TE Vwgh Beschluss 1997/6/27 97/19/1076

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

B-VG Art144 Abs3;
GO VwGH 1965 Art11;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs2;
VwGG §45 Abs1 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über den Antrag des R in W, vertreten durch die Mutter K, diese vertreten durch Mag. O, Rechtsanwalt in W, auf Wiederaufnahme des mit Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1997, Zlen. 96/19/3546, AW 97/19/0411, abgeschlossenen Verfahrens, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Gemäß § 45 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit Beschluß vom 8. Oktober 1996, B 2841/96-4, beim Verwaltungsgerichtshof eingelangt am 11. Dezember 1996, hat der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde des Antragstellers gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 16. Juli 1996, Zl. 115.984/3-III/11/96, abgelehnt und die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Dezember 1996, Zl. 96/19/3546-2, wurde der Antragsteller gemäß § 34 Abs. 2 VwGG unter Setzung einer sechswöchigen Frist aufgefordert, die dem Verwaltungsgerichtshof vom Verfassungsgerichtshof nach Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetretene Beschwerde wie folgt zu ergänzen:

"Es ist das Recht, in dem die beschwerdeführende Partei verletzt zu sein behauptet, bestimmt zu bezeichnen (§ 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG).

Es sind die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, anzuführen (§ 28 Abs. 1 Z. 5 VwGG).

Es ist ein der Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGG entsprechendes bestimmtes Begehren zu stellen (§ 28 Abs. 1 Z. 6 VwGG)."

Innerhalb dieser Frist legte der Beschwerdeführer einen ergänzenden Schriftsatz in zweifacher Ausfertigung vor, welcher aber entgegen dem ursprünglichen Beschwerdeschriftsatz nicht mit der Unterschrift des einschreitenden Rechtsanwaltes versehen war. Der Verwaltungsgerichtshof stellte daher mit Beschluß vom 25. April 1997, Zlen. 96/19/3546, AW 97/19/0411-5, das Verfahren ein, weil die Nachreichung des nicht die Unterschrift des einschreitenden Rechtsanwaltes aufweisenden Schriftsatzes nicht als Befolgung des erteilten Mängelbehebungsauftrages angesehen werden konnte.

Dieser Beschluß wurde dem Antragsteller am 23. Mai 1997 zu Handen des Beschwerdevertreters zugestellt.

Mit dem vorliegenden, zur hg. Zl. 97/19/1076 protokollierten (am 3. Juni 1997 eingelangten, Poststempel unleserlich) Antrag begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des mit dem vorgenannten Beschluß des Verwaltungsgerichtshofes eingestellten Verfahrens mit der Begründung, er habe innerhalb der ihm gesetzten Frist ordnungsgemäß einen ergänzenden Schriftsatz in zweifacher Ausfertigung vorgelegt. Weder dem Gesetz noch dem Mängelbehebungsauftrag vom 30. Dezember 1996 sei zu entnehmen, daß der ergänzende Schriftsatz eine (anwaltliche) Unterschrift aufzuweisen habe, zumal die ursprüngliche Beschwerde unstreitig sehr wohl anwaltlich unterfertigt gewesen sei.

Es werde die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG beantragt und dazu ausgeführt, der Einstellungsbeschluß sei deshalb rechtswidrig, weil der Verwaltungsgerichtshof es unterlassen habe, den ergänzenden Schriftsatz unter Anberaumung einer kurzen Frist zur Behebung des Mangels des Fehlens der anwaltlichen Unterschrift gemäß § 34 Abs. 2 VwGG zurückzustellen. Bei Wahrung des Parteiengehörs im Sinne des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG (durch Rückstellung zur Unterfertigung oder Aufforderung zur Stellungnahme zum Unterbleiben der Unterschrift) hätte der Verwaltungsgerichtshof mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem anderen Beschluß, nämlich auf Einleitung des Vorverfahrens, kommen können, weshalb der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund gegeben sei.

Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluß abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluß anders gelautet hätte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluß vom 21. Oktober 1986, Zl. 86/04/0204 (ähnlich auch der vom Antragsteller zitierte hg. Beschluß vom 1. Juli 1986, Zl. 86/05/0069), ausgesprochen, daß die Unterlassung eines ERFORDERLICHEN Mängelbehebungsauftrages eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne der zitierten Bestimmung bildet. Der Antragsteller irrt allerdings, wenn er meint, ein solcher Fall liege hier vor, weil es der Verwaltungsgerichtshof unterlassen habe, ihm neuerlich einen Auftrag zur Mängelbehebung im Sinne des § 34 Abs. 2 VwGG zwecks Beibringung der Unterschrift des Rechtsanwaltes auf den beiden vorgelegten Ausfertigungen der Beschwerdeergänzung zu erteilen. Denn die Vorlage eines nicht unterfertigten Ergänzungsschriftsatzes stellt entgegen der Rechtsansicht des Antragstellers keine Erfüllung des ursprünglich erteilten Mängelbehebungsauftrages dar, die ihrerseits einer Verbesserung allfälliger ihr anhaftender Form- oder Inhaltsmängel zugänglich wäre. Wie der Verwaltungsgerichtshof u.a. in seinem Beschluß vom 11. November 1993, Zl. 93/18/0438, ausgesprochen hat, kann vielmehr dieser Vorgang überhaupt nicht als Befolgung des Mängelbehebungsauftrages angesehen werden, sodaß dadurch die im § 34 Abs. 2 VwGG normierte Fiktion der Zurückziehung der Beschwerde eintrat. Dies träfe im übrigen auch auf eine teilweise Nichterfüllung zu. War die Beschwerde aber als zurückgezogen anzusehen, so bestand für einen weiteren Mängelbehebungsauftrag kein Raum.

Auch einer Anhörung des Antragstellers vor der Fassung des Einstellungsbeschlusses bedurfte es nicht (vgl. den hg. Beschluß vom 27. März 1990, Zlen. 90/11/0053, 0054). Eine Verletzung des Parteiengehörs im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof, die zu einem anderen Beschluß hätte führen können, liegt nicht vor, weil hinsichtlich der vom Verwaltungsgerichtshof vorgenommenen Gesetzesauslegung das Parteiengehör nicht zu wahren ist (vgl. etwa den hg. Beschluß vom 21. Mai 1991, Zlen. 90/19/0587, 91/19/0002) und eine unrichtige Tatsachenannahme als Grundlage des Einstellungsbeschlusses im Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nicht geltend gemacht wird (vgl. den hg. Beschluß vom 13. Juni 1997, Zl. 97/19/0880).

Da der vom Beschwerdeführer angezogene Wiederaufnahmegrund des § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG somit nicht vorliegt, war dem Antrag auf Wiederaufnahme des eingestellten Beschwerdeverfahrens nicht stattzugeben.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Schlagworte

Mängelbehebung Zurückziehung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997191076.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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