TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/24 W265 2234131-1

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Veröffentlicht am 24.11.2020
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Entscheidungsdatum

24.11.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
VOG §1
VOG §2
VOG §4 Abs2

Spruch


W265 2234131-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Karin GASTINGER, MAS sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark, vom 17.06.2020, betreffend die teilweise Abweisung des Antrages auf Hilfeleistungen nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Antrag:

Der Beschwerdeführer wurde am 13.02.2007 durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung schwer am Körper verletzt.

Zur Beurteilung der verbrechenskausalen Gesundheitsschädigungen wurden medizinische Sachverständigengutachten eingeholt. Nach persönlichen Untersuchungen des Beschwerdeführers am 01.09.2015 wurden mit Sachverständigengutachten vom 01.09.2015 eines Arztes für Allgemeinmedizin, Facharztes für Arbeits- und Sportmedizin und manuelle Medizin sowie mit Sachverständigengutachten vom 05.09.2019 eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin folgende verbrechenskausale Verletzungen bzw. Leiden beim Beschwerdeführer festgestellt:

-        Bewegungs- und Belastungseinschränkungen des rechten Kniegelenkes nach Schienbeinkopftrümmerfraktur und Knocheneiterung mit mehrfacher Revisionsoperation und chronischem Schmerzsyndrom (dabei mitberücksichtigt sind eine mäßige Beinverkürzung, Narben sowie die Auswirkungen im Sinne der Fehlstatik bzw. weitere Sekundärbeschwerden wir Schmerzen im Hüft- und Wirbelsäulenbereich)

-        Mittelgradige depressive Episode

Die beim Beschwerdeführer ebenfalls bestehenden Benzodiazepin- und Tabakabhängigkeiten wurden als akausal bewertet (siehe psychiatrisches Sachverständigengutachten vom 05.09.2015).

Das Bundesverwaltungsgericht bewilligte mit Erkenntnis vom 23.11.2016, Zl. W132 2005231-1/22E unter anderem jeweils dem Grunde nach den verbrechenskausalen Ersatz der gesetzes- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren (Spruchpunkt III.) sowie Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung (Spruchpunkt IV.) nach dem Verbrechensopfergesetz (VOG).

Der Beschwerdeführer stellte am 21.04.2017 unter gleichzeitiger Vorlage einer Auflistung der Kosten für Medikamente und Heilbehelfe vom 13.02.2007 bis 31.12.2016 bzw. von 02.01.2017 bis 05.01.2017 einen Antrag auf Erstattung dieser Kosten beim Sozialministeriumservice, Landesstelle Steiermark (im Folgenden auch als belangte Behörde bezeichnet).

Zur Überprüfung des Antrages legte die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer aufgelisteten Medikamente und Heilbehelfe am 19.09.2017 dem Ärztlichen Dienst vor, wo am 19.10.2017 eine entsprechende Beurteilung vorgenommen wurde.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 18.12.2017 wurde dem Antrag des Beschwerdeführers unter Zugrundelegung der Beurteilung des Ärztlichen Dienstes nicht in allen Punkten stattgegeben. Insbesondere wurden einige Medikamente sowie auch die Heilbehelfe „Zahnschiene“ und „Schuheinlagen“ als akausal eingestuft.

Mit Schriftsatz vom 08.02.2018 erhob der zum damaligen Zeitpunkt vertretene Beschwerdeführer durch seine ausgewiesene Vertretung fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass sämtliche der in der von ihm an die belangte Behörde übermittelten Gesamtaufstellung enthaltenen Medikamente und Hilfsmittel kausal seien. Er habe die Medikamente Xanor 0,5 mg, Psychopax, Alprazolam, Tebofotan, Nexium, Halcion, Forlay, Enterobene, Tezanidin, Sirdalud, Terbinafin, Fungeral, Canesten, Akineton, Otosporin, Cilocxan, Betnesol, Aeromuc, Paracodin, Tyrothricin, Viropel, Leglan, Aktiferrin, Maxi-Kalz, Calcitonin, Oleovit, Novalgin und Thomapyrin vor dem Verbrechen nie regelmäßig eingenommen oder verordnet bekommen und konsumiere diese auch nicht aufgrund einer Medikamentensucht, sondern ausschließlich im Zusammenhang mit seinen Leidenszuständen. Die belangte Behörde habe nicht nachvollziehbar aufgelistet, welche Medikamente überhaupt als kausal und welche als akausal bewertet worden seien, sondern nur Gesamtbeträge zugesprochen. Es sei unverständlich, warum man die Schuheinlagen, die dem Beschwerdeführer im Spital aufgrund seiner durch die Verletzung bedingten Beinverkürzung verordnet worden seien, im angefochtenen Bescheid als akausal bezeichnet habe. Das Gleiche gelte für die Zahnschiene, die notwendig sei, da der Beschwerdeführer aufgrund seiner Schlafstörungen, Albträume und Unruhezustände nachts mit den Zähnen knirsche. Damit würden nicht nur die Zähne geschont, sondern auch ständige Kopf- und Kieferschmerzen verhindert.

Die belangte Behörde ersuchte in der Folge im Rahmen einer beabsichtigten Beschwerdevorentscheidung den Ärztlichen Dienst um Stellungnahme zu den vorgebrachten Einwendungen des Beschwerdeführers.

In dieser Stellungnahme vom 08.03.2018 ergebe sich zusammengefasst folgendes Bild:

Medikament

kausal

akausal

Begründung

Xanor

 

X

Psychopharmaka, Zusammenhang mit der akausalen Abhängigkeit von Benzodiazepin, wurde bereits vor dem 13.02.2007 eingenommen (siehe Krankengeschichte XXXX )

Psychopax

 

X

Psychopharmaka, Zusammenhang mit der akausalen Abhängigkeit von Benzodiazepin, wurde bereits vor dem 13.02.2007 eingenommen (siehe Krankengeschichte XXXX )

Alprazolam

 

X

Psychopharmaka, Zusammenhang mit der akausalen Abhängigkeit von Benzodiazepin, wurde bereits vor dem 13.02.2007 eingenommen (siehe Krankengeschichte XXXX )

Halcion

 

X

Psychopharmaka, Zusammenhang mit der akausalen Abhängigkeit von Benzodiazepin, wurde bereits vor dem 13.02.2007 eingenommen (siehe Kranken-geschichte XXXX )

Nexium

X

 

Magenschutz, notwendig aufgrund der kausalen Schmerzmedikamentation

Legalon

X

 

Leberschutz, notwendig aufgrund der kausalen Schmerzmedikamentation

Enterobene bzw. Immodium

 

X

Gegen Durchfall, 2 Packungen in 10 Jahren – lässt nicht darauf schließen, dass tägliche Einnahme erforderlich ist, daher kein kausaler Zusammenhang

Forlay bzw. Forlax

X

 

Gegen Verstopfung, ist jedoch rezeptfrei erhältlich, kann daher nicht ersetzt werden.

Tizanidin

X

 

Muskelrelaxantium wie Sirdalud, welches bereits im angefochtenen Bescheid als kausal bewertet wurde

Akineton

 

X

Anticholinergika, wird auch gegen Parkinson verwendet, es fehlt die klare Indikation

Augmentin

 

X

Antibiotikum, 8x in den 10 Jahren eingenommen, spricht für Infekterkrankung, Kausalzusammenhang nicht gegeben

Otosporin

 

X

Ohrentropfen

Aeromuc

 

X

Hustenmedikament

Paracodin

 

X

Hustenmedikament

Ciloxan

 

X

Augentropfen

Betnesol

 

X

Augen-Ohren-Nasentropfen

Tyrothricin

 

X

Lutschtabletten

Fungeral

 

X

Pilzerkrankung, Haut- und Fußpilz

Canestan

 

X

Pilzerkrankung, Haut- und Fußpilz

Nizoral

 

X

Pilzerkrankung, Haut- und Fußpilz

Terbinafin

 

X

Pilzerkrankung, Haut- und Fußpilz

Viropel

 

X

Wurde nur einmal eingenommen, lässt daher keinen Rückschluss auf Immunschwäche zu

Tebofortan

 

X

Demenz, Durchblutungsstörungen der Beine oder Schwindel, Indikation nicht klar ersichtlich

Aktiferrin

 

X

Eisenmangel

Oleovit

X

 

Vitamin D, aufgrund der eingeschränkten Mobilität erforderlich

Calcitonin-Spray

X

 

aufgrund der eingeschränkten Mobilität erforderlich

Maxi-Kalz

X

 

aufgrund der eingeschränkten Mobilität erforderlich

Thomapyrin

 

X

Kopfschmerzen, Schmerzen, rezeptfrei erhältlich

Novalgin

X

 

Schmerzmittel, bereits mit dem angefochtenen Bescheid als kausal anerkannt

Bezafribrat

 

X

Senkt Tryglizeride

Bezalip

 

X

Senkt Blutfettwerte (Lipide)

Concor

 

X

Senkt Bluthochdruck

Meliane

 

X

Schwangerschaftsverhütung

Sortis

 

X

Senkt Blutfettwerte (Lipide)

Hinsichtlich der zahnärztlich verordneten Tiefziehschiene wegen Zähneknirschens bestehe ein Kausalzusammenhang. Ein Kausalzusammenhang wird mit Wahrscheinlichkeit auch hinsichtlich der Schuheinlagen angenommen.

Die Akausalität der im angefochtenen Bescheid angeführten Medikamente Bezafribrat, Bezalip, Concor, Meliane und Sortis würden vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht dezidiert angefochten, der Übersicht halber jedoch trotzdem in der Tabelle angeführt.

