TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/27 95/19/1793

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AufG 1992 §5 Abs1;
AVG §60;
AVG §67;
FrG 1993 §10 Abs1 Z2;
VwGG §42 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kopp, über die Beschwerde des H in D, vertreten durch den zur Verfahrenshilfe bestellten Dr. E, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Juni 1995, Zl. 111.121/2-III/11/94, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer beantragte am 28. Juni 1994 die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Dem Antrag lagen unter anderem Auszüge aus dem Reisepaß des Beschwerdeführers bei, aus denen ein auf Wiedereinreise-Sichtvermerke gestützter legaler Aufenthalt des Beschwerdeführers zwischen 23. November 1984 und 6. September 1992 zu ersehen ist. Der Beschwerdeführer beziehe eine Pension in Höhe von S 7.000,-- und habe für die Benützung einer Wohneinheit S 5.500,-- an Miete zu bezahlen.

Die Behörde erster Instanz wies den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz (AufG) wegen Fehlens einer ortsüblichen Unterkunft ab.

Dagegen wendete sich der Beschwerdeführer in seiner Berufung und brachte des weiteren vor, daß er eine Pension in Österreich beziehe, Ersparnisse habe, als österreichischer Pensionist versichert sei, seit 1971 legalen Aufenthalt und Beschäftigungsbewilligung in Österreich gehabt habe und lediglich aufgrund eines im Februar 1992 angetretenen Heimatbesuches in Bosnien, infolge dessen er wegen des Kriegsausbruches bis Juni 1994 nicht mehr habe ausreisen können, nunmehr eine Aufenthaltsbewilligung beantragen müsse. Zur Glaubhaftmachung legte er ein Schreiben der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 2. November 1994 vor, nach welchem ihm ab 1. Jänner 1994 eine Invaliditätspension zuzüglich Kinderzuschuß abzüglich Krankenversicherungsbeitrag von netto S 7.635,60 monatlich gebühre. Die Pension werde ab 1. Dezember 1994 laufend auf das Konto des Beschwerdeführers angewiesen. Eine Nachzahlung an Pension und Kinderzuschuß vom 1. Jänner 1993 bis 30. November 1994 betrage insgesamt S 207.485,20 und werde in den nächsten Tagen auf das Konto des Beschwerdeführers überwiesen. Des weiteren legte der Beschwerdeführer eine Aufstellung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 25. April 1990 über die zwischen Juli 1971 bis Dezember 1989 "nachgewiesenen Versicherungszeiten und neutralen Zeiten" bei.

Die belangte Behörde erließ sodann den nunmehr angefochtenen Bescheid. Sie stützte ihre Entscheidung auf § 5 Abs. 1 AufG und begründete sie folgendermaßen:

"Gemäß § 4 Abs. 1 AufG kann Fremden eine Aufenthaltsbewilligung erteilt werden, sofern kein Ausschließungsgrund gem. § 5 AufG vorliegt.

§ 5 Abs. 1 AufG besagt, daß Fremden eine Bewilligung nicht erteilt werden darf, bei denen ein Grund für die Versagung eines Sichtvermerks gem. § 10 Abs. 1 FrG vorliegt, insbesondere aber, wenn deren Lebensunterhalt oder eine für Inländer ortsübliche Unterkunft in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung nicht gesichert ist.

Sie verfügen über eine Invaliditätspension und gelangen monatlich ca. S 7.700,-- an Sie zur Auszahlung. Nach Abzug der Mietkosten von S 5.500,-- verbleiben Ihnen zur Abstreitung Ihres Lebensunterhaltes im Bundesgebiet S 2.200,--. Der Sozialhilferichtsatz für das Bundesland Vorarlberg 1995 beträgt für Alleinstehende S 4.620,--. Da Sie diesen Richtwert mit Ihren monatlichen Einkünften nicht erreichen, kann nicht davon ausgegangen werden, daß Ihr Lebensunterhalt im Bundesgebiet gesichert ist.

Zu Ihren persönlichen Verhältnissen ist zu sagen, daß keinerlei nennenswerte private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestehen. In Ihrer Berufung konnten Sie keine Gründe vorbringen, die eine Entscheidung zu Ihren Gunsten herbeigeführt hätten. Bei Abwägung der öffentlichen Interessen und Ihrer privaten Interessen, im Rahmen des Art. 8 MRK, war aufgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Dreiersenat erwogen hat:

Nach dem gemäß § 67 AVG auch von der Berufungsbehörde anzuwendenden § 60 leg. cit. sind in der Begründung des Berufungsbescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Demnach muß in der Bescheidbegründung in einer eindeutigen, die Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichenden und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes zugänglichen Weise dargetan werden, welcher Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zu der Ansicht gelangte, daß gerade dieser Sachverhalt vorliege und aus welchen Gründen sie die Subsumtion dieses Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand als zutreffend erachtete (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 30. Mai 1985, Zl. 84/08/0047, vom 28. Juni 1988, Zl. 87/11/0066, und vom 26. Juli 1995, Zl. 94/20/0722). Diesen Erfordernissen wird der angefochtene Bescheid nicht gerecht.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung erkennt, sind sämtliche Ressourcen des privaten und des öffentlichen Rechtes, die einer Verwertung für die Bestreitung des Lebensunterhaltes zugänglich sind - mit Ausnahme jener, die aus der Fürsorge erfließen könnten - in die Berechnung der Gesamteinkünfte, welche zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen, einzubeziehen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 1996, Zlen. 95/19/0104, 0106, 0107). Dies trifft im konkreten Fall sowohl für die monatliche Pensionsauszahlung der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter an den Beschwerdeführer zu, als auch für die Nachzahlung in Höhe von S 207.485,20. Die belangte Behörde hat zu dieser Nachzahlung im angefochtenen Bescheid keine Ausführungen getroffen. Damit ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Erwägungen sie zur Ansicht gelangte, daß ausschließlich die monatliche Pensionsauszahlung von S 7.700,-- der Beurteilung, ob der Lebensunterhalt des Beschwerdeführers in Österreich für die Geltungsdauer der Bewilligung gesichert sei, zugrundezulegen sei.

Gleichfalls nicht nachvollziehbar ist angesichts des im Verwaltungsverfahren behaupteten und für eine mehrjährige Dauer auch nachgewiesenen legalen Voraufenthaltes des Beschwerdeführers die Begründung der belangten Behörde, "daß keinerlei nennenswerten privaten und familiären Beziehungen zu Österreich bestehen".

Da somit Verfahrensvorschriften außer acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung die belangte Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Ersatz des Schriftsatzaufwandes ein Kostenersatz unter dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1995191793.X00

Im RIS seit

07.09.2001

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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