TE Vwgh Erkenntnis 2020/12/17 Ro 2020/16/0009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.12.2020
beobachten
merken

Index

30/02 Finanzausgleich
90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

FAG 2017 §17 Abs3 Z5
StVO 1960 §24 Abs1
StVO 1960 §24 Abs1 lita
StVO 1960 §24 Abs1 litd
StVO 1960 §24 Abs3
StVO 1960 §24 Abs3 litb
StVO 1960 §25 Abs1
StVO 1960 §43
StVO 1960 §44
StVO 1960 §52 Z13d
StVO 1960 §52 Z13e

Beachte


Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2020/16/0010 E 17.12.2020
Ro 2020/16/0011 E 17.12.2020
Ro 2021/16/0001 E 17.03.2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 12. November 2019, Zl. LVwG-400376/6/ZO/NE, betreffend Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Parkgebührengesetz (mitbeteiligte Partei: J K in L), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1        Mit Straferkenntis vom 14. Mai 2019 erkannte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz den Mitbeteiligten der Verwaltungsübertretung nach § 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetzes schuldig, verhängte über ihn eine Geldstrafe von 55 € (Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall deren Uneinbringlichkeit: 44 Stunden) und verpflichtete ihn zu einem Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens von 10 €.

2        Der Mitbeteiligte habe am 28. September 2018 von 16:50 bis 17:07 Uhr an einem näher genannten Ort in Linz ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug „in einem Halten und Parken verboten - ausgenommen Ladetätigkeit - innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne Durchführung einer Ladetätigkeit ohne gültigen Parkschein abgestellt“ und sei „damit der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen“. Die Ladezone, innerhalb welcher das in Rede stehende Kraftfahrzeug abgestellt worden sei, sei in der flächendeckend gebührenpflichtigen Kurzparkzone eingelagert. Kurzparkzonen würden durch weitergehende Verkehrsbeschränkungen wie Halte- und Parkverbote nicht „unterbrochen“.

3        In der dagegen erhobenen Beschwerde vom 27. Mai 2019 brachte der Mitbeteiligte vor, vor dem Haus P. 18, befinde sich keine Kurzparkzone, sondern ein Parkverbot ausgenommen Ladetätigkeit, weshalb das in Rede stehende Kraftfahrzeug nicht in einer gebührenpflichtigen Zone abgestellt gewesen sei.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich das bekämpfte Straferkenntnis auf, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Mitbeteiligten ein und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG für die belangte Behörde zulässig sei.

5        Der Mitbeteiligte habe den in Rede stehenden PKW am 28. September 2019 in der Zeit von 16:50 bis 17:07 Uhr vor dem Haus P. 18 abgestellt. Eine Parkgebühr sei nicht entrichtet worden. Diese Straßenstelle befinde sich innerhalb der gebührenpflichtigen Kurzparkzone der Stadt Linz, gleichzeitig sei für diesen Bereich und diesen Zeitraum eine Ladezone verordnet. Der Mitbeteiligte habe in der genannten Zeit keine Ladetätigkeit durchgeführt.

6        Das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Stadt Linz habe mit Verordnung vom 15. Juni 2001 eine Kurzparkzone angeordnet, welche sich auch auf „den gegenständlichen Parkplatz vor dem Objekt [P. 18] bezieht.“ Mit Verordnung vom 25. Juni 2008 habe das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Stadt Linz ein Halte- und Parkverbot mit der Zusatztafel „werktags Mo-Fr 6.00 - 18.30 Sa 6.00 - 12.00 ausgenommen Ladetätigkeit“ angeordnet, welches sich auch auf die angeführte Ladezone beziehe.

7        Eine Kurzparkzone erfasse nur jene Straßenteile, an denen das Abstellen von Fahrzeugen nach den sonstigen Bestimmungen der StVO erlaubt sei. Würde man davon ausgehen, dass eine bestimmte Kurzparkzonenverordnung das Abstellen eines Fahrzeuges auf einer Straßenstelle erlauben würde, auf welcher dies gesetzlich verboten sei, so würde diese Verordnung über die Ermächtigung des § 25 Abs. 1 StVO hinausgehen und wäre wohl gesetzwidrig. Eine Kurzparkzonenverordnung dürfe nur das Parken zeitlich beschränken, nicht hingegen ein von Anfang an verbotenes Abstellen für eine bestimmte Zeit erlauben.

8        Mit der Erklärung eines bestimmten Gebietes zur Kurzparkzone könnten nicht alle von diesem Gebiet umfassten Straßenteile gemeint sein, sondern nur jene, welche grundsätzlich zum Abstellen von Fahrzeugen vorgesehen seien und auf denen dies auf eine bestimmte Zeit beschränkt werden solle. Straßenstellen innerhalb der Kurzparkzone, auf denen das Abstellen von Fahrzeugen von Anfang an verboten sei, könnten von der Kurzparkzonenregelung nicht umfasst sein.

9        Die Anordnung der Halteverbotsverordnung sei im Verhältnis zur zeitlichen Beschränkung des Parkens (Kurzparkzone) die speziellere Norm. Die Kurzparkzonenregelung der Parkgebührenverordnung der Stadt Linz sei so zu verstehen, dass sie auch nicht für jene Bereiche innerhalb der aufgezählten Straßenzüge gelte, für die ein Halteverbot (allenfalls mit bestimmten Ausnahmen) verordnet worden sei.

10       Die dagegen erhobene Revision des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz legte das Landesverwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

11       Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12       § 17 Abs. 3 Z 5 des Finanzausgleichsgesetzes 2017 (FAG 2017) lautet:

„(3) Die Gemeinden werden ferner ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung folgende Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben:

...

5.   Abgaben für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge in Kurzparkzonen gemäß § 25 StVO 1960. Ausgenommen sind:

...

g)   Fahrzeuge, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten.“

13       Die Landeshauptstadt Linz schöpfte diese Ermächtigung mit der Parkgebührenverordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz in der im Revisionsfall noch maßgeblichen Fassung der Verordnung, Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 2018/13, aus.

14       § 1 Abs. 1 und 3 dieser Verordnung lautet:

„§ 1 Gebührenpflicht

(1) Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in als gebührenpflichtig gekennzeichneten Kurzparkzonen (§ 25 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, i.d.g.F.) wird eine Parkgebühr vorgeschrieben. Die gebührenpflichtigen Kurzparkzonen befinden sich innerhalb der durch die nachangeführten Straßen (bzw. Verkehrsflächen) umgrenzten und auch in der Anlage A planlich dargestellten Bereiche einschließlich dieser Straßen (bzw. Verkehrsflächen):

...

(3) Als Abstellen im Sinne dieser Verordnung gelten das Halten und Parken gemäß § 2 Abs. 1 Z. 27 und 28 StVO 1960.“

15       Gemäß § 4 lit. e der Parkgebührenverordnung ist die Parkgebühr nicht zu entrichten für „Fahrzeuge, die lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen oder für die Dauer der Durchführung einer Ladetätigkeit halten“.

16       Gemäß § 6 Abs. 1 des Oö. Parkgebührengesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 220 € zu bestrafen, wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

17       § 25 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO) lautet:

„§ 25. Kurzparkzonen

(1) Wenn und insoweit es zu bestimmten Zeiten aus ortsbedingten Gründen (auch im Interesse der Wohnbevölkerung) oder zur Erleichterung der Verkehrslage erforderlich ist, kann die Behörde durch Verordnung für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes das Parken zeitlich beschränken (Kurzparkzone). Die Kurzparkdauer darf nicht weniger als 30 Minuten und nicht mehr als 3 Stunden betragen.“

18       Mit Verordnungen jeweils vom 15. Juni 2001 haben der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz für Bundes- und Landes- und diesen gleichzuhaltende Straßen und das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz für Gemeindestraßen die Parkdauer an näher bezeichneten Tagen in einem jeweils planlich dargestellten Bereich der Linzer Innenstadt mit 90 Minuten zeitlich beschränkt (Kurzparkzone).

19       § 24 Abs. 1 und 3 StVO lautet auszugsweise:

„§ 24. Halte- und Parkverbote.

(1) Das Halten und das Parken ist verboten:

a)   im Bereich des Vorschriftszeichens ‚Halten und Parken verboten‘ nach Maßgabe der Bestimmungen des § 52 Z 13b,

...

d)   unbeschadet der Regelung des § 23 Abs. 3a im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder

...

(3) Das Parken ist außer in den im Abs. 1 angeführten Fällen noch verboten:

a)   im Bereich der Vorschriftszeichen ,Parken verboten‘ und ...;

...

b)   vor Haus- und Grundstückseinfahrten,

...“

20       Mit Verordnung vom 25. Juni 2008 hat das zuständige Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz ua. ein Halte- und Parkverbot mit der Zusatztafel „werktags Mo-Fr 6.00-18.30 Sa 6.00-12.00 ausgenommen Ladetätigkeit“ nach näherer planmäßiger Beschreibung (vor dem Haus [P. 18]) verordnet.

