TE Bvwg Beschluss 2020/11/24 I408 2162618-1

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §8
VwGG §25a Abs2 Z1
VwGG §30a
VwGG §46

Spruch

I408 2162605-1/51E

I408 2162628-1/54E

I408 2162618-1/54E

I408 2162607-1/53E

I408 2162613-1/52E

I408 2162615-1/53E

I408 2162621-1/52E

I408 2162625-1/51E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Harald NEUSCHMID über die Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision von XXXX , geb. XXXX (BF1), XXXX , geb. XXXX (BF2), XXXX , geb. XXXX (BF3), XXXX , geb. XXXX , (BF4), XXXX , geb. XXXX , (BF5), XXXX , geb. XXXX , (BF6), XXXX , geb. XXXX , (BF7) und XXXX , geb. XXXX , (BF8), vom 22.10.2020 gegen das mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 29.04.2020 abgeschlossene Verfahren, Zlen. I408 2162605-1/37E, I408 2162628-1/41E, I408 2162618-1/38E, I408 2162607-1/37E, I408 2162613-1/37E, I408 2162615-1/37E, I408 2162621-1/37E, I408 2162625-1/37E, beschlossen:

A)       Der Wiedereinsetzungsantrag wird als verspätet zurückgewiesen.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Mit den Bescheiden vom 02.06.2017, Zl. XXXX , ZI. XXXX , ZI. XXXX , ZI. XXXX , ZI. XXXX , ZI. XXXX , ZI. XXXX , und ZI. XXXX , wies das Bundesasylamt die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen ab und erließ gegen alle eine Rückkehrentscheidung.

2. Die mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.10.2017, L 513 2162605-1/4E, L 513 2162628-1/4E, L 513 2162618-1/4E, L 513 2162625-1/4E, L 513 2162607-1/4E, L 513 2162613-1/4E, L 513 2162621-1/4E und L 513 2162615-1/4E erfolgte Abweisung der Beschwerden wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.08.2018, Ra 2017/18/0481 bis 0488-11, behoben.

3. Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurden die Beschwerden mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.04.2020, I408 2162605-1/37E, I408 2162628-1/41E, I408 2162618-1/38E, I408 2162607-1/37E, I408 2162613-1/37E, I408 2162615-1/37E, I408 2162621-1/37E und I408 2162625-1/37E, neuerlich als unbegründet abgewiesen.

4. Die dagegen erhobene Revision wurde mit Beschluss des VwGH vom 07.09.2020, Ra 2020/18/0197 bis 0204-15 zurückgewiesen.

5. Mit Schriftsatz vom 22.10.2020, eingelangt beim Verwaltungsgerichtshof (mittels elektronischem Rechtsverkehr) am 22.10.2020, beantragten die Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dazu wurde Folgendes vorgebracht:

„Die BF haben sohin durch ihren ausgewiesenen Verfahrenshelfer erstmals am 08.10.2020 davon Kenntnis erlangt, dass offenbar gegen ein falsches Erkenntnis des BVwG die ao Rev erhoben wurde. Der Fristenlauf für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat daher am 08.10.2020 zu laufen begonnen. Obwohl der bestellte Verfahrenshelfer dafür Sorge trägt, dass das regelmäßig aktualisierte Kanzleihandbuch/Compliance-Regelwerk jedem / jeder Mitarbeiter(in), so auch im Konkreten Fall seiner Angestellten XXXX , vorliegt und von den Mitarbeiterinnen nach Studium dessen gegengezeichnet wird, kam es zu gegenständlichen Versehen bzw Missgeschick. Dieses stellt - wie in weiterer Folge noch aufgezeigt wird - zweifellos lediglich einen minderen Grad des Versehens dar. Im Kanzleihandbuch/Compliance-Regelwerk sind Standards und Kontrollen festgehalten, welche vom Verfahrenshelfer regelmäßig überprüft und kontrolliert werden. In diesem finden sich ua Regelungen über die generellen Verhaltens- und Arbeitsweisen am Arbeitsplatz und insbesondere über die Handhabung von Dokumenten und Regelungen zur Postannahme. Die Mitarbeiter in der Kanzlei des Verfahrenshelfers sind bei der Postannahme angehalten, Postzustellungen sofort nach Erhalt an die zuständige interne Mitarbeiterin weiterzuleiten (hausinterne Botendienst), welche diese sodann dem zuständigen geschäftsführenden Gesellschafter der Kanzleigemeinschaft des Verfahrenshelfers vorlegt. Im konkreten Fall hat Frau XXXX , nachdem diese von der zuständigen Mitarbeiterin der Postannahme die Sendung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer übergeben bekommen hat, lediglich das Bestellungsdekret der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer und das übermittelte Erkenntnis des BVwG vom 23.10.2017 zu GZ L513 2162605-1/4E, L513 2162628-1/4E, L513 2162618-1/4E, L513 2162625-1/4E, L513 2162607-1/4E, L513 2162613-1/4E, L513 2162621-1/4E und L513 2162615-1/4E dem Verfahrenshelfer vorgelegt. Der bestellte Verfahrenshelfer bestätigte sohin den Erhalt und kalendierte die sechswöchige Revisionsfrist mit einer zweiwöchigen Vorfrist. Zudem wird die Post auch einscannt und digital in den Akt gespeichert. Der Akt wurde digital ebenfalls von Frau XXXX im Advokat (Rechtsanwaltssoftware) angelegt. Zudem wurde von Frau XXXX der einzubringende Schriftsatz samt Rubrum in Entsprechung des übermittelten Erkenntnisses angelegt und die diesbezüglichen behördlichen Geschäftszahlen übernommen. Diesbezüglich wurden von Frau XXXX die Geschäftszahlen und das Datum des übermittelten Erkenntnisses sowie die Generalien der beteiligten Personen übernommen; ein anderes Erkenntnis lag Frau XXXX nicht vor. Der Verfahrenshelfer diktierte sodann in der sechswöchigen Revisionsfrist die ao Rev, die sodann fristgerecht am 12.08.2020 elektronisch eingebracht wurde. Der Bestellungsbeschluss des VwGH vom 25.06.2020 wurde dem bestellten Verfahrenshelfer zu keinem Zeitpunkt vorgelegt. Der Verfahrenshelfer hatte sohin weder zum Zeitpunkt des Erhalts der Sendung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer am 30.06.2020, noch zum Zeitpunkt der Einbringung der ao Rev am 12.08.2020 Kenntnis von gegenständlichem Bestellungsbeschluss. Dieser war auch nicht eingescannt. Frau XXXX wurde als Lehrling in die Kanzleigemeinschaft des Verfahrenshelfers vor über drei Jahren aufgenommen, ausgebildet und schloss die Lehrabschlussprüfung mit gutem Erfolg ab. Sie arbeitet von Beginn an mit dem Vertreter zusammen und ist seine persönliche Assistentin. Es herrscht ein sehr großes Vertrauensverhältnis, da Frau XXXX äußerst genau und präzise arbeitet. Dies zeigt sich darin, dass Frau XXXX direkt aus dem Lehrverhältnis als persönliche Assistentin eines geschäftsführenden Gesellschafters übernommen wurde. Dies ist in der Branche keinesfalls usus und spricht für die exakte und genaue Arbeitsweise von Frau XXXX . Der gegenständliche Lapsus ist nur derart zu erklären, dass offenbar nach Übernahme der Post sich der Bestellungsbeschluss des VwGH vom 25.06.2020, aus welchem sich das richtige zu bekämpfende Erkenntnis ergibt, versehentlich mit einem anderen Aktenstück verfing und unbemerkt mit diesem anderen Aktenstück in einem fremden Akt abgelegt