Die belangte Behörde erließ keine Beschwerdevorentscheidung und legte die Beschwerde samt dem Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht mit Schreiben vom 19.03.2018 vor, wo dieser am 23.03.2018 einlangte.

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.05.2019 wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers sowie der belangten Behörde das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, bis längstens 22.05.2019 dazu Stellung zu nehmen.

Mit Schriftsatz vom 16.05.2019 gab der zum damaligen Zeitpunkt rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführer eine Stellungnahme ab, in welcher er im Wesentlichen vorbrachte, dass bereits der frühere Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in dessen Stellungnahme vom 10.02.2016 ausgeführt habe, dass beim Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Schädigung am 13.02.2017 noch keine Benzodiazepinabhängigkeit festgestellt worden sei, wobei er sich auf das Sachverständigengutachten von XXXX vom 02.02.2016 bezogen habe. Das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zl. W132 2005231-1/22E vom 23.11.2016 habe dazu ebenfalls ausführlich Stellung genommen. Aus diesem Grund sei es klar, dass die Benzodiazepine Xanor, Psychopax, Alprazolam und Halcion alle als kausal anzusehen seien. Der Beschwerdeführer leide unter starken Schweißausbrüchen und müsse nachts mehrmals umgezogen werden. Daraus würden immer wieder Hautirritationen bzw. Pilze/Entzündungen resultieren, weswegen auch die Medikamente Fungeral, Canestan, Nizoral und Terbinafin kausal seien. Auch die Ohren-, Augen- und Halsentzündungen würden damit in Zusammenhang stehen, wofür die Medikamente Aeromuc, Ciloxan, Benesol, Tyrothricin, Parazodin und Argumentin anzuwenden seien. Es sei evident, dass das Immunsystem des Beschwerdeführers durch die Unzahl an Medikamenten angegriffen werde und er daher weitere Medikamente benötige, um das Immunsystem zu reparieren bzw. stabil zu halten. Diese Versorgung geschehe Großteils durch kostenlose Muster seiner behandelnden Ärzte mit Infusionen und Vitaminen bzw. Eisen, nur hin und wieder würden Rezepte dafür ausgestellt werden, dies betreffe insbesondere die Medikamente Tebofortan und Akineton. Dass Medikamente, welche Nebenwirkungen der eingenommenen Medikamente mindern bzw. diesen entgegenwirken sollen, als akausal bewertet würden, sei nicht einzusehen. Seitens der Sachverständigen des Ärztlichen Dienstes sei der Gesamtzusammenhang unberücksichtigt geblieben, also inwieweit durch die Medikamenteneinnahme notwendiger, kausaler Medikamente das körperliche Wohlbefinden des Beschwerdeführers und sein Immunsystem angegriffen würden, was die Einnahme von weiteren Medikamenten notwendig mache. Es werde beantragt, eine ergänzende Befragung des Sachverständigen durchzuführen und ihm zur Feststellung der akausalen Benzodiazepin- und Tabakabhängigkeit die bereits vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis zur Zl. W132 2005231-1/22E getroffenen Feststellungen und Anmerkungen zur Kenntnis zu bringen.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019, W261 2190189-1/8E wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und Spruchpunkt 1. des angefochtenen Bescheides dahin abgeändert, dass dem Beschwerdeführer auch die für die Medikamente Naxium, Legalon, Tizanidin, Oleovit, Calcitonin-Spray und Maxi-Kalz erbrachten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren gemäß § 1 Abs. 1 iVm §2 Z 2 und § 4 Abs. 2 letzter Satz VOG zu ersetzen sind.

Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides wurde dahin abgeändert, dass die Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung für die Heilbehelfe „Tiefziehschiene“ und „Schuheinlagen“ gemäß § 1 Abs. 1 iVm § 2 Z 3 und § 5 VOG zu ersetzen sind.

Die Berechnung und Durchführung der Hilfeleistungen obliegen dem Sozialministeriumservice.

Begründend wurde ausgeführt, dass der gegenständlichen Entscheidung das Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin, Sportmedizin und manueller Medizin vom 01.09.2015 und das Sachverständigengutachten eines Facharztes für Psychiatrie und psychotherapeutischer Medizin und Arztes für Allgemeinmedizin vom 05.09.2015 zugrunde gelegt werde. Darin werde festgestellt, dass der Beschwerdeführer aufgrund der Tat nunmehr an einer Bewegungs- und Belastungseinschränkung des rechten Kniegelenkes nach Schienbeinkopftrümmerfraktur und Knocheneiterung mit mehrfacher Revisionsoperation und chronischem Schmerzsyndrom sowie einer mittelgradigen depressiven Episode leide, wodurch die grundsätzlichen Voraussetzungen gemäß §1 Abs. 1 VOG erfüllt seien. Die ebenfalls vorliegende Benzodiazepinabhängigkeit und Tabakabhängigkeit seien dem psychiatrischen Sachverständigengutachten zufolge nicht kausal auf das Verbrechen zurückzuführen.

