TE Vwgh Erkenntnis 2020/12/18 Ra 2020/08/0149

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Veröffentlicht am 18.12.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
62 Arbeitsmarktverwaltung
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze

Norm

AlVG 1977 §1 Abs1 Z1
ASVG §113
ASVG §33 Abs1
ASVG §4 Abs1 Z1
ASVG §4 Abs2
VwGG §42 Abs2 Z3 litc
VwGG §42 Abs3
VwGVG 2014 §24 Abs3

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2020/08/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strohmayer sowie die Hofrätin Dr. Julcher und den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revisionen 1. des Mag. J M und 2. der Mag. U H, beide in G, beide vertreten durch Dr. Bernd Illichmann, Dr. Andreas Pfeiffer, Mag. Dr. Ferdinand Bachinger und Mag. Andreas Hertl, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Eberhard-Fugger-Straße 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. August 2019, L503 2222591-1/2E, betreffend Beitragszuschlag nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Salzburger Gebietskrankenkasse, nunmehr Österreichische Gesundheitskasse)), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Österreichische Gesundheitskasse hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis schrieb das Bundesverwaltungsgericht den revisionswerbenden Parteien ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung - in Bestätigung eines Bescheides der Salzburger Gebietskrankenkasse - einen Beitragszuschlag in der Höhe von € 1.300,-- vor. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig.

2        Begründend führte das Bundesverwaltungsgericht aus, mit seinem Erkenntnis vom 26. August 2019, L503 2222587-1/2E, sei unter anderem festgestellt worden, dass CK aufgrund seiner Tätigkeiten für die revisionswerbenden Parteien als Dienstgeber in näher genannten Zeiträumen gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm. Abs. 2 ASVG und § 1 Abs. 1 lit. a AlVG der Pflichtversicherung in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht unterlegen seien. Eine Anmeldung des CK zur Pflichtversicherung sei von den revisionswerbenden Parteien vor Arbeitsantritt nicht erstattet worden. Aufgrund der Verletzung der Meldepflicht nach § 33 Abs. 1 ASVG sei daher ein Beitragszuschlag nach § 113 ASVG vorzuschreiben gewesen.

3        Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Durchführung des Vorverfahrens, in dem die Österreichische Gesundheitskasse eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

4        Zur Zulässigkeit der Revision wird geltend gemacht, indem das Bundesverwaltungsgericht keine Verhandlungen durchgeführt habe, sei es von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die Revisionswerberin sei den Tatsachenannahmen, die das Bundesverwaltungsgericht - insbesondere hinsichtlich der Annahme des Bestehens einer Pflichtversicherung des CK - seiner Entscheidung zu Grunde gelegt habe, im Beschwerdeverfahren entgegengetreten.

5        Die Revision ist zulässig und berechtigt.

6        Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 26. August 2019, L503 2222587-1/2E, wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 2020, Ra 2019/08/0149, 0150, 0176 und 0177, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG wirkt die Aufhebung eines Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts durch den Verwaltungsgerichtshof „ex tunc“. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. etwa VwGH 6.5.2020, Ra 2019/14/0311, mwN). Der Annahme des Bundesverwaltungsgerichtes, das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses des CK nach § 4 Abs. 2 ASVG stehe aufgrund seines Erkenntnisses vom 26. August 2019, L503 2222587-1/2E, fest, ist daher die Grundlage entzogen.

7        Die Revision zeigt zutreffend auf, dass die revisionswerbenden Parteien den Sachverhaltsannahmen, die dem Bestehen einer Pflichtversicherung des CK und damit einer Meldepflicht der revisionswerbenden Parteien als Dienstgeber nach § 33 Abs. 1 ASVG zugrunde gelegt wurden, im Beschwerdeverfahren entgegengetreten sind. Dazu haben sie ihre eigene Einvernahme und die Einvernahme des CK als Zeugen beantragt. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung im Sinne des § 24 Abs. 3 VwGVG kann auch im Weg von auf die Vernehmung von Zeugen durch das Verwaltungsgericht abzielenden Beweisanträgen gestellt werden (vgl. etwa VwGH 13.5.2019, Ra 2019/08/0057, mwN).

8        Der vorliegende Revisionsfall gleicht insoweit in den für die Entscheidung wesentlichen Punkten dem bereits genannten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. Juli 2020, Ra 2019/08/0149, 0150, 0176 und 0177. Aus den dort genannten Gründen wäre das Bundesverwaltungsgericht zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird somit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.

9        Das angefochtene Erkenntnisse war daher schon deshalb wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

10       Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Der beantragte Ersatz der Eingabengebühr war wegen der sachlichen Abgabenfreiheit (vgl. § 110 ASVG) nicht zuzusprechen.

Wien, am 18. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080149.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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