TE Vfgh Beschluss 1995/9/26 G8/95, G9/95

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Veröffentlicht am 26.09.1995
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
AlVG §1 Abs1
Arbeitsmarktpolitik-FinanzierungsG §5
ASVG §26
ASVG §30
ASVG §69

Leitsatz

Zurückweisung von Individualanträgen auf Aufhebung von Bestimmungen betreffend die Einbeziehung bestimmter Dienstnehmer (hier: eines Kreditunternehmens) mit faktischer Gleichstellung zu Dienstnehmern einer Gebietskörperschaft in die Arbeitslosenversicherungspflicht; Verwaltungsrechtsweg über die Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge zumutbar

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. 1. Die Antragsteller, ein Kreditunternehmen in der Rechtsform einer Sparkassen AG (zu G8/95) und einer seiner Dienstnehmer (zu G9/95), begehren gestützt auf Art140 Abs1 (letzter Satz) B-VG, die Wortfolge "oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben" in §1 Abs1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG), BGBl. 609, in der Fassung des BG BGBl. 817/1993 als verfassungswidrig aufzuheben.

2. a) §1 AlVG umschreibt den Umfang der Versicherungspflicht in der Arbeitslosenversicherung. Nach seinem Abs1 sind Dienstnehmer, die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigt sind (lita), bestimmte Lehrlinge (litb), Heimarbeiter (litc) und verschiedene andere Personengruppen (litd - j) arbeitslosenversichert,

"soweit sie in der Krankenversicherung auf Grund gesetzlicher Vorschriften pflichtversichert oder selbstversichert (sind) (§19 a des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl. Nr. 189/1955) oder Anspruch auf Leistungen einer Krankenfürsorgeanstalt haben und nicht nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen versicherungsfrei sind".

(Die angefochtene Wortfolge, die durch ArtI Z1 des BG BGBl. 817/1993 in §1 AlVG eingefügt wurde und gemäß ArtI Z21 mit 1. Jänner 1995 in Kraft getreten ist, ist hervorgehoben.)

b) Der unter der Überschrift "Finanzielle Bestimmungen" stehende ArtIV des AlVG (der in seinen §§61 bis 63 auch Regelungen über den Arbeitslosenversicherungsbeitrag enthielt) wurde durch Art6 Z20 AMS-BegleitG, BGBl. 314/1993 mit Ablauf des 31. Dezember 1994 (§80 Abs5 AlVG idF des Art6 Z25 AMS-BegleitG) aufgehoben.

Die neuen Regelungen finden sich im mit 1. Jänner 1995 in Kraft getretenen Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz - AMPFG, BGBl. 315/1994; sie unterscheiden sich inhaltlich nicht von den Vorgängerbestimmungen der §§61 und 62 AlVG idF vor dem AMS-BegleitG.

§2 Abs3 AMPFG (vormals §61 Abs3 AlVG) bestimmt:

"(3) Der Arbeitslosenversicherungsbeitrag (Sonderbeitrag) ist vom Versicherten und vom Dienstgeber, soweit in den Abs4 bis 6 nichts anderes bestimmt ist, zu gleichen Teilen zu tragen. §53 Abs1 ASVG bleibt hiedurch unberührt; §53 Abs4 ASVG gilt sinngemäß."

Nach §4 Abs1 AMPFG (vormals §61 Abs7 AlVG) gelten "für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag ... die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über den Abzug des Versicherungsbeitrages vom Entgelt".

§5 Abs1 AMPFG (vormals §62 AlVG) bestimmt sodann:

"§5. (1) Die Beiträge gemäß §2 sind durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung einzuheben. Für diese Beiträge gelten die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung der Pflichtbeiträge entsprechend, soweit sich aus diesem Bundesgesetz nichts Abweichendes ergibt."

3. a) Zum Nachweis ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, sie sei Dienstgeberin von Dienstnehmern, die "definitiv gestellt" seien. Diese zu ihr in einem unkündbaren privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Dienstnehmer seien nach §5 Abs1 Z3 lita ASVG von der Vollversicherung nach dem ASVG ausgenommen und auch von keiner Teilversicherung (§§7 f. ASVG) erfaßt; sie seien dementsprechend bislang nicht arbeitslosenversicherungspflichtig gewesen.

Da durch die mit der Novelle BGBl. 817/1993 in §1 Abs1 AlVG eingefügte und von ihr bekämpfte Wortfolge die Arbeitslosenversicherungspflicht auch dieser bisher nicht arbeitslosenversicherungspflichtigen Dienstnehmer bewirkt werde, habe sie ab 1. Jänner 1995 als Dienstgeberin insbesondere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu leisten.