Der der gegenständlichen Entscheidung weiters zugrundliegenden, seitens der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 08.03.2018 zufolge, sei die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Naxium, Legalon, Tizanidin, Oleovit, Calcitonin-Spray und Maxi-Kalz verbrechenskausal. Die dafür erbrachten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren seien dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Z 2 und 4 Abs. 2 letzter Satz VOG daher zu ersetzen.

In der ärztlichen Stellungnahme vom 08.03.2018 werde ausgeführt, dass für die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Xanor, Psychopax, Alprazolam, Halcion, Enterobene bzw. Immodium, Akineton, Augmentin, Otosporin, Aeromuc, Paracodin, Ciloxan, Benesol, Tyrothricin, Fungeral, Canestan, Nizoral, Terbinafin, Viropel, Tebofortan, Aktiferrin, Bezafribrat, Bezalip, Concor, Meliane und Sortis keine Kausalität bestehe. Die dafür erbrachten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren seien dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Z 2 und 4 Abs. 2 letzter Satz VOG nicht zu ersetzen.

Die Mittel Forlay/Forlax, Thomapyrin und Bepanthen seien rezeptfrei erhältlich und können daher, unabhängig von ihrer Kausalität, nicht nach dem VOG ersetzt werden.

Betreffend die orthopädischen Heilbehelfe der Zahnschiene und Schuheinlagen werde in der ärztlichen Stellungnahme vom 08.03.2018 ausgeführt, dass diese als kausal zu bewerten seien. Die Hilfeleistungen in Form von orthopädischer Versorgung für die Zahnschiene und Schuheinlagen durch die Tat vom 13.02.2007 seien daher ebenfalls gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Z 3 und 5 VOG zu ersetzen.

2. Antrag

Am 17.12.2019 stellte der Beschwerdeführer unter gleichzeitiger Vorlage und Auflistung der Medikamente und Heilbehelfe vom 01.01.2017 bis 14.12.2019 erneut einen Antrag auf Erstattung der Hilfeleistungen nach dem VOG in Form der Heilfürsorge (Ersatz der Rezeptgebühren) bei der belangten Behörde. Diesem Antrag wurden Kundenverkaufsnachweise der XXXX für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 14.12.2019 beigelegt.

Zur Überprüfung des Antrages legte die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer aufgelisteten Medikamente und Heilbehelfe für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 14.12.2019 dem Ärztlichen Dienst vor, wo am 29.04.2020 eine entsprechende Beurteilung vorgenommen wurde.

„Seractil Ftbl 400 mg FTE wird zur Behandlung von Entzündungen und mittleren bis starken Schmerzen verschrieben. Der konkrete Anlassfall für diese Verschreibung ist nicht ersichtlich, jedoch werden laufend verschiedene Schmerzmittel konsumiert werde, die als kausal bewertet sind.

Colidimin ist ein Breitbandantibiotikum, das bei bakteriellen Erkrankungen des Magen-Darmtraktes eingesetzt werde. Ein kausaler Zusammenhang ist daher nicht zu erkennen. Ebenso nicht für das offenbar in diesem Zusammenhang (in zeitlicher Nähe) eingenommene Normhydarl Isl. Plv. zum Elektrolyt- und Flüssigkeitsersatz bei Durchfallerkrankungen.

Coldargan Lsg. enthält eine gefäßverengende Substanz, die eine Abschwellung der Schleimheut und eine Hemmung der Sekretproduktion bewirkt. Coldargan wird bei Entzündungen der Nasenschleimhaut, wie sie bei Erkältungskrankheiten vorkommen, angewandt, und ist somit akausal.

Hydromorphon RTb Ret Tabl istvergleichbar mit Hydal (kausal).

Amoxicomp gen Ftbl. – Antibiotikum – kein kausaler Zusammenhang.“

Mit Parteiengehör der belangten Behörde vom 05.05.2020 wurde dem Beschwerdeführer das Ergebnis der Beweisaufnahme zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, innerhalb einer Frist von vier Wochen dazu Stellung zu nehmen.

Der Beschwerdeführer gab innerhalb der eingeräumten Frist keine Stellungnahme zum Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ab.

Mit angefochtenem Bescheid der belangten Behörde vom 17.06.2020 wurde unter Zugrundelegung der Beurteilung des Ärztlichen Dienstes die beantrage Hilfeleistung nach dem VOG in Form des Ersatzes der gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren wie folgt bewilligt:

Für im Zeitraum vom 01.01.2017-14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren wird ein Kostenersatz in Höhe von € 962,15 bewilligt.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.11.2016 u.a. Heilfürsorge und Orthopädie gemäß § 1 Abs. 1, § 2 Z 2 und Z 3, § 4 und § 5 des VOG ab 13.02.2007 dem Grunde nach zuerkannt worden seien. Aufgrund der am 17.12.2019 vorgelegten Unterlagen betreffend Heilfürsorge (Kundenverkaufsnachweise XXXX für den Zeitraum 01.01.2017-14.12.2019) könne für verbrechenskausal bezogene, rezeptpflichtige Medikamente insgesamt ein Betrag von € 962,15 ersetzt werden.

Bemerkt wurde wiederum, dass Kosten nur für jene verbrechenskausalen Medikamente übernommen werden könnten, die ärztlich verordnet und rezeptpflichtig seien bzw. für die eine Rezeptgebühr in Rechnung gestellt werde.

Die folgenden Medikamente, Yomogi KPS, Paracetamol Gen Tbl. 500 mg, Tasectan 500 mg KPS ERW, Carbo Medicin Sanova Tbl., Nasmer 3 Plus NA-Spr, Nasivin Sanft Spr 005%, Lavidal Akut Beruh Fl, Normison Ohr-Tr, Bepanthen Au-TR MD, Antibiophilus HKps, Bepanthen Wund-Heilslb, Voltaren Emulgel-Gel, Bepanthen Plus Cr, Hylo-Comod Au-Tr 10 ml, Chlorhexamed Fte 2 mg/MI O, Neo Angin, seien rezeptfrei zu erwerben und könnten daher, unabhängig von ihrer Kausalität, nicht nach dem VOG ersetzt werden.

Für die nachstehenden, in den Verkaufsnachweisen neu angeführten und mittels Rezept erworbenen Medikamente habe die Prüfung, welche dieser Medikamente verbrechenskausal notwendig wären, laut ärztlicher Stellungnahme vom 29.04.2020 Folgendes ergeben:

Seractil Ftbl. FTE 400 mg  kausal

Normhydral Lsl Plv 13,1g   akausal

Colidimin Ftbl. 400 mg  akausal

Amoxicomp Gen Ftbl 1g  akausal

Codargan Lsg.    akausal

Hydromorphon Rtp Ret. Tbl.  kausal

Zum Parteiengehör vom 05.05.2020 sei keine Stellungnahme eingelangt, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.

Mit Schreiben vom 06.08.2020 erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Dabei führte er im Wesentlichen aus, dass bereits im ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 18.12.2017 das Medikament Augmentin als kausal eingestuft worden sei und die entstandenen Rezeptgebühren zur Überweisung gebracht worden seien. Angesichts dessen sei dieses Medikament in seiner Beschwerde vom 05.02.2018 auch nicht beeinsprucht worden. Das Medikament Augmentin sei als kausal eingestuft worden und damit für den Zeitraum von 2007 bis 2016 bezahlt worden.

Umso überraschender sei es, dass jetzt im angefochtenen Bescheid das Medikament Amoxicomp als akausal angeführt werde, obwohl es identisch mit dem bereits als kausal eingestuften Medikament Augmentin sei.

Weiters ersuchte der Beschwerdeführer um eine vollständige Auflistung der kausalen und akausalen Medikamente, damit er eine Kontrollmöglichkeit habe. Eine entsprechende Auflistung sei ihm seitens der belangten Behörde bereits mehrfach zugesichert worden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger.

Er stellte am 17.12.2019 neuerlich einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG in Form des Ersatzes der gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren für im Zeitraum von 01.01.2017 – 14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 17.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer für im Zeitraum vom 01.01.2017 – 14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren ein Kostenersatz in Höhe von € 962,15 bewilligt.

Das Verbrechen ist für die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Seractil und Hydromorphon kausal.

Das Verbrechen ist für die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Normhydral, Colidimin, Amoxicomp und Coldargan nicht kausal.

Die verordneten Medikamente Yomogi, Paracetamol Tabletten, Tasectan, Carbo Medicin Sanova Tabletten, Nasmer 3 Plus Spray, Nasivin Sanft Spray, Lavidal, Normision Ohrtropfen, Bepanthen, Antibiophilus, Bepanthen Wund-Heilsalbe, Voltaren Emulgel-Gel, Bepanthen Plus Creme, Hylo-Comod Augentropfen, Chlorhexamed und Neo Angin sind rezeptfrei erhältlich.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zur österreichischen Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers sowie zur neuerlichen Antragstellung basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Kostenersatz für im Zeitraum vom 01.01.2017-14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren basiert ebenfalls auf dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zu den kausal bzw. nicht kausal auf das Verbrechen zurückzuführenden verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente beruhen auf der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der belangten Behörde vom 29.04.2020.

Insoweit der Beschwerdeführer in der Beschwerde ausführt, dass das Medikament Augmentin bereits im ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 18.12.2017 als kausal eingestuft worden sei, weshalb es umso überraschender sei, dass im nunmehr angefochtenen Bescheid vom 17.06.2020 das Medikament Amoxicomp als akausal angeführt werde, obwohl es identisch mit dem bereits als kausal eingestuften Medikament Augmentin sei, so ist zunächst festzuhalten, dass das Arzneimittel Augmentin bereits in dem ergänzenden Sachverständigengutachten vom 08.03.2018 des ärztlichen Dienstes als akausal eingestuft wurde. Dazu wurde im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019 ausgeführt, die Arzneimittel Aeromuc, Cilxan, Benesol, Tyrothricin, Otospirin, Parazodin und Augmentin, würden für Infekterkrankungen zur Behandlung von Hals- und Ohrenschmerzen und Erkältungen herangezogen werden. Aus den im Akt befindlichen Unterlagen ergebe sich, dass der Beschwerdeführer in den Jahren 2010 bis 2016 acht Mal Antibiotika, begleitend mit Tabletten gegen Halsschmerzen, Hustensaft, schleimlösende Medikamente und Ohrentropfen eingenommen habe. Laut Stellungnahme des ärztlichen Dienstes vom 08.03.2018 überschreite die Häufigkeit dieser Erkrankungen nicht die durchschnittliche Zahl von ein bis drei Infekten pro Jahr bei Erwachsenen, ein kausaler Zusammenhang sei damit nicht ersichtlich. Da das Antibiotika Augmentin bereits im ergänzenden Sachverständigengutachten vom 08.03.2018 als akausal eingestuft wurde und diese Einstufung auch im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019 zugrunde gelegt wurde, gehen die in der Beschwerde vom 06.08.2020 angeführten Einwendungen ins Leere, da auch in der Stellungnahme vom 29.04.2020, die der Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs nicht beanstandet hat, ausgeführt wird, dass es sich beim Medikament Amoxicomp um ein Antibiotika handelt, welches keinen kausalen Zusammenhang aufweist.

Die Akausalität der aufgelisteten Medikamente Normhydral, Colidimin, und Coldargan wurde vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht beanstandet.

Die Medikamente Yomogi, Paracetamol Tabletten, Tasectan, Carbo Medicin Sanova Tabletten, Nasmer 3 Plus Spray, Nasivin Sanft Spray, Lavidal, Normision Ohrtropfen, Bepanthen, Antibiophilus, Bepanthen Wund-Heilsalbe, Voltaren Emulgel-Gel, Bepanthen Plus Creme, Hylo-Comod Augentropfen, Chlorhexamed und Neo Angin sind rezeptfrei erhältlich und können daher, unabhängig von ihrer Kausalität, nicht nach dem VOG ersetzt werden.

Insofern der Beschwerdeführer ausführt, dass ihm bislang keine vollständige Auflistung aller kausalen und akausalen Medikamente übermittelt worden sei, obwohl er bereits mehrfach um eine entsprechende Auflistung ersucht habe, ist zu bemerken, dass dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 04.10.2019 bereits eine entsprechende Auflistung der kausalen und akausalen Medikamente zugrunde liegt. Die Übermittlung einer vollständigen Auflistung aller kausalen und akausalen Medikamente fällt in die Zuständigkeit der belangten Behörde.

Der Beschwerdeführer legte im Rahmen der Beschwerde keine Befunde vor, die geeignet wären, eine andere Beurteilung der Kausalität der verordneten Medikamente und Hilfsmittel herbeizuführen und allenfalls zu einer anderen rechtlichen Beurteilung zu führen.

Der Beschwerdeführer ist der vorliegenden Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes im Lichte obiger Ausführungen daher nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa VwGH 27.06.2000, 2000/11/0093).

Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit, Widerspruchsfreiheit und Schlüssigkeit der vorliegenden Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes der belangten Behörde vom 29.04.2020. Diese werden daher in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Verbrechensopfergesetzes lauten auszugsweise:

Kreis der Anspruchsberechtigten

§ 1. (1) Anspruch auf Hilfe haben österreichische Staatsbürger, wenn mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie

1.       durch eine zum Entscheidungszeitpunkt mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung erlitten haben oder

2.       durch eine an einer anderen Person begangene Handlung im Sinne der Z 1 nach Maßgabe der bürgerlich-rechtlichen Kriterien einen Schock mit psychischer Beeinträchtigung von Krankheitswert erlitten haben oder

3.       als Unbeteiligte im Zusammenhang mit einer Handlung im Sinne der Z 1 eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung erlitten haben, soweit nicht hieraus Ansprüche nach dem Amtshaftungsgesetz, BGBl. Nr. 20/1949, bestehen,

und ihnen dadurch Heilungskosten erwachsen sind oder ihre Erwerbsfähigkeit gemindert ist. Wird die österreichische Staatsbürgerschaft erst nach der Handlung im Sinne der Z 1 erworben, gebührt die Hilfe nur, sofern diese Handlung im Inland oder auf einem österreichischen Schiff oder Luftfahrzeug (Abs. 6 Z 1) begangen wurde.

