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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §63 Abs3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des P in E, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich und der Oberösterreichischen Landesregierung vom 11. März 1994, Zl. UR-301114/33-1994 Ha/Kl, betreffend abfallrechtliche Behandlungsaufträge, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- je zur Hälfte dem Bund und dem Land Oberösterreich binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach Durchführung eines Lokalaugenscheines erging von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung sowie als Organ der Landesverwaltung in erster Instanz am 17. Jänner 1994 ein Bescheid, mit welchem dem Beschwerdeführer aufgetragen wurde, bis längstens
30. April 1994 von einem näher bezeichneten Grundstück
(Spruchpunkt I) gefährliche Abfälle zu entfernen und einem befugten Abfallsammler oder Behandler zu übergeben, und zwar im einzelnen beschriebene 40 Pkw, mit altölhältigem Anstrich behandelte Holzbretter, zwei Getränkeautomaten und mindestens 63 Bleiakkumulatoren, sowie
(Spruchpunkt II) bestimmte nicht gefährliche Abfälle zu entfernen und ordnungsgemäß zu entsorgen bzw. entsorgen zu lassen, und zwar 22 im einzelnen beschriebene Pkw, ausgebaute Autotüren, Motorhauben, Stahlfelgen, Blech, Stoßstangen, Stahlrohre, Ölöfen, Pkw- und Lkw-Reifen, Milchkannen, Stahlspundfässer, Kunststoffkanister, Lamellenkühler und Verbundkartons.
Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung hatte folgenden Wortlaut:
"Betreff Einspruch gegen Bescheid UR01-2-1994-Pa
Hiermit erhebe ich Einspruch wie folgt:
Zu I. und II.
Da die in ihrem Bescheid angeführten Fahrzeuge und Gegenstände zum Großteil von mir angekauft bzw. erstanden wurden, und diese mein Firmenkapital darstellen (Ersatzteilverkauf) bin ich äußerst verwundert, die mir aufgetragene Entfernung der Gegenstände nach dem Abfallwirtschaftsgesetz tätigen zu müssen. Weiters möchte ich der Ordnung halber festhalten, daß ich seiner Zeit von Herrn E übernommen Verhandlungsschrift GeO1/5/65/1989/R/G vom 24. Oktober 1989 genauestens befolgt habe. Der mir vorgeschriebene - mit Schotter verdichtete - Hofbereich dient ausschließlich als Abstellfläche. Die mir vorgeschriebene 150 m2 große, befestigte, betonierte Manipulationsfläche dient bis zur Fertigstellung der Halle ausschließlich zum Zerlegen und Lagern von KFZ- und anderen Teilen.
Da bei sämtlichen Überprüfungen seitens der Behörde in keinster Weise je eine Verschmutzung des Bodens oder sonstiger Teile der Anlage festgestellt werden konnte, bin ich weiters sehr verwundert immer wieder solche Bescheide zu erhalten, die meiner Meinung nach jeglicher Grundlage entbehren.
Da 1989 die Errichtung einer KFZ-Werkstätte einschließlich Nebeneinrichtungen auf Grundstück Nr. 744 KG M gewerbebehördlich genehmigt wurde und ich keinerlei andere Tätigkeiten ausübe stimmt es mich sehr nachdenklich immer wieder Probleme mit meiner genehmigten Tätigkeit und Anlage zu haben. Auch möchte ich nochmals feststellen, daß es sich bei den Fahrzeugen in keinster Weise um in dem Bescheid zitierten ungefährlichen und gefährlichen Abfall handelt.
Zu II.
Es ist unrichtig, daß ich keine Gewerbebehördliche Genehmigung besitze, da sie seitens der BH Freistadt und des Landes Oberösterreich abgelehnte Verlängerung der gewerbebehördlichen Genehmigung seitens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten mit
Geschäftszahl 316.505/1-III/A/2a/93 aufgehoben wurde und bis zum heutigen Datum kein neuerlicher gültiger Bescheid eingegangen ist.
Ich bitte Sie daher nochmals, den Sachverhalt genauestens zu prüfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen"
Mit dem angefochtenen Bescheid wiesen die belangten Behörden diese Berufung zurück. Gemäß § 63 Abs. 3 AVG habe die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Darauf habe auch die Rechtsmittelbelehrung im erstinstanzlichen Bescheid hingewiesen. Das Fehlen eines Berufungsantrages als inhaltlichem Bestandteil der Berufung stelle keinen nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Formmangel dar, sondern sei ein inhaltlicher Fehler, der zur Zurückweisung der Berufung führen müsse.
In seiner dagegen erhobenen Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf inhaltliche Behandlung seiner Berufung verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung geltend.
Die belangten Behörden legten die Verwaltungsakten vor und erstatteten eine gemeinsame Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gem. § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Der Antrag, den Bescheid zu beheben, das heißt, ersatzlos zu beseitigen, oder - in bestimmter Weise - abzuändern, muß in der Berufung deutlich zutage treten. Das Fehlen dieses inhaltlichen Bestandteiles einer Berufung stellt keinen nach § 13 Abs. 3 AVG verbesserungsfähigen Formmangel, sondern einen inhaltlichen Fehler dar, der - abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall der unzureichenden Rechtsmittelbelehrung - zur Zurückweisung führen muß (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechtes6, Rz. 522 f mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung). Wohl dürfen die Begriffsmerkmale eines begründeten Berufungsantrages nach der Rechtsprechung der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts nicht formalistisch ausgelegt werden, zumal es sich um eine Vorschrift handelt, die sich auch an rechtsunkundige Parteien richtet; die Berufung muß aber wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebt und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (siehe die Nachweise bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 509 ff).
Daß allein mit dem Begehren, den Sachverhalt nochmals zu überprