TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/26 96/11/0354

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Veröffentlicht am 26.06.1997
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Index

90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §66 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs2;
KFG 1967 §74;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Leukauf und die Hofräte Dr. Waldner, Dr. Bernard, Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Lenhart, über die Beschwerde des W in G, vertreten durch Dr. U, Rechtsanwalt in B, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 16. Oktober 1996, Zl. 11-39 Ku 3-1996, betreffend vorübergehende Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1 in Verbindung mit § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 die Lenkerberechtigung für Kraftfahrzeuge der Gruppe B vorübergehend für die Zeit von drei Monaten, gerechnet ab der - mit Zustellung am 29. Oktober 1996 eingetretenen - Rechtskraft des Bescheides, entzogen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Begründung des angefochtenen Bescheides stützt sich die belangte Behörde darauf, daß der Beschwerdeführer mit dem rechtskräftigen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 30. Jänner 1996 wegen einer - nach der Aktenlage am selben Tag begangenen - Übertretung nach § 99 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO 1960 bestraft worden sei. An diese rechtskräftige Bestrafung sei die belangte Behörde gebunden. Der Beschwerdeführer hätte sich im Strafverfahren gegen die Anwendung des § 99 Abs. 2 lit. c StVO 1960 verteidigen müssen.

Im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen vom 30. Jänner 1996 wird die der Bestrafung gemäß § 99 Abs. 2 lit. c in Verbindung mit § 20 Abs. 2 StVO 1960 zugrunde liegende Tat damit umschrieben, daß der Beschwerdeführer als Lenker eines näher bezeichneten PKWs am 30. Jänner 1996 um 13,15 Uhr auf einer näher bezeichneten Stelle der A 2 auf der Autobahn schneller als die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h gefahren sei. Die gemessene Geschwindigkeit habe 188 km/h betragen.

Es kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob aufgrund dieses Straferkenntnisses bindend feststand, daß der Beschwerdeführer die Geschwindigkeitsüberschreitung "unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern" begangen hat (vgl. das eine ähnliche spruchmäßige Umschreibung der Übertretung betreffende hg. Erkenntnis vom 13. Juni 1989, Zl. 89/11/0061), in welchem Fall auch eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. f KFG 1967 in der hier anzuwendenden Fassung der 17. KFG-Novelle vorläge (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. Oktober 1996, Zl. 96/11/0208). Selbst wenn dies nämlich der Fall wäre, wäre zu berücksichtigen, daß die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Annahme, der Beschwerdeführer werde seine Verkehrszuverlässigkeit erst am 29. Jänner 1997, also fast ein Jahr nach der ihm zur Last liegenden Übertretung, wiedererlangen, sich als verfehlt erweist. Nach der Aktenlage, insbesondere im Hinblick auf die Auskunft des Gendarmeriepostens Kapfenberg vom 12. Februar 1996, ist davon auszugehen, daß der Beschwerdeführer vor dem 30. Jänner 1996 keine Straftaten begangen hat, die im Rahmen der Wertung gemäß § 66 Abs. 3 KFG 1967, deren Kriterien auch bei der Festsetzung der Entziehungszeit maßgebend sind, zu seinem Nachteil zu berücksichtigen wären. Desgleichen gibt es keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Beschwerdeführer habe nach dem Vorfall vom 30. Jänner 1996 derartige Übertretungen begangen. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Beschwerdeführer nach der Aktenlage am 30. Jänner 1996 auch eine Übertretung nach § 15 Abs. 1 StVO 1960 begangen hat und daß einem Wohlverhalten während der Zeit, in der ein Strafverfahren oder ein Verfahren zur Entziehung der Lenkerberechtigung anhängig ist, nur geringeres Gewicht zukommt, war im Hinblick auf das Vorleben des Beschwerdeführers sowie die seit der Tat verstrichene Zeit und sein Verhalten während dieser Zeit die Annahme nicht gerechtfertigt, er sei im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides und darüber hinaus noch drei Monate, insgesamt also zwölf Monate ab der Tat, verkehrsunzuverlässig (vgl. dazu das einen ähnlich gelagerten Fall betreffende hg. Erkenntnis vom 6. März 1990, Zl. 89/11/0183).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996110354.X00

Im RIS seit

19.03.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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