TE Bvwg Erkenntnis 2020/10/16 W227 2236033-1

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Veröffentlicht am 16.10.2020
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Entscheidungsdatum

16.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
B-VG Art14 Abs7a
SchPflG 1985 §1 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs2
SchPflG 1985 §11 Abs4
SchPflG 1985 §2
SchPflG 1985 §4
SchPflG 1985 §5 Abs1
SchUG §42 Abs1

Spruch

W227 2236033-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX und XXXX als Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 11. September 2020, Zl. 408-28/33-2020, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

1. Am 1. August 2020 zeigten die Beschwerdeführer die Teilnahme ihres am XXXX geborenen Sohnes XXXX an häuslichem Unterricht für das Schuljahr 2020/2021 an.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Oberösterreich gemäß § 11 Abs. 4 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) und § 13 Abs. 2 VwGVG aus, dass die Teilnahme von XXXX am häuslichen Unterricht für das Schuljahr 2020/2021 untersagt werde (Spruchpunkt 1.), er die Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten „Pflichtschule“ (gemeint: Schule) (Volksschule) zu erfüllen habe (Spruchpunkt 2.) und die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde aberkannt werde (Spruchpunkt 3.).

Begründend führte die Bildungsdirektion zusammengefasst aus, dass XXXX kein „Abschlusszeugnis“ der 1. Klasse Volksschule vorgelegt habe.

3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde und brachten im Wesentlichen vor, sie „bitten höflichst um den Erlaub des Unterrichts im Haus“. Dies betreffe „jetzt die 1. Schulstufe“.

4. Am 14. Oktober 2020 legte die Bildungsdirektion für Oberösterreich die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der am XXXX geborene Sohn der Beschwerdeführer war im Schuljahr 2019/2020 (1. Schulstufe) zum häuslichen Unterricht abgemeldet.

Am Ende des Schuljahres 2019/2020 legte er keinen Nachweis über den zureichenden Erfolg des häuslichen Unterrichts vor.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen basieren auf dem Akteninhalt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß Art. 14 Abs. 7a B-VG beträgt die Schulpflicht zumindest neun Jahre und es besteht auch Berufsschulpflicht.

Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes.

Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.

Gemäß § 4 SchPflG sind unter den in den §§ 5 bis 10 genannten Schulen öffentliche oder mit einem Öffentlichkeitsrecht ausgestattete Schulen zu verstehen.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein-bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Nach § 11 Abs. 2 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht ferner durch die Teilnahme an häuslichem Unterricht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule – ausgenommen die Polytechnische Schule – mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 4 SchPflG ist der zureichende Erfolg eines im Abs. 1 oder 2 genannten Unterrichtes jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer im § 5 genannten entsprechenden Schule nachzuweisen, soweit auch die Schüler dieser Schule am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat die Bildungsdirektion anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 zu erfüllen hat.

Gemäß § 42 Abs. 1 SchUG können die mit dem Zeugnis über den erfolgreichen Besuch einer Schulstufe oder einer Schulart (Form bzw. Fachrichtung einer Schulart) sowie die mit der erfolgreichen Ablegung einer Reifeprüfung, Reife- und Diplomprüfung, Diplomprüfung oder Abschlußprüfung verbundenen Berechtigungen auch ohne vorhergegangenen Schulbesuch durch die erfolgreiche Ablegung einer entsprechenden Externistenprüfung erworben werden.

3.1.2. Sowohl für den Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG als auch für den häuslichen Unterricht gemäß § 11 Abs. 2 SchPflG schreibt § 11 Abs. 4 SchPflG gleichermaßen vor, dass der zureichende Erfolg eines solchen Unterrichts jährlich vor Schulschluss durch eine Prüfung an einer in § 5 SchPflG genannten entsprechenden Schule nachzuweisen ist, soweit auch die Schüler dieser Schulen am Ende des Schuljahres beurteilt werden. Wird ein solcher Nachweis nicht erbracht, so hat die Bildungsdirektion anzuordnen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinn des § 5 SchPflG zu erfüllen hat (vgl. VwGH 29.05.2020, Ro 2020/10/0007, m.w.N.).

Was unter der in § 11 Abs. 4 SchPflG angeordneten „Prüfung“ zu verstehen ist, ergibt sich aus den Regelungen des Schulunterrichtsgesetzes. Nach § 42 Abs. 14 SchUG gelten die Bestimmungen über die Ablegung von Externistenprüfungen auch für die auf Grund der §§ 11 Abs. 4, 13 Abs. 3 und 22 Abs. 4 SchPflG abzulegenden Prüfungen zum Nachweis des zureichenden Erfolges des Besuches von Privatschulen ohne Öffentlichkeitsrecht oder häuslichen Unterrichtes sowie des Besuches von im Ausland gelegenen Schulen.

Aus diesen Regelungen folgt, dass der „Nachweis des zureichenden Erfolges des Unterrichts“ im Sinne des § 11 Abs. 4 SchPflG nur durch eine entsprechend den Bestimmungen über die Externistenprüfungen abgelegte Prüfung erbracht werden kann, deren Gesamtbeurteilung in dem über die Prüfung auszustellenden Zeugnis wenigstens mit „bestanden“ beurkundet wurde (vgl. etwa VwGH 29.05.1995, 94/10/0187; 25.04.2001, 2000/10/0187; 27.03.2014, 2012/10/0154).

Für den Fall, dass kein Nachweis über den zureichenden Erfolg erbracht wird, schreibt das Gesetz (vgl. § 11 Abs. 4 zweiter Satz SchPflG) der Schulbehörde zwingend vor, die Anordnung zu treffen, dass das Kind seine Schulpflicht im Sinne des § 5 SchPflG, also durch den Besuch einer öffentlichen oder mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule (vgl. § 4 SchPflG), zu erfüllen hat (vgl. VwGH 27.03.2014, 2012/10/0154; 24.04.2018, Ra 2018/10/0040, jeweils m.w.N.). Der Besuch des häuslichen Unterrichts in einem Schuljahr, welches direkt auf jenes Schuljahr folgt, in welchem vor Schulschluss kein Nachweis über den zureichenden Erfolg erbracht wurde, scheidet ex lege aus (vgl. VwGH 27.03.2014, 2012/10/0154; ferner auch VwGH 27.06.2017, Ra 2017/10/0077).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Der Sohn der Beschwerdeführer vollendete am XXXX sein sechstes Lebensjahr. Für ihn besteht daher gemäß §§ 1 und 2 SchpflG seit 1. September 2019 die allgemeine Schulpflicht in Österreich. Im Schuljahr 2019/2020 erfüllte er die Schulpflicht durch Teilnahme am häuslichen Unterricht. Fallbezogen ist unstrittig, dass ein „Nachweis des zureichenden Erfolges des Unterrichts“ im Sinne des § 11 Abs. 4 SchpflG durch eine entsprechend den Bestimmungen über die Externistenprüfungen abgelegte Prüfung am Ende des Schuljahres 2019/2020 nicht erbracht wurde.

Folglich hat der Sohn der Beschwerdeführer seine Schulpflicht im Schuljahr 2020/2021 (nun) i.S.d. § 5 SchPflG zu erfüllen (vgl. wieder VwGH 27.03.2014, 2012/10/0154; ferner auch VwGH 27.06.2017, Ra 2017/10/0077). Dass der Gesetzgeber die Wiederholung einer Schulstufe im Rahmen der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht oder an häuslichem Unterricht nicht vorgesehen hat, ergibt sich auch aus § 11 Abs. 4 SchPflG, wonach für den Fall, dass der zureichende Erfolg dieses Unterrichts für eine Schulstufe nicht nachgewiesen wird, die Erfüllung der Schulpflicht i.S.d. § 5 leg. cit. anzuordnen ist, und somit der weitere Besuch einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht bzw. die Teilnahme am häuslichen Unterricht nicht mehr in Betracht kommt (vgl. VwGH 29.05.2020, Ro 2020/10/0007).

Die Bildungsdirektion für Oberösterreich hat daher zu Recht die Teilnahme des Sohnes der Beschwerdeführer am häuslichen Unterricht untersagt und angeordnet, dass dieser im Schuljahr 2020/2021 seine Schulpflicht durch den Besuch einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen hat. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet.

Ein gesonderter Abspruch über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG erübrigt sich angesichts der erfolgten Sachentscheidung.

Eine Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen, weil eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung erwarten lässt (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2. Auflage [2018] § 24 VwGVG Anm. 13 mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sowie VfGH 18.06.2012, B 155/12; EGMR Tusnovics v. Austria, 07.03.2017, 24.719/12). Außerdem ist das Schulrecht nicht von Art. 6 EMRK und auch nicht von Art. 47 GRC erfasst (vgl. VfGH 10.03.2015, E 1993/2014, sowie VwGH 23.05.2017, Ra 2015/10/0127).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass der Besuch des häuslichen Unterrichts in einem Schuljahr, welches direkt auf jenes Schuljahr folgt, in welchem vor Schulschluss kein Nachweis über den zureichenden Erfolg erbracht wurde, ex lege ausscheidet, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

allgemeine Schulpflicht Erfolgsnachweis Externistenprüfung häuslicher Unterricht öffentliche Schule Schulpflicht Unterrichtserfolg Untersagung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2236033.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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