wurde. Ein derartiges Versehen bzw Missgeschick ist Frau XXXX in ihrer nunmehr bereits mehrjährigen Tätigkeit in der Kanzleigemeinschaft des Verfahrenshelfers bis dato noch nie passiert. Nach stRspr des VwGH ist ein Ereignis als unabwendbar zu qualifizieren, wenn sein Eintritt von der Partei mit den einem Durchschnittsmenschen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht verhindert werden kann, auch wenn er dieses Ereignis voraussah (s ua VwGH 31.10.1991, 90/16/0148; VwGH 25.01.1995, 94/13/0236; VwGH 27.09.2012, 2009/16/0098; VwGH 26.02.2014, 2012/13/005). Ein Ereignis ist als unvorhergesehen zu qualifizieren, wenn die Partei dieses tatsächlich nicht mit einberechnet hat und sie dessen Eintritt unter Bedachtnahme auf die ihr persönlich zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte (s ua VwGH 17.02.1994, 93/16/0020; VwGH 25.01.1995, 94/13/0236; VwGH 27.09.2012, 2009/16/0098; VwGH 26.02.2014, 2012/13/0051). Die Versäumung ist daher - wenn überhaupt - lediglich auf einen minderen Grad des Versehens zurückzuführen, zumal Frau XXXX in ihrer bereits mehrjährigen Tätigkeit in der Kanzleigemeinschaft des Verfahrenshelfers sich ein derartiges Versehen bzw Missgeschick bisher noch nie zu Schulden kommen hat lassen. Dem Verfahrenshelfer ist daher kein dem minderen Grad des Versehens übersteigendes Verschulden vorzuwerfen; hatte dieser doch zu keinem Zeitpunkt Kenntnis vom Bestellungsbeschluss des VwGH vom 25.06.2020 und lediglich ein Erkenntnis vorliegend. Zudem trug bzw trägt der Verfahrenshelfer dafür Sorge, dass entsprechende Kontroll-/Überwachungsmechanismen in der Kanzleigemeinschaft hinsichtlich der Assistentinnen im Sekretariatsbereich sichergesellt waren bzw sind. So wurden im Kanzleihand- buch/Compliance-Regelwerk Standards und Kontrollen festgehalten, welche regelmäßig kontrolliert, überprüft und adaptiert werden, zudem gibt es regelmäßige Mitarbeitergespräche und -schulungen wie laufende und durchaus auch anlassbezogene Evaluierungsgespräche. Der Verfahrenshelfer bzw dessen geschäftsführende Gesellschafterkollegen sind sich deren Verantwortung eines sorgfältig geführten Kanzleibetriebs bewusst und kommen dem auch durch entsprechend umfangreiche und zumutbare Kontroll-/Überwachungsmechanismen nach. Der Verfahrenshelfer und seine Mitgeschäftsführer überprüfen regelmäßig stichenprobenartig den Papierakt mit dem digitalen Akt und gleichen die diesbezüglichen Schriftstücke ab. Es konnte in diesem Fall keine Abweichung festgestellt werden, da das Schriftstück des VwGH diesbezüglich offenbar versehentlich in einen anderen Akt beim Einordnen der Post rutschte. Ein derartiges Versehen bzw Missgeschick kann jedoch auch durch diese nicht zur Gänze hintangehalten werden, handelt es sich hiebei doch um ein im höchstpersönlichen Bereich der betreffenden Person gelegenes Versehen bzw Missgeschick. Ein solches kann bei einer lebensnahen Betrachtungsweise an sich durch zumutbare Kontroll-/Überwachungsmechanismen auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden, sofern sich die betroffene Person derartiger Versehen nicht bereits des Öfteren schuldig gemacht hat. In gegenständlichem Fall ist Frau XXXX ein derartiges Versehen bzw Missgeschick - wie dargelegt - erstmals passiert. Es hätte nicht verhindert werden können, dass durch einen menschlichen Fehler ein Schriftstück verloren geht bzw nicht eingescannt und vorgelegt wird; es ist offenbar bei der Post in einen anderen Akt gerutscht. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinn des § 1332 ABGB zu verstehen. Der Wiedereinsetzungswerber darf also nicht auffallend sorglos gehandelt, d.h. die im Verkehr mit Behörden und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben. Fehler durch eine zuverlässige Angestellte einer Kanzlei im rein manipulativen Bereich führen jedenfalls zu einer berechtigten Wiedereinsetzung. Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Eine regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene oder zuverlässige Kanzleikraft rein manipulative Tätigkeiten auch tatsächlich ausführt, ist jedoch einem Parteienvertreter nicht zuzumuten, will man dessen Sorgfaltspflicht nicht überspannen (vgl VwGH 29.5.2018, Ra 2018/15/0023, mwN).“

6. Mit Verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.10.2020, Zl. Ra 2020/18/0197 bis 0204-22, dem Bundesverwaltungsgericht am 30.10.2020 mittels elektronischer Zustellung übermittelt, wurde der Schriftsatz mit den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zuständigkeitshalber weitergeleitet.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt und oben dargestelltem Verfahrensgang.

Zur Stellungnahme auf den Verspätungsvorhalt ist anzuführen, dass sich der Hinweis „allfällige weitere Eingaben sind daher ausschließlich beim VwGH einzubringen“ auf das mit Beschluss des VwGH vom 07.09.2020, Ra 2020/18/0197 bis 0204-15, abgeschlossene Verfahren bezieht.

Rechtliche Beurteilung:

§ 30a VwGG („Vorentscheidung durch das Verwaltungsgericht“) lautet:

(1) Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist oder wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, sind ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

(2) Revisionen, denen keiner der im Abs. 1 bezeichneten Umstände entgegensteht, bei denen jedoch die Vorschriften über die Form und den Inhalt (§§ 23, 24, 28, 29) nicht eingehalten wurden, sind zur Behebung der Mängel unter Setzung einer kurzen Frist zurückzustellen; die Versäumung dieser Frist gilt als Zurückziehung. Dem Revisionswerber steht es frei, einen neuen, dem Mängelbehebungsauftrag voll Rechnung tragenden Schriftsatz unter Wiedervorlage der zurückgestellten unverbesserten Revision einzubringen.

(3) Das Verwaltungsgericht hat über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien Ausfertigungen der Revision samt Beilagen mit der Aufforderung zuzustellen, binnen einer mit höchstens acht Wochen festzusetzenden Frist eine Revisionsbeantwortung einzubringen.

(5) Im Fall des § 29 hat das Verwaltungsgericht eine Ausfertigung der Revision samt Beilagen auch dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung mit der Mitteilung zuzustellen, dass es ihm bzw. ihr freisteht, binnen einer mit höchstens acht Wochen festzusetzenden Frist eine Revisionsbeantwortung einzubringen.

(6) Nach Ablauf der Fristen gemäß Abs. 4 und 5 hat das Verwaltungsgericht den anderen Parteien Ausfertigungen der eingelangten Revisionsbeantwortungen samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die Revision und die Revisionsbeantwortungen samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

(7) Hat das Verwaltungsgericht in seinem Erkenntnis oder Beschluss ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, sind die Abs. 1 bis 6 nicht anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat den anderen Parteien sowie im Fall des § 29 dem zuständigen Bundesminister bzw. der Landesregierung eine Ausfertigung der außerordentlichen Revision samt Beilagen zuzustellen und dem Verwaltungsgerichtshof die außerordentliche Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

(8) Auf Fristsetzungsanträge sind die Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden. Das Verwaltungsgericht hat dem Verwaltungsgerichtshof den Fristsetzungsantrag unter Anschluss der Akten des Verfahrens vorzulegen.

(9) Auf Anträge auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind die Abs. 1 und 2 sinngemäß anzuwenden.

(10) Hat das Verwaltungsgericht Verfahrensschritte gemäß den Abs. 2 und 4 bis 7 nicht oder nicht vollständig vorgenommen, kann der Verwaltungsgerichtshof dem Verwaltungsgericht die Revision samt Beilagen unter Anschluss der Akten des Verfahrens mit dem Auftrag zurückstellen, diese Verfahrensschritte binnen einer ihm zu setzenden kurzen Frist nachzuholen. Der Verwaltungsgerichtshof kann diese Verfahrensschritte auch selbst vornehmen, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist.

