TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/15 I422 2163763-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.2020
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Entscheidungsdatum

15.10.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z22
AsylG 2005 §2 Abs3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §34 Abs1 Z2
AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §54
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §55 Abs1 Z1
AsylG 2005 §55 Abs1 Z2
AsylG 2005 §55 Abs2
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §9 Abs1
BFA-VG §9 Abs2
BFA-VG §9 Abs3
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
IntG §11 Abs2
IntG §9
NAG §14a Abs4
NAG §81 Abs36
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I422 2163763-1/12E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX ; StA Irak, vertreten durch den MigrantInnenverein St. Marx, Pulverturmgasse 4/2/R01, 1090 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.06.2017, ZI. 1050012303-150046321/BMI-BFA_STM_AST_01 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.09.2020 zu Recht:

A)

I. Die Beschwerde gegen die Spruchpunkte I., II. und III. erster Satz des angefochtenen Bescheides wird als unbegründet abgewiesen.

II. Der Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. zweiter und dritter Satz sowie und IV. des angefochtenen Bescheides wird stattgegeben und eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig erklärt. XXXX wird gemäß §§ 54, 55 Abs. 2 und 58 Abs. 2 AsylG der Aufenthaltstitel „Aufenthaltsberechtigung plus“ für die Dauer von zwölf Monaten erteilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang

Verfahrensgegenstand ist die fristgerecht erhobene Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 20.06.2017, ZI. 1050012303-150046321/BMI-BFA_STM_AST_01. Mit diesem wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines irakischen Staatsangehörigen, vom 14.01.2015 auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Irak (Spruchpunkt II.) ab. Einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen erteilte sie dem Beschwerdeführer nicht, erließ über ihn eine Rückkehrentscheidung und erklärte seine Abschiebung in den Irak für zulässig (Spruchpunkt III.). Die belangte Behörde räumte ihm für seine freiwillige Ausreise eine Frist von 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung ein (Spruchpunkt IV.).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Beim Beschwerdeführer handelt es sich um den 21jährigen Sohn eines irakischen Ehepaares, dem gemeinsam mit den drei Geschwistern des Beschwerdeführers subsidiärer Schutz in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak gewährt wurde. Zum Zeitpunkt der Antragstellung am 14.1.2015 war der Beschwerdeführer minderjährig.

Der (mittlerweile) volljährige Beschwerdeführer ist irakischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Volksgruppe der Araber und bekennt sie sich zum moslemischen Glauben sunnitischer Ausrichtung. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Der Beschwerdeführer leidet an keiner derartigen psychischen oder physischen Beeinträchtigung die einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat entgegensteht. Der Beschwerdeführer ist erwerbsfähig.

Der Beschwerdeführer stammt aus Mosul, wo er geboren und gemeinsam mit seiner Familie in einem Haus im Bezirk Hayy Al-Muthana lebte. Das Haus befindet im Familienbesitz des Beschwerdeführers. Bis zu seiner Ausreise bewohnten der Beschwerdeführer und dessen Familie sowie sein Onkel väterlicherseits das Haus. Dieses ist renovierungsbedürftig und wird gegenwärtig von seinem Onkel väterlicherseits bewohnt. Der Beschwerdeführer besuchte in Mosul sechs Jahre die Grundschule und zwei Jahre lang die Mittelschule. In seinem Herkunftsstaat kamen bislang seine Eltern für seinen Lebensunterhalt auf.

Im Irak leben nach wie vor Verwandte der Beschwerdeführer. Zu diesen hat der Beschwerdeführer keinen Kontakt mehr.

Am 23.09.2013 reiste der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Familie – bestehend aus seinen beiden Eltern und seinen drei Geschwistern – legal aus dem Irak in die Türkei aus, wo er sich mit seiner Familie bis November 2014 aufhielt. Von dort reiste der Beschwerdeführer dann alleine schlepperunterstützt als unbegleiteter Minderjähriger in das österreichische Bundesgebiet ein und stellt am 14.01.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Bundesgebiet wurde zunächst dem Land XXXX als Kinder- und Jugendhilfeträger mit Beschluss vom 13.08.2015 die Obsorge über den damals noch minderjährigen Beschwerdeführer übertragen. Diese wurde den nachgezogenen Eltern am 12.04.2017 rückübertragen.

Im Bundesgebiet verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte in Form seiner beiden Eltern und seiner drei Geschwistern. Das Asylverfahren seiner Familienangehörigen wurde bereits rechtskräftig entschieden.

Der Beschwerdeführer besuchte zunächst eine Neue Mittelschule in XXXX und anschließend rund ein Jahr lang das Oberstufenrealgymnasium in XXXX . Er spricht sehr gut Deutsch und absolvierte am 21.12.2016 die Sprachprüfung im Niveau A2, am 14.03.2017 im B1-Niveau und er besuchte einen Deutschkurs im Niveau B2. In Österreich bestand der Beschwerdeführer den theoretischen Teil des Führerscheins. Von August bis Oktober 2015 war er ehrenamtlich für die Caritas als Dolmetscher tätig. Seit 15.06.2020 betreibt der Beschwerdeführer das freie Gewerbe „Hausbetreuung“ und ist als Nachunternehmer für ein XXXX Sicherheits- und Servicedienstleistungs-Unternehmen tätig. Der Beschwerdeführer hatte nach seiner Ankunft auch die Patenschaft einer österreichischen Familie inne.

Seit 13.09.2019 bezieht der Beschwerdeführer keine staatlichen Leistungen aus der Grundversorgen mehr.

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.05.2017, XXXX wurde der Drittbeschwerdeführer rechtskräftig wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß § 84 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer dreijährigen Probezeit verurteilt.

1.2. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Der Beschwerdeführer wird im Irak weder aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch wegen seiner politischen Gesinnung verfolgt.

Sein Vorbringen, wonach sein Vater bedroht worden sei und er als dessen Sohn folglich ebenfalls einer Bedrohung ausgesetzt sei, erweist sich als nicht glaubhaft.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in den Herkunftsstaat:

Dem Beschwerdeführer droht bei einer Rückkehr nach Mosul mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit kein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit. Er gerät im Falle seiner Rückkehr in keine Notlage oder existenzgefährdende Situation.

1.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die wesentlichen Feststellungen zur Lage in Gouvernement Ninewa, Mosul:

1.4.1. Sicherheitslage in Ninewa, Mosul:

Das Gouvernement von Ninewa ist das drittgrößte Gouvernement und hat die zweithöchste Bevölkerung im Irak. In Ninewa gingen der Besetzung des Islamischen Staates (IS) jahrelanger gewalttätiger Extremismus und organisiertes Verbrechen durch Milizgruppen voraus. Mosul wurde im Juni 2014 vom IS übernommen und besetzt und Anfang 2017 zurückerobert. IS-Angriffe auf Sinjar, Zummar und Ninewa führten zu einer Vertreibung. In Ninewa gibt es eine Vielzahl von Sicherheitsakteuren, wobei das CTS (Counter-Terrorism Service; auch genannt ISOF (Iraqi Special Operations Forces)) als die mächtigsten Sicherheitsakteure in der Region gilt, gefolgt von PMU- und ISF-Kräften. Es wird auch berichtet, dass Einheiten der irakischen Armee und der Bundespolizei im Gouvernement anwesend sind sowie verschiedene Milizen von Minderheiten und sunnitischen Stämmen. Der Wettbewerb zwischen Sicherheitsakteuren um territoriale Kontrolle, Institutionen und Ressourcen schafft Unsicherheit in der lokalen Gemeinschaft. Es gab Berichte über Zusammenstöße zwischen der PMU und der ISF, die den Wiederaufbau, die Minenräumung und die sichere Rückkehr im Gouvernement behindern.

In den ersten vier Monaten des Jahres 2020 ist es weiterhin zu sicherheitsrelevanten Vorfällen in und um Mosul gekommen. Die Palette reicht von Zusammenstößen zwischen irakischen Sicherheitskräften und IS-Kämpfern, bzw. die Festnahme von letzteren, bis zu Angriffen auf Einrichtungen der US-Streitkräfte vor Ort durch unbekannte Milizen.

Der IS hat seine Präsenz in Ninewa durch Kräfte aus Syrien verstärkt und führt seine Operationen hauptsächlich im Süden und Westen des Gouvernements aus. Er verfügt aber auch in Mosul über Zellen. Es wird außerdem vermutet, dass der IS vorhat in den Badush Bergen, westlich von Mossul, Stützpunkte einzurichten.

Für den Zeitraum von November 2019 bis Jänner 2020 wurden im Gouvernement Ninewa 40 sicherheitsrelevante Vorfälle mit 33 Toten und 25 Verletzten verzeichnet, im Februar 2020 waren es zwölf Vorfälle mit 35 Toten und 15 Verletzten. Die meisten der sicherheitsrelevanten Vorfälle in Ninewa ereigneten sich im Süden des Gouvernements.

1.4.2. Wohnverhältnisse, (Grund)Versorgung und medizinische Versorgung in Mosul:

Das Ausmaß der Zerstörung ist in Mosul hoch, wobei zu differenzieren in welchem Stadtteil man sich befindet.

Den Quellen der Berichte ist zu entnehmen, dass ganze Stadtviertel, insbesondere im Westteil der Stadt, noch nicht wieder aufgebaut wurden. Die Grundversorgung ist in einigen Gebieten unzureichend, und schlechte sanitäre Verhältnisse tragen zu schwerwiegenden Problemen der öffentlichen Gesundheit und zur Verbreitung von Krankheiten bei. Darüber hinaus untergraben Berichte über Schikanen und Gewalt gegen Zivilisten durch staatliche wie auch nicht-staatliche Akteure die Bemühungen, Vertrauen in staatliche Institutionen und Behörden aufzubauen. Rachemorde und andere Vergeltungsakte gegen Einwohner von Mosul und Binnenflüchtlinge, die verdächtigt werden, sich dem IS angeschlossen zu haben oder mit ihm zusammenzuarbeiten, setzten sich fort und drohten, eine neue Gewaltspirale innerhalb der Gemeinde auszulösen.

Binnenflüchtlinge berichten auch, dass sie sich kein Haus in West-Mosul mieten, weil die meisten Häuser noch immer zerstört sind und Ost-Mosul zu teuer ist. Einige Häuser stehen zwar noch, benötigen aber größere Reparaturen, die sich Binnenflüchtlinge nicht leisten können. Andere Flüchtlinge können nicht zurückkehren, weil ihre Häuser unrechtmäßig von anderen Personen oder sogar von Sicherheitskräften besetzt wurden und den Eigentümern die notwendigen Dokumente fehlen, um ihr Eigentum zurückzufordern. Zudem sei es in sunnitischen Vierteln zu nächtlichen Plünderungen durch schiitische Milizen gekommen. Einige Binnenflüchtlinge äußerten den Wunsch, in ihren Lagern zu bleiben, weil sie sich dort sicherer fühlten als in West-Mosul. Bewohner West-Mosuls sehen sich subjektiv gegenüber den Bewohnern Ost-Mosuls diskriminiert, da im Osten einerseits der Wiederaufbau schneller vorangeht und infolge die Arbeitsplatzsituation eine bessere ist, andererseits den Behörden, aber auch den internationalen Akteuren unterstellt wird, dass die Bewohner West-Mosuls bestraft würden, weil diese dem IS nahe stünden.

Laut einer Studie gaben rund 20-30 % der Befragten an, Arbeit zu haben. Der Rest ist arbeitslos. Selbst Personen mit Qualifikationen (z.B. Universitätsabschluss) können keine Arbeit finden und müssen auf Arbeit als Tagelöhner zurückgreifen. Schleppender Wiederaufbau und Arbeitslosigkeit führen mitunter dazu, dass Rückkehrer sich ein zweites Mal in ein Flüchtlingslager begeben.

1.4.3. Sunniten:

Die arabisch-sunnitische Minderheit, die über Jahrhunderte die Führungsschicht des Landes bildete, wurde nach der Entmachtung Saddam Husseins 2003, insbesondere in der Regierungszeit von Ex-Ministerpräsident Al-Maliki (2006 bis 2014), aus öffentlichen Positionen gedrängt. Mangels anerkannter Führungspersönlichkeiten fällt es den sunnitischen Arabern weiterhin schwer, ihren Einfluss auf nationaler Ebene geltend zu machen. Oftmals werden Sunniten einzig aufgrund ihrer Glaubensrichtung als IS-Sympathisanten stigmatisiert oder gar strafrechtlich verfolgt. Bei willkürlichen Verhaftungen meist junger sunnitischer Männer wird durch die Behörden auf das Anti-Terror-Gesetz verwiesen, welches das Recht auf ein ordnungsgemäßes und faires Verfahren vorenthält. Zwangsmaßnahmen und Vertreibungen aus ihren Heimatorten richten sich vermehrt auch gegen unbeteiligte Familienangehörige vermeintlicher IS-Anhänger.

Es gibt zahlreiche Berichte über Festnahmen und die vorübergehende Internierung von überwiegend sunnitisch-arabischen Binnenflüchtlinge durch Regierungskräfte, PMF und Peshmerga. Noch für das Jahr 2018 gibt es Hinweise auf außergerichtliche Hinrichtungen von sunnitischen Muslimen in und um Mosul.

1.4.4. Rückkehr:

Die freiwillige Rückkehrbewegung irakischer Flüchtlinge aus anderen Staaten befindet sich im Vergleich zum Umfang der Rückkehr der Binnenflüchtlinge auf einem deutlich niedrigeren, im Vergleich zu anderen Herkunftsstaaten aber auf einem relativ hohen Niveau. Die Sicherheit von Rückkehrern ist von einer Vielzahl von Faktoren abhängig – u.a. von ihrer ethnischen und religiösen Zugehörigkeit, ihrer politischen Orientierung und den Verhältnissen vor Ort. Zu einer begrenzten Anzahl an Abschiebungen in den Zentralirak kommt es jedenfalls aus Deutschland, Großbritannien, Schweden und Australien. Rückführungen aus Deutschland in die Kurdischen Region im Irak (KRI) finden regelmäßig statt. In der KRI gibt es mehr junge Menschen, die sich nach ihrer Rückkehr organisieren. Eine Fortführung dieser Tendenzen wird aber ganz wesentlich davon abhängen, ob sich die wirtschaftliche Lage in der KRI kurz- und mittelfristig verbessern wird.

Studien zufolge ist die größte Herausforderung für Rückkehrer die Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. Einkommen. Andere Herausforderungen bestehen in der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung, psychischen und psychologischen Problemen, sowie negativen Reaktionen von Freunden und Familie zu Hause im Irak.

Die Höhe einer Miete hängt vom Ort, der Raumgröße und der Ausstattung der Unterkunft ab. Außerhalb des Stadtzentrums sind die Preise für gewöhnlich günstiger. Die Miete für 250 m² in Bagdad liegt bei ca. 320 USD. Die Wohnungspreise in der KRI sind 2018 um 20% gestiegen, während die Miete um 15% gestiegen ist, wobei noch höhere Preise prognostiziert werden. In den Städten der KRI liegt die Miete bei 200-600 USD (Anm.: ca. 185-554 EUR) für eine Zweizimmerwohnung. Der Kaufpreis eines Hauses oder Grundstücks hängt ebenfalls von Ort, Größe und Ausstattung ab. Während die Nachfrage nach Mietobjekten stieg, nahm die Nachfrage nach Kaufobjekten ab. Durchschnittliche Betriebskosten betragen pro Monat 15.000 IQD (Anm.: ca. 12 EUR) für Gas, 10.000-25.000 IQD (Anm.: ca. 8-19 EUR) für Wasser, 30.000-40.000 IQD (Anm.: ca. 23-31 EUR) für Strom (staatlich) und 40.000-60.000 IQD (Anm.: ca. 31-46 EUR) für privaten oder nachbarschaftlichen Generatorenstrom. Die Rückkehr von Binnenflüchtlingen in ihre Heimatorte hat eine leichte Senkung der Mietpreise bewirkt. Generell ist es für alleinstehende Männer schwierig Häuser zu mieten, während es in Hinblick auf Wohnungen einfacher ist

Die lange Zeit sehr angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt wird zusehends besser, jedoch gibt es sehr viel mehr Kauf- als Mietangebote. In der Zeit nach Saddam Hussen sind die Besitzverhältnisse von Immobilien zuweilen noch ungeklärt. Nicht jeder Vermieter besitzt auch eine ausreichende Legitimation zur Vermietung.

Im Zuge seines Rückzugs aus der nordwestlichen Region des Irak, 2016 und 2017, hat der IS die landwirtschaftlichen Ressourcen vieler ländlicher Gemeinden ausgelöscht, indem er Brunnen, Obstgärten und Infrastruktur zerstörte. Für viele Bauerngemeinschaften gibt es kaum noch eine Lebensgrundlage. Im Rahmen eines Projekts der UN-Agentur UN-Habitat und des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) wurden im Distrikt Sinjar, Gouvernement Ninewa, binnen zweier Jahre 1.064 Häuser saniert, die während der IS-Besatzung stark beschädigt worden waren. 1.501 Wohnzertifikate wurden an jesidische Heimkehrer vergeben.

Es besteht keine öffentliche Unterstützung bei der Wohnungssuche für Rückkehrer. Private Immobilienfirmen können jedoch helfen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurden im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweise erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben der Erst- und Zweitbeschwerdeführer im Rahmen ihrer Einvernahmen, in die bekämpften Bescheide und in den Beschwerdeschriftsatz der Beschwerdeführer, den von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen und den Angaben der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Ergänzend wurden Auszüge aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Betreuungsinformationssystem über die Grundversorgung (GVS), des Sozialversicherungsträgers (AJ-WEB) sowie dem Strafregister eingeholt.

2.2. Zu den Personen der Beschwerdeführer:

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, insbesondere, dass er der Sohn und Bruder irakischer Staatsangehöriger ist, denen in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak subsidiärer Schutz gewährt wurde, gründet auf der Einsichtnahme in den Verwaltungsakt.

Die Feststellungen zu Namen und Geburtsdaten des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben im Verfahren, insbesondere in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Aufgrund der sich Verwaltungsakt befindlichen Kopien seiner irakischen ID-Karte und seines Reisepasses steht die Identität des Beschwerdeführers fest.

Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit, der Volksgruppen- und der Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers gründen sich auf den diesbezüglich glaubhaften Angaben im Administrativverfahren; das Bundesverwaltungsgericht hat keine Veranlassung, an diesen - im gesamten Verfahren gleich gebliebenen - Aussagen des Beschwerdeführers zu zweifeln.

Zuletzt führte der Beschwerdeführer im Rahmen seiner mündlichen Verhandlung aus, dass er an keinerlei gesundheitlichen Beeinträchtigungen leide. Ergänzend brachte er vor, dass er während seiner Schulzeit im Jahr 2018 an einer posttraumatischen Belastung gelitten habe. Dies wird durch eine sich im Verwaltungsakt befindliche psychologische Einschätzung einer psychosozialen Beratungsstelle bestätigt. Gemäß seiner glaubhaften Angabe in der Beschwerdeverhandlung habe er sich hinsichtlich seiner psychischen Beeinträchtigung auch kurz in eine therapeutische Behandlung gegeben und sein psychisches Leiden im Rahmen einer Gesprächstherapie verarbeitet. Zusätzlich zur Therapie habe er über einen Zeitraum von sechs Monaten auch Tabletten genommen. Weder an den Namen des oder der Therapeutin noch an den Namen des Medikamentes vermochte sich der Beschwerdeführer im Rahmen der mündlichen Verhandlung zu erinnern. Der Beschwerdeführer bestätigte, dass er zwischenzeitig die Therapie beendet habe und dass er mittlerweile auch keine Medikamente mehr einnehme. Anhaltspunkte für eine allfällige gegenwärtige Erkrankung des Beschwerdeführers ergaben sich weder aus dem Verwaltungsakt noch aus den Angaben des Beschwerdeführers. In Zusammenschau des Alters und des Gesundheitszustandes des Beschwerdeführers gründet die Feststellung, dass er erwerbsfähig ist.

Die Herkunft des Beschwerdeführers aus Mosul und die näheren Feststellungen zu seiner Wohnsituation, Sozialisierung und dem dortigen Schulbesuch sowie der Sicherung seines Lebensunterhaltes gründen einerseits auf den Angaben im Administrativverfahren und andererseits den diesbezüglich glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers vor dem erkennenden Gericht.

Bei der mündlichen Beschwerdeverhandlung brachten die Eltern des Beschwerdeführers vor, dass sich ein Teil deren Geschwister nach wie vor im Irak aufhältig sind. So gab der Vater des Beschwerdeführers an, dass dessen ältester Bruder namens W[...] ebenso wie dessen Bruder S[...] und dessen Schwester S[...] nach wie vor in Mosul wohnhaft sind. Die Mutter des Beschwerdeführers bestätigte vor dem erkennenden Gericht, dass sich an ihren Angaben im Administrativverfahren nichts geändert habe und sich ihre fünf Brüder und ihrer fünf Schwester nach wie vor an verschiedenen Adressen in Mosul leben. Die Frage, ob der Beschwerdeführer nach wie vor Kontakt zu seinen im Irak aufhältigen Familienangehörigen habe, verneinte er und basiert darauf die entsprechende Feststellung.

Die Einreise des Beschwerdeführers und dessen Antragsstellung leiten sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Verwaltungsakt ab.

Aus einer sich im Verwaltungsakt befindliche Kopien der Beschlüsse des Bezirksgerichtes XXXX , vom 13.08.2015 sowie vom 15.04.2017 jeweils zu XXXX gründen die Feststellungen zur Über- und Rückübertragung der Obsorge.

Aus den glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers und der persönlichen Anwesenheit und Einvernahme seiner Familienangehörigen gründet die Feststellung zu seinen familiären Anknüpfungspunkten im Bundesgebiet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erfolgte in Bezug auf die Verfahren der Familienangehörigen eine mündliche Verkündung.

Im Verwaltungsakt befinden sich Kopien des Österreichischen Sprachdiplom Deutsch (ÖSD) datierend vom 21.12.2016 über das Niveau A2 und vom 14.03.2017 über das Niveau B1. Ebenso liegen dort die Schulbesuchsbestätigungen für das Schuljahr 2014/2015 und 2015/2016 sowie eine Schulnachricht für das Jahr 2015/2016 ein. Vorgelegt wurde im Rahmen des Administrativverfahrens auch eine Bestätigung der Caritas vom 13.05.2016, demzufolge der Beschwerdeführer von August bis Oktober 2015 als Dolmetscher fungierte. Im Zuge des Beschwerdeverfahrens wurde noch die Schulnachricht eines Bundes-Oberstufenrealgymnasiums für das Schuljahr 2018/2019 vorgelegt. Vorab der Beschwerdeverhandlung übermittelte der Beschwerdeführer dem erkennenden Gericht ergänzend noch eine Teilnahmebestätigung an einem Intensivkurs für Deutsch als Fremdsprache im Niveau B2 datierend vom März 2018 und das Prüfungsduplikat einer XXXX Fahrschule, aus dem hervorgeht, dass er die theoretische Fahrprüfung für das Modul B und GW bestanden hat. Ebenso wurden eine Bestätigung über die Absolvierung von Schnuppertage in einem Unternehmen in XXXX vom 13.08.2018 und eine Bewerbung bei einem steirischen Elektrotechnik-Unternehmen vom 25.06.2019 sowie die Genehmigung des XXXX Landesschulrates datierend vom 12.07.2016 für den Besuch des Beschwerdeführers eines freiwilligen elften Schuljahres vorgelegt. Seine berufliche Tätigkeit für ein XXXX Sicherheits- und Servicedienstleistungs-Unternehmen belegte der Beschwerdeführer mit einem Kooperationsvertrag. Seine gewerbliche Tätigkeit wies der Beschwerdeführer durch einen GISA Auszug, einer Mitteilung des Finanzamtes XXXX sowie zweier Rechnungen nach und ergibt sich diese zudem aus einem aktuellen Auszug des AJ-WEB.

Auf einem aktuellen GVS-Auszug basiert die Feststellung, dass er seit 13.09.2019 keine staatlichen Leistungen mehr in Anspruch nimmt.

Die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers durch ein österreichisches Strafgericht gründet einerseits aus der Einsichtnahme in das Strafregister des Beschwerdeführers sowie aus dem sich im Verwaltungsakt befindlichen Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.05.2017, XXXX .

2.3. Zu den Fluchtmotiven der Beschwerdeführer:

Seinen Antrag auf internationalen Schutz begründete der Beschwerdeführer vor den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 14.01.2015 mit der allgemeinen Kriegslage im Irak. Das Haus sei bombardiert worden und gäbe es keine Sicherheit mehr. Er habe Angst vor willkürlichen Entführungen und einer Ermordung. Sonst habe er keine weiteren Gründe.

Bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vom 23.05.2017 brachte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Fluchtbringens erstmals vor, dass er niemals persönlich bedroht worden sei, lediglich sein Vater. Dies sei auch der Grund seines Asylantrags. Terroristen hätten seinen Vater bedroht und gelte diese Bedrohung somit auch für die gesamte Familie, weshalb folglich auch er einer Bedrohung ausgesetzt sei. Die Frage nach einer Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe noch wegen seiner politischen Gesinnung verneinte der Beschwerdeführer. Er habe seinen Herkunftsstaat gemeinsam mit seiner Familie verlassen, als er noch klein gewesen sei und habe er weder mit Religion noch mit Politik zu tun gehabt.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung bestätigte der Beschwerdeführer sein Vorbringen im Administrativverfahren. Persönlich sei er keiner Bedrohung ausgesetzt gewesen. Durch die Bedrohung seines Vaters befürchte er als dessen Sohn jedoch einer Verfolgung, von wem genau wisse er jedoch nicht.

Eine sonstige gegen ihn gerichtete Bedrohung behauptete der Beschwerdeführer nicht.

Das Asylverfahren seines Vaters wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes I422 2163771-1 rechtskräftig entschieden. Dabei wurde dessen Beschwerde gegen Spruchpunkt I. (Zuerkennung des Status des Asylberechtigten) mangels Glaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens als unbegründet abgewiesen. Somit ist auch dem Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers die Grundlage entzogen.

2.4. Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat:

Der Beschwerdeführer stammt aus Mosul. Wie sich aus dem Länderbericht zu Irak und der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur sozioökonomische und Sicherheitslage in Mosul ergibt, wurde der Westteil der Stadt durch die Rückeroberung vom IS im Jahr 2016 vollkommen zerstört, wohingegen der Ostteil der Stadt weit weniger von der Zerstörung betroffen ist. Eine vollkommen Zerstörung Mosuls und ein Entzug jeglicher Existenzgrundlagen lässt sich aus den Bericht nicht ableiten. Wie sich aus den Berichten ebenfalls ergibt, schreitet der Wiederaufbau voran, wobei dieser im Ostteil der Stadt weit schneller vor sich geht als im Westen.

Berücksichtigt man im gegenständlichen Fall, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen volljährigen, jungen und ledigen sowie gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt, der seine primäre Sozialisierung und Schulbildung in Mosul erfuhr, die Landessprache spricht und auch kulturellen Eigenheiten des Landes kennt, der seine Schulbildung in Österreich fortsetzte und den Pflichtschulabschluss absolvierte und der aufgrund seines im Juni 2020 gegründeten Gewerbes auch über erste Arbeitserfahrungen als Haubetreuer verfügt, ergeben keinerlei Rückkehrhindernisse, die an seiner Person liegen.

Wie sich aus den Angaben der Eltern des Beschwerdeführers zudem ergibt, besteht das Haus im Ostteil der Stadt noch. Es weist zwar Kriegsbeschädigungen auf und ist renovierungsbedürftig und wird dieses gegenwärtig von seinem Onkel bewohnt. Somit weist der Beschwerdeführer auch über eine Unterkunftsmöglichkeit in seinem Herkunftsstaat auf. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über weitere familiäre Anknüpfungspunkte. Wie sich diesbezüglich insbesondere aus den Angaben der Mutter des Beschwerdeführers ableiten lässt, erweisen sich die Lebensumstände der dort verbliebenen Familienangehörigen mittlerweile als normal. Es waren somit keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die dort lebenden Familienmitglieder ihren Lebensunterhalt nicht verdienen können. Dies sollte somit auch für den Beschwerdeführer möglich sein, zumal es sich bei ihm um einen jungen, gesunden und arbeitsfähigen Mann handelt.

2.5. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die unter Punkt 1.4. getroffenen Feststellungen zur Lage im Irak basieren auf dem aktuellen Länderinformationsblatt der Staatendokumentation; zu den darin verwendeten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

Ergänzend wurden auch der Inhalt des EASO Berichtes „Irak: Gezielte Gewalt gegen Individuen“ (Stand März 2019) und der UNHCR Bericht „Schutzbedarf von Personen, die aus dem Irak fliehen“ (Stand Mai 2019) sowie die Anfragebeantwortung der Staatendokumentation „Irak – sozioökonomische und Sicherheitslage in Mosul“ (Stand 27.04.2020) berücksichtigt.

Der wesentliche Inhalt der Länderberichte und die ergänzenden Dokumente wurden im Rahmen der mündlichen Verhandlung erörtert. Dahingehend verwies die Rechtsvertretung des Beschwerdeführers auf das Beschwerdevorbringen.

Weder der Beschwerdeführer, noch dessen Rechtsvertreter sind den getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Herkunftsstaat, die auf den in das Verfahren eingeführten herkunftsstaatsbezogenen Erkenntnisquellen beruhen, substantiiert entgegengetreten.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zum Antrag auf internationalen Schutz:

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.):

3.1.1. Rechtslage:

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

3.1.2. Zur Anwendung im gegenständlichen Fall:

Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht des erkennenden Gerichts die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund, nicht gegeben. Das Vorbringen seines Vaters, wonach dessen Unternehmen niedergebrannt und er von ihm unbekannten Personen bedroht worden sei und deshalb gemeinsam mit seiner Familie den Irak habe verlassen müssen, ist nicht glaubhaft.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach ihm als Sohn dieselbe Gefahr einer Verfolgung droht, ist somit die Grundlage entzogen.

Eine Verfolgung des Beschwerdeführers alleine aufgrund seines sunnitischen Glaubens im Irak ist ebenfalls nicht gegeben. Dazu stellt das European Asylum Support Office (EASO) fest, dass alleine die Zugehörigkeit zur sunnitischen Gemeinschaft noch nicht ausreicht, um eine wohlbegründete Furcht vor Verfolgung zu begründen. Eine systematische Verfolgung und Diskriminierung der Sunniten im Irak durch staatliche Stellen oder Privatpersonen im Lichte der vorliegenden aktuellen Länderberichte nicht festgestellt werden. Im Parlament, wie auch generell auf politischer Ebene, sind Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft vertreten. Nach wie vor nehmen Sunniten, trotz der überwiegenden Präsenz schiitischer Milizen, am gesellschaftlichen und politischen Leben im Irak und insbesondere in Mosul teil. Auch wenn die Kriegsgeschehnisse der vergangenen Jahre zu starken Ressentiments der Glaubensgruppen untereinander geführt haben, ist es für Angehörige der sunnitischen Glaubensgemeinschaft dennoch möglich, im Irak zu leben, zu arbeiten, staatliche und politische Posten zu besetzen und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen (vgl. VwGH 25.09.2020, Ra 2019/19/0407).

Auch seinen Eltern und Geschwistern war der Flüchtlingsstatus nicht zuerkannt worden.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.2. Zum Status des subsidiär Schutzberechtigten (Spruchpunkt II.):

3.2.1. Zur Rechtslage:

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, Ro 2019/19/0006, festgestellt, dass an der bisherigen Rechtsprechung, wonach eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK durch eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat - auch wenn diese Gefahr nicht durch das Verhalten eines Dritten (Akteurs) bzw. die Bedrohungen in einem bewaffneten Konflikt verursacht wird - die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 8 Abs. 1 AsylG begründen kann, festzuhalten ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Beurteilung einer möglichen Verletzung des Art. 3 EMRK eine Einzelfallprüfung vorzunehmen, in deren Rahmen konkrete und nachvollziehbare Feststellungen zu der Frage zu treffen sind, ob einer Person im Fall der Rückkehr in ihren Herkunftsstaat die reale Gefahr ("real risk") einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht. Es bedarf einer ganzheitlichen Bewertung der möglichen Gefahren, die sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen hat. Die Außerlandesschaffung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann auch dann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz (bezogen auf den Einzelfall) nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK reicht nicht aus. Vielmehr ist es zur Begründung einer drohenden Verletzung von Art. 3 EMRK notwendig, detailliert und konkret darzulegen, warum solche exzeptionellen Umstände vorliegen (vgl. VwGH, 26.06.2019, Ra 2019/20/0050 bis 0053).

Stellt gemäß § 34 Abs. 1 Z 2 AsylG ein Familienangehöriger von einem Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8) zuerkannt worden ist oder einen Antrag auf internationalen Schutz, gilt dieser als Antrag auf Gewährung desselben Schutzes. Gemäß Abs. 3 leg. cit. hat die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn dieser nicht straffällig geworden ist (Z 1), (Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. 3 Z 13, BGBl. I Nr. 84/2017); gegen den Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde, kein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig ist (§ 9) (Z 3) und dem Familienangehörigen nicht der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist (Z 4).

3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall:

Der in § 34 AsylG 2005 verwendete Begriff des Familienangehörigen ist - anders als etwa bei der Anwendung des § 35 AsylG 2005, der in seinem Abs. 5 festlegt, wer nach dieser Bestimmung als Familienangehöriger anzusehen ist - im Sinn der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 zu verstehen. Weiters ist aus dem Blickwinkel des Kindes, das die Eigenschaft als Familienangehöriger von seinen Eltern ableiten möchte, auf den Zeitpunkt der Antragstellung - bezogen auf den von ihm gestellten Antrag auf internationalen Schutz - abzustellen. Es muss, um als Familienangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG zu gelten, in diesem Zeitpunkt minderjährig und ledig sein. Dem Eintritt der Volljährigkeit vor dem Entscheidungszeitpunkt kommt in diesem Fall keine Bedeutung zu. Für die Anwendung des § 34 AsylG 2005 ist es hinreichend, dass (und solange) zumindest ein Fall des § 2 Abs. 1 Z 22 AsylG 2005 gegeben ist (vgl. VwGH 13.11.2019, Ra 2019/01/0143).

Daher ist im gegenständlichen Fall § 34 AsylG 2005 prinzipiell anwendbar. Allerdings sieht § 34 Abs. 3 AsylG vor, dass die Behörde auf Grund eines Antrages eines Familienangehörigen eines Fremden, dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt worden ist, dem Familienangehörigen mit Bescheid den Status eines subsidiär Schutzberechtigten nur dann zuzuerkennen hat, wenn dieser nicht straffällig geworden ist.

§ 2 Abs. 3 AsylG 2005 lautet dahingehend, dass ein Fremder im Sinne dieses Bundesgesetzes straffällig geworden ist, wenn er wegen einer vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die in die Zuständigkeit des Landesgerichtes fällt (Z 1), oder mehr als einmal wegen einer sonstigen vorsätzlich begangenen gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist (Z 2) rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes XXXX vom 03.05.2017, XXXX , rechtskräftig wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß § 84 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten und einer dreijährigen Probezeit verurteilt. Auch wenn daher den Geschwistern und Eltern des Beschwerdeführers subsidiärer Schutz zuerkannt worden war, wird dieser Schutz nicht automatisch auf den Beschwerdeführer erstreckt, sondern ist zu prüfen, ob hinsichtlich des Beschwerdeführers selbst ein Schutzbedürfnis vorliegt.

Gegenständlich war daher zu klären, ob im Falle der Rückführung des Beschwerdeführers in den Irak Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würden bzw. eine reale Gefahr einer solchen Verletzung besteht oder die Rückführung für den Beschwerdeführer als Zivilperson mit einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Beim Beschwerdeführer handelt es um einen volljährigen, jungen und ledigen sowie gesunden und arbeitsfähigen Mann, der seine primäre Sozialisierung und Schulbildung in Mosul erfuhr, die Landessprache spricht und der mit den kulturellen Eigenheiten seines Herkunftsstaates vertraut ist, der über einen Pflichtschulabschluss und eine Gewerbeberechtigung sowie Arbeitserfahrungen als Haubetreuer verfügt. Wie sich aus den umseitigen Ausführungen zu Punkt 2.4 ergibt, hat die Familie des Beschwerdeführers nach wie vor eine Unterkunftsmöglichkeit in Mosul. Darüber hinaus verfügt der Beschwerdeführer über familiäre Anknüpfungspunkte vor Ort.

