TE Vwgh Beschluss 2020/11/19 Ra 2020/12/0062

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Veröffentlicht am 19.11.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
63/02 Gehaltsgesetz

Norm

BDG 1979 §43 Abs1
BDG 1979 §43 Abs2
B-VG Art133 Abs4
GehG 1956 §20c
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler sowie die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und MMag. Ginthör als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag. Dr. Gotsbacher, über die Revision des C S in S, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. August 2020, Zl. W122 2173525-1/33E, betreffend Jubiläumszuwendung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Personalamt Salzburg der Österreichischen Post AG), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht seit 18. März 1990 in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist der Österreichischen Post AG zur Dienstleistung zugewiesen. Seit 1. Oktober 2008 ist er in einer Zustellbasis im fachlichen Hilfsdienst/Distribution tätig.

2        Mit Schreiben vom 19. September 2016 beantragte der Revisionswerber gemäß § 20c GehG die Zuerkennung einer Jubiläumszuwendung aus Anlass seines 25-jährigen Dienstjubiläums. Gleichzeitig stellte er einen Antrag „auf bescheidmäßige Feststellung und Mitteilung“.

3        Mit Bescheid vom 24. Mai 2017 wies die Dienstbehörde den Antrag des Revisionswerbers auf Auszahlung einer Jubiläumszuwendung gemäß § 20c GehG ab.

4        Die Behörde hielt fest, der für den Revisionswerber maßgebliche Jubiläumsstichtag sei der 5. August 1990. Es sei jedoch aus näher dargelegten Gründen davon auszugehen, dass der Revisionswerber keine „treuen Dienste“ geleistet habe.

5        Der Revisionswerber erhob Beschwerde.

6        Mit Beschwerdevorentscheidung vom 22. August 2017 wies die Dienstbehörde die Beschwerde mit der Maßgabe als unbegründet ab, dass im Spruch des Bescheides vom 24. Mai 2017 weitere gesetzliche Bestimmungen als Rechtsgrundlagen zu zitieren seien.

7        Der Revisionswerber beantragte die Vorlage der Beschwerde.

8        Das Bundesverwaltungsgericht führte eine öffentliche mündliche Verhandlung durch und vernahm im Rahmen zweier Verhandlungstermine acht (teils durch den Revisionswerber beantragte, teils durch das Gericht von amtswegen geladene) Zeugen. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht sodann die Beschwerde ab. Die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG erklärte es für nicht zulässig.

9        Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung zugrunde, dass der Revisionswerber zwischen dem Jahr 1996 und April 2013 wiederholt weisungswidrig gehandelt, seinen Dienst mangelhaft ausgeübt und den Dienstbetrieb gestört habe. Er sei mehrfach bereits eine halbe Stunde nach Dienstbeginn im Pausenraum gesehen worden. An einem Tag sei er von seinem Vorgesetzten nicht an der Dienststelle und an seinem Arbeitsplatz aufgefunden worden. Der Revisionswerber sei wiederholt mündlich ermahnt worden. Er habe sich hinsichtlich der Aufforderung, den Dienst nicht alkoholisiert anzutreten, nicht einsichtig gezeigt.

10       Seit dem Jahr 2012 liege eine zwanzigprozentige Minderung der Erwerbsfähigkeit des Revisionswerbers vor. Es sei ihm an seinem Arbeitsplatz die Aufgabe zugekommen, die Regionalmedien sachgemäß auf 55 Zusteller aufzuteilen. Diesbezüglich habe es immer wieder Probleme gegeben, ohne dass sich die Situation gebessert habe. Manche Kunden hätten die doppelten Mengen erhalten, manche „gar keine“. Die Kunden hätten sich beschwert.

11       Der Revisionswerber habe des Öfteren seine dienstlichen Tätigkeiten vernachlässigt und habe ca. zwei- bis dreimal pro Woche aufgefordert werden müssen, seine Arbeit auszuüben. Er sei regelmäßig lautstark artikulierend und störend durch die Dienststelle gegangen. Infolge des lautstarken und „doppeldeutigen Artikulierens“ des Revisionswerbers sei es zu Beschwerden aus der Nachbarschaft gekommen. Wenn der Revisionswerber mit seinem Kollegen zusammengearbeitet habe, sei die Leistung schlechter gewesen, als wenn einer der beiden alleine gearbeitet habe.

12       Der Revisionswerber sei wegen des Fernbleibens vom Dienst und der Konsumation von alkoholischen Getränken sowie der Weigerung, den Dienst unverzüglich anzutreten bzw. die Konsumation alkoholischer Getränke während des Dienstes einzustellen, mit Disziplinarerkenntnis vom 16. Oktober 1996 zu einer Geldstrafe in der Höhe von eineinhalb Monatsbezügen verurteilt worden.