§ 46 VwGG („Wiedereinsetzung in den vorigen Stand“) lautet:

(1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis – so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat – eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionsfrist und der Frist zur Stellung eines Vorlageantrages ist auch dann zu bewilligen, wenn die Frist versäumt wurde, weil das anzufechtende Erkenntnis, der anzufechtende Beschluss oder die anzufechtende Revisionsvorentscheidung fälschlich einen Rechtsbehelf eingeräumt und die Partei den Rechtsbehelf ergriffen hat oder keine Belehrung zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages, keine Frist zur Erhebung einer Revision oder zur Stellung eines Vorlageantrages oder die Angabe enthält, dass kein Rechtsbehelf zulässig sei.

(3) Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist in den Fällen des Abs. 1 bis zur Vorlage der Revision beim Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach dem Wegfall des Hindernisses zu stellen. In den Fällen des Abs. 2 ist der Antrag binnen zwei Wochen

1.

nach Zustellung eines Bescheides oder einer gerichtlichen Entscheidung, der bzw. die den Rechtsbehelf als unzulässig zurückgewiesen hat, bzw.

2.

nach dem Zeitpunkt, in dem die Partei von der Zulässigkeit der Erhebung der Revision bzw. der Stellung eines Antrages auf Vorlage Kenntnis erlangt hat,

beim Verwaltungsgericht zu stellen. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen.

(4) Bis zur Vorlage der Revision hat über den Antrag das Verwaltungsgericht zu entscheiden. Ab Vorlage der Revision hat über den Antrag der Verwaltungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung durch Beschluss zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht oder der Verwaltungsgerichtshof können dem Antrag auf Wiedereinsetzung die aufschiebende Wirkung zuerkennen.

(5) Durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor dem Eintritt der Versäumung befunden hat.

(6) Gegen die Versäumung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages findet keine Wiedereinsetzung statt.

Die vorliegenden Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Frist zur Erhebung einer außerordentlichen Revision erweisen sich als verspätet:

In gegenständlichen Fällen beantragten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22.10.2020 Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und brachten den diesbezüglichen Schriftsatz am 22.10.2020, mittels elektronischem Rechtsverkehr, direkt beim Verwaltungsgerichtshof ein.

Die Beschwerdeführer haben am 08.10.2020 von dem von ihnen bezeichneten Wiedereinsetzungsgrund erfahren. Sohin ist von einem „Wegfall des Hindernisses“ am 08.10.2020 auszugehen. Die Frist von zwei Wochen des § 46 Abs 3 VwGG ist von diesem Datum an zu rechnen und daher am 22.10.2020 abgelaufen.

Der Antrag auf Wiedereinsetzung wurde gegenständlich am letzten Tag der Wiedereinsetzungsfrist, dem 22.10.2020 mittels elektronischem Rechtsverkehr, direkt beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Die Frist des § 46 Abs. 3 VwGG wäre nur gewahrt, wenn der Verwaltungsgerichtshof den Antrag spätestens am letzten Tag der Frist zur Weiterleitung an das Bundesverwaltungsgericht zur Post gegeben oder spätestens an diesem Tag der zuständigen Stelle übermittelt hätte (vgl. VwGH 25.04.1995, Zl. 95/08/0066).

Die vorliegenden Anträge wurde jedoch erst mit Verfahrenseinleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes dem Bundesverwaltungsgericht am 30.10.2020 vorgelegt. Damit erweisen sich die vorliegenden Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als verspätet.

Im Übrigen war über die in der Revision gestellten Anträge auf Zuerkennung auf der aufschiebenden Wirkung aufgrund der Verspätung nicht mehr abzusprechen.

Schlagworte

außerordentliche Revision Familienverfahren Fristablauf Fristenwahrung Verspätung Weiterleitung eines Anbringens Wiedereinsetzung Wiedereinsetzungsantrag Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I408.2162618.1.01

Im RIS seit

01.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

01.02.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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