Auch besteht in Mosul keine derart instabile Sicherheitslage, dass jeder, der dorthin abgeschoben wird, einem realen Risiko iSd Art. 3 EMRK ausgesetzt ist. Auch wenn sich die Lage der Menschenrechte im Irak in einigen Bereichen als problematisch darstellt, kann nicht festgestellt werden, dass eine nicht sanktionierte, ständige Praxis grober, offenkundiger, massenhafter Menschenrechtsverletzungen (iSd VfSlg 13.897/1994, 14.119/1995, vgl. auch Art. 3 des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984) herrschen würde und praktisch jeder, der sich im Hoheitsgebiet des Staates aufhält, schon alleine aufgrund des Faktums des Aufenthaltes aufgrund der allgemeinen Lage mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, von einem unter § 8 Abs. 1 AsylG subsumierbaren Sachverhalt betroffen ist.

Auch unter Berücksichtigung der Covid-19 Pandemie ergibt sich keine andere Beurteilung. Dass der Beschwerdeführer derzeit an einer Covid-19-Infektion leiden würde, wurde nicht vorgebracht. Bei jungen Menschen ohne Schwächung des Immunsystems verläuft eine Infektion mit Covid-19 zudem in der Regel mit nur geringen Symptomen vergleichbar einer Grippe. Bei Personen in der Altersgruppe bis 39 Jahre, ist die Sterblichkeit sehr gering und liegt unter 1%. Es fehlen daher bei einer Infektion mit Covid-19 die geforderten außergewöhnlichen Umstände im Sinn des Art. 3 EMRK.

Zusammengefasst kommt das Bundesverwaltungsgericht zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer in keine die Existenz bedrohende Notlage geraten wird oder um sein Leben fürchten muss, wenn er nach Mosul zurückkehrt.

Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III.):

3.3.1. Zum Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III., erster Satz):

Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs 1 Z 3 AsylG. Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG war daher nicht zu erteilen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III., erster Satz des angefochtenen Bescheides gemäß § 57 AsylG abzuweisen war.

3.3.2. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt III., zweiter Satz):

3.3.2.1. Zur Rechtslage:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung der Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird.

Dabei hat das Bundesamt gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt.

Auf Grundlage des § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG – wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird – zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist).

3.3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den Beschwerdefall:

Nachdem der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen war, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Z 2 FPG gestützt.

Unter Berücksichtigung der Ausführungen zu Punkt 3.3.2. ergaben sich auch keine Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht hat, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre.

Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG überhaupt in Betracht käme.

Dabei ist die höchstgerichtliche Rechtsprechung berücksichtigen, wonach das persönliche Interesse des Fremden an einem Verbleib in Österreich grundsätzlich mit der Dauer des bisherigen Aufenthalts des Fremden zunimmt. Die bloße Aufenthaltsdauer ist freilich nicht allein maßgeblich, sondern es ist anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles vor allem zu prüfen, inwieweit der Fremde die in Österreich verbrachte Zeit dazu genützt hat, sich sozial und beruflich zu integrieren. Bei der Einschätzung des persönlichen Interesses ist auch auf die Auswirkungen, die eine Aufenthaltsbeendigung auf die familiären oder sonstigen Bindungen des Fremden hätte, Bedacht zu nehmen (vgl. VwGH 06.05.2020, Ra 2020/20/0093).

Der (mittlerweile) volljährigen Beschwerdeführer befinden sich seit Jänner 2015 und damit seit rund fünf Jahren und 10 Monaten in Österreich. Zweifelsohne resultiert bereits aus der Aufenthaltsdauer ein Privatleben des Beschwerdeführers im BundesgebietUnbestritten ist auch, dass er im Bundesgebiet über ein Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK verfügt. Seine Kernfamilie – bestehend aus seinen Eltern und seinen drei Geschwistern – ist im Bundesgebiet aufhältig. Ihnen wurde in Bezug auf ihren Herkunftsstaat der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und sind sie im Bundesgebiet aufenthaltsberechtigt.

Der Beschwerdeführer verbrachte eine wesentliche und prägende Zeit seiner Jugend im Alter von 16 und 21 Jahren in Österreich. Hinsichtlich seiner Integration ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer während seines Aufenthaltes in Österreich die Schule besuchte und er hier seinen Pflichtschulabschluss absolvierte. Der Beschwerdeführer spricht sehr gut Deutsch. Er absolvierte die Sprachprüfung im Niveau A2 und B1. Auch wenn keine tiefergehende und nachhaltige soziale und kulturelle Verfestigung des Beschwerdeführers vorliegt, war der Beschwerdeführer durchaus bemüht eine Anbindung zu finden. So engagierte sich der Beschwerdeführer von August bis Oktober 2015 ehrenamtlich als Dolmetscher bei der Caritas. Eine österreichische Familie übernahm die Patenschaft für ihn und bestand er während seines Aufenthaltes auch den theoretischen Teil des Führerscheins. Positiv zu berücksichtigen ist auch, dass der Beschwerdeführer seit 13.09.2019 keine staatlichen Leistungen mehr in Anspruch nimmt und sich seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln sichert. Der Beschwerdeführer ist um eine berufliche Anbindung bemüht und betreibt seit 15.06.2020 das freie Gewerbe „Hausbetreuung“ mit dem er als Nachunternehmer für ein XXXX Sicherheits- und Servicedienstleistungs-Unternehmen tätig wird.

Zu Lasten des Beschwerdeführers sprechen das öffentliche Interesse an einem geordneten Fremden- und Asylwesen und die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers. Wobei das erkennende Gericht mitberücksichtigt, dass– ohne den Unrechtsgehalt der Tat zu verkennen und außer Acht zu lassen – es sich hierbei um eine Jugendstraftat handelt, er zu einer bedingten Freiheitsstrafe von vier Monaten verurteilt wurde, ihm die Strafe mittlerweile endgültig nachgesehen wurde und er sich seither wohlverhalten hat. In diesem Zusammenhang zeigt er sich auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung sichtlich reuig.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich nach Vornahme einer individuellen Gesamtabwägung sämtlicher Umstände, dass die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet überwiegen und stellte die im angefochtenen Bescheid angeordnete Rückkehrentscheidung einen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Privat- und Familienleben dar.

