TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/26 97/11/0067

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.06.1997
beobachten
merken

Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;

Norm

AZG §2 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des E in O, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg vom 10. Dezember 1996, Zl. UVS-19/183/2-1996, betreffend Übertretungen des Arbeitszeitgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 13.040,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 27. Dezember 1995 wurde der Beschwerdeführer in seiner Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher bezeichneten Gesellschaft m.b.H. schuldig erkannt, "daß die Gesellschaft bei der Beschäftigung" von 19 im folgenden namentlich genannten Arbeitnehmern "das Arbeitszeitgesetz in 19 Fällen durch Überschreiten der höchstzulässigen Tagesarbeitszeit von 10 Stunden ... übertreten hat". Es folgt eine Auflistung der betreffenden Arbeitnehmer sowie von Daten zwischen dem 2. Jänner 1995 und dem 28. Februar 1995 jeweils mit dem Zusatz "Tagesarbeitszeit" und einer - zwischen 10,15 und 16,30 liegenden - Zahl von Arbeitsstunden. Dadurch habe der Beschwerdeführer

19 Übertretungen nach § 7 Abs. 1 des Arbeitszeitgesetzes (AZG) begangen. Über ihn wurden 19 Geldstrafen zu je S 6.000,-- verhängt. Ihm wurde ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens in der Höhe von S 11.400,-- vorgeschrieben. Ferner wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von zwei Wochen verhängt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich vier Übertretungen aufgehoben und die betreffenden Verwaltungsstrafverfahren eingestellt; die Ersatzfreiheitsstrafe habe jeweils einen Tag zu betragen; der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens habe S 9.000,-- zu betragen; der Beschwerdeführer habe einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens im Ausmaß von S 18.000,-- zu leisten.

In seiner an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und beantragt dessen kostenpflichtige Aufhebung. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und mitgeteilt, daß auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit Erkenntnissen vom heutigen Tag, Zlen. 97/11/0042 und 97/11/0043, wurden zwei Bescheide der belangten Behörde in gleichgelagerten Fällen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bzw. Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Soweit die Beschwerdegründe der vorliegenden Beschwerde mit denen zu den hg. Zlen. 97/11/0042 und 97/11/0043 vorgebrachten Beschwerdegründen übereinstimmen, kann gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf diese Erkenntnisse vom heutigen Tag verwiesen werden.

Soweit in der vorliegenden Beschwerde weitere Beschwerdegründe angeführt werden, ist folgendes auszuführen:

Der Beschwerdeführer ist mit seiner Rüge, die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafen verstoße gegen das Verbot der reformatio in peius, im Recht. Im erstinstanzlichen Straferkenntnis betrug diese Strafe pauschal zwei Wochen, die belangte Behörde änderte dies in 15 Ersatzfreiheitsstrafen von je einem Tag.

Der Beschwerdeführer macht den Eintritt der Verfolgungsverjährung geltend. Es sei nicht nur in den vier von der belangten Behörde eingestellten Verwaltungsstrafverfahren Verjährung eingetreten, sondern in allen 19 ursprünglich angezeigten und mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis geahndeten Übertretungen.

Der Beschwerdeführer ist damit nur zum Teil im Recht. Die Verjährung hat jeweils mit der Beendigung des - in Ansehung der einzelnen betroffenen Arbeitnehmer gegebenen - Deliktes zu laufen begonnen. Die für alle verfahrensgegenständlichen Übertretungen maßgebende erste Verfolgungshandlung war die an den Beschwerdeführer adressierte, mit 3. August 1995 datierte Aufforderung zur Rechtfertigung. Diese wurde offenbar am 7. August 1995 zur Post gegeben. Daraus ergibt sich, daß vor dem 7. Februar 1995 gesetzte bzw. beendete Delikte von der Verfolgungsverjährung betroffen sind. Dies gilt für eine noch Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildende Übertretung, nämlich die mit 3. bezifferte, hinsichtlich der der letzte Tag mit einer Arbeitszeitüberschreitung der 20. Jänner 1995 war. Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens gehen im übrigen zu Unrecht davon aus, daß die erste Verfolgungshandlung mit 28. August 1995 gesetzt wurde. An diesem Tag ist die Aufforderung zur Rechtfertigung dem Beschwerdeführer zwar zugekommen, doch ist das tatsächliche Zukommen nach § 32 Abs. 2 VStG für die rechtliche Wirksamkeit einer Verfolgungshandlung nicht erforderlich.

Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grunde in Ansehung der mit 3. bezifferten Verwaltungsübertretung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Beschwerdeführer hatte ferner im Verwaltungsstrafverfahren geltend gemacht, daß es sich bei den als tatsächliche Tagesarbeitszeit der einzelnen Arbeitnehmer angeführten Stundenzahlen nicht zur Gänze um Arbeitszeiten, sondern zum Teil auch um Zeiten bloßer Anwesenheit im Betrieb ohne Arbeitsverpflichtung zwecks Abwartens eines öffentlichen Verkehrsmittels nach Salzburg gehandelt habe. Er macht in seiner Beschwerde geltend, daß das Argument der belangten Behörde, Arbeitsunterbrechungen würden als Arbeitszeit gelten, fehl geht, weil es sich nicht um Arbeitsunterbrechungen gehandelt habe.

Der Beschwerdeführer ist damit insofern im Recht, als in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes (24. September 1990, Zl. 90/19/0245 = Slg. Nr. 13264/A) von "kurzen Pausen zum Jausnen" udgl. die Rede ist. Derartiges ist mit dem vom Beschwerdeführer behaupteten Sachverhalt nicht vergleichbar. Sollte daher die Veranwortung des Beschwerdeführers zutreffen, was die belangte Behörde nicht geprüft hat, wäre die Tatbestandsmäßigkeit der ihm zur Last gelegten Zeiten nicht gegeben. Dies hat zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides in Ansehung aller Verwaltungsübertretungen wegen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu führen. Die Aufhebung betrifft begrifflich sowohl die Schuldsprüche als auch die Strafaussprüche als auch die Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997110067.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten