltungsgericht mittels Poststück eingelangt am 21.07.2020, verzeichnete sich der Antragsteller zwei Stunden Zeitversäumnis inklusive einer Stunde Postweg. Insgesamt beantragte der Antragsteller daher drei Stunden Zeitversäumnis iHv € 68,10.

Vor dem Hintergrund des Entfalls der verpflichteten Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr, erscheint die beantragte Wegzeit von einer zusätzlichen Stunde Zeitversäumnis für die Postaufgabe der Gebührennote als nachvollziehbar und ist daher eine Vergütung für diese beantragte Wegzeit zuzugestehen.

Bei Zusammenrechnung aller Weg- und Wartezeiten an diesem Tag (insgesamt 50 Minuten Reisezeit für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Bundesverwaltungsgericht sowie die Einberechnung eines angemessenen Zeitpolsters für Parkplatzsuche und die Sicherheitskontrolle im Gerichtsgebäude sowie die Wegzeit für die Postaufgabe) ist von einer Zeitspanne von über zwei Stunden auszugehen.

Aus diesem Grund ist die Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 32 Abs. 1 GebAG mit drei Stunde in Höhe von € 68,10 zu vergüten.

Zu der beantragten Mühewaltung für eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit
gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG:

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für die Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung für die erste, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 24,50; für jede weitere, wenn auch nur begonnene halbe Stunde € 12,40, handelt es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit so erhöhen sich diese Beträge auf € 30,70 bzw. € 15,40.

Laut der Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 16.07.2020, XXXX , hat die Verhandlung um 13:00 Uhr begonnen und um 14:35 Uhr geendet. Der Antragsteller war in dieser Zeit als Dolmetscher in der gegenständlichen Verhandlung tätig. Die Gesamtdauer der Verhandlung betrug daher vier begonnene halbe Stunden.

In der Gebührennote vom 21.07.2020 beantragte der Antragsteller aufgrund einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit für die erste halbe Stunde eine Gebühr von € 30,70 und für weitere drei halbe Stunde die Zuerkennung von € 46,20. Als Begründung führte er aus, dass die besonders schwierige Dolmetschtätigkeit auf einem hohen COVID-19 Risiko basiere.

Eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit ist anzunehmen, wenn beispielsweise eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen ist. Auch damit wird eine besondere Leistung erbracht, die eine höhere Gebühr rechtfertigt. Dabei muss sich der Dolmetscher meist besonders auf die Verhandlung vorbereiten. Es muss sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln (vgl. Krammer/Schmidt/Guggenbichler, Sachverständigen und Dolmetschergesetz, Gebührenanspruchsgesetz4, Anm. 6. zu § 54 Abs. 1. Z 3 GebAG).

Im gegenständlichen Fall lässt die Durchsicht der Niederschrift der mündlichen Verhandlung, XXXX , nicht auf die Übersetzung einer komplizierten Fachsprache schließen. Vielmehr ist auf Seite 2 des Verhandlungsprotokolls vermerkt, dass der Beschwerdeführer aufgrund seines langen Aufenthaltes in Österreich (18 Jahre) gut Deutsch sprechen würde. Auf Seite 8 des Verhandlungsprotokolls wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer großteils in deutscher Sprache geantwortet habe und eine Verständigung mit ihm in deutscher Sprache möglich gewesen sei.

Eine besondere fachliche Schwierigkeit iSd § 54 Abs. 1. Z 3 GebAG konnte in diesem konkreten Fall somit nicht festgestellt werden, da auch der Tatbestand eines „COVID-19 Risikos“ oder eine vergleichbare Situation gemäß der zitierten Judikatur nicht als fachliche Schwierigkeit einzustufen ist. Des Weiteren konnten darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte ermittelt werden, die eine besondere Vorbereitung des Antragstellers auf diese Verhandlung rechtfertigen würden.

In diesem Zusammenhang ist ebenso auf die Entscheidung der Obersten Gerichtshofs (OGH) vom 15.09.2020, 11 Os 87/20h hinzuweisen: „Die beantragte Erhöhung des Betrags, der dem Dolmetsch für seine Zuziehung zu einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung gebührt setzt nach § 54 Abs 1 Z 3 GebAG voraus, dass es sich um eine besonders schwierige Dolmetschtätigkeit handelt. Schon auf Basis des Gesetzeswortlauts ist auf eine besondere Schwierigkeit der Dolmetschtätigkeit als solcher abzustellen [..]. Dieser Befund wird durch die Materialien zur GebAG-Novelle 1994, BGBl 1994/623 (mit der die in Rede stehende Bestimmung neu gefasst wurde), gestützt. Danach soll die Erhöhung […] zum Tragen kommen, wenn gewisse „besondere Leistungen“ erbracht werden. Es müsse sich um eine besondere fachliche Schwierigkeit im konkreten Fall handeln; als Beispiel wird das Erfordernis genannt, eine komplizierte Fachsprache zu dolmetschen (RV 1554 BlgNR 18. GP 16; folgend Krammer/Schmidt/Guggenbichler, SDG-GebAG4 § 54 GebAG Anm 6). Dagegen findet sich im Gesetz kein Anhaltspunkt für die Sicht, bei der betreffenden Beurteilung seien – über Aspekte fachlicher Natur hinaus – auch äußere Umstände zu berücksichtigen, die (bloß) die Ausübung einer (nicht schon an sich besonders schwierigen) Dolmetschtätigkeit erschweren. Das (sich aus zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie ergangenen Vorschriften ergebende) Erfordernis, dabei Schutzmasken zu tragen, stellt demnach keine besondere Schwierigkeit im Sinn des § 54 Abs 1 Z 3 GebAG dar.“

Vor dem Hintergrund der oben zitierten Judikatur und mangels Vorliegens einer besonders schwierigen Dolmetschtätigkeit ist weder der erhöhte Stundensatz für die erste halbe Stunde iHv € 30,70, noch der Zuschlag von € 15,40 á begonnener weiterer halben Stunde zu vergüten. Die Gebühren für Mühewaltung betragen gemäß § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG für die erste begonnene halbe Stunde € 24,50 und für jede weitere begonnene halbe Stunde € 12,40.

Zur beantragten Mühewaltung gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG

Gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG beträgt die Gebühr der Dolmetscherinnen und Dolmetscher für jede während einer Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung übersetzte Seite eines Schriftstücks neben der Gebühr nach Z 3 die Hälfte der Gebühr für die Übersetzung eines Schriftstücks; wurde das zu übersetzende Schriftstück im Rahmen derselben Vernehmung oder gerichtlichen Verhandlung angefertigt, so gebühren für die Übersetzung des gesamten Schriftstücks höchstens 20,00 Euro.

Bei der Verzeichnung einer Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG ist zwischen einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz und einem „Schriftstück“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz zu unterscheiden. Als ein Schriftstück im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz ist jenes Dokument zu qualifizieren, welches bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurde. Wird ein solches „Schriftstück“ während der Verhandlung oder Einvernahme übersetzt, so steht dem Dolmetscher gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zusätzlich neben der Gebühr nach § 54 Abs. 1 Z 3 GebAG die Hälfte der Gebühr (€ 7,60 pro 1000 Zeichen) für die Übersetzung dieses „Schriftstücks“ zu. Unter einem „in der Verhandlung angefertigten Schriftstück“ iSd § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG ist hingegen jenes Dokument zu verstehen, welches erstmals während einer Vernehmung oder Verhandlung angefertigt wurde. Die Gebühr für die Übersetzung dieses, im Rahmen der Verhandlung, „angefertigten Schriftstückes“ unterliegt gemäß § 54 Abs. 1 Z 4 letzter Halbsatz GebAG einer Deckelung von € 20,00.

Mit der Gebührennote vom 21.07.2020, betreffend die mündliche Verhandlung vom 16.07.2020, XXXX , verzeichnete sich der Antragsteller eine Mühewaltungsgebühr iHv € 15,20 für ein in derselben gerichtlichen Verhandlung angefertigtes Schriftstück. Der Antragsteller gab an, dass er in der Verhandlung 2 Seiten (SMS Nachrichten) übersetzt habe.

Die Durchsicht der Niederschrift der mündlichen Verhandlung XXXX (Seite 5) hat ergeben, dass vier Droh-SMS aus dem Akt zum Übersetzen vorgelegt wurden. Diese SMS sind als Dokumente zu qualifizieren, welche bereits vor der Einvernahme oder Verhandlung formuliert und verfasst wurden. Es handelt sich nicht um Schriftstücke die in der gerichtlichen Verhandlung angefertigt wurden. Eine Vergütung dieser Schriftstücke (SMS) hat daher nach § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG zu erfolgen.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass eine Entlohnung nach § 54 Abs. 1 Z 4 GebAG nicht anhand der Seitenanzahl eines „Schriftstücks“ zu erfolgen hat, sondern dass sich die Vergütung an der Anzahl der Schriftzeichen orientiert.

