TE Bvwg Erkenntnis 2020/11/19 W156 2233966-1

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Entscheidungsdatum

19.11.2020

Norm

AuslBG §1 Abs2
AuslBG §3 Abs8
B-VG Art133 Abs4

Spruch


W156 2233966-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Alexandra KREBITZ als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Dr. Johannes Pflug und Alexander Wirth als Beisitzer über die Beschwerde des XXXX , vertreten durch OBERHAMMER Rechtsanwälte GmbH, gegen den Bescheid des AMS Wien vom 10.06.2020, GZ: RGS XXXX , zu Recht:

A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang

1. Der Beschwerdeführer – ein Staatsangehöriger der USA - stellte am 12.12.2019 einen Antrag auf Ausstellung einer Bestätigung nach § 3 Abs. 8 AuslBG.

2. Die belangte Behörde erließ am 10.06.2020 einen Bescheid, in welchem der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen wurde.

Es wurde von der belangten Behörde festgestellt, dass der Beschwerdeführer als „Program Manager“ für die XXXX Inc. (kurz „ XXXX “) im Rahmen des REACT-Programms tätig sei.

Diese Firma sei vom US Außenministerium damit beauftragt, Entsendungen von US-Staatsbürgern zur OSZE zu koordinieren.

Da die XXXX ein privatwirtschaftliches Unternehmen sei, könne der Beschwerdeführer als Mitarbeiter keine amtlichen Aufgaben im Sinne des Abschnitt 24 des Amtssitzabkommens wahrnehmen.

3. Der Beschwerdeführer erhob im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung fristgerecht Beschwerde. Die eingereichten Dokumente würden beweisen, dass das Unternehmen XXXX und die vom Beschwerdeführer übernommenen Tätigkeiten zur Durchführung des REACT-Programms im Auftrag der ständigen Vertretung der USA zur OSZE unverzichtbar seien.

Das Unternehmen würde auch amtliche Tätigkeiten wahrnehmen, der Beschwerdeführer nehme als dessen Mitarbeiter sehr wohl amtliche Aufgaben bei der OSZE wahr. Der Beschwerdeführer sei auch als Sachverständiger gem. Art. XVI, Abschnitt 32, des OSZE-amtssitzabkommen zu qualifizieren. Ohne die langjährige Expertise des Beschwerdeführers wäre ein effizienter recruitement Prozess nicht möglich.

4. Der Beschwerdeakt wurde am 12.08.2020 dem BVwG vorgelegt. Die belangte Behörde verwies im Wesentlichen auf die Ausführungen im Bescheid.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der Beschwerdeführer ist amerikanischer Staatsangehöriger.

Der BF steht in keinem Beschäftigungsverhältnis zur OSZE oder der Regierung der USA.

Er befindet sich seit 27.11.2017 als „Program Manager“ in einem Angestelltenverhältnis bei der XXXX .

Das privatwirtschaftliche Unternehmen XXXX ist im Auftrag der ständigen Vertretung der Vereinigten Staaten von Amerika bei der OSZE im Rahmen des REACT-Auftrages tätig, indem es exklusiv Dienstleistungen wie zB die Vorauswahl der zu entsendenden Experten, die Entsendung und Beendigung der Entsendung besorgt.

2. Beweiswürdigung:

Die Ausführungen zum Verfahrensgang und zu den Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Das privatrechtliche Dienstverhältnis des BF zur XXXX ergibt sich aus dem dem Akt erliegenden Dienstvertrag.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zu A) Abweisung der Beschwerde

Rechtliche Grundlagen

AuslBG:

§ 1. (1) Dieses Bundesgesetz regelt die Beschäftigung von Ausländern (§ 2) im Bundesgebiet.

(2) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sind nicht anzuwenden auf

(…..)

c) Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeiten in diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretungen oder in mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisationen oder in ständigen Vertretungen bei solchen Organisationen oder hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Bedienstete solcher Ausländer;

(…..)

§ 3.

(…..)

8) Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat Ausländern, die gemäß § 1 Abs. 2 oder aufgrund einer Verordnung gemäß § 1 Abs. 4 vom Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes ausgenommen sind, auf deren Antrag eine Bestätigung darüber auszustellen.

(…..)

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über den Amtssitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa:

Abschnitt 24

(a) Vertreter von Staaten oder zwischenstaatlichen Organisationen bei Tagungen der OSZE oder von ihr einberufenen Tagungen, Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung der OSZE und andere Personen, die bei der OSZE in Wien amtliche Aufgaben wahrnehmen, genießen während der Ausübung ihrer Funktionen und auf ihren Reisen nach und aus Österreich die folgenden Privilegien und Immunitäten:

(…..)

(iv) Befreiung von Einwanderungsbeschränkungen, von der Ausländerregistrierung oder vom nationalen Dienst in der Republik Österreich für sich selbst und für ihre Ehegatten in Ausübung ihrer Aufgaben;

(…..)

(vii) andere Privilegien, Immunitäten und Erleichterungen, die diplomatische Gesandte genießen, und welche nicht im Widerspruch zu den vorgenannten Bestimmungen stehen, ausgenommen das Recht, die Befreiung von Zollgebühren für eingeführte Gegenstände (sofern sie nicht Teil ihres persönlichen Gepäcks darstellen) oder von Verbrauchs- oder Umsatzsteuern zu beanspruchen.

(…..)

3.1.1. Auf den Beschwerdefall bezogen:

Fallbezogen ist strittig, ob der Beschwerdeführer als Dienstnehmer der XXXX unter den Ausnahmetatbestand des § 1 Abs 2 lit c AuslBG unterfällt.

Unstrittig ist die OSZE eine zwischenstaatliche Organisation und gehören die Vereinigten Staaten von Amerika dem Ständigen Rat an.

Die XXXX agiert im Auftrag der US-Regierung, sie ist vom US Department of States seit 20 Jahren exklusiv mit der Abwicklung der Entsendungen zum REACT-Programm betraut.

Das REACT-Programm ist ein Projekt der OSZE, über welches Experten binnen einer kurzen Bewerbungsphase als entsandte Mitglieder einer ständigen Vertretung der OSZE aufgenommen werden können.

Die zu entsendenden Experten werden jeweils von den Entsendestaaten (fallbezogen die USA) an die OSZE sekundiert.

Lediglich die Bewerbungen bei der OSZE müssen bei einem designierten Kontaktpunkt des Mitgliedsstaates eingebracht werden, fallbezogen der XXXX .

Es wird in der Beschwerde nicht bestritten, dass das Unternehmen XXXX nicht mit der OSZE direkt zusammenarbeitet, sondern Tätigkeiten für die US-Delegation bei der OSZE erbringt.

Die XXXX erbringt ihre Tätigkeiten zwar exklusiv, dh ohne die Abwicklung über die XXXX wäre eine Entsendung von Delegationsmitgliedern nicht möglich, allerdings tritt die XXXX bei der OSZE nicht als Entsendebehörde (Seconding Authority) in Erscheinung.

Gemäß § 1 Abs. 2 lit.c AuslBG sind die Bestimmungen des AuslBG nicht auf Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeiten in diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretungen oder in mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisationen oder in ständigen Vertretungen bei solchen Organisationen oder hinsichtlich ihrer Tätigkeiten als Bedienstete solcher Ausländer anzuwenden.

Als diplomatische Vertretungen gelten Botschaften und Gesandtschaften. Berufskonsularische Vertretungen sind die Generalkonsulate oder Vizekonsulate. Die Ausnahme vom Geltungsbereich des Ausländerbeschäftigungsgesetzes kommt Ausländern hinsichtlich ihrer Tätigkeit in solchen Vertretungen, zB. Als Botschafter, Gesandter, Konsul oder sonstiges Mitglied der diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretungen zu.

Auch sind Ausländer hinsichtlich ihrer Tätigkeit in mit diplomatischen Vorrechte ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisationen, wie hier die OSZE, von der Ausnahme erfasst.

Der Beschwerdeführer übt jedoch keine Tätigkeit in der diplomatischen oder berufskonsularischen Vertretung der Vereinigten Staaten von Amerika aus, ebenso nicht in der mit diplomatischen Vorrechten ausgestatteten zwischenstaatlichen Organisation OSZE und auch nicht in der ständigen Vertretung der Vereinigten Staaten von Amerika in der OSZE. Dies wurde weder Behauptet noch nachgewiesen.

Der BF steht lediglich als „Program Manager“ und Hauptverantwortlicher des REACT-Auftrages in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zur XXXX .

Wenngleich die XXXX auch Tätigkeiten für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika erbringt, fällt der BF aufgrund seines privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses zur XXXX dennoch nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 1 Abs 2 lit c AuslBG.

Die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

3.2. Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl Nr. 210/1958, noch Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl Nr. C 83 vom 30.03.2010 S 389 entgegenstehen.

In seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7.401/04 (Hofbauer/Österreich 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), hat der EGMR unter Hinweis auf seine frühere Judikatur dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigen. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische Fragen" ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft, und im Zusammenhang mit Verfahren betreffend "ziemlich technische Angelegenheiten" ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige, hingewiesen (vgl. auch die Entscheidung des EGMR vom 13. März 2012, Nr. 13.556/07, Efferl/Österreich; ferner etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2013, Zl. 2010/07/0111, mwN) (VwGH 19.03.2014, 2013/09/0159).

Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Beschwerde beantragt.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtete die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG jedoch nicht für erforderlich. Weder kann dem Grundsatz der materiellen Wahrheit und der Wahrung des Parteiengehörs im vorliegenden Fall durch eine mündliche Verhandlung besser und effizienter entsprochen werden, noch erscheint eine mündliche Verhandlung im Lichte des Art. 6 EMRK und Art. 47 GRC geboten (vgl. mwN Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren [2013], Anm. 5 zu § 24 VwGVG).

Vielmehr erschien der Sachverhalt zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Bescheides aus der Aktenlage geklärt.

In der vorliegenden Beschwerde wurden keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Art 6 EMRK steht somit dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen.

Eine mündliche Verhandlung konnte somit gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG entfallen.

4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

§ 1 Abs. 2 lit.c AuslBG trifft eine klare Reglung (im Sinne der Entscheidung des OGH vom 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung Ausnahmebestimmung Entsendung privatrechtliches Dienstverhältnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W156.2233966.1.00

Im RIS seit

21.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

21.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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