Der Beschwerde war daher in Hinblick auf den zweiten Satz des Spruchpunktes III. stattzugeben und die betreffende Rückkehrentscheidung für dauerhaft unzulässig zu erklären. In Folge gelten auch die auf der Rückkehrentscheidung aufbauenden Spruchteile (Spruchpunkt III., dritter Satz und Spruchpunkt IV.) als behoben (vgl. VwGH 25.09.2018, Ra 2018/21/0067).

3.3.3. Zum Aufenthaltstitel:

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt einen Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG von Amts wegen zu erteilen, wenn eine Rückkehrentscheidung rechtskräftig auf Dauer unzulässig erklärt wurde.

Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung ist gemäß § 9 IntG erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über die erfolgreiche Absolvierung der Integrationsprüfung gemäß § 11 vorlegt (Z 1), (Anm.: Z 2 aufgehoben durch Art. III Z 15, BGBl. I Nr. 41/2019), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3), einen Aufenthaltstitel „Rot-Weiß-Rot – Karte“ gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 NAG besitzt (Z 4) oder als Inhaber eines Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemäß § 43a NAG eine künstlerische Tätigkeit in einer der unter § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 Kunstförderungsgesetz, BGBl. I Nr. 146/1988, genannten Kunstsparte ausübt (Z 5); bei Zweifeln über das Vorliegen einer solchen Tätigkeit ist eine diesbezügliche Stellungnahme des zuständigen Bundesministers einzuholen.

Gemäß § 11 Abs. 2 IntG umfasst die Integrationsprüfung Sprach- und Werteinhalte. Mit der Prüfung ist festzustellen, ob der Drittstaatsangehörige über vertiefte elementare Kenntnisse der deutschen Sprache zur Kommunikation und zum Lesen und Schreiben von Texten des Alltags auf dem Sprachniveau A2 gemäß dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen und über Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich verfügt. Der Prüfungserfolg ist mit „Bestanden“ oder „Nicht bestanden“ zu beurteilen. Zur erfolgreichen Absolvierung der Prüfung muss sowohl das Wissen über Sprach- sowie über Werteinhalte nachgewiesen werden. Wiederholungen von nicht bestandenen Prüfungen sind zulässig. Die Wiederholung von einzelnen Prüfungsinhalten ist nicht zulässig.

Die Übergangsbestimmung des § 81 Abs. 36 NAG lautet:

„Das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 IntG gilt als erfüllt, wenn Drittstaatsangehörige das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 68/2017 vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 68/2017 erfüllt haben oder von der Erfüllung ausgenommen waren."

Die weiteren maßgeblichen Bestimmungen des NAG (idF vor BGBl I. Nr. 68/2017) lauten:

„Modul 1 der Integrationsvereinbarung

Gemäß § 14a Abs. 1 erster Satz NAG sind Drittstaatsangehörige mit erstmaliger Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 8 Abs. 1, Z 1, 2, 4, 5, 6 oder 8 zur Erfüllung des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung verpflichtet.

Gemäß Abs. 4 leg. cit. ist das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt, wenn der Drittstaatsangehörige einen Deutsch-Integrationskurs besucht und einen Nachweis des Österreichischen Integrationsfonds über den erfolgreichen Abschluss des Deutsch-Integrationskurses vorlegt (Z 1), einen allgemein anerkannten Nachweis über ausreichende Deutschkenntnisse gemäß § 14 Abs. 2 Z 1 [= Kenntnisse der deutschen Sprache zur vertiefenden elementaren Sprachverwendung] vorlegt (Z 2), über einen Schulabschluss verfügt, der der allgemeinen Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120, oder einem Abschluss einer berufsbildenden mittleren Schule entspricht (Z 3) oder einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte" gemäß § 41 Abs. 1 oder 2 besitzt (Z 3)."

Der Beschwerdeführer verfügt über ein Deutsch Zertifikat A2 des ÖSD, ausgestellt am 21.12.2016 und über ein Deutsch Zertifikat B1 des ÖSD vom 14.03.2017, weshalb er das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a in der Fassung vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetz BGBl. Nr. 68/2017 [Anm. 09.06.2017] erfüllt hat. Gemäß der zitierten Übergangsbestimmung ist die mangelnde Absolvierung eines Wertekurses gemäß § 11 Abs. 2 IntG als Nachweis, dass der Beschwerdeführer mit den Werten der Republik Österreich in Kenntnis und verbunden ist, nicht maßgeblich für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 55 Abs. 1 AsylG 2005, soweit er die Voraussetzungen des Moduls 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 14a NAG idF vor dem BGBl. I Nr. 68/2017, vor dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens erfüllt hat.

Der Beschwerdeführer erfüllt somit auch ohne Vorlage eines Nachweises über die Absolvierung eines Wertekurses über die Kenntnisse der grundlegenden Werte der Rechts- und Gesellschaftsordnung der Republik Österreich bzw. nur mittels Vorlage seines Sprachzertifikates auf dem Niveau B1 vom 14.03.2017 und Niveau A2 vom 21.12.2016 die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Z 2 AsylG.

Da die Voraussetzungen der Z 1 und Z 2 des § 55 Abs. 1 AsylG kumulativ vorliegen, war dem Beschwerdeführer eine „Aufenthaltsberechtigung plus“ gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 AsylG zu erteilen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Im gegenständlichen Fall wurde neben der Glaubhaftigkeit von Fluchtvorbringen eine Rückkehrentscheidung im Rahmen einer individuellen Interessensabwägung vorgenommen. Dabei orientierte sich das erkennenden Gericht an der höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Weder weicht die der gegenständlichen Entscheidung zu Grunde gelegte Rechtsprechung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Glaubhaftmachung von Asylgründen und zur Relevanz des Privat- und Familienlebens; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asylantragstellung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz Aufenthaltsberechtigung plus Aufenthaltstitel Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung berücksichtigungswürdige Gründe Familienangehöriger Familienverfahren Fluchtgründe Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Haft Haftstrafe Integration Interessenabwägung Körperverletzung mündliche Verhandlung öffentliche Interessen Privat- und Familienleben private Interessen real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig schwere Straftat Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Strafhaft strafrechtliche Verurteilung Straftat subsidiärer Schutz Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2163763.1.01

Im RIS seit

25.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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