§ 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG (Schriftstück, welches vor der Verhandlung angefertigt wurde) verweist auf die Gebührenvergütung von schriftlichen Übersetzungen gemäß § 54 Abs. 1 Z1 lit. a GebAG. In den Erläuterungen der Regierungsvorlage ErläutRV 303 BlgNR 23. GP 52 finden sich betreffend die Vergütung von schriftlichen Übersetzungen nach dem GebAG folgende Ausführungen: „Anstatt auf die Anzahl der Schriftzeichen pro Seite soll daher in Zukunft nur mehr auf die Gesamtzahl der Schriftzeichen (ohne Leerzeichen) - ohne Bezugnahme auf irgendwelche formalisierten „Seiten“- abgestellt werden. Die Dolmetscherin hat bei der Gebührenbemessung die Anzahl der Schriftzeichen anzugeben. Diese Anzahl kann durch das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder die Revisorin leicht überprüft werden, indem eine elektronische Version des Dokuments von der Dolmetscherin angefordert wird: jedes gängige Textverarbeitungsprogramm ist auch mit einer Funktion ausgestattet, mit der die Zeichenanzahl einfach ermittelt werden kann.“

Anhand des Wortlautes der Gesetzesstelle bzw. der zitierten Erläuterung hat die Berechnungsweise der Gebühr iSd § 54 Abs. 1 Z 4 erster Halbsatz GebAG wie folgt vorgenommen zu werden: Für die Übersetzung ist pro 1000 Zeichen, die Hälfte jener Gebühr, die bei einer schriftlichen vorgenommenen Übersetzung zusteht (€ 15,20) zu verzeichnen, somit € 7,60 pro 1000 Zeichen. Die sich daraus ergebende Formel lautet:
.

Die Überprüfung der in der Verhandlung vorgelegten SMS hat ergeben, dass diese vier übersetzten Schriftstücke insgesamt 556 Zeichen umfassen. Dem Antragsteller stehen daher lediglich gerundet € 4,23 zu.

Zu den Reisekosten gemäß §§ 27ff GebAG und den sonstigen Kosten gemäß § 31 GebAG

In der Gebührennote verzeichnete sich der Antragsteller zusätzlich für die Anfahrt mit dem Auto zur und von der Verhandlung (Kilometergeld iHv € 8,40) auch die Kosten für Tickets der öffentlichen Verkehrsmittel iHv € 5,20. In der Gebührennote vom 21.07.2020 gab der Antragsteller an, dass diese Gebühren für die Hin- und Rückfahrt zu einer Geschäftsstelle der Post verzeichnet wurden, da der Gebührenantrag postalisch versendet wurde. Des Weiteren verzeichnete der Antragsteller sich gemäß § 31 GebAG € 3,15 für Stempel- und Postgebühren.

Da, wie bereits oben dargelegt wurde, die Übermittlung der Honorarnote für den Antragsteller per WEB ERV unzumutbar (unverhältnismäßiger Aufwand im Hinblick auf die geringe Zahl an Bestellungen) ist, sind die Kosten für die Tickets der öffentlichen Verkehrsmittel sowie die sonstigen Kosten zu vergüten.

Aus den bisherigen Ausführungen ergibt sich daher folgende Gebührenberechnung im gegenständlichen Verfahren:

Entschädigung für Zeitversäumnis

§ 32 (1) 2 begonnene Stunden á € 22,70 + 1 Stunde Postweg

68,10

Mühewaltung § 54 Abs. 1

 

Teilnahme an Verhandlung oder Vernehmung

für die erste halbe Stunde € 24,50

für weitere 3 halbe Stunden á € 12,40

24,50

37,20

Übersetzung von Schriftstücken in der Verhandlung oder Vernehmung

556 Zeichen

4,23

Reisekosten §§ 27ff

 

20 km á € 0,42

8,40

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln hin und zurück Postweg

5,20

Parkscheine

4,40

Sonstige Kosten

 

§ 31. Z. 5 Stempel und Postgebühren

3,15

Zwischensumme

155,18

20% USt

31,03

Gesamtsumme

186,21

Gesamtsumme gerundet auf volle 10 Cent

186,30

Es war daher die Gebühr des Dolmetschers mit € 186,30 zu bestimmen. Das Mehrbegehren war abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt.
Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die im gegenständlichen Fall anzuwendenden Normen sind derart klar, dass sie keiner weiteren Auslegung bedürfen.

Schlagworte

Dolmetscher Dolmetschergebühren - Neuberechnung Dolmetschgebühren elektronischer Rechtsverkehr Gebührenanspruch Gebührenbestimmung - Gericht Mehrbegehren Mühewaltung mündliche Verhandlung Pandemie Reisekosten Schriftstück - Übersetzungstätigkeit Teilstattgebung Übersetzungstätigkeit Zeitversäumnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W195.2234429.1.00

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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