21       Im Revisionsfall liegt der fragliche Ort, an welchem das in Rede stehende Kraftfahrzeug abgestellt war, unstrittig sowohl in dem mit der zuletzt erwähnten Verordnung dargestellten Bereich als auch innerhalb des in § 1 Abs. 1 der Parkgebührenverordnung und in den erwähnten Verordnungen vom 15. Juni 2001 jeweils beschriebenen Bereichs. Dass während des fraglichen Zeitraums eine Ladetätigkeit durchgeführt worden wäre oder dass das Anhalten lediglich zum Zwecke des Aus- und Einsteigens von Personen erfolgt wäre, hat das Landesverwaltungsgericht nicht festgestellt.

22       Das Landesverwaltungsgericht geht zusammengefasst davon aus, dass die Regelungen einer Kurzparkzone und eines Halteverbots einander ausschlössen. Das Halteverbot sei gegenüber der Kurzparkzone die speziellere Norm. Die Kurzparkzone umfasse nur jene Verkehrsflächen, für welche kein Verbot des Abstellens von Fahrzeugen nach spezielleren Regelungen gälten.

23       Eine Kurzparkzone ist ein in einer Verordnung (oder mehreren Verordnungen) näher beschriebenes Gebiet, welches durch die entsprechenden Verkehrszeichen an allen Einfahrts- und Ausfahrtsstraßen gekennzeichnet ist (vgl. VwGH 25.1.2018, Ra 2017/16/0056).

24       Knüpft der Gesetzgeber des FAG 2017 und der Verordnungsgeber einer Gemeinde an den Begriff der Kurzparkzone nach § 25 StVO an, so erfasst der Tatbestand der jeweiligen Verordnung der Gemeinde das gesamte Gebiet einer Kurzparkzone.

25       Das Landesverwaltungsgericht vertritt zutreffend die Ansicht, eine Verordnung über die Festlegung einer Kurzparkzone dürfe nicht das Parken auf bestimmten Stellen innerhalb der Kurzparkzone erlauben, an denen es nach anderen Bestimmungen verboten sei. Die Verordnung einer Kurzparkzone ermächtigt tatsächlich nicht zum Parken, sondern beschränkt die zulässige Parkzeit innerhalb des Gebietes einer Kurzparkzone. Dass an bestimmten Stellen dieser Kurzparkzone das Parken oder gar das Halten und Parken nach anderen Bestimmungen (etwa § 24 Abs. 1 und 3 StVO) nicht erlaubt ist, ändert daran nichts, dass die Kurzparkzone das ganze in der Verordnung beschriebene Gebiet einschließlich dieser Stellen umfasst.

26       Ausdrücklich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass Kurzparkzonen nicht durch Stellen, für welche eine weitergehende Verkehrsbeschränkung (etwa nach § 24 Abs. 1 und 3 StVO) gilt, unterbrochen werden (VwGH 27.4.1995, 92/17/0300).

27       Der Verordnungsgeber knüpft für die Parkgebührenpflicht an das Sachverhaltselement eines als Kurzparkzone bezeichneten Gebietes an, ohne auf die konkreten straßenverkehrsrechtlichen Rechtsfolgen in Bezug auf bestimmte Stellen dieses Gebietes abzustellen. Die Abgabepflicht kann somit auch für Bereiche von Halte- und Parkverbotszonen in Kurzparkzonen bestehen (vgl. VwGH 26.2.2003, 2002/17/0350; und VwGH 24.1.2000, 97/17/0331, mwN).

28       Somit ist der Begriff der „Kurzparkzone“ in § 1 der Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes nicht dahingehend (räumlich) eingeschränkt zu verstehen, dass innerhalb des als Kurzparkzone verordneten Gebietes nur jene Verkehrsflächen umfasst wären, für welche das (grundsätzlich erlaubte) Parken zeitlich eingeschränkt wird.

29       Ein gebührenpflichtiges Abstellen liegt deshalb auch dann vor, wenn innerhalb einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ein Kraftfahrzeug an einer Stelle abgestellt wird, an welcher nach anderen Bestimmungen das Parken oder das Halten und Parken verboten ist (beispielsweise im Bereich von weniger als 5 m vom nächsten Schnittpunkt einander kreuzender Fahrbahnränder - § 24 Abs. 1 lit. d StVO, vor Haus- und Grundstückseinfahrten - § 24 Abs. 3 lit. b StVO, oder eben im Bereich eines vor oder nach der Erlassung der Kurzparkzonenverordnung angeordnetes Halte- und Parkverbots - § 24 Abs. 1 lit. a StVO).

30       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Wien, am 17. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020160009.J00

Im RIS seit

21.05.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.05.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten