TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/28 W283 2222853-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.09.2020
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Entscheidungsdatum

28.09.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs3
AsylG 2005 §55
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs3
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

W283 2222853-1/17E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Stefanie OMENITSCH als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Serbien, vertreten durch RA Dr. Klaus KOCHER und RA Mag. Wilfried BUCHER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.08.2019, Zl. 400878409-180557492, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Serbien, ist seit seinem 20. Lebensjahr, seit dem 13.02.2007 mit Hauptwohnsitz in Österreich, gemeinsam mit seiner Mutter, gemeldet. Er verfügte seit dem 23.03.2007 über einen Aufenthaltstitel für den Zweck „Studierender“. Sein letzter Verlängerungsantrag vom 01.09.2017 wurde mit Bescheid der Niederlassungsbehörde vom 19.04.2018 abgewiesen.

Die Mutter und Schwester des Beschwerdeführers leben seit 31.08.2006 in Österreich. Der Vater des Beschwerdeführers lebt seit 25.06.2019 in Österreich. Der nunmehr 33-jährige Beschwerdeführer lebt gemeinsam mit seinen Eltern in der Mietwohnung seiner Mutter in Österreich. Die Mutter des Beschwerdeführers ist seit dem Jahr 2006 erkrankt. Sie ist arbeitsfähig und seit 2007 durchgehend vollbeschäftigt berufstätig.

Am 15.06.2018 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005. Dieser Antrag wurde vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (Bundesamt) mit Bescheid vom 06.08.2019 abgewiesen. Unter einem wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 3 AsylG 2005 iVm § 52 Abs. 3 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen und es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung nach Serbien zulässig sei. Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde eine Frist für die freiwillige Ausreise von 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung gewährt.

Das Bundesamt ging in der Bescheidbegründung insbesondere davon aus, dass der Beschwerdeführer während der Gültigkeit seiner Aufenthaltsbewilligungen als Studierender nicht niedergelassen, sondern nur vorübergehend zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei, solange er die Erteilungsvoraussetzungen für den Aufenthaltstitel Studierender erfülle. Die Antragstellung gemäß § 55 AsylG 2005 stelle eine Umgehung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz dar. Das Studium habe der Beschwerdeführer nicht mit der erforderlichen Ernsthaftigkeit betrieben und nach über zehn Jahren lediglich 15 Prozent seines Studiums absolviert. Ein Eingriff in das Privat- und Familienleben sei gesetzlich vorgesehen und habe die Abwägung ergeben, dass die öffentlichen Interessen am Vollzug eines geordneten Fremdenwesens stärker zu gewichten seien als die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich.

Mit fristgerecht erhobener Beschwerde wurde der Bescheid des Bundesamtes bekämpft und die Erteilung eines Aufenthaltstitels begehrt. Dazu wurde hingewiesen, dass der Beschwerdeführer sein Studienziel stets vor Augen gehabt habe und ihm das abfallende Interesse nicht vorzuwerfen sei, zumal er mehr Zeit für das Studium benötigt habe, als vorgesehen sei. Der Beschwerdeführer habe den Willen zu studieren gezeigt und der Abbruch des Studiums sei ihm nicht vorzuwerfen, da auch die Studienwahl keine leichte sei. Nun wolle er sich am Arbeitsmarkt in Österreich integrieren. Er weise eine hervorragende Integration in Österreich auf und verfüge über ausgesprochen gute Deutschkenntnisse. Die Beschäftigung von Personen, die in Österreich eine teure Ausbildung genossen hätten, sei im wirtschaftlichen Interesse der Republik Österreich. Dem Beschwerdeführer sei auch mangels entsprechender Qualifikation der Weg, einen Aufenthaltstitel über das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zu erlangen, faktisch verwehrt. Von einer Umgehungsabsicht der Bestimmungen des Niederlassungsrechts sei nur auszugehen, wenn eine solche Umgehungsabsicht von Beginn an festgestellt werden könne, wofür es im gegenständlichen Verfahren keinerlei Hinweise gebe. Der Beschwerdeführer pflege einen intensiven Kontakt mit seiner Mutter und seiner Schwester und zahlreiche Freundschaften im Bundesgebiet. Der Lebensmittelpunkt des Beschwerdeführers sei in Österreich und sei er nachhaltig, sozial und wirtschaftlich integriert. Aufgrund der Ausbildung des Beschwerdeführers und seinen Deutschkenntnissen sei von der zukünftigen Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Eine rechtmäßige Abwägung ergebe im vorliegenden Fall ein Überwiegen der privaten Interessen des Beschwerdeführers. Zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter bestehe ein besonderes Naheverhältnis, da er mit ihr gemeinsam lebe und finanzielle Unterstützung erhalte. Eine aufenthaltsbeendende Maßnahme greife in das Familien- und Privatleben des Beschwerdeführers ein.

Der Akt wurde der Gerichtsabteilung am 09.03.2020 zugewiesen. Mit verfahrensleitender Anordnung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.06.2020 wurde dem Bundesverwaltungsgericht aufgrund des Fristsetzungsantrages vom 23.06.2020 eine dreimonatige Frist zur Entscheidung gewährt.

Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.09.2020 eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch und wurden die Mutter und der Vater des Beschwerdeführers als Zeugin bzw. Zeuge befragt. Aufgrund des in der mündlichen Verhandlung erstmals erstatteten Vorbringens hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Mutter wurde dem Beschwerdeführer die Vorlage entsprechender medizinischer Unterlagen bis zum 10.09.2020 bei Gericht einlangend aufgetragen.

Am 10.09.2020 wurden Bescheinigungsmittel zum Gesundheitszustand der Mutter fristgerecht vorgelegt und die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person und zu den allgemeinen Lebensumständen

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Serbien. Seine Identität steht fest (AS 8; OZ 13, S. 6). Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos (OZ 13, S. 6 f). Der Beschwerdeführer ist gesund (OZ 13, S. 5, S. 21). Der Beschwerdeführer ist in Österreich unbescholten (OZ 1: Strafregister). Der Beschwerdeführer hat sehr gute Deutschkenntnisse (OZ 13, S. 14). Die Muttersprache des Beschwerdeführers ist Serbisch. Er spricht mit seinen Eltern Serbisch. Er hat auch Rumänisch- und Englischkenntnisse (OZ 13, S. 3, S. 5, S. 14, S. 25).

Der Beschwerdeführer wurde am XXXX in XXXX /Serbien geboren und ist dort gemeinsam mit seinen Eltern und seiner Schwester im Haus seines Vaters aufgewachsen. Dort hat er bis zu seiner Ausreise nach Österreich im Jahr 2007 gelebt. Der Beschwerdeführer ist in Serbien aufgewachsen, zur Schule gegangen und hat 2005 eine technische Schule mit Matura abgeschlossen. Danach hat er ein Jahr pausiert und 2006 ein Semester ein Studium an einer Technischen Universität aufgenommen (OZ 13, S. 6 ff).

Die Mutter des Beschwerdeführers hat Serbien gemeinsam mit der damals minderjährigen Schwester des Beschwerdeführers etwa ein halbes Jahr vor der Einreise des Beschwerdeführers nach Österreich verlassen. Die Mutter des Beschwerdeführers lebt seit 31.08.2006 gemeinsam mit der Schwester des Beschwerdeführers in Österreich. Der zu diesem Zeitpunkt bereits volljährige Beschwerdeführer hat nach der Ausreise seiner Mutter etwa ein halbes Jahr in Serbien studiert und in dieser Zeit gemeinsam mit seinem Vater in dessen Haus gelebt (Melderegister; OZ 13, S. 8).

Der Beschwerdeführer lebt seit seinem 20. Lebensjahr, seit dem 13.02.2007 in Österreich. Der Beschwerdeführer lebt seit diesem Zeitpunkt mit seiner Mutter in einer gemeinsamen Wohnung in Österreich, die Schwester des Beschwerdeführers ist mittlerweile verheiratet und lebt gemeinsam mit ihrem Ehemann in Österreich (Melderegister; OZ 13, S. 11).

Der Vater des Beschwerdeführers lebt seit 15.06.2019 aufgrund eines Aufenthaltstitels durchgehend in Österreich in der Mietwohnung seiner Ehefrau gemeinsam mit dieser und dem Beschwerdeführer. Im Zeitraum von 05.05.2008 bis 08.02.2019 kam der Vater des Beschwerdeführers im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten der visumsfreien Einreise nach Österreich, um seine Kinder zu besuchen. Seit der neuerlichen Eheschließung mit der Mutter des Beschwerdeführers im Jahr 2014 hat der Vater des Beschwerdeführers das Eheleben im Rahmen der zulässigen visumsfreien Einreisen aufrechterhalten (Melderegister; OZ 13, S. 29, S. 33 f).

Der Beschwerdeführer lebt seit 13.02.2007 mit seiner Mutter und seit der Einreise seines Vaters am 15.06.2019 gemeinsam mit beiden Elternteilen in der Mietwohnung seiner Mutter in Österreich (Melderegister; OZ 13, S. 9).

1.2. Zum Familien- und Privatleben

1.2.1. Die Schwester und der Schwager, eine Tante und ein Onkel sowie Cousins des Beschwerdeführers leben in Österreich (Melderegister; OZ 13, S. 12).

Die Schwester des Beschwerdeführers lebt seit 31.08.2006 in Österreich (Melderegister). Der Beschwerdeführer geht etwa alle vier bis fünf Tage zu seiner Schwester. Der Beschwerdeführer telefoniert jeden bzw. jeden zweiten Tag mit seiner Schwester (OZ 13, S. 12).

Die Tante und der Onkel des Beschwerdeführers und deren Kinder leben ebenfalls in Österreich. Der Beschwerdeführer hat so oft Kontakt zu seiner Tante und ihrer Familie wie zu seiner Schwester. Der Beschwerdeführer hat einmal wöchentlich telefonischen Kontakt zu den beiden Söhnen seines Onkels väterlicherseits, er sieht diese zwei Mal pro Monat (OZ 13, S. 12).

Der Beschwerdeführer geht in seiner Freizeit mit seiner Schwester und seinem Schwager gelegentlich ins Kino oder unternimmt einen Ausflug und geht mit ihnen spazieren oder wandern. Seine Tante, den Onkel und die Cousins geht der Beschwerdeführer besuchen (OZ 13, S. 13 f).

Es bestehen keine Abhängigkeitsverhältnisse zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Schwester, dem Schwager und seiner Tante, dem Onkel oder den Cousins (OZ 13, S. 11 f).

1.2.2. Die Großeltern mütterlicherseits und der Onkel väterlicherseits des Beschwerdeführers leben in Serbien. Der Beschwerdeführer hat einmal im Monat telefonischen Kontakt zu seinen Großeltern mütterlicherseits (OZ 13, S. 11 f).

1.2.3. Der Beschwerdeführer hat in Österreich ein paar Freunde. Der Beschwerdeführer hat sich zuletzt vor zwei oder drei Jahren mit seinen Studienfreunden persönlich getroffen. Seit damals besteht sehr seltener, telefonischer Kontakt (OZ 13, S. 13).

Der Beschwerdeführer ist nicht in einem Verein aktiv oder ehrenamtlich tätig (OZ 13, S. 21).

1.2.4. Die Mutter des Beschwerdeführers hat gesundheitliche Probleme:

Die Mutter des Beschwerdeführers wird jahrelang wegen depressiver Symptomatologie bei einer serbischen Fachärztin für Neuropsychiatrie behandelt. Die Mutter des Beschwerdeführers war am 18.07.2016 in ärztlicher Behandlung in Serbien. Dabei wurde eine ausgeprägte Anämie festgestellt. Dabei wurde auch eine psychiatrische Therapie und Kontrolle vereinbart. Die Mutter des Beschwerdeführers wurde in Serbien im Krankenhaus behandelt und erhielt zwei Transfusionen, die gynäkologische Behandlung musste fortgesetzt werden. Bei einer Kontrolle bei einer serbischen Fachärztin für Neuropsychiatrie wurde am 27.03.2017 festgestellt, dass der Zustand der Mutter des Beschwerdeführers außer gelegentlichen Kopfschmerzen gut ist und die Medikation festgelegt. Die Mutter des Beschwerdeführers wurde am 17.07.2017, 20.03.2018 und 23.07.2018 bei der serbischen Fachärztin für Neuropsychiatrie kontrolliert und hinsichtlich der Medikation eingestellt (OZ 15, Beilage ./1)

Die Mutter des Beschwerdeführers wurde mit Schreiben eines serbischen Arztes vom 20.07.2012 zu einer fachärztlichen Untersuchung im Bereich der Neuropsychiatrie überwiesen. Die Verordnung eines Facharztes für Neuropsychiatrie vom 20.07.2012 bzw. vom 01.08.2020 weist als Diagnose „F 32“ aus (OZ 15, Beilage ./2).

Mit Schreiben eines medizinischen Zentrums in Serbien vom 04.09.2020 wurde von einer serbischen Fachärztin für Psychiatrie festgehalten, dass die Mutter des Beschwerdeführers wegen Stimmungsstörungen behandelt wird und die Behandlung im Jahr 2006 bei einem Psychiater begonnen wurde. Sie bekam regelmäßig eine Therapie und wurde regelmäßig überwacht (OZ 15, Beilage ./3).

Von 09.01.2013 bis 12.01.2013 und von 20.01.2013 bis 21.01.2013 befand sich die Mutter des Beschwerdeführers zur Durchführung einer Koloskopie in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Dabei wurde unter anderem der Verdacht auf einen neuroendokrinen Tumor des Dünndarms festgestellt und unter anderem als Diagnose Depression festgehalten (OZ 15, Beilage ./6). Ein Befund über die Untersuchung am 10.01.2013, am 11.01.2013 und am 21.01.2013 liegt vor (OZ 15, Beilage ./4, Beilage ./5 und Beilage ./7). In der Zeit von 20.01.2013 bis 30.01.2013 stand die Mutter des Beschwerdeführers in einer chirurgischen Ambulanz eines österreichischen Krankenhauses in stationärer Behandlung. Dabei wurde ein Mesenterialtumor im Dünndarmmesenterium mit Verdacht auf GIST, ein Leberherd im Segment VIII/V, Arterielle Hypertonie und Depression als Diagnosen festgestellt. Nach entsprechender Vorbereitung erfolgte am 21.01.2013 die Operation und wurde eine Dünndarmteilresektion durchgeführt. Der postoperative Verlauf entwickelte sich unauffällig und die Mutter des Beschwerdeführers wurde am 30.01.2013 in häusliche Pflege entlassen (OZ 15, Beilage ./8 und Beilage ./9).

Von 30.09.2014 bis 03.10.2014 war die Mutter des Beschwerdeführers wegen einer geplanten Septumplastik, endoskopischen Siebbeinoperation beidseits und Turbinoplasitk in einem Krankenhaus in Österreich. Der stationäre Aufenthalt verlief komplikationsfrei und zum Entlassungszeitpunkt zeigte sich bei gutem Allgemeinzustand ein regelrechter Lokalbefund (OZ 15, Beilage ./10).

Von 06.11.2014 bis 08.11.2014 war die Mutter des Beschwerdeführers in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus. Die stationäre Aufnahme erfolgte zur Abklärung von Diarrhoe sowie Bauchschmerzen. Eine Gastroskopie wurde für 13.11.2014 und die Wiederaufnahme für 12.11.2014 geplant. Von 12.11.2014 bis 13.11.2014 war die Mutter des Beschwerdeführers in stationärer Behandlung in einem Krankenhaus (OZ 15, Beilage ./11, Beilage ./12 und Beilage ./13).

Die Mutter des Beschwerdeführers wurde am 13.03.2015 stationär in einem Krankenhaus in Österreich aufgenommen. Als Diagnosen wurden Arterielle Hypertonie (I10), St.p. Anämie 2014 u, St.p. Magenschleimhauterythem, Depression (F32.9), St.p. Mesenterialtumor im Dünndarmmesenterium (Dünndarmresektion 2013, histolog. mesenterielle Fibromatose) St.p. Nasenpolypen-OP im Patientinnenbrief festgestellt. Die Mutter des Beschwerdeführers wurde wegen des Verdachts der Anämie aufgenommen, der sich jedoch nicht bestätigte, der Eisenspiegel war vermindert. Aufgrund der Überweisung eines Gynäkologen wurde die Mutter des Beschwerdeführers für 16.03.2015 in die gynäkologische Ambulanz bestellt. Aus beruflichen Gründen wurde die Mutter des Beschwerdeführers bereits am 14.03.2015 in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen (OZ 15, Beilage ./14). Am 17.09.2015 erhielt die Mutter des Beschwerdeführers einen unauffälligen Röntgenbefund (OZ 15, Beilage ./15). Am 08.10.2015 wurde ein Befundbericht hinsichtlich der Kniegelenke und der Beinvenen der Mutter des Beschwerdeführers von einem österreichischen Röntgeninstitut ausgestellt (OZ 15, Beilage ./16).

Am 25.08.2017 stand die Mutter des Beschwerdeführers in einem Krankenhaus in Österreich in ambulanter Behandlung wegen lumbago acuta (OZ 15, Beilage ./17). Die Mutter des Beschwerdeführers war von 13.11.2017 bis 17.11.2017 in einer ambulanten strahlentherapeutischen Behandlung wegen eines beidseitigem Fersensporns (OZ 15, Beilage ./18). Von 05.12.2017 bis 06.12.2017 befand sich die Mutter des Beschwerdeführers in stationärer Behandlung in einem österreichischen Krankenhaus zur Anämie Therapie und CT-Untersuchung. Die Blutbildkontrolle zeigte einen adäquaten Hämoglobinanstieg, sodass die Mutter des Beschwerdeführers in gutem Allgemeinzustand nach Hause entlassen wurde (OZ 15, Beilage ./19).

Die Mutter des Beschwerdeführers befand sich von 17.01.2018 bis 18.01.2018 zu einer geplanten Koloskopie mit Probeentnahme in stationärer Behandlung in einem österreichischen Krankenhaus. Die Koloskopie und geplante Operation am 18.01.2018 konnte komplikationslos durchgeführt werden (OZ 15, Beilage ./20 und Beilage ./21).

Die Mutter des Beschwerdeführers wurde von nach stationärem Aufenthalt von 02.07.2019 bis 04.07.2019 in einem Krankenhaus in Österreich zu einer geplanten einer funktionellen endoskopischen Nasennebenhöhlen-Operation beidseits behandelt. Der stationäre Aufenthalt verlief komplikationsfrei. Zum Entlassungszeitpunkt zeigte sich bei der Mutter des Beschwerdeführers bei gutem Allgemeinzustand ein regelrechter Lokalbefund. Es wurden keine weiteren pflegerischen Maßnahmen empfohlen (OZ 15, Beilage ./22, Beilage ./23, Beilage ./24 und Beilage ./25).

Am 14.05.2020 und 26.06.2020 wurde die Mutter des Beschwerdeführers in einem österreichischen Gesundheitszentrum in der Hämatologischen Ambulanz behandelt (OZ 15, Beilage ./26 und Beilage ./27). Für den 24.09.2020 war für die Mutter des Beschwerdeführers ein Termin zur Spiegelung der Gebärmutterhöhle in Verbindung mit der Ausschabung vorgesehen (OZ 15, Beilage ./28).

Die Mutter des Beschwerdeführers leidet seit dem Jahr 2006 an einer Depression und befindet sich dazu in Serbien in Therapie und nimmt Medikamente ein (OZ 15, Beilagen ./1, ./3, ./6, ./9, ./11, ./14, ./24, ./25; OZ 13, S. 10, S. 27 f, S. 35).

1.2.5. Die Mutter des Beschwerdeführers ist seit dem Jahr 2007 als Abwäscherin Vollzeit beschäftigt und zumindest 40 Stunden wöchentlich berufstätig. Die Mutter des Beschwerdeführers verdient aktuell in Kurzarbeit € 1.150,-- monatlich. Sie bestreitet aktuell den gesamten Lebenserhaltungskosten für sich, ihren Ehemann und den Beschwerdeführer. Sie unterstützt auch ihre in Österreich lebende Schwester gelegentlich finanziell. Die Mutter des Beschwerdeführers bezahlt die private Krankenversicherung des Beschwerdeführers iHv € 325,-- monatlich und die Kosten des Rechtsanwaltes (OZ 13, S. 8, S. 15, S. 21, S. 25 f, S. 32, S. 34).

Der Vater des Beschwerdeführers ist seit dem Jahr 2012 arbeitslos. Von 2012 bis zu seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2019 hat er von der Bewirtschaftung seines Hauses und dem Grundstück mit Garten in Serbien gelebt. Der Vater des Beschwerdeführers hat auch finanzielle Unterstützung von seiner Mutter erhalten (OZ 13, S. 33 f).

1.2.6. Die Schwester des Beschwerdeführers arbeitet in einer Bank in Österreich. Sie hat die Handelsakademie mit Matura abgeschlossen (OZ 13, S. 25). Die Schwester des Beschwerdeführers spricht gut Deutsch und kann die Mutter des Beschwerdeführers bei ärztlichen Kontrollen und Terminen unterstützen.

Der Vater des Beschwerdeführers hat die Mutter des Beschwerdeführers bereits vor 2006, in erster Ehe unterstützt. Seit 2014 sind die Eltern des Beschwerdeführers, nach zwischenzeitlicher Scheidung, wieder verheiratet (OZ 13, S. 13, S. 19 f, S. 29). Der Vater des Beschwerdeführers unterstützt die Mutter des Beschwerdeführers, indem er sich um das Einkaufen und die Wohnung kümmert. Der Vater des Beschwerdeführers sieht sich selbst als die psychisch belastbarste Person in der Familie. Der Vater des Beschwerdeführers unterstützt die Mutter des Beschwerdeführers dahingehend, dass er ihr gut zuredet und er ihr Bedürfnis, wonach sie dauernd reden möchte und einen Zuhörer braucht, nachkommt, sodass sich die Mutter des Beschwerdeführers beim Vater des Beschwerdeführers entladen kann (OZ 13, S. 35).

Der Beschwerdeführer, der seit seinem 20. Lebensjahr gemeinsam mit seiner Mutter in der deren Mietwohnung in Österreich lebt, unterstützt seine Mutter seither. Zunächst hat er seine Mutter bei der Betreuung der damals minderjährigen Schwester unterstützt, auf sie aufgepasst und ihr insbesondere bei deren schulischem Fortkommen geholfen. Der Beschwerdeführer hat seine Mutter im Zusammenhang mit ihrer Depression und ihren gesundheitlichen Problemen immer unterstützt. Er hat sie immer motiviert und ihr gut zugeredet. Der Beschwerdeführer hat seine Mutter bei ärztlichen Kontrollen und im Krankenhaus unterstützt, indem er sie begleitet und für sie übersetzt hat. Der Beschwerdeführer redet mit seiner Mutter, wenn sie Angst hat und aufwacht. Er achtet darauf, dass seine Mutter ihre Arzneien einnimmt und fährt mit ihr ins Krankenhaus. Der Beschwerdeführer zahlt die Rechnungen ein. Der Beschwerdeführer holte seine Mutter zuletzt Mitte August von der Arbeit ab. Die Mutter des Beschwerdeführers geht jeden zweiten Monat zu einem anderen Arzt. Mit einem Helfer fällt ihr das leichter (OZ 13, S. 10, S. 13, S. 24, S. 27 f).

Die Großmutter väterlicherseits hat den Beschwerdeführer für den Zeitraum von 2007 bis 2015 mit jährlich € 3.500,-- bis € 6.000,-- zur Erlangung des Aufenthaltstitels „Studierender“ unterstützt (OZ 13, S. 19). Die Großmutter väterlicherseits ist im Jahr 2015 verstorben (OZ 13, S. 11). Der Beschwerdeführer hat seit 2015 geringfügig gearbeitet (OZ 13, S. 15). Der Beschwerdeführer hat während seiner geringfügigen Beschäftigung keine Unterstützung von seiner Mutter erhalten. Der Beschwerdeführer hat seine Familie in der Zeit, in der er gearbeitet hat, finanziell unterstützt (OZ 13, S. 30, S. 36). Die Mutter des Beschwerdeführers unterstützt ihn finanziell seit März 2018 wieder, zumal der Beschwerdeführer mangels Arbeitserlaubnis nicht berufstätig ist. Der Beschwerdeführer lebt mietfrei in der Wohnung seiner Mutter. Er hat die Möglichkeit in der Wohnung seiner Mutter unbefristet mietfrei zu leben (AS 36; OZ 13, S. 30 f).

Der Beschwerdeführer hört in seiner Freizeit gerne Musik und geht spazieren. Der Beschwerdeführer unternimmt in seiner Freizeit keine gemeinsamen Aktivitäten mit seinen Eltern (OZ 13, S. 13, S. 32, S. 37).

Es bestehen keine über eine normale, gefühlsmäßige Verbindung zwischen Mutter und dem volljährigen Sohn, hinausgehende Bande, die Elemente einer Abhängigkeit aufweisen, die über die normalen, gefühlsmäßigen Verbindungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hinausgehen. Es bestehen keine über eine normale, gefühlsmäßige Verbindung zwischen Vater und dem volljährigen Sohn, hinausgehende Bande, die Elemente einer Abhängigkeit aufweisen, die über die normalen, gefühlsmäßigen Verbindungen zwischen Eltern und erwachsenen Kindern hinausgehen.

Es besteht keine besondere Abhängigkeit zwischen dem 33-jährigen Beschwerdeführer und seinen Eltern.

Der Beschwerdeführer kann den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Familienangehörigen per Telefon und sozialen Medien aufrechterhalten. Der Beschwerdeführer kann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben nach Österreich zu Besuchszwecken einreisen.

Der Beschwerdeführer kann im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben in seinem Herkunftsstaat eine Aufenthaltsbewilligung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz beantragen.

1.3. Zum Aufenthaltszweck Studierender

Dem Beschwerdeführer wurde erstmals am 23.03.2007 eine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ erteilt (OZ 11). Die Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ wurde zeitlich befristet, jeweils für ein Jahr erteilt. Der Beschwerdeführer wusste seit der erstmaligen Erteilung, dass seine Aufenthaltsbewilligung „Studierender“ zeitlich auf jeweils ein Jahr befristet wurde (OZ 13, S. 9).

Der Beschwerdeführer hat am 23.06.2008 die Ergänzungsprüfung aus Deutsch als Voraussetzung für die Zulassung als ordentlicher Studierender an einer Technischen Universität in Österreich mit der Beurteilung „genügend“ bestanden (AS 30).

Mit Bescheid vom 19.04.2018 wurde der Antrag (Verlängerungsantrag) des Beschwerdeführers vom 01.09.2017 auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Zweck „Studierender“ abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs unbekämpft am 25.06.2018 in Rechtskraft (AS 18; AS 27 ff; AS 66).

Der Beschwerdeführer hat in dem der Bescheiderlassung vorausgegangen Studienjahr vom 01.10.2016 bis 30.09.2017 keinen positiven Studienerfolgsnachweis von 8 Semesterstunden bzw. 16 ECTS-Anrechnungspunkten nachweisen können. Der Beschwerdeführer absolvierte am 25.01.2017 und am 23.01.2017 lediglich zwei Lehrveranstaltungen und konnte lediglich 3 Semesterstunden bzw. 3 ECTS-Anrechnungspunkte nachweisen. Als Grund für den fehlenden Studienerfolg führte der Beschwerdeführer den schlechten Gesundheitszustand seiner Mutter ins Treffen (AS 65 ff).

Der Beschwerdeführer hat seit 01.10.2016 keinen ausreichenden Studienerfolg für seinen Aufenthaltszweck Studierender nachgewiesen. Der Beschwerdeführer hat im Zeitraum 20.08.2015 bis 22.01.2017 keinerlei Lehrveranstaltungen erfolgreich absolviert (OZ 9 = Bestätigung des Studienerfolges im Nachweiszeitraum 25.03.2007 bis 25.03.2018).

Das Bachelorstudium der Technischen Informatik in XXXX umfasst eine Regelstudiendauer von 6 Semestern und insgesamt 180 ECTS (OZ 12; OZ 13, S. 16).

Der Beschwerdeführer war von 09.09.2008 bis 25.03.2018, sohin 20 Semester für das Bachelorstudium der Technischen Informatik inskribiert. Insgesamt hat der Beschwerdeführer während seiner gesamten Studiendauer lediglich 74,5 ECTS erreicht (OZ 9). Davon waren nur rund 15 bis 20 Prozent der Lehrveranstaltungen Pflichtveranstaltungen aus dem Curriculum für das Bachelorstudium der Technischen Informatik des Beschwerdeführers (OZ 13, S. 16; AS 98).

Der Beschwerdeführer hat das Bachelorstudium der Technischen Informatik nicht mit Ernsthaftigkeit betrieben. Seit dem Jahr 2012 hatte er nicht so viel Motivation und Kraft für das Studium. Der Beschwerdeführer hat die Aufenthaltsberechtigung Studierender erlangt, um die ansonsten strengeren gesetzlichen Bestimmungen des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zu umgehen (OZ 13, S. 17).

1.4. Zur Beschäftigung und zu den Versicherungszeiten

Der Beschwerdeführer war von 01.12.2015 bis 17.09.2016 und von 12.12.2016 bis 20.03.2018 geringfügig beschäftigt (AS 43).

Der Beschwerdeführer war von 28.02.2007 bis 31.12.2011 und von 07.10.2013 bis 28.02.2014 als Studierender in der österreichischen Krankenversicherung selbstversichert (AS 43).

Der Beschwerdeführer war von 01.03.2014 bis 30.04.2015 aufgrund seines Wohnsitzes im Bundesgebiet in der österreichischen Krankenversicherung selbstversichert (AS 43).

Der Beschwerdeführer war von 28.01.2016 bis 17.09.2016 und von 16.12.2016 bis 20.03.2018 als geringfügig Beschäftigter in der österreichischen Krankenversicherung selbstversichert (AS 43).

Der Beschwerdeführer verfügt über eine unbefristete private Krankenversicherung (AS 59; OZ 13, S. 21).

Der Beschwerdeführer ist arbeitswillig und arbeitsfähig (AS 50; OZ 13, S. 15, S. 22, S. 29).

Er verfügte zuletzt im Februar 2018 über ein monatliches Einkommen in der Höhe von € 445,45 netto aus einer geringfügigen Beschäftigung (AS 58).

Der Beschwerdeführer verfügt über einen Vorvertrag zur Anstellung als Hilfsarbeiter vom 19.03.2018, beginnend mit 01.05.2018 bei einer Firma in Österreich (AS 50 ff). Der Beschwerdeführer würde dort als Hilfsarbeiter € 1.822,55 brutto verdienen (AS 51). Der Vorvertrag ist nach wie vor aufrecht (OZ 13, S. 21).

Der Beschwerdeführer hat Berufserfahrung als Verkäufer (OZ 13, S. 15).

Dem Beschwerdeführer wird von seinem letzten Arbeitsgeber eine hervorragende Arbeitsleistung, viel Engagement und Zuverlässigkeit bescheinigt und wird er auch für seine fachliche Qualifikation, Teamfähigkeit und Freundlichkeit geschätzt (AS 48).

1.5. Zur Rückkehr des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat

Der Herkunftsstaat des Beschwerdeführers ist ein sicherer Herkunftsstaat.

Der Beschwerdeführer war seit seiner Einreise nach Österreich im Jahr 2007 regelmäßig für ca. 10 Tage im Jahr mit seiner Mutter und seiner Schwester in Serbien. Während des Aufenthalts hat er im Haus seines Vaters gewohnt. Zuletzt war der Beschwerdeführer im Jahr 2017 in Serbien. (OZ 13, S. 10).

Der Vater des Beschwerdeführers ist im Heimatort in Serbien Hälfteeigentümer eines Hauses mit Grundstück und Garten (OZ 13, S. 36).

Die Großeltern mütterlicherseits haben ein Haus in Serbien (OZ 13, S. 31).

Bei einer Rückkehr nach Serbien kann der Beschwerdeführer im Haus seines Vaters Unterkunft nehmen. Er kann seine Lebensbedürfnisse befriedigen, er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen, einer Arbeit nachgehen und sich selbst erhalten.

Der Beschwerdeführer kann zudem von seiner Familie bei einer Rückkehr nach Serbien zumindest vorübergehend unterstützt werden. Die Mutter des Beschwerdeführers ist berufstätig und hat den Beschwerdeführer auch in der Vergangenheit finanziell unterstützt.

1.6. Zur maßgeblichen Situation im Herkunftsstaat

Die Länderfeststellungen zur Lage in Serbien basieren auf dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Serbien in der Fassung der Gesamtaktualisierung vom 05.06.2020.

1.6.1. Zur politischen Lage

Die Volksvertretung in der Republik Serbien ist ein Einkammerparlament (Narodna skupština, 250 Abgeordnete). Vorgezogene Parlamentswahlen fanden zuletzt am 24.4.2016 statt. Stärkste Kraft ist erneut die Liste der proeuropäischen Serbischen Fortschrittspartei SNS (sie spaltete sich 2008 von der Serbischen Radikalen Partei SRS ab; zusammen mit kleineren Parteien wie der SNP 105 Mandate) gefolgt von der Sozialistischen Partei Serbiens (SPS, 22 Mandate). Die oppositionelle proeuropäische Demokratische Partei (DS, 15 Mandate mit einem kleinen Partner) ist seit der Abspaltung einer Gruppe um den ehemaligen Staatspräsidenten Boris Tadi? 2014 deutlich geschwächt. Einige Oppositionsparteien haben sich in der „Allianz für Serbien“ zusammengeschlossen. Sie unterstützen die seit 8. Dezember anhaltenden Demonstrationen in zahlreichen Städten des Landes, die sich gegen Missstände und die Politik der Regierung richten. Aleksandar Vucic (SNS) ist der Präsident und Ministerpräsidentin der R. Serbien ist die parteilose Ana Brnabic.

Die zehnte Sitzung der Beitrittskonferenz mit Serbien auf Ministerebene fand am 27.6.2019 in Brüssel statt, um Verhandlungen über Kapitel 9 - Finanzdienstleistungen - aufzunehmen. Mit dieser Konferenz wurden von insgesamt 35 Verhandlungskapiteln 17 für die Verhandlungen geöffnet, von denen zwei bereits vorläufig abgeschlossen wurden. Weitere Beitrittskonferenzen werden gegebenenfalls geplant, um den Prozess in der zweiten Jahreshälfte 2019 voranzutreiben.

Serbien führt bereits seit 2014 Beitrittsverhandlungen mit der EU. Die Aussöhnung mit dem Kosovo gilt aber als zentrale Bedingung dafür, dass die Gespräche irgendwann einmal erfolgreich abgeschlossen werden können.

1.6.2. Zur Sicherheitslage:

Die politische Lage ist stabil. In der Grenzregion zu Kosovo kann es zu Spannungen kommen. Insbesondere in Belgrad und anderen Städten sind vereinzelt Proteste und Demonstrationen möglich, die meistens friedlich verlaufen.

Tausende von Demonstranten gingen auch am 11.5.2019 auf die Straßen, um gegen Präsident Aleksandar Vu?i? und seine Regierung zu demonstrieren. Sie werfen der Regierung Korruption und Einschränkung der Medienfreiheit vor. Die wöchentlichen Proteste begannen im Dezember 2018 und wurden durch einen Angriff auf einen Oppositionsführer ausgelöst.

Serbien hat ein gewisses Maß an Vorbereitung bei der Umsetzung des Rechtsbestands im Bereich Sicherheit erreicht. Einige Fortschritte wurden durch die Stärkung des Rechtsrahmens zur Bekämpfung der Geldwäsche und die Erfüllung der meisten Empfehlungen des letzten Jahres erzielt. Serbien trägt als Transitland weiterhin erheblich zur Steuerung der gemischten Migrationsströme in die EU bei, indem Serbien eine aktive und konstruktive Rolle spielt und effektiv mit seinen Nachbarn und EU-Mitgliedstaaten zusammenarbeitet. Bei der Umsetzung der integrierten Grenzschutzstrategie und des Aktionsplans hat Serbien einige Fortschritte erzielt. Die Strategie und der Aktionsplan zur Bekämpfung der irregulären Migration wurden angenommen.

Ein Zwischenfall mit serbischen Soldaten, denen am 7.9.2019 die Einreise zu einer Gedenkfeier in Kroatien verweigert wurde, hat zu einem Eklat zwischen den beiden Ländern geführt. Zagreb kritisierte eine „Provokation“ aus Belgrad, in Serbien wurde dem Nachbarland Geschichtsrevisionismus vorgeworfen. Die serbische Militärdelegation hatte am 7.9.2019 in Jasenovac an einer Gedenkfeier der serbisch-orthodoxen Kirche für die Opfer des dortigen Konzentrationslagers teilnehmen wollen. Elf Militärangehörigen, die laut Medien in Zivil unterwegs waren und ihre Uniformen im Gepäck hatten, hatte die kroatische Grenzpolizei die Einreise verweigert. Laut Kroatien war die Delegation nicht angemeldet, die serbische Seite behauptet das Gegenteil. Der Delegation gehörten Berichten zufolge Offiziere der Militärakademie sowie Kadetten und Schüler des Militärgymnasiums an.

Die im Norden der Republik Serbien gelegene Provinz Vojvodina zeichnet sich durch eine eigenständige, durch jahrhundertealte Koexistenz der Serben mit verschiedenen nationalen Minderheiten (u.a. Ungarn, Rumänen, Ruthenen, Kroaten, Deutschen) geprägte Tradition aus. In der mehrheitlich von ethnischen Albanern bewohnten Grenzregion Südserbiens zu Kosovo und Nordmazedonien (Gebiet der Gemeinden Bujanovac, Preševo, Medvedja) ist die Lage stabil.

Die von serbischer Seite als politische Strafzölle empfundenen 100 %-Erhöhungen der Importzölle für Waren in den Kosovo bleiben weiterhin der Hauptgrund der erneut belasteten bilateralen Beziehungen zu Pristina.

1.6.3. Zum Rechtsschutz/Justizwesen:

Die Verfassung sieht eine unabhängige Justiz vor, aber die Gerichte bleiben weiterhin anfällig für Korruption und politischen Einfluss.

Das serbische Justizwesen besteht aus einem Verfassungsgericht, dem Obersten Gerichtshof, 30 Bezirksgerichten und 138 Gemeindegerichten. Daneben bestehen spezielle Gerichte wie Verwaltungsgerichte und Handelsgerichte. Im Belgrader Bezirksgericht existiert eine Sonderkammer für die Verfolgung von Kriegsverbrechen, daneben existiert eine Staatsanwaltschaft für Kriegsverbrechen - beiden zusammen obliegt die juristische Aufarbeitung der Kriegsverbrechen aus den Balkankriegen der 1990er Jahre. Ihre Einrichtung ist Teil des Prozesses der Schließung des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (Den Haag) und der Überführung seiner Aufgaben auf die nationalen Justizbehörden in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien.

Serbien hat im Bereich Justiz einige Fortschritte erzielt; während die Empfehlungen des Vorjahres nur teilweise umgesetzt wurden, wurden bei der Reduzierung alter Vollstreckungsfälle und der Weiterverfolgung von Maßnahmen zur Harmonisierung der Gerichtspraxis Fortschritte erzielt. Einige Änderungen der Regeln für die Ernennung von Richtern und Staatsanwälten und für die Bewertung der Arbeit von Richtern und Staatsanwälten wurden angenommen, aber das System muss nach der Annahme der Verfassungsänderungen grundlegend überarbeitet werden, um eine leistungsbezogene Stellenbesetzungen und Beförderungen von Richtern zu ermöglichen. Politische Einflussnahme im Bereich der Justiz bleibt weiterhin ein Problem. Die Verfassungsreform befindet sich im Gange.

Das Parlament hat am 21.5.2019 eine umstrittene Änderung des Strafrechts gebilligt, gemäß der Straftäter, die wegen Vergewaltigung und Ermordung eines Minderjährigen oder einer schwangeren oder behinderten Person zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt werden, zukünftig keine Möglichkeit einer frühzeitigen Entlassung mehr haben. Bislang belief sich die Höchststrafe in Serbien auf 40 Jahre. Der Europarat kritisierte den Gesetzesentwurf und sprach von einem Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.

Prinzipiell kann sich jede Person in Serbien, die sich privaten Verfolgungshandlungen ausgesetzt sieht, sowohl an die Polizei wenden als auch direkt bei der Staatsanwaltschaft persönlich oder schriftlich eine Anzeige einbringen. Auch können entsprechende Beschwerden an die Ombudsmann Institutionen getätigt werden. Darüber hinaus besteht auch für solche Personen, die Möglichkeit der Aufnahme in das Zeugen- bzw. Opferschutzprogramm. Die Bevölkerung hat die Möglichkeit, sich wegen rechtswidriger Akte der Sicherheitsdienste an den serbischen Ombudsmann oder den serbischen Datenschutzbeauftragten zu wenden.

1.6.4. Zu den Sicherheitsbehörden:

Die Polizei des Landes untersteht der Aufsicht des Innenministeriums, wobei die Behörden eine wirksame Kontrolle über die Sicherheitskräfte ausüben. Die Effektivität der Polizei variiert. Die meisten Beamten sind ethnische Serben, jedoch sind auch Angehörige von Minderheiten als Polizeibeamte tätig. Korruption und Straffreiheit in der Polizei sind ein Problem. Im Laufe des Jahres 2019 stellten Experten der Zivilgesellschaft fest, dass sich die Qualität der polizeilichen internen Ermittlungen weiter verbessert hat. Die neu geschaffene Antikorruptionsabteilung im Innenministerium wurde geschaffen, um schwere Korruption zu untersuchen. Es gibt keine spezialisierte Regierungsstelle, die Morde durch die Sicherheitskräfte untersuchen kann. Die Polizei, das Sicherheitsinformationszentrum (BIA) und die Direktion für die Vollstreckung strafrechtlicher Sanktionen untersuchen solche Fälle durch interne Kontrollen. In den ersten acht Monaten 2019 reichte die interne Kontrolle des Innenministeriums 136 Strafanzeigen gegen 285 Personen wegen 388 Verbrechen ein; 124 waren Polizisten und 161 Zivilbeamte. In 45 der Fälle wurden die Täter zu Haftstrafen verurteilt.

Durch eine unsystematische Umsetzung der Reform, ohne größeren Plan und Strategie, sind die eigentlichen Ziele, die Polizei zu de-kriminalisieren, de-politisieren, de-militarisieren und eine Dezentralisierung einzuleiten, bis heute nur bedingt erreicht. Gegenwärtig unterstehen die etwa 43.000 Polizisten des Landes dem Innenministerium und sind u.a. unterteilt in Zoll, Kriminalpolizei, Grenzpolizei sowie zwei Anti-Terroreinheiten, die „Special Antiterrorist Unit“ und die „Counterterrorist Unit“.

Es kommt in Einzelfällen immer noch vor, dass die Sicherheitsbehörden ihre Vollmachten überschreiten oder Anträge und Anfragen nicht so effizient bearbeiten. Dies beschränkt sich jedoch nicht auf bestimmte Personengruppen, sondern bezieht sich auf alle Einwohner der Republik Serbien. Alle Einwohner bzw. Bürger der Republik Serbien haben den gleichen Zugang zum Justizwesen, zu den Gerichten und den Polizeibehörden. Rechtsschutzmittel gegen polizeiliche Übergriffe sind vorgesehen, nämlich Strafanzeige und/oder Disziplinarverfahren. Jedoch gibt es keine „besonderen“ Rechtsschutzmittel betreffend Übergriffe gegen Roma-Angehörige. Diese sind, wie alle Einwohner der Republik Serbien, vor dem Gesetz gleich.

1.6.5. Zur Folter und unmenschlichen Behandlung

Obwohl die Verfassung Folter verbietet, soll diese bei Festnahmen und in Untersuchungshaft zur Erpressung von Geständnissen gelegentlich angewandt werden. Die Straflosigkeit bei Missbrauch oder Folter ist bei der Festnahme oder Erstinhaftierung weit verbreitet. Es gibt nur wenige strafrechtliche Verfolgungen und noch weniger Verurteilungen wegen Missbrauch oder Folter.

Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher und erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) veröffentlichte im Mai 2018 einen Bericht, in dem der Ausschuss Bedenken hinsichtlich der Misshandlung von Personen in Polizeigewahrsam äußerte und die Behörden aufforderte, die Misshandlung der Polizei zu bekämpfen.

1.6.6. Zur Korruption

Korruption gehört zu den zentralen politischen Problemen in Serbien, mit weitreichenden, negativen Auswirkungen auf das Funktionieren von politischem System, staatlichen Institutionen und die serbische Wirtschaft. Systemische Korruption findet sich heute vor allem bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Verteilung anderer staatlicher Haushaltsmittel, sowie im Gesundheits- und Bildungswesen. Korruption in der Wirtschaft findet v.a. an den Schnittstellen zu staatlichen Institutionen statt. Abgenommen hat die Korruption in den letzten Jahren bei der Polizei. Auf staatlicher Seite ist eine eigenständige Institution, die Anti-Korruptionsagentur mit dem Kampf gegen Korruption befasst; in der serbischen Zivilgesellschaft beschäftigt sich Transparency International mit dem Phänomen Korruption. Druck auf serbische Behörden zu effektiverer Bekämpfung der systemischen Korruption kommt v.a auch von der EU. Unterstützung bei der Bekämpfung der Korruption in Serbien leistet außerdem das UN Development Program (UNDP). Die Bekämpfung der Korruption gehört zu den zentralen Reformbedingungen der EU in Serbiens Beitrittsverhandlungen bzw. in den Justizkapiteln 23 und 24.

Serbien rangiert im Transparency Corruption Perceptions Index (2018) am 87. Platz von 180 Ländern.

1.6.7. Zu NGOs und Menschenrechtsaktivisten

Eine Vielzahl unabhängiger nationaler und internationaler Menschenrechtsgruppen operiert im Allgemeinen ohne staatliche Einschränkung, untersucht und veröffentlicht ihre Ergebnisse zu Menschenrechtsfällen. Während Regierungsbeamte im Allgemeinen kooperativ sind und auf ihre Fragen reagieren, werden die Gruppen von nicht staatlichen Akteuren, einschließlich der Pro-Regierungs-Medien, kritisiert, belästigt und bedroht, weil sie sich kritisch gegenüber der Regierung oder entgegen den nationalistischen Ansichten zum Kosovo, dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) und den Kriegen der 90er Jahre äußern. Im Laufe des Jahres 2019 veröffentlichten mehrere Medien Artikel, in denen zahlreichen Journalisten, NGO-Aktivisten und unabhängige Einrichtungen vorgeworfen wurde, „Verräter“ des Landes zu sein, die versuchen, die Verfassungsordnung gewaltsam zu stürzen.

Ausländische und inländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) agieren in der Regel frei, aber diejenigen, die offen kritische Positionen gegenüber der Regierung vertreten oder sensible oder kontroverse Themen ansprechen, sind in den letzten Jahren mit Bedrohungen und Belästigungen konfrontiert worden. Während des gesamten Jahres 2018 war die Direktorin der NGO Center for Euro-Atlantic Studies, Gegenstand einer anhaltenden Schmutzkampagne in den Medien als Reaktion auf ihre Unterstützung von Kriegsverbrecherverfolgungen und die Mitgliedschaft Serbiens in der NATO.

1.6.8. Zum Ombudsmann

Der Bürgerbeauftragte spielt eine Schlüsselrolle bei der Gewährleistung des Rechts der Bürger auf eine gute Verwaltungspraxis und die Behörden sind verpflichtet, über die Umsetzung seiner Empfehlungen zu berichten. Im vierten Jahr in Folge diskutierte das Parlament jedoch nicht in der Plenarsitzung den Jahresbericht des Bürgerbeauftragten, sodass keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Überprüfung der Regierung gezogen wurden.

Im Jahr 2018 haben insgesamt 9.120 Bürgerinnen und Bürger die Dienste des Bürgerbeauftragten in Anspruch genommen, von denen 2.432 durch persönliche und 3.350 durch Telefongespräche. Es gab insgesamt 3.338 eingereichte Beschwerden, davon 56 auf eigene Initiative des Bürgerbeauftragten. 2.346 Fälle wurden abgeschlossen. Gleichzeitig wurden rund 2.720 Fälle aus den Vorjahren bearbeitet und davon 1.443 Fälle abgeschlossen, sodass 2018 insgesamt 3.789 Fälle abgeschlossen wurden. Der Anteil der Beschwerden hinsichtlich Minderheitenangelegenheiten ist im Jahresbericht des Ombudsmann Büros 2018 mit 64 unter 3.338 Beschwerden mittlerweile gering und macht lediglich 1,92 % aller Beschwerden aus.

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien.

In drei Gemeinden mit signifikantem albanischem Bevölkerungsanteil gibt es eigene Zweigstellen der nationalen Ombudsmanninstitution. In der Provinz Wojwodina kann ein eigenständiges Ombudsmannsbüro seinen Aktivitäten unabhängig nachgehen.

1.6.9. Zur allgemeinen Menschenrechtslage

Die rechtlichen und institutionellen Rahmen für die Wahrung der Grundrechte sind weitgehend vorhanden. Es wurden Änderungen zur Verbesserung des Rechtsrahmens für nationale Minderheiten angenommen. Eine konsequente und effiziente Umsetzung der Rechtsvorschriften und der politischen Maßnahmen muss jedoch sichergestellt werden.

Die Lage der Menschenrechte in Serbien ist insgesamt gut. Serbien hat die wichtigsten internationalen Menschenrechtskonventionen in nationales Recht übernommen. 2013 hat die serbische Regierung eine Anti-Diskriminierungsstrategie verabschiedet. Ein effektiver gesetzlicher Rahmen zum Schutz von Serbiens zahlreichen ethnischen Minderheiten existiert. Trotzdem existieren verschiedene Schwächen im Menschenrechts- und Minderheitenschutz. Probleme in der Verwirklichung der Menschenrechte bestehen etwa durch die Schwäche des Rechtsstaats und die noch immer unzureichende juristische Aufarbeitung der Kriegszeit.

In Serbien gibt es entsprechende Stellen auf Republiksebene (Ministerium für Menschen- und Minderheitenrechte, Staatsverwaltung und lokale Selbstverwaltungs-Abteilung für Menschen- und Minderheitenrechte), als auch auf der lokalen Ebene (Stadtgemeinden-Ombudsmann), an die sich Bürger im Falle erlittenen Unrechts wenden können. Weiters bestehen auch zahlreiche NGOs, welche sich mit Rechten der nationalen Gemeinschaften befassen, u.a. Helsinki Committee for Human Rights, The Humanitarian Law Centre, The Lawyers Committee for Human Rights, Belgrade Centre for Human Rights, als auch zahlreiche Roma Organisationen in ganz Serbien.

1.6.10. Zu den Haftbedingungen

Die Haftbedingungen sind aufgrund von Überbelegung, körperlichem Missbrauch, unhygienischen Bedingungen und unzureichender ärztlicher Versorgung schlecht. Nach Angaben des Justizministeriums lag die Gefängniskapazität 2019 10.300, während die Gefangenenzahl im Laufe des Jahres 2019 10.890 betrug. Obwohl die Gefängnisse nach wie vor überfüllt sind, konnte die Überbelegung durch den Bau neuer Gefängnisse und die breitere Anwendung alternativer Strafmaßnahmen (z.B. Zivildienst, Hausarrest und andere Maßnahmen) verringert werden. Die Behörden führen ordnungsgemäße Untersuchungen von glaubwürdigen Vorwürfen wegen Misshandlung durch. Die unabhängige Überwachung der Haftbedingungen ist gesetzlich erlaubt und die Regierung gewährt unabhängigen Beobachtern Zugang zu den Haftanstalten. Die 2018 begonnene Renovierung des Belgrader Bezirksgefängnisses wurde im Laufe des Jahres fortgesetzt. Neue Gefängniseinrichtungen wurden in Sremska Mitrovica, Leskovac und Pozarevac gebaut. Trotz Verbesserungen bei den Untersuchungsverfahren stellt die verlängerte Untersuchungshaft nach wie vor ein Problem dar.

Was das Gefängnissystem betrifft, so wurden die Renovierung und Modernisierung mehrerer Gefängnisse, darunter das Gefängniskrankenhaus in Belgrad, im Einklang mit der Strategie zur Verringerung der Überbelegung in Strafanstalten fortgesetzt. Ein neues Gefängnis wurde in Pan?evo gebaut und ist in Betrieb. Die Überarbeitung und Verbesserung der Behandlungsprogramme in Gefängnissen und medizinischen Einrichtungen in Haftanstalten wird im Einklang mit den TCP-Empfehlungen fortgesetzt. Die Einschränkung von Inhaftierungsmaßnahmen und die verstärkte Anwendung alternativer Sanktionen trugen zu einer stabilen Haftpopulation bei. Im November 2018 wurden Änderungen des Gesetzes beschlossen, um den Einsatz alternativer Sanktionen zu verbessern. Allerdings bestehen nach wie vor Mängel bei den Unterbringungsbedingungen sowie bei der Gewährung von Rechtsbeistand und Gesundheitsversorgung.

1.6.11. Zur Todesstrafe

Die Gesetzte sehen für keine Straftat die Todesstrafe vor.

Die in der serbischen Verfassung integrierte Menschenrechtscharta verbietet die Todesstrafe. Das gilt auch für Militärstraftaten. Die Bundesrepublik Jugoslawien hat das Zweite Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe unterzeichnet. Das Protokoll trat am 6.12.2001 in Kraft und gilt – im Wege der Rechtsnachfolge – auch für Serbien.

1.6.12. Zur Religionsfreiheit

Im Allgemeinen herrscht in Serbien Religionsfreiheit. Die serbische Verfassung und Gesetze erkennen allerdings nur sieben „traditionelle“ Konfessionen an, woraus eine gewisse Diskriminierung anderer religiöser Gruppen und ihrer Angehöriger resultiert, etwa bei der Registrierung von Religionsgruppen - ein Bereich, in dem es jüngst Fortschritte gegeben hat. Zugleich genießt die Serbisch-Orthodoxe Kirche eine klare Bevorzugung gegenüber anderen Konfessionen. Die überwiegende Mehrheit der Einwohner Serbiens sind Christen. Etwa 6,3 Millionen (ca. 84%) der Einwohner bekennen sich zur serbisch-orthodoxen Kirche, ferner gibt es noch religiöse Minderheiten, insbesondere Katholiken (5 %), Protestanten (1 %), Atheisten (1,1 %), nicht deklarierte oder unbekannte (4,5 %) und einige wenige neuapostolische Christen. Etwa 3 % der Einwohner sind Muslime. Sie leben im südserbischen Sandschak, wo sie eine knappe Mehrheit bilden.

Die Verfassung untersagt die Errichtung einer Staatsreligion, garantiert die Gleichheit aller religiösen Gruppen, verbietet die Aufstachelung zum Religionshass und religiöse Diskriminierung. Einige nicht-traditionelle religiöse Gruppen erklären, dass die Umsetzung von Gesetzen durch die staatlichen Behörden diskriminierend ist. Wegen Anstiftung zur Diskriminierung, zum Hass oder zur Gewalt gegen eine Person oder Gruppe aus religiösen Gründen sieht das Gesetz Freiheitsstrafen von einem bis zehn Jahren vor.

1.6.13. Zu den ethnischen Minderheiten

Die 2006 erlassende Verfassung garantiert allen in der Republik Serbien lebenden Menschen (insbesondere Minderheiten) alle Rechte, im Einklang mit den höchsten internationalen Standards.

Die nationalen Minderheitenräte vertreten die ethnischen Minderheiten des Landes und verfügen über eine breite Kompetenz in den Bereichen Bildung, Medien, Kultur und Minderheitensprachen. Ethnische albanische Führer in den südlichen Gemeinden Presevo, Medvedja und Bujanovac sowie Bosniaken in der südwestlichen Region Sandzak beklagen, dass sie in staatlichen Institutionen auf lokaler Ebene unterrepräsentiert seien. Nach Angaben des Direktors des Regierungsbüros für Menschen- und Minderheitenrechte haben mehr als 60.000 Schüler aus Minderheitengruppen eine muttersprachliche Ausbildung absolviert. Die Regierung machte einige Fortschritte bei der Genehmigung neuer muttersprachlicher Lehrbücher, obwohl zu Beginn des Schuljahres 2019/20 nicht alle Lehrbücher in Minderheitensprachen verfügbar waren.

Die Volkszählung von 2011 ergab folgende ethnische Struktur - 83,32 % der Bevölkerung bezeichneten sich als Serben. Der überwiegende Teil des Rests bezeichnet sich als zu einer der Minderheiten zugehörig, die zahlenmäßig größten darunter sind: Ungarn - 3,53 %, Bosniaken (v.a. in der Region Sandschak)- 2,02 %, Roma - 2,05 %, Jugoslawen - 1,08 %, Kroaten - 0,81%, Albaner (überwiegend: Südserbien) - 0,82 % (letzte verfügbare Zahl aus 2002, da die Mehrzahl der Albaner die Volkszählung 2011 boykotiert hatten). In der Provinz Vojvodina gibt es die größte Anzahl ethnischer Minderheiten, über 25. Sie machen rund ein Drittel der Bevölkerung aus. Die größten Gruppen sind: Ungarn – 13 %, Slowaken – 2,60 %, Kroaten – 2,43 %, Montenegriner – 1,15 %, Jugoslawen – 0,63 %. Der serbische Staat garantiert gewisse Minderheitenrechte hinsichtlich der offiziellen Verwendung von Minderheitensprachen, der Gründung von Minderheitenräten als nationale Vertretung sowie der Aufhebung der Sperrklausel für ethnische Minderheitenparteien im serbischen Parlament.

Serbien hat das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten sowie die Europäische Charta der Regional- oder Minderheitensprachen des Europarats ratifiziert. Die serbische Verfassung enthält ausführliche Bestimmungen zum Schutz nationaler Minderheiten. Die Minderheitengesetzgebung entspricht internationalem Standard. Die serbische Regierung hat Anfang März 2016 einen Aktionsplan für Minderheiten (als Teil des Aktionsplans zum EU-Verhandlungskapitel) verabschiedet. Ein am 26.3.2009 verabschiedetes allgemeines Antidiskriminierungsgesetz stärkt u.a. auch die Rechte nationaler Minderheiten. Probleme ergeben sich aber immer wieder bei der Implementierung. Die Antidiskriminierungsstrategie der Regierung ist im Januar 2018 ausgelaufen, eine neue Strategie wurde bislang noch nicht verabschiedet. In der serbischen Öffentlichkeit sind Vorbehalte und Vorurteile gegen Angehörige bestimmter Minderheiten (Roma, Albaner, Bosniaken, LGBTI) unverändert weit verbreitet. Allerdings sind in bestimmten Bereichen auch Fortschritte zu verzeichnen (z.B. höhere Einschulungsquote von Roma-Kindern, Einsatz pädagogischer Assistenten und Roma-Mediatorinnen oder Anerkennung von Schulbüchern in Minderheitensprachen). Menschen mit Behinderungen erfahren zudem faktische Benachteiligung und zählen zu den am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen in Serbien. In Serbien gibt es 21 nationale und ethnische Minderheiten mit mehr als 2000 Angehörigen. Aus der letzten Volkszählung 2011 ergibt sich, dass rund 1 Mio. (von 7,18 Mio.) einer Minderheit angehören, darunter 4.064 Angehörige der deutschen Minderheit. Laut OSZE bezeichnen die meisten Minderheitenvertreter ihre eigene Situation als grundsätzlich zufriedenstellen.

1.6.14. Zur Bewegungsfreiheit

Die Verfassung garantiert das Recht auf Reisefreiheit innerhalb des Landes, Auslandsreisen, Emigration und Wiedereinbürgerung, und die Regierung respektiert diese Rechte im Allgemeinen. Die Bewegungsfreiheit wird aber nicht immer angemessen geschützt.

1.6.15. Zu IDPs und Flüchtlingen

Das Gesetz bietet den Binnenvertriebenen Schutz in Übereinstimmung mit den UN-Leitlinien für Binnenvertriebene, aber die Umsetzung bleibt in einigen Bereichen hinter den Erwartungen zurück. Nach offiziellen Statistiken des serbischen Kommissariats für Flüchtlinge und Migration leben im Land 198.545 Vertriebene (vom UNHCR als Binnenvertriebene bezeichnet) aus dem Kosovo, von denen die meisten den Kosovo infolge des Krieges von 1998-1999 verließen. Etwa 80 % leben in städtischen Gebieten. Nach jüngsten Untersuchungen des SCRM [Serbian Commissariat for Refugees and Migration; Anm.] waren mehr als 68.000 dieser Personen extrem gefährdet und hilfsbedürftig; diese Vertriebenen erfüllen eine oder mehrere der Gefährdungskriterien des UNHCR, wie beispielsweise Familien mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze, Personen, die unter unwürdigen Bedingungen leben, Personen mit geistigen oder körperlichen Behinderungen, Alleinerziehende, ältere Menschen und Frauen, Kinder oder Jugendliche. Nach Angaben des SCRM hat die Regierung in den letzten 18 Jahren mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft Maßnahmen und Aktivitäten im Zusammenhang mit der Aufnahme und Betreuung von Vertriebenen aus dem Kosovo durchgeführt, um angemessene Lebensbedingungen zu schaffen. Ihre jüngste Studie ergab, dass mehr als 4.700 Wohneinheiten, die im Allgemeinen als Wohnräume für eine Familie definiert sind, bereitgestellt wurden. 2019 stellte die Regierung 288 Wohneinheiten (192 Pakete mit Baumaterial und 96 Dorfhäuser) und 165 einkommensschaffende Maßnahmenpakete (income-generation packages) für Vertriebene zur Verfügung. Lokale NGOs und internationale Organisationen stellten zusätzlichen Wohnraum, finanzielle Unterstützung und kostenlose Rechtshilfe bei Registrierung, die Lösung von Eigentumsansprüchen, die Sicherung von Arbeitsrechten und die Beschaffung persönlicher Dokumente zur Verfügung.

Serbien verfügt über 18 Asylzentren, Unterbringungszentren und Transitzentren mit zusammen 5.880 Unterbringungsplätzen im ganzen Land.

Die Asyl- und Migrationslage blieb während des gesamten Monats August stabil, wobei die Anzahl der in Serbien aufhältigen Asylwerber und Migranten bis zum Monatsende um 300 Personen auf aktuell 2.400 zurückging. Die Auslastung in den serbischen Asylquartieren entsprach per Monatsende August 40 % der gegenwärtig zur Verfügung stehenden 6.000 winterfesten Quartierplätze im ganzen Land. Damit wurde die niedrigste Zahl seit Sommer 2018 wieder erreicht.

1.6.16. Zur Grundversorgung/Wirtschaft

Die Stärkung der serbischen Wirtschaft ist seit Jahren eines der innenpolitischen Hauptthemen. Als EU-Beitrittskandidat strebt Serbien nach Anpassung an die EU-Standards. Die Wirtschaftszahlen zeigen große Erfolge bei der Haushaltskonsolidierung sowie eine leichte Besserung mit Blick auf die allgemeine Wirtschaftsentwicklung.

Trotz erheblicher Reformanstrengungen und dem grundsätzlichen Umbau einer verstaatlichten, reglementierten und von starken Einbrüchen geprägten zu einer modernen Marktwirtschaft sieht sich Serbien auch nach einem Jahrzehnt grundlegenden Strukturproblemen gegenüber, welche die wirtschaftliche und Haushaltsstabilität bedrohen.

Im Jahr 2019 lag die Arbeitslosenquote in Serbien bei rund 10,9 %. Für das Jahr 2021 wird die Arbeitslosenquote in Serbien auf rund 13 % prognostiziert. Die Jugendarbeitslosenquote (bei 14 bis 24-jährigen) wird bei rund 32,05 % geschätzt. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt in Serbien rund 50,5 Milliarden US-Dollar. Für das Jahr 2024 wird das BIP Serbiens auf rund 75,2 Milliarden US-Dollar prognostiziert. Im Jahr 2018 betrug das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Serbien rund 7.223 US-Dollar. Im Jahr 2019 belief sich die durchschnittliche Inflationsrate in Serbien auf rund 2 % gegenüber dem Vorjahr.

1.6.16.1. Zu den Sozialbeihilfen

Armut in Serbien ist v.a. ein ländliches Phänomen und betrifft außerdem sozial benachteiligte Gruppe überproportional, unter anderem Roma. Zugleich ist das bisher gültige System der Sozialhilfe nicht angepasst an die Bedürfnisse der Bedürftigsten, es kommt bisher nur ein kleinerer Teil der Transferzahlungen bei Ihnen an. Mit Unterstützung der Weltbank hat die serbische Regierung in den letzten Jahren erste Schritte zu einer Reform des Sozialhilfesystems unternommen.

Ein Sozialamt ist in allen Gemeinden Serbiens zu finden. Der Umfang der Aktivitäten, der seitens der Sozialämter angeboten wird, beinhaltet Unterstützung für folgende Personengruppen: Individuen oder Familien ohne Einkommen, Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen, die nicht in der Lage sind, für sich selber zu sorgen, Waisen, Drogen- oder Alkoholabhängige, Verurteilte, die sich im Gefängnis aufhalten, minderjährige Eltern, Familien mit drei oder mehr Kindern. Zusätzlich gibt es spezielle Unterstützung um Familiengewalt vorzubeugen. Sozialhilfe ist in Serbien kostenfrei. Das Sozialsystem ist für jeden serbischen Staatsbürger zugänglich.

Anspruch auf Sozialhilfe haben in Serbien Bürger, die arbeitsunfähig sind und auch sonst keine Mittel zum Unterhalt haben. Außerdem sind Bürger sozialhilfeberechtigt, die ihren Unterhalt durch ihre Arbeit allein, durch Unterhaltspflichten von Verwandten, durch ihr Vermögen oder auf andere Art und Weise nicht sichern können. Neben der Sozialhilfe wird als weitere staatliche Unterstützungsmaßnahme an Bedürftige monatlich Kindergeld in Höhe von umgerechnet ca. 25 Euro ausbezahlt.

1.6.17. Zur medizinischen Versorgung

Die medizinische Versorgung ist außerhalb der größeren Städte nicht überall gewährleiste

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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