TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/25 96/15/0267

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Veröffentlicht am 25.06.1997
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
37/01 Geldrecht Währungsrecht;
37/02 Kreditwesen;

Norm

BWG 1993 §38;
FinStrG §33;
FinStrG §89 Abs3 litb;
FinStrG §89 Abs4;
FinStrG §89 Abs5;
FinStrG §98 Abs3;
FinStrG §98 Abs4;
KWG 1979 §23;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 96/15/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Zorn und Dr. Robl, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde 1. des Dr. K und 2. der Dr. E, beide in S, beide vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in S, gegen die Bescheide des Vorsitzenden des Berufungssenates bei der Finanzlandesdirektion für Salzburg als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom 6. September 1996, 1. Zl. 16/8/5-GA6-ZoW/96, und 2. Zl. 16/9/5-GA6-ZoW/96, betreffend Feststellung nach § 89 Abs. 5 FinStrG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin betreiben als Kanzleigemeinschaft eine Rechtsanwaltskanzlei in Salzburg.

Der Vorsitzende des Spruchsenates erließ an jeden der Beschwerdeführer einen Bescheid, mit dem, weil gegen die beiden Rechtsanwälte für den Zeitraum 1989 bis 1995 der Verdacht der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a FinStrG bestehe, angeordnet wurde, in den Kanzleiräumlichkeiten sowie in der Privatwohnung jedes der Beschwerdeführer eine Hausdurchsuchung durchzuführen. Gegen die Hausdurchsuchungsbescheide erhoben die Beschwerdeführer Administrativbeschwerde, welche mit Bescheiden der belangten Behörde vom 21. März 1996 abgewiesen wurde. Die gegen diese Bescheide betreffend Hausdurchsuchung erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, 96/15/0155, 0156, als unbegründet ab.

Der Vorsitzende des Spruchsenates erließ gegen jeden der Beschwerdeführer einen Bescheid mit Ausfertigungsdatum vom 9. April 1996, mit welchem hinsichtlich des Großteiles der im Zuge der Hausdurchsuchung unter Verschluß genommenen Unterlagen gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG festgestellt wurde, daß sie der Beschlagnahme unterliegen. Gegen die genannten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Administrativbeschwerde, welche mit Bescheiden der belangten Behörde vom 13. Juni 1996 abgewiesen wurde. Die gegen diese Bescheide erhobene Beschwerde wies der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom heutigen Tag, 96/15/0225, 0226, als unbegründet ab.

Der Vorsitzenden des Spruchsenates erließ gegen jeden der Beschwerdeführer weiters einen Bescheid mit Ausfertigungsdatum vom 20. Mai 1996, mit welchen - jeweils gleichlautend - gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG festgestellt wurde, daß die Karteikarten 1983-1989, Ordner mit Versicherungsurkunden sowie bestimmte Teile der Buchhaltungsunterlagen und der Handakten der Beschlagnahme unterliegen und den Beschwerdeführern nicht herauszugeben seien. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, die Beschwerdeführer hätten am 9. Mai 1995 vorgebracht, daß die im Spruch des Bescheides genannten Unterlagen gemäß § 89 Abs. 3 und 4 FinStrG nicht der Beschlagnahme unterlägen. Der Vorsitzende des Spruchsenates halte dem entgegen: Der Hausdurchsuchungsbefehl sei bereits in Rechtskraft erwachsen; der Feststellungsbescheid nach § 89 Abs. 5 FinStrG vom 9. April 1996 habe bereits darüber ausgesprochen, daß die im Zuge der Hausdurchsuchung unter Verschluß genommenen Karteikarten zur Gänze der Beschlagnahme unterlägen. Buchhaltungsunterlagen unterlägen nach der Bestimmung des § 89 Abs. 3 FinStrG jedenfalls der Beschlagnahme, und zwar auch insoweit, als sie sich auf die sogenannten "Sparkassenakten" bezögen, hinsichtlich derer im Bescheid gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG vom 9. April 1996 festgestellt worden sei, daß sie zu beschlagnahmen seien. Was die beiden Ordner mit Versicherungsurkunden anlange, habe eine Durchsicht am 23. Mai 1996 ergeben, daß diese Versicherungspolizzen, Leasingverträge, Mietverträge und Kreditverträge der Beschwerdeführer enthielten; es sei nicht erkennbar, in welcher Weise diese die Beschwerdeführer betreffenden Verträge einer Verschwiegenheitspflicht unterlägen. Bei den Handakten betreffend den Mandanten L-Bank sei ebenfalls vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Beschlagnahme auszugehen. Bei Erlassung des Feststellungsbescheides vom 9. April 1996 sei zu vergleichbaren Akten betreffend die Sparkasse X festgestellt worden, daß sie nicht der Beschlagnahme unterlägen; dabei sei im wesentlichen aufgrund eines Schreibens der Sparkasse X vom 2. April 1996 davon ausgegangen worden, daß die mit diesen Akten zusammenhängenden Honorareinnahmen der Beschwerdeführer unmittelbar bei der Sparkasse X erhoben werden könnten. Mittlerweile habe aber ein Vertreter der Sparkasse X die Erteilung der Auskünfte über die Honorare verweigert. Der Verdacht der Abgabenhinterziehung durch die Beschwerdeführer erstrecke sich auch auf Honorare von Bankinstituten. Da für eine Gesamtschau, nachdem sich der auf eine Anzeige gegründete Verdacht in zahlreichen Fällen bestätigt habe, eine Erfassung sämtlicher Umsätze notwendig sei, könnten auch die in Rede stehenden Handakten nicht herausgegeben werden.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen die beiden Bescheide vom 20. Mai 1996 gleichlautende Administrativbeschwerden.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Administrativbeschwerde des Erstbeschwerdeführers ab, mit dem zweitangefochtenen Bescheid jene der Zweitbeschwerdeführerin. Zur Begründung wird in den Bescheiden wortgleich ausgeführt:

Bereits mit Bescheid des Vorsitzenden des Spruchsenates vom 9. April 1996 sei gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG hinsichtlich eines Großteiles der im Zuge der Hausdurchsuchung unter Verschluß genommenen Unterlagen festgestellt worden, daß sie der Beschlagnahme unterlägen; der Administrativbeschwerde gegen den genannten Bescheid sei keine Folge gegeben worden. Im nunmehr vorliegenden Rechtsmittel würden die Beschwerdeführer nahezu wörtlich das Vorbringen in der Administrativbeschwerde gegen die Bescheide vom 9. April 1996 wiederholen und keine Neuerungen vorbringen. Da keine neuen Argumente vorgebracht worden seien, werde auf die Bescheide der belangten Behörde vom 13. Juni 1996 verwiesen, mit welchen über die seinerzeitigen Administrativbeschwerden entschieden worden sei. Im übrigen werde darauf verwiesen, daß entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführer bereits vor Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide am 20. Mai 1996 eine umfangreiche Aktensichtung durchgeführt worden sei, sodaß feststellbar gewesen sei, welche Aktenteile auch der noch nicht eröffneten Akten der Beschlagnahme unterlägen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen sei die nachfolgende Sichtung der Akten vom Spruchsenatsvorsitzenden allein vorgenommen worden; die Beamten der Finanzbehörde hätten nur hinsichtlich der vom Vorsitzenden aussortierten Aktenteile die Kopiertätigkeit durchgeführt. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer unterlägen die Namen der Klienten nicht der Verschwiegenheitspflicht. Zudem dürften nach § 89 Abs. 3 lit. a FinStrG bei einer selbst in Verdacht stehenden Person auch der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Beweismittel beschlagnahmt werden und könne die Kenntnis der Klienten für das Beweisverfahren durchaus von wesentlicher Bedeutung sein.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluß vom 25. November 1996, B 3945, 3946/96, die Behandlung der gegen diese Bescheide der belangten Behörde eingebrachten Beschwerde abgelehnt. Mit Beschluß vom 20. Dezember 1996 hat er die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachten sich die Beschwerdeführer im Recht auf Herausgabe von beschlagnahmten Unterlagen verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 1 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid im Rahmen der geltend gemachten Beschwerdepunkte zu überprüfen. Eine Überprüfung des angefochtenen Bescheides ist daher nur dahingehend zulässig, ob die Beschwerdeführer im Rahmen des von ihnen geltend gemachten Beschwerdepunktes durch den angefochtenen Bescheid in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden sind. Im Rahmen des im gegenständlichen Fall geltend gemachten Beschwerdepunktes ist nicht zu prüfen, ob die angefochtenen Bescheide allenfalls teilweise hinsichtlich solcher Unterlagen gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG feststellen, daß sie der Beschlagnahme unterliegen, hinsichtlich derer bereits mit Bescheiden der belangten Behörde vom 13. Juni 1996 eine gleichartige Feststellung getroffen worden ist.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die angefochtenen Bescheide würden eine Feststellung über Karteikarten für den Zeitraum 1983 bis 1989 treffen; da die Hausdurchsuchungsbefehle erst den Zeitraum ab 1989 erfassen, könnten die Karteikarten mit der Finanzstrafsache nichts zu tun haben.

Diesem Vorbringen ist entgegenzuhalten, daß sich die Hausdurchsuchungsbefehle vom 4. Dezember 1995 auf Unterlagen "betreffend die Jahre 1989 bis laufend" beziehen und auch hinsichtlich des Jahres 1989 den Verdacht der Abgabenhinterziehung zum Ausdruck bringen. Aus den Bescheiden betreffend Einleitung des Strafverfahrens gemäß § 83 Abs. 1 FinStrG ergibt sich, daß gegen die Beschwerdeführer das Finanzstrafverfahren u.a. wegen des Verdachtes eingeleitet worden ist, daß für die Jahre 1989 bis 1993 vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht unrichtige Abgabenerklärungen eingereicht worden seien. Das Jahr 1989 ist daher ohne Zweifel vom Finanzstrafverfahren umfaßt. Daß für das Jahr 1989 einerseits und für die Jahre 1983 bis 1988 andererseits körperlich getrennte Karteikarten vorlägen, wird in der Beschwerde nicht behauptet; in der Beschwerde wird auch nicht eingewendet, daß ein derartiges Vorbringen im Verwaltungsverfahren erstattet worden wäre. Es kann daher aufgrund des Beschwerdevorbringen nicht als rechtswidrig erkannt werden, daß die belangte Behörde für die Karteikarten einheitlich die Feststellung getroffen hat, sie unterlägen der Beschlagnahme.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, mit den angefochtenen Bescheiden sei festgestellt worden, daß die Buchhaltungsunterlagen der Beschwerdeführer auch insoweit der Beschlagnahme unterliegen, als sie sich auf jene Causen bezögen, in welchen die Sparkasse X Mandant gewesen sei. Aus diesen Buchhaltungsunterlagen ergäben sich aber Informationen über die Kunden der Sparkasse X. Die belangte Behörde habe in diesem Zusammenhang nicht beachtet, daß eine Bank "unter staatlicher Aufsicht" nicht etwa "Schwarzgelder" an ihre Rechtsvertreter bezahle. Hinsichtlich der Handakten betreffend die Sparkasse X sei im übrigen bereits mit Bescheid vom 9. April 1996 festgestellt worden, daß diese der Beschlagnahme nicht unterlägen; diese Handakten seien den Beschwerdeführern bereits zurückgestellt worden.

Soweit die Beschwerdeführer darauf verweisen, daß ihnen die Handakten betreffend die Sparkasse X zurückgestellt worden sind, nachdem gemäß § 89 Abs. 5 FinStrG festgestellt worden ist, daß sie der Beschlagnahme nicht unterliegen, läßt sich daraus für die Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme der Buchhaltungsunterlagen der Beschwerdeführer nichts gewinnen.

Es mag zutreffen, daß aus den Buchhaltungsunterlagen die Namen der "Gegner" der Sparkasse X in verschiedenen Causen und sohin ihrer "Kunden" ersichtlich sind. Wenn auch in der Beschwerde nicht ausgesprochen wird, vor welchem normativen Hintergrund darin eine Rechtswidrigkeit erblickt wird, ist dennoch bei dieser Konstellation die Möglichkeit eines Verstoßes gegen das Bankgeheimnis zu prüfen.

§ 89 Abs. 4 FinStrG regelt das Verhältnis zwischen Bankgeheimnis iSd § 23 KWG (- nunmehr § 38 BWG -) und der Beschlagnahme: demnach folgt aus dem Bankgeheimnis nur für die Beschlagnahme "bei Kreditinstituten" eine Einschränkung, und überdies nur für auf § 89 Abs. 3 lit. b FinStrG gestützte Maßnahmen. Solcherart steht im Beschwerdefall das Bankgeheimnis der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme nicht entgegen. In diesem Zusammenhang ist allerdings auf folgendes zu verweisen: In Fortführung der im Erkenntnis vom heutigen Tag,

Zlen. 96/15/0225, 0226, dargestellten Überlegungen ist bei der gegebenen Konstellation dem Beweisverwertungsverbot des § 98 Abs. 4 FinStrG die Bedeutung beizumessen, daß dem Bankgeheimnis iSd § 38 BWG unterliegende Informationen über einen Bankkunden, die der Behörde durch eine Beschlagnahme beim von der Bank beauftragten Rechtsanwalt bekanntgeworden sind, nicht zum Nachteil des Bankkunden herangezogen werden dürfen.

Mit dem Vorbringen betreffend Zahlungen von "Schwarzgeld" durch "unter staatlicher Aufsicht stehende Banken" verkennen die Beschwerdeführer, daß es in dem gegen sie geführten Strafverfahren ausschließlich darum geht, ob sie - durch unvollständige Erklärung von Einnahmen - Abgaben hinterzogen haben. Die Sachverhaltsfrage, ob die Honorareinnahmen der Beschwerdeführer vollständig in ihre Abgabenerklärungen Eingang gefunden haben, steht aber in keinem Zusammenhang mit der "bestehenden staatlichen Kontrolle" über einen Klienten.

Hinsichtlich der Beschlagnahme von Unterlagen im Zusammenhang mit dem Klienten L-Bank wird in der Beschwerde vorgebracht, die Handakten beträfen die Eintreibung von Geldbeträgen bei säumigen Bankkunden. Bei der Mandatserteilung durch eine "unter staatlicher Aufsicht stehenden" Bank könnten sich keine Verdachtsmomente betreffend die Abgabenhinterziehung durch Nichterfassung von Honorareinnahmen ergeben. Auch zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, daß die "bestehende staatliche Kontrolle" über einen Klienten in keinem Zusammenhang mit der Frage steht, ob die Honorareingänge der Beschwerdeführer vollständig in ihre Abgabenerklärungen Eingang gefunden haben (vgl. hiezu auch den in der gegenständlichen Beschwerdesache ergangenen Beschluß des Verfassungsgerichtshofes vom 25. November 1996, B 3945, 3946/96).

Das weitere Beschwerdevorbringen entspricht - im wesentlichen wörtlich - dem in der unter 96/15/0225, 0226, protokollierten Beschwerde enthaltenen Vorbringen. Aus dem im Erkenntnis vom heutigen Tag 96/15/0225, 0226, dargestellten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 letzter Satz VwGG verwiesen wird, vermag es eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufzuzeigen.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996150267.X00

Im RIS seit

19.09.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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