13       Das Bundesverwaltungsgericht legte seine Erwägungen zur Beweiswürdigung ausführlich dar (vgl. S 9 bis 14 des angefochtenen Erkenntnisses) und führte ferner aus, aus welchen Gründen es von der Einvernahme von weiteren vier, vom Revisionswerber beantragten Zeugen abgesehen habe.

14       In rechtlicher Hinsicht gelangte das Gericht zum Ergebnis, dass dem Revisionswerber „mehrjähriges“ weisungswidriges Verhalten anzulasten sei. Er habe nicht nur im Jahr 1996 Weisungen beharrlich missachtet, sondern es auch in der Folge unterlassen, auf ihm gegenüber ausgesprochene Ermahnungen mit einer Veränderung seines Verhaltens zu reagieren. Er habe regelmäßig an die Erfüllung seiner Dienstpflichten erinnert werden müssen und er habe den Dienstbetrieb konsequent durch lautstarke, unpassende Wortmeldungen gestört. Eine gewissenhafte Wahrnehmung der Dienstpflichten im Sinne eines engagierten Bemühens sei in Anbetracht der festgestellten Verhaltensweisen zu verneinen. Die von der Dienstbehörde erhobenen Vorwürfe hätten aufgrund der im Zuge einer mündlichen Verhandlung gewonnenen Ermittlungsergebnisse nicht entkräftet werden können. Es liege ein jahrelang anhaltendes Fehlverhalten des Revisionswerbers vor, welcher diesbezüglich auch keine Einsicht zeige.

15       Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften verbunden mit dem Antrag geltend gemacht werden, der Verwaltungsgerichtshof möge aus diesen Gründen das angefochtene Erkenntnis abändern, hilfsweise aufheben.

16       Zur Begründung ihrer Zulässigkeit führt die Revision ins Treffen, das Bundesverwaltungsgericht habe vier durch ihn beantragte Zeugen nicht gehört und die Aussagen der „Belastungszeugen“ einseitig gewürdigt. Es seien sechs „Belastungszeugen“, aber nur zwei von den sechs beantragten „Entlastungszeugen“ vernommen worden. Dadurch sei das Recht des Revisionswerbers auf ein faires Verfahren verletzt worden. Das Bundesverwaltungsgericht habe es zudem verabsäumt, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt vollständig amtswegig zu ermitteln.

Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

17       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

18       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

19       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

20       Der Revisionswerber beantragte die Vernehmung der Zeugen F und W in Bezug auf Fragestellungen, die das Entsorgen bzw. Wegwerfen von Massensendungen bzw. von „Infopostsendungen“ und Regionalmedien betrafen. In diesem Zusammenhang wurde dem Revisionswerber jedoch - wie das Bundesverwaltungsgericht festhielt - im angefochtenen Erkenntnis kein Fehlverhalten angelastet, sodass die Relevanz des angeführten Beweisthemas nicht ersichtlich ist. Der Begründung des Verwaltungsgerichts hält die Revision auch nichts Stichhaltiges entgegen.

21       Betreffend den Antrag auf Vernehmung des ehemaligen Vorsitzenden des Vertrauenspersonenausschusses, Herrn L, zum Beweis dafür, dass die Dienstleistung des Revisionswerbers ordnungsgemäß gewesen sei und die gegenüber dem Revisionswerber erhobenen Vorwürfe Vorwürfe seien, die im Rahmen seiner Tätigkeit „passierten“ und auch allen anderen Mitarbeitern „passierten“, ist zum einen festzuhalten, dass es sich bei dem Beweisthema des Vorliegens „ordnungsgemäßer“ Dienste angesichts der dazu im BDG 1979 getroffenen Regelungen um eine Rechtsfrage handelt, die der Beantwortung im Rahmen einer Zeugenvernehmung nicht zugänglich ist (vgl. VwGH 1.2.2017, Ra 2016/04/0151; 30.3.2016, Ra 2016/09/0027). Zum anderen ist auf die Bestimmungen des § 43 Abs. 1 und 2 BDG 1979 zu verweisen. Demnach hat der Beamte seine dienstlichen Aufgaben unter Beachtung der geltenden Rechtsordnung treu, gewissenhaft, engagiert und unparteiisch mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus eigenem zu besorgen sowie in seinem gesamten Verhalten darauf Bedacht zu nehmen, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die sachliche Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben erhalten bleibt. Unter Zugrundelegung der gegenüber dem Revisionswerber erhobenen Vorwürfe sowie in Anbetracht der im BDG 1979 normierten Dienstpflichten durfte das Verwaltungsgericht bei der anzustellenden Gesamtbetrachtung, ohne dass damit eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung verbunden wäre, davon ausgehen, dass die in § 20c GehG genannten Voraussetzungen nicht erfüllt waren (vgl. z.B. VwGH 13.3.2013, 2012/12/0105; 11.10.2006, 2003/12/0177), dies unabhängig davon, wie häufig gleichartiges Fehlverhalten sonst auftritt.

22       In der vorliegenden Konstellation begründet es zudem keine Verkennung tragender Verfahrensgrundsätze, wenn das Bundesverwaltungsgericht von der Einvernahme des vierten Zeugen B betreffend einen von diversen, im Laufe mehrerer Jahre aufgetretenen Vorfällen, nämlich betreffend eine mündliche Ermahnung am 22. Februar 2011, nach Vernehmung von drei (von dem Vorfall unmittelbar betroffenen) Zeugen (von denen einer durch den Revisionswerber beantragt worden war) aus einem Kreis von vier Personen, die nach einer schriftlichen Aktennotiz an diesem Tag neben dem Revisionswerber dem in Rede stehenden Vorfall beiwohnten, absah. Unter Berücksichtigung der Vernehmung des Revisionswerbers als Partei lagen dem Gericht zu diesem Vorfall die Aussagen von zwei Vorgesetzten sowie von zwei (von der in der Aktennotiz dokumentierten Ermahnung betroffenen) Bediensteten vor, sodass die Auswahl der vom Bundesverwaltungsgericht geladenen Zeugen im Ergebnis kein auffallendes „Ungleichgewicht“ erkennen lässt. Vor allem gelingt es dem Revisionswerber auch nicht aufzuzeigen, inwiefern der Umstand, dass gegebenenfalls davon auszugehen wäre, dass am 22. Februar 2011 keine mündliche Ermahnung ausgesprochen worden sei, im Hinblick auf die übrigen, im angefochtenen Erkenntnis angeführten Ermittlungsergebnisse zu einem für ihn günstigeren Verfahrensausgang hätte führen können und das in Rede stehende Beweisthema daher fallbezogen relevant gewesen wäre. Dafür, dass Herr B darüber hinaus Wahrnehmungen betreffend weitere, an den Revisionswerber durch seine Vorgesetzten wiederholt herangetragene mündliche Ermahnungen haben könnte, bestanden auch im Lichte des diesbezüglichen Beweisantrags des Revisionswerbers keine konkreten Anhaltspunkte.

23       Ob die Abstandnahme des Verwaltungsgerichts von der amtswegigen Setzung (weiterer) Ermittlungsschritte, wenn - wie hier - keine grundsätzliche Verkennung tragender Grundsätze des Verfahrensrechts aufgezeigt wird, verfahrensrechtlich in jeder Hinsicht richtig war, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage dar (vgl. dazu VwGH 3.7.2020, Ra 2020/12/0007; 5.9.2018, Ra 2017/12/0121).

24       Die Frage, welche Schlüsse aus Zeugenaussagen bzw. aus Beweisergebnissen für die Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhalts zu ziehen sind, obliegt der Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts. Der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz ist nach dem Revisionsmodell im Allgemeinen nicht dazu berufen, die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung zu überprüfen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Beruht die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht auf einer geradezu unvertretbaren Auslegung des Inhalts und Umfangs der Begründungspflicht, so liegt eine grundlegende Verkennung tragender Verfahrensgrundsätze nicht vor (vgl. z.B. VwGH 14.1.2020, Ra 2018/12/0047, mwN). Dass die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts einen derart krassen Fehler aufweisen würde, vermag die Zulässigkeitsbegründung nicht darzutun.

25       Auch der bloße Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu einem (der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu Grunde liegenden) vergleichbaren Sachverhalt (zu einer bestimmten Rechtsnorm) fehlt, begründet noch keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung. Genügte nämlich für die Zulässigkeit einer Revision bereits das Fehlen einer höchstgerichtlichen Entscheidung zu einem vergleichbaren „Sachverhalt“, wäre der Verwaltungsgerichtshof in vielen Fällen zur Entscheidung berufen, obgleich in Wahrheit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen aufgeworfen werden (vgl. dazu VwGH 11.4.2018, Ra 2017/12/0034, mwN). Anhand des in der Zulässigkeitsbegründung formulierten „Fragenkatalogs“, der die gerichtlichen Feststellungen betrifft, unmittelbar sachverhaltsbezogene Aspekte aufgreift und offenkundig auf dem Bemühen beruht, die einzelfallbezogene Beurteilung des Verwaltungsgerichts in Zweifel zu ziehen, wird jedenfalls eine Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht aufgezeigt.

26       Aus den dargelegten Erwägungen zeigt die Revision keine Rechtsfragen im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG auf. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 19. November 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120062.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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