Diese Beitragspflicht sei nach Art und Ausmaß durch das Gesetz eindeutig bestimmt und bedürfe keiner weiteren Konkretisierung, sodaß das Gesetz in ihre Rechtssphäre (Eigentumsrecht) unmittelbar eingreife. Dieser Eingriff sei ab 1. Jänner 1995 auch "aktuell". Ein anderer zumutbarer Weg, um die Normbedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, bestehe nicht, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes weder die Erwirkung eines Bescheides durch Setzung eines rechtswidrigen Verhaltens, nämlich die Nichtentrichtung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge, noch die Erwirkung eines Feststellungsbescheides (hier: gemäß §45 AlVG iVm §§409 ff. ASVG) einen solchen darstelle, zumal infolge der Ausnahme der definitiven Arbeitnehmer von der Versicherungspflicht nach dem ASVG es keinen zur Bescheiderlassung zuständigen Versicherungsträger geben dürfte; die Antragstellerin habe sogar versucht, den zuletzt genannten Weg zu beschreiten. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe sich aber mit Bescheid vom 14. September 1994 für sachlich unzuständig erklärt.

b) Der Antragsteller zu G9/95 bringt vor, er sei seit 1. Jänner 1970 definitiver Dienstnehmer der Antragstellerin zu G8/95 und daher nach §5 Abs1 Z3 lita ASVG von der Vollversicherung nach dem ASVG ausgenommen. Er sei auch von keiner Teilversicherung erfaßt ( §§7 f. ASVG). Er habe aus seinem Dienstverhältnis heraus Ansprüche auf Krankenvorsorge und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, auf Pension und Karenzurlaubsgeld sowie auf Unterstützung im Falle des Arbeitsplatzverlustes; seine Sicherheit entspreche damit derjenigen der Dienstnehmer von Gebietskörperschaften.

§1 Abs1 AlVG idF BGBl. 817/1993 greife insofern in sein Eigentumsrecht unmittelbar ein, als er ab 1. Jänner 1995 ex lege Versicherter iSd AlVG sei und alle Pflichten nach diesem Gesetz zu tragen, insbesondere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu leisten habe, die monatlich von seinem Entgelt abgezogen würden. Er könne nicht verhindern, daß der Dienstgeber die Beiträge nach dem AlVG von dem ihm gebührenden Entgelt abziehe; in der - zudem im vorliegenden Fall äußerst zweifelhaften - Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid ( hier: gemäß §45 AlVG) zu erwirken, habe der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung keinen "zumutbaren Umweg" gesehen. Er habe sogar versucht, einen derartigen Bescheid zu erhalten. Die Wiener Gebietskrankenkasse habe sich aber mit Bescheid vom 14.9.1994 für sachlich nicht zuständig erklärt.

c) Beide Antragsteller behaupten die Gleichheitswidrigkeit der angefochtenen Gesetzesstelle sowie deren Verstoß gegen Art18 B-VG.

4. a) Die Bundesregierung wendet in ihrer Äußerung das Fehlen der Legitimation der Antragsteller zur Erhebung eines Individualantrages ein:

"... Als '... zumutbarer Weg' wird in der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes etwa angesehen, wenn der Antragsteller einen Feststellungsbescheid (vgl. VfSlg. 8978/1980 und 9048/1981) erwirken kann. Umso eher wird die Zumutbarkeit eines anderen Weges dann zu bejahen sein, wenn das Gesetz selbst - wie im vorliegenden Fall - einen Rechtsweg vorsieht, um 'Streitigkeiten über die Arbeitslosenversicherungspflicht' zu entscheiden: Gemäß §45 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 sind Streitigkeiten über die Arbeitslosenversicherungspflicht oder über Beiträge zur Arbeitslosenversicherung in dem für die gesetzliche Krankenversicherung geltenden Verfahren zu entscheiden. Gemäß §409 ASVG sind die Versicherungsträger im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit zur Behandlung der Verwaltungssachen berufen. Zur Behandlung der Verwaltungssachen, welche die Versicherungspflicht sowie den Beginn und das Ende der Versicherung von Vollversicherten und von Teilversicherten und die Beiträge für solche Versicherte betreffen, soweit deren Einhebung den Trägern der Krankenversicherung obliegt, sind die Träger der Krankenversicherung berufen. Gemäß §410 Abs1 ASVG haben die Versicherungsträger in Verwaltungssachen, zu deren Behandlung sie nach §409 leg.cit. berufen sind, einen Bescheid zu erlassen. Aus diesen Regelungen folgt unzweifelhaft, daß die Beschwerdeführer (gemeint wohl: Antragsteller) gegenüber dem zuständigen Krankenversicherungsträger ... das Recht auf bescheidmäßige Feststellung der sich für diese aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 ergebenden Rechte und Pflichten haben.

Dagegen kann nicht eingewendet werden, der einzige Zweck eines diesbezüglichen Antrages bestünde darin, ein Mittel zu gewinnen, um die gegen ein Gesetz bestehenden verfassungsrechtlichen Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Vielmehr muß im Hinblick auf die Subsidiarität des Individualantrages vom Rechtsuchenden erwartet werden, daß er zuerst den vom Gesetzgeber vorgesehenen Weg zur Klärung von Rechtsstreitigkeiten begeht, bevor er sich an den Verfassungsgerichtshof wendet.

Die Antragsteller hätten daher mittels Bescheid die Klärung der von ihnen aufgeworfenen Streitfragen erreichen können, nämlich über die Zuständigkeit der Wiener Gebietskrankenkasse zur Einhebung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags sowie der Arbeitslosenversicherungspflicht und der Beitragspflicht. ...

...

Aus der Wortfolge 'gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung' in §62 Abs1 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes (diesem wurde durch §5 Abs1 AMPFG, BGBl. Nr. 315/1994, mit 1. Jänner 1995 derogiert) kann nicht geschlossen werden, daß ohne Krankenversicherungsbeitrag kein Arbeitslosenversicherungsbeitrag eingehoben werden könne und daher kein Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemäß §62 AlVG zuständig sei. In dieser Bestimmung wird nämlich lediglich die Einhebungsart geregelt. Zuständig für die Einhebung ist in den vorliegenden Fällen gemäß §62 Abs2 AlVG die Wiener Gebietskrankenkasse, bei welcher - bestünde nicht die Ausnahme nach §5 Abs1 Z3 lita ASVG - die Dienstnehmer der Antragstellerin krankenversichert wären. Keinesfalls kann angenommen werden, daß wegen der zitierten Ausnahmebestimmung kein Sozialversicherungsträger zur Beitragseinhebung nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 zuständig ist und daher die angefochtene Regelung ins Leere geht. Aus den §§61 Abs7 und 62 Abs2 AlVG (nunmehr §4 Abs1 und §5 Abs1 AMPFG) folgt vielmehr, daß für den Arbeitslosenversicherungsbeitrag 'die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung' über den dortigen Pflichtbeitrag - und somit auch über die Zuständigkeit des Versicherungsträgers zur Einhebung - gelten. Es ist aber auch unzutreffend, wenn die Antragsteller behaupten, es sei ihnen nicht zuzumuten, 'durch komplizierte rechtliche Überlegungen eine behördliche Zuständigkeit zur Erlassung eines Feststellungsbescheides zu konstruieren'."

Die Bundesregierung erachtet aus folgenden Überlegungen die Zuständigkeit der Wiener Gebietskrankenkasse für gegeben:

"... Gemäß §5 Abs1 AMPFG, BGBl. Nr. 315/1994, sind die Arbeitslosenversicherungsbeiträge durch die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung einzuheben. Wie bereits dargelegt, ist aus der Wortfolge 'gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung' nicht zu schließen, daß der Arbeitslosenversicherungsbeitrag vom Krankenversicherungsträger nicht auch ohne Krankenversicherungsbeitrag einzuheben ist. Unterlägen die definitiv gestellten Dienstnehmer der Antragstellerin auch der Krankenversicherungspflicht, wäre der Arbeitslosenversicherungsbeitrag gemeinsam mit dem Krankenversicherungsbeitrag von der Wiener Gebietskrankenkasse einzuheben. Da diese Personen aber nur arbeitslosenversichert sind, ist die Wiener Gebietskrankenkasse allein zum Einzug dieser Beträge verpflichtet. Der Einwand, §409 ASVG binde die Zuständigkeit der Krankenversicherungsträger an das Vorliegen einer Vollversicherung bzw. an das Vorliegen einer in §409 ASVG genannten Teilversicherung, geht ins Leere. Gemäß §5 Abs1 zweiter Satz AMPFG gelten für die Arbeitslosenversicherungsbeiträge die Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung, Eintreibung, Beitragszuschläge, Sicherung, Verjährung und Rückforderung der Pflichtbeiträge entsprechend, soweit sich aus bundesgesetzlichen Vorschriften nichts Abweichendes ergibt. Die §§409 ff ASVG sind somit in Hinblick auf die Einhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge analog anzuwenden. Weder das Vorliegen einer Vollversicherung noch einer Teilversicherung ist somit für die Zuständigkeit der Wiener Gebietskrankenkasse hinsichtlich der Einhebung von Arbeitslosenversicherungsbeiträgen geboten. ..."

b) In der Sache selbst verteidigt die Bundesregierung die angefochtene Gesetzesbestimmung.

5. a) Über Aufforderung des Verfassungsgerichtshofes teilte die antragstellende Bank mit, daß sie derzeit die Arbeitslosenversicherungsbeiträge nicht abführen könne, da sich die Wiener Gebietskrankenkasse für nicht zuständig erklärt habe; die Dienstnehmerbeiträge zur Arbeitslosenversicherung würden von den Dienstnehmern einbehalten und auf einem gesonderten Verrechnungskonto gesammelt und bereitgehalten. (Im Rahmen einer Betriebsvereinbarung habe man sich für den Fall einer Gesetzesaufhebung zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge samt Zinsen verpflichtet.)

   b) Über Ersuchen des Verfassungsgerichtshofes hat der

Bundesminister für Arbeit und Soziales den dem Nationalrat auf

dessen Wunsch hin (Entschließung vom 10. November 1993)

erstatteten Bericht über den von der Novelle BGBl. 817/1993

erfaßten Personenkreis vorgelegt und zu einigen vom Gerichtshof

gestellten Fragen Stellung genommen. Dabei vertritt er - in

Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung der Bundesregierung -

unter Berufung auf §5 Abs1 AMPFG iVm §30 ASVG die Auffassung,

daß "hinsichtlich der Dienstnehmer der Bank Austria ... die

Wiener Gebietskrankenkasse ... zuständig ist".

II.                                 Die Anträge sind unzulässig.

1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985, 11684/1988).

2. An dieser Voraussetzung fehlt es in den vorliegenden Fällen.

a) Nach §5 Abs1 erster Satz AMPFG hat die Einhebung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung von den Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung gemeinsam mit dem Beitrag zur Krankenversicherung zu erfolgen. Der zweite Satz dieser Bestimmung ordnet unter anderem an, daß die Vorschrift des §69 ASVG (betreffend die "Rückforderung ungebührlich entrichteter Beiträge") auch auf die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung Anwendung findet.

In dieser durch §5 AMPFG iVm §69 ASVG den Antragstellern eingeräumten Möglichkeit, die Rückzahlung zu Ungebühr entrichteter Beiträge (mit der Begründung, die Beitragsentrichtung erweise sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der durch die mit ArtI Z1 des BG BGBl. 817/1993 in §1 Abs1 AlVG eingefügte Wortfolge bewirkten Einbeziehung in die Arbeitslosenversicherung als unrichtig) zu beantragen, ist ein zumutbarer Weg, der die Anrufung des Verfassungsgerichtshofes mittels Individualantrag ausschließt, zu erblicken (vgl. etwa den die Lohnsteuer betreffenden Beschluß VfSlg. 8241/1978 sowie die Selbstbemessungsabgaben betreffenden Beschlüsse VfSlg. 9868/1983, 13103/1992, 13474/1993, VfGH 20.6.1994, V59/94, 27.2.1995, V106/94, sowie die Arbeitslosenversicherungsbeiträge betreffenden Beschlüsse VfGH 29.6.1995, G30/95 und G48/95).

b) Dem möglichen Einwand, im vorliegenden Fall mangle es an einem zuständigen Krankenversicherungsträger (diese Rechtsposition wird von den Antragstellern unter Berufung auf einen freilich vor Wirksamkeitsbeginn der unter Pkt. I.2. geschilderten Rechtslage ergangenen - unbekämpft gebliebenen - Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 14. September 1994 vertreten, mit dem sich dieser Versicherungsträger für unzuständig erklärte, festzustellen, ob die definitiven Dienstnehmer der beschwerdeführenden Bank der Arbeitslosenversicherungspflicht unterliegen), ist - mit der Bundesregierung und dem Bundesminister für Arbeit und Soziales (vgl. oben Pkt. I.4.a) und I.5.b)) - folgendes entgegenzuhalten:

Nach §5 AMPFG sind die gesetzlichen Krankenversicherungsträger zur Einhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge berufen. Dabei gelten die sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften "über die Berechnung, Fälligkeit, Einzahlung ... und Rückforderung der Pflichtbeiträge" der Krankenversicherung entsprechend. Nach §26 des damit verwiesenen ASVG sind zur Durchführung der Krankenversicherung sachlich die Gebietskrankenkassen zuständig, soweit keine Zuständigkeit einer Betriebskrankenkasse, der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen oder der Versicherungsanstalt des österreichischen Bergbaus gegeben ist. Da eine solche besondere Zuständigkeit in concreto nicht in Frage kommt, ergibt sich für die Einhebung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge seit 1. Jänner 1995 die Zuständigkeit der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse, das ist gemäß §30 ASVG im vorliegenden Fall die Wiener Gebietskrankenkasse. Ihr sind die in Rede stehenden Beiträge zu überweisen und ihr gegenüber besteht die unter II.2.a) beschriebene Möglichkeit der Rückforderung.

3. Die Anträge waren daher mangels Legitimation in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

Schlagworte

VfGH / Individualantrag, Arbeitslosenversicherung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1995:G8.1995

Dokumentnummer

JFT_10049074_95G00008_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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