TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/27 97/02/0069

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §50 Abs2 Z2;
MeldeG 1991 §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des F in S, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 29. März 1996, Zl. VwSen-420096/5/Gf/Km, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in Angelegenheit Fremdengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit der auf § 67c AVG gestützten, an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde vom 14. März 1996 begehrte der Beschwerdeführer, das durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis am 8. März 1996 vorgenommene Betreten der von ihm gemieteten Räumlichkeiten einer näher angeführten Wohnung sowie die damit verbundene "Durchsuchung" von Mobiliar für rechtswidrig zu erklären, zumal die Voraussetzungen des § 50 Fremdengesetz nicht vorgelegen seien.

Diese Beschwerde wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. März 1996 unter Berufung auf § 67c Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen.

Unter Hinweis auf § 50 Abs. 2 Z. 2 in Verbindung mit § 16 Fremdengesetz führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, selbst wenn man dem Einwand der belangten Bezirkshauptmannschaft, daß ihren Organen von den Verfügungsberechtigten freiwillig Zutritt zur verfahrensgegenständlichen Wohnung gewährt worden sei, unberücksichtigt lasse, resultiere jedenfalls auch aus folgenden Überlegungen, daß die vorliegende Beschwerde unbegründet sei. Wie sich aus den von der Bezirkshauptmannschaft vorgelegten Verwaltungsakten ergebe, sei die Ehefrau des Beschwerdeführers - nachdem diese unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet eingereist sei - am 10. November 1995 nach Ungarn zurückgeschoben worden. Im Zuge dieses "Zurückschiebungsverfahrens" habe sie sich stets geweigert, ihren jugoslawischen Reisepaß herauszugeben, um so letztlich eine zwangsweise Zurückbeförderung in ihren Heimatstaat zu verhindern oder zumindest zu erschweren und zu verzögern. Die Annahme der Bezirkshauptmannschaft, daß die Ehefrau des Beschwerdeführers - insbesondere auch, weil sie sich stets standhaft gegen ihre Zurückschiebung geweigert habe - mittlerweile, da eine weitere Abschiebung nach Jugoslawien von den ungarischen Behörden infolge des fehlenden Reisepasses nur sehr zeitaufwendig bewerkstelligt werden könne, unter neuerlicher Umgehung der Grenzkontrolle zum Beschwerdeführer zurückgekehrt sei und sich somit wiederum unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sei daher nicht lebensfremd und auch aus rechtlicher Sicht nicht unvertretbar. Dies insbesondere schon deshalb nicht, weil die Ehefrau im aktuellen Melderegister neuerlich als unter der Adresse des Beschwerdeführers polizeilich gemeldet aufscheine. Auf Grund des in den Akten der Bezirkshauptmannschaft erliegenden Auszuges aus dem Melderegister stehe weiters auch zweifelsfrei fest, daß in dem verfahrensgegenständlichen Haus zumindest sechs (unter der gegenständlichen Wohnungsnummer sei diese Anzahl, unter der Hausnummer seien insgesamt 33 Ausländer gemeldet) Ausländer Unterkunft genommen hätten. Insbesondere im Hinblick auf die Ehefrau des Beschwerdeführers, die ihre Reisedokumente seit jeher dem behördlichen Zugriff entzogen habe, aber auch hinsichtlich anderer dort als wohnhaft gemeldeten Ausländer sei die - wie von § 50 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz gefordert - von der belangten Behörde getroffene Prognoseentscheidung dahin, daß ansonsten eine Überprüfung dieser Personen gemäß § 16 leg. cit. zumindest erheblich erschwert gewesen wäre, nicht von vornherein abwegig. Das Betreten der Wohnung des Beschwerdeführers durch Sicherheitsorgane der Bezirkshauptmannschaft ohne spezifische behördliche Ermächtigung hiezu erweise sich daher als durch § 50 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz gedeckt, sodaß die vorliegende Beschwerde gemäß § 67c Abs. 4 AVG als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom 24. September 1996, Zl. B 1628/96, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 50 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz dürfen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes Räumlichkeiten betreten, wenn darin mehr als fünf Fremde Unterkunft genommen haben, auf Grund bestimmter Tatsachen der Verdacht besteht, daß sich darunter Fremde befinden, die sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, und eine Überprüfung gemäß § 16 (diese Bestimmung handelt vom "Nachweis der Aufenthaltsberechtigung") sonst unmöglich oder erheblich erschwert wäre.

Zunächst ist festzuhalten, daß nach dem Sinngehalt des § 50 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz auch in Hinsicht auf die Voraussetzung "wenn darin mehr als fünf Fremde Unterkunft genommen haben" ein (begründeter) Verdacht genügt. Einen solchen konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum annehmen: Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist zwar die polizeiliche Meldung einer Person insoweit als maßgebliches Indiz anzusehen, jedoch für den (begründeten) Verdacht der "Unterkunftnahme" nicht Voraussetzung. Selbst wenn daher die Ehefrau des Beschwerdeführers zum maßgeblichen Zeitpunkt nicht polizeilich gemeldet gewesen sein sollte, konnte die belangte Behörde im Hinblick auf die übrigen, die in Rede stehende Wohnung betreffenden polizeilichen Meldungen im Zusammenhang mit den die Ehefrau des Beschwerdeführers betreffenden, in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellten Umstände zu Recht das Vorliegen eines (begründeten) Verdachtes, betreffend die Unterkunftnahme durch mehr als fünf Fremde als gegeben erachten. Damit geht aber auch die in diesem Zusammenhang erhobene Rüge des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe zu Unrecht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen, mangels Relevanz ins Leere.

Was die vom Beschwerdeführer gerügte "Durchsuchung von Mobiliar" anlangt, so ist es zwar richtig, daß die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides nicht näher darauf eingegangen ist. Dieser Begründungsmangel ist allerdings nicht wesentlich: Weder in der an die belangte Behörde gerichteten Beschwerde vom 14. März 1996 noch im ergänzenden Schriftsatz an den Verwaltungsgerichtshof (nach Abtretung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof) legte der Beschwerdeführer näher dar, worin die "Durchsuchung von Mobiliar" bestanden haben soll. Allerdings ergibt sich insoweit ein konkreter Anhaltspunkt aus seiner an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Beschwerde (vgl. insbesondere auf Seite 5), daß das "Mobiliar" offenbar in Hinsicht auf die Anwesenheit der Ehefrau des Beschwerdeführers durchsucht wurde. Selbst wenn diese Behauptung des Beschwerdeführers zuträfe, war eine solche Durchsuchung des Mobiliars (mit dem Ziel, die Anwesenheit einer Person festzustellen) durch § 50 Abs. 2 Z. 2 Fremdengesetz - weil auf der Hand liegend - gedeckt.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997020069.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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