Hilfeleistungen

§ 2. Als Hilfeleistungen sind vorgesehen:

1. Ersatz des Verdienst- oder Unterhaltsentganges;

2. Heilfürsorge

a)       ärztliche Hilfe,

b)       Heilmittel,

c)       Heilbehelfe,

d)       Anstaltspflege,

e)       Zahnbehandlung,

f)       Maßnahmen zur Festigung der Gesundheit (§ 155 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955);

2a. Kostenübernahme bei Krisenintervention durch klinische Psychologen und Gesundheitspsychologen sowie Psychotherapeuten;

3. orthopädische Versorgung

a)       Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, deren Wiederherstellung und Erneuerung,

b)       Kostenersatz für Änderungen an Gebrauchsgegenständen sowie für die Installation behinderungsgerechter Sanitärausstattung,

c)       Zuschüsse zu den Kosten für die behinderungsgerechte Ausstattung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

d)       Beihilfen zur Anschaffung von mehrspurigen Kraftfahrzeugen,

e)       notwendige Reise- und Transportkosten;

4. medizinische Rehabilitation

a)       Unterbringung in Krankenanstalten, die vorwiegend der Rehabilitation dienen,

b)       ärztliche Hilfe, Heilmittel und Heilbehelfe, wenn diese Leistungen unmittelbar im Anschluß oder im Zusammenhang mit der unter lit. a angeführten Maßnahme erforderlich sind,

c)       notwendige Reise- und Transportkosten;

5. berufliche Rehabilitation

a)       berufliche Ausbildung zur Wiedergewinnung oder Erhöhung der Erwerbsfähigkeit,

b)       Ausbildung für einen neuen Beruf,

c)       Zuschüsse oder Darlehen (§ 198 Abs. 3 ASVG 1955);

6. soziale Rehabilitation

a)       Zuschuß zu den Kosten für die Erlangung der Lenkerberechtigung, wenn auf Grund der Behinderung die Benützung eines öffentlichen Verkehrsmittels nicht zumutbar ist,

b)       Übergangsgeld (§ 306 ASVG 1955);

7. Pflegezulagen, Blindenzulagen;

8. Ersatz der Bestattungskosten;

9. einkommensabhängige Zusatzleistung;

10. Pauschalentschädigung für Schmerzengeld.

Heilfürsorge

§ 4. (1) Hilfe nach § 2 Z 2 ist nur für Körperverletzungen und Gesundheitsschädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu leisten. Opfer, die infolge einer Handlung im Sinne des § 1 Abs. 1 eine zumutbare Beschäftigung, die den krankenversicherungsrechtlichen Schutz gewährleistet, nicht mehr ausüben können, sowie Hinterbliebene (§ 1 Abs. 4) erhalten Heilfürsorge bei jeder Gesundheitsstörung.

(2) Die Hilfe nach § 2 Z 2 hat,

1.       wenn das Opfer oder der Hinterbliebene einer gesetzlichen Krankenversicherung unterliegt, freiwillig krankenversichert ist oder ein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht, der zuständige Träger der Krankenversicherung,

2.       sonst die örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zu erbringen. Die im § 2 Z 2 angeführten Leistungen gebühren in dem Umfang, in dem sie einem bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse Pflichtversicherten auf Grund des Gesetzes und der Satzung zustehen.

Für Schädigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 zu entrichtende gesetz- und satzungsmäßige Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren sind nach diesem Bundesgesetz zu übernehmen.

(2a) Eine Übernahme von Kosten nach Abs. 2 letzter Satz ist bis zu einem Rechnungsbetrag von 100 Euro pro Antragsteller in voller Höhe möglich, sofern der ursächliche Zusammenhang mit der Schädigung glaubhaft ist.

(3) Der Bund ersetzt einem im Abs. 2 Z 2 genannten Träger der Krankenversicherung die entstandenen Kosten, einem im Abs. 2 Z 1 genannten Träger der Krankenversicherung die Kosten, die über den ihnen erwachsenden Kosten liegen, hätten sie die Leistungen auf Grund eines anderen Bundesgesetzes und der Satzung zu erbringen gehabt. Ferner ersetzt der Bund den Trägern der Krankenversicherung einen entsprechenden Anteil an den Verwaltungskosten.

(4) Haben Opfer oder Hinterbliebene die Kosten der Heilfürsorge selbst getragen, so sind ihnen diese Kosten in der Höhe zu ersetzen, die dem Bund erwachsen wären, wenn die Heilfürsorge durch den Träger der Krankenversicherung auf Grund dieses Bundesgesetzes erbracht worden wäre.

Der Beschwerdeführer, ein österreichischer Staatsbürger, erlitt am 13.02.2007 mit der für das VOG erforderlichen Wahrscheinlichkeit durch eine mit einer mehr als sechsmonatigen Freiheitsstrafe bedrohten rechtswidrigen und vorsätzlichen Handlung eine Körperverletzung oder eine Gesundheitsschädigung.

Er stellte am 17.12.2019 neuerlich einen Antrag auf Hilfeleistungen nach dem VOG in Form des Ersatzes der gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligung einschließlich Rezeptgebühren für im Zeitraum von 01.01.2017 – 14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren.

Der der gegenständlichen Entscheidung zugrundliegenden, seitens der belangten Behörde eingeholten Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 29.04.2020 zufolge, ist die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Seractil und Hydromorphon verbrechenskausal. Die dafür erbrachten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren wurden dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Z 2 und 4 Abs. 2 letzter Satz VOG ersetzt.

In der ärztlichen Stellungnahme vom 29.04.2020 wird weiters ausgeführt, dass für die Einnahme der dem Beschwerdeführer verordneten und rezeptpflichtigen Medikamente Normhydral, Colidimin, Amoxicomp und Coldargan keine Kausalität besteht. Die dafür erbrachten gesetz- und satzungsmäßigen Kostenbeteiligungen einschließlich Rezeptgebühren sind dem Beschwerdeführer gemäß §§ 1 Abs. 1, 2 Z 2 und 4 Abs. 2 letzter Satz VOG nicht zu ersetzen.

Die Mittel Yomogi, Paracetamol Tabletten, Tasectan, Carbo Medicin Sanova Tabletten, Nasmer 3 Plus Spray, Nasivin Sanft Spray, Lavidal, Normision Ohrtropfen, Bepanthen, Antibiophilus, Bepanthen Wund-Heilsalbe, Voltaren Emulgel-Gel, Bepanthen Plus Creme, Hylo-Comod Augentropfen, Chlorhexamed und Neo Angin sind rezeptfrei erhältlich und können daher, unabhängig von ihrer Kausalität, nicht nach dem VOG ersetzt werden.

Dem Antrag des Beschwerdeführers vom 17.12.2019 wurde seitens der belangten Behörde insofern Folge geleistet, als im angefochtenen Bescheid vom 17.06.2020 für im Zeitraum vom 01.01.2017 – 14.12.2019 geleistete Rezeptgebühren ein Kostenersatz in Höhe von € 962,15 bewilligt wurde.

Der Beschwerdeführer ist der Stellungnahme des Ärztlichen Dienstes vom 29.04.2020, wie bereits erwähnt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, steht es dem Antragsteller, so er der Auffassung ist, dass seine Leiden nicht hinreichend berücksichtigt wurden, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes doch frei, das im Auftrag der Behörde erstellte Gutachten durch die Beibringung eines Gegengutachtens eines Sachverständigen seiner Wahl zu entkräften (vgl. etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.06.2000, Zl. 2000/11/0093).

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Im vorliegenden Fall wurde eine Verhandlung vom Bundesverwaltungsgericht für nicht erforderlich erachtet, zumal für die Entscheidung über die vorliegende Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt durch Aktenstudium des vorgelegten Fremdaktes, insbesondere auch der Beschwerde, zu klären war. Alle aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes notwendigen Unterlagen befanden sich im verwaltungsbehördlichen Fremdakt. Ansonsten waren im gegenständlichen Fall rechtliche Fragen zu klären. Damit liegt ein besonderer Grund vor, welcher auch im Lichte der Rechtsprechung des EGMR eine Einschränkung des Grundrechts auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zulässt. Im Fall Faugel (EGMR 20.11.2003, 58647/00 und 58649/00) wurde ein solch besonderer Grund, der von der Pflicht zur Durchführung einer Verhandlung entbindet, etwa dann angenommen, wenn in einem Verfahren ausschließlich rechtliche oder höchst technische Fragen zur Diskussion stehen. Dem Bundesverwaltungsgericht liegt auch kein Beschwerdevorbringen vor, welches mit der beschwerdeführenden Partei mündlich zu erörtern gewesen wäre und konnte daher die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Art. 6 EMRK bzw. Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union stehen somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG nicht entgegen. Im vorliegenden Fall wurde darüber hinaus seitens beider Parteien eine mündliche Verhandlung nicht beantragt (vgl. VwGH 16.12.2013, 2011/11/0180 mit weiterem Verweis auf die Entscheidung des EGMR vom 21.03.2002, Nr. 32.636/96). All dies lässt die Einschätzung zu, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten ließ und eine Entscheidung ohne vorherige Verhandlung im Beschwerdefall nicht nur mit Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC kompatibel ist, sondern auch im Sinne des Gesetzes (§ 24 Abs. 1 VwGVG) liegt, weil damit dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis (§ 39 Abs. 2a AVG) gedient ist, gleichzeitig aber das Interesse der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs nicht verkürzt wird.

Zu Spruchteil B)

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf e

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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