TE Bvwg Beschluss 2020/10/2 W259 2234514-1

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Veröffentlicht am 02.10.2020
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Entscheidungsdatum

02.10.2020

Norm

AVG §58
B-VG Art130
B-VG Art133 Abs4
VBG §35

Spruch

W259 2234514-1/2E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Ulrike RUPRECHT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , vertreten durch XXXX , gegen das Schreiben der Bildungsdirektion XXXX vom XXXX .2020, Zl. XXXX , betreffend Abfertigung zu Recht:

A)       Die Beschwerde wird wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)       Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang

1. Die Beschwerdeführerin steht in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

2. Zuletzt war die Beschwerdeführerin vom 13.09.2004 bis zum 30.11.2019 als Vertragslehrerin für den Landesschulrat XXXX beschäftigt. Auch davor war die Beschwerdeführerin jeweils befristet nach den Bestimmungen des Vertragsbedienstetengesetzes angestellt.

3. Mit Schreiben vom 23.01.2020 teilte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen mit, dass sie durch die einvernehmliche Lösung ihres Dienstverhältnisses den Anspruch auf Auszahlung einer Abfertigung erworben habe. Ihr stehe die Abfertigung-Alt zu. Zugleich wurde der Antrag gestellt, ihr die zustehende Abfertigung Alt mittels Bescheid zuzuerkennen bzw. zur Auszahlung zu bringen.

4. Mit Antwortschreiben vom XXXX .2020 führte die Bildungsdirektion XXXX zusammengefasst aus, dass für die Abgrenzung Abfertigung alt und Abfertigung neu betreffend Vertragslehrpersonal § 84 Abs. 1 VBG iVm § 91l VBG und § 46 Abs. 3 BMSVG heranzuziehen sei. Es sei bei der Beschwerdeführerin im Jahr 2003 zu keiner Verlängerung des Dienstverhältnisses gekommen. Wegen der mehrmonatigen Unterbrechung sei die Anwendung des § 35 VBG bei Abschluss des neuerlichen Dienstverhältnisses zu Recht erfolgt. Eine Auszahlung einer Abfertigung alt könne daher nicht erfolgen. Angemerkt werde, dass eine bescheidmäßige Entscheidung nicht in Betracht komme.

5. Mit Beschwerde vom 05.08.2020 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr Vorbringen vom 23.01.2020 und führte ergänzend an, dass ihr Antrag auf Abfertigung alt mit einem als „Antwort Anfrage Abfertigung Prof. Birgit Pfeifer“ titulierten Schreiben vom XXXX .2020 abgewiesen worden sei. Dies sei ein Bescheid isd AVG.

6. Die gegenständliche Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden von der belangten Behörde mit dem Hinweis vorgelegt, dass die Weiterleitung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht auf das ausdrückliche Begehren der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin erfolgte. Es sei der Bildungsdirektion bewusst, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Vertragslehrerin handle und keine bescheidmäßige Erledigung vorliegen könne.

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Die Beschwerdeführerin stand zu keinem Zeitpunkt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Die Beschwerdeführerin war zuletzt nach dem Vertragsbedienstetengesetz (VBG) als Vertragslehrerin (IL/I1) beschäftigt und stellte bei der Bildungsdirektion XXXX mit Schreiben vom 23.01.2020 einen Antrag auf Abfertigung alt.

Die Bildungsdirektion XXXX antwortete auf diesen Antrag mit Schreiben vom XXXX .2020. Darin stellte die Behörde die bisherigen befristeten Dienstverhältnisse der Beschwerdeführerin als Vertragslehrerin dar und führte aus, dass es im Jahr 2003 zu keiner Verlängerung des Dienstverhältnisses der Beschwerdeführerin als Vertragslehrpersonal gekommen sei. Wegen der mehrmonatigen Unterbrechung (01.09.2003 bis 06.01.2004), die nicht in Schulferien begründet gewesen sei, sei die Anwendung des § 35 VBG bei Abschluss des neuerlichen Dienstverhältnisses zu Recht erfolgt. Die Auszahlung einer Abfertigung alt an die Beschwerdeführerin könne daher nicht erfolgen. Abschließend wurde im Schreiben vom XXXX .2020 angemerkt, dass eine bescheidmäßige Entscheidung nicht in Betracht komme.

Gegen dieses Schreiben richtet sich ein mit „Beschwerde“ titulierter Schriftsatz der Beschwerdeführerin. Die Weiterleitung dieser „Beschwerde“ an das Bundesverwaltungsgericht erfolgte auf das ausdrückliche Begehren der Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen stützen sich auf den von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt, insbesondere auf das Schreiben vom XXXX .2020 und die „Beschwerde“. Es ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin einen Antrag auf Zuspruch einer Abfertigung alt stellte und in keinem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund steht oder stand. Aus dem Akteninhalt ergibt sich zweifelsfrei, dass die Bildungsdirektion XXXX auf den Antrag der Beschwerdeführerin vom 23.01.2020 mit Schreiben vom XXXX .2020 antwortete und eine „Beschwerde“ gegen dieses Schreiben auf Verlangen der Beschwerdeführerin an das Bundesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde.

3. Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Zufolge § 135a Abs. 1 BDG 1979 liegt gegenständlich keine Senatszuständigkeit vor.

Zu Spruchpunkt A): Zurückweisung wegen Unzuständigkeit

3.1. Art 130 B-VG lautet auszugsweise:

(1) Die Verwaltungsgerichte erkennen über Beschwerden
1.         gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit;
2.         gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt wegen Rechtswidrigkeit;
3.         wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch eine Verwaltungsbehörde.

(Anm:: Z 4 aufgehoben durch Art. 1 Z 13, BGBl. I Nr. 138/2017)

(1a) Das Verwaltungsgericht des Bundes erkennt über die Anwendung von Zwangsmitteln gegenüber Auskunftspersonen eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates nach Maßgabe des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrates.

(2) Durch Bundes- oder Landesgesetz können sonstige Zuständigkeiten der Verwaltungsgerichte zur Entscheidung über
1.         Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens einer Verwaltungsbehörde in Vollziehung der Gesetze oder
2.         Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit eines Verhaltens eines Auftraggebers in den Angelegenheiten des öffentlichen Auftragswesens oder
3.         Streitigkeiten in dienstrechtlichen Angelegenheiten der öffentlich Bediensteten oder
4.         Beschwerden, Streitigkeiten oder Anträge in sonstigen Angelegenheiten

vorgesehen werden. In den Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die nicht unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden, sowie in den Angelegenheiten der Art. 11, 12, 14 Abs. 2 und 3 und 14a Abs. 3 und 4 dürfen Bundesgesetze gemäß Z 1 und 4 nur mit Zustimmung der Länder kundgemacht werden.

Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes nach dieser Verfassungsbestimmung setzt somit unter anderem das Vorliegen eines Bescheides voraus.

§ 58 Abs. 1 AVG normiert, dass jeder Bescheid ausdrücklich als solcher zu bezeichnen ist und den Spruch und die Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat. Bescheide sind gemäß Abs. 2 leg.cit. zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird.

§ 58 AVG liegt offenbar der Gedanke zugrunde, dass der Bescheid auch entsprechend zu gliedern ist; in diesem Sinn stellt die unterlassene sprachliche Trennung des Spruchs von der Begründung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (gemeint wohl: lediglich) keinen Verfahrensmangel dar, bei dessen Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Weiters ist anzunehmen, dass die genannten Elemente in der durch diese Bestimmung vorgezeichneten Reihenfolge in den Bescheid aufzunehmen sind, d.h., dass zunächst der Spruch (§ 59 leg.cit.), dann die Begründung (§ 60 leg.cit.) und schließlich die Rechtsmittelbelehrung (§ 61 leg.cit.) anzuführen ist. Nur die im Spruch verkörperte individuelle Norm ist für die Bescheidqualität einer Erledigung konstitutiv. Allerdings setzt der Bescheidcharakter einer Erledigung voraus, dass die Verwaltungsbehörde ihren Bescheidwillen, d.h. ihren Willen, hoheitlich und in förmlicher Weise über Rechtsverhältnisse individuell bestimmter Personen abzusprechen, auch in der Erledigung entsprechend zum Ausdruck bringt. Die Bedeutung der in § 58 Abs. 1 und 2 leg.cit. genannten Formalbestandteile erschöpft sich insofern darin, dass ihr Vorliegen bzw. ihr (rechtswidriges) Fehlen – nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes allen voran die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid – bei der Beantwortung dieser Frage mit ins Kalkül zu ziehen sind (s. mit Hinweisen auf Judikatur und Literatur Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, § 58, Rz 2 und 3).

Nach der bisherigen ständigen Judikatur des VfGH muss die Vorlage eines Bescheides angenommen werden, wenn die Erledigung gegenüber einem individuell bestimmten Personenkreis eine Verwaltungsangelegenheit in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt; wenn sie also für den Einzelfall bindend die Gestaltung oder Feststellung von Rechtsverhältnissen zum Inhalt hat, ob sie nun in Form eines Bescheides nach den §§56 ff AVG ergeht oder nicht (vgl. zB VfSlg. 4986/1965, 6187/1970, 8744/1980, 9244/1981, 9444/1982, 11.077/1986, 11.415/1987, 12.753/1991, 13.162/1992). Aus der Erledigung muss - soll sie als Bescheid (im gegenständlichen Fall) iSd Art144 Abs1 B-VG gewertet werden - der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. zB VfSlg. 8560/1979, 10.119/1984). Ob dies der Fall ist, kann sich allenfalls auch daraus ergeben, dass die Behörde von Rechts wegen verpflichtet ist, einen Bescheid zu erlassen (vgl. VfSlg. 9520/1982, 10.270/1984, 10.368/1985, 12.753/1991); Willenserklärungen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung stellen keine Bescheide dar (vgl. zB VfSlg. 8861/1980, 10.060/1984, 13.968/1994, 17.431/2005).

Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass es sich bei dem zu Grunde liegenden Dienstverhältnis um ein solches nach dem VBG handelt. Einem solchen Dienstverhältnis liegt jedoch ein Vertragsabschluss zu Grunde, der seitens des Arbeitgebers Bund im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung erfolgt. Im Gegensatz zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis, dessen Begründung und Umsetzung im Rahmen der Hoheitsverwaltung mittels Bescheid erfolgt, wird das Vertragsbedienstetenverhältnis auch seitens des Bundes als Arbeitgeber ausschließlich mit Mitteln der Privatwirtschaftsverwaltung umgesetzt. Streitigkeiten aus einem solchen Dienstverhältnis werden nicht durch Bescheid, sondern letztlich durch Anrufung des zuständigen Gerichtes entschieden (VfGH vom 01.12.2008, B448/07).

Das angefochtene Schreiben vom XXXX .2020 bezieht sich ausdrücklich auf § 35 VBG, wodurch auf die Beschwerdeführerin das BMSVG anzuwenden ist und somit auf einen Anspruch, über den nicht mittels Bescheid im Bereich der Hoheitsverwaltung, sondern im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes zu entscheiden ist.

Weder das VBG noch das BMSVG sehen in diesem Zusammenhang Bestimmungen vor, dass allfällige dienstrechtliche Streitigkeiten von Vertragsbediensteten in die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes fallen oder mit Bescheid zu erledigen sind.

Da im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung die Erlassung von Bescheiden nicht vorgesehen ist und das von der Beschwerdeführerin angefochtene Schreiben nicht als Bescheid zu werten ist, liegt kein nach Art. 130 B-VG bekämpfbarer Akt einer Verwaltungsbehörde vor. Weder Art. 130 B-VG noch eine andere Verfassungsbestimmung räumen dem Bundesverwaltungsgericht aber die Befugnis ein, den gegenständlichen Akt der Privatwirtschaftsverwaltung in Prüfung zu ziehen. Der Vollständigkeit halber wird festgehaltem, dass das bekämpfte Schreiben zudem weder als „Bescheid“ bezeichnet wurde noch einen Spruch und eine Rechtsmittelbelehrung enthält (§ 58 Abs. 1 AVG), was nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes als starkes Indiz für das Nichtvorliegen eines Bescheides zu werten ist (vgl. z.B. vom VwGH 16.10.2006, 2003/10/0226). Auch wenn die Behörde in diesem Schreiben zweifelsohne rechtliche Ausführungen trifft, ist nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes kein Wille der Behörde erkennbar, hoheitlich und in förmlicher Weise über ein Rechtsverhältnis der Beschwerdeführerin abzusprechen, was sich u.a. auch aus dem ausdrücklichen Hinweis im Schreiben ergibt, dass eine bescheidmäßige Entscheidung nicht in Betracht komme. Insoweit in der Beschwerdeschrift ausgeführt wird, dass die Verwaltungsbehörde mit diesem Beisatz versuche, die gerichtliche Nachkontrolle ihrer abschlägigen Entscheidung zu umgehen und es zu keiner Überprüfung der gegenständlichen Entscheidung der Bildungsdirektion XXXX kommen würde, wird auf die oben dargestellten Ausführungen verwiesen, dass Streitigkeiten aus privatrechtlichen Dienstverhältnissen letztlich durch Anrufung des zuständigen (ordentlichen) Gerichtes entschieden werden.

Die Beschwerde war daher wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückzuweisen.

3.2. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG war von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung aufgrund der Zurückweisung der „Beschwerde“ abzusehen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

3.3. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzlichen Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde zu Spruchpunkt A wiedergegeben.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Abfertigung Bescheid Bescheidqualität Dienstverhältnis Privatwirtschaftsverwaltung Unzuständigkeit BVwG Vertragsbedienstete Vertragslehrer Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W259.2234514.1.00

Im RIS seit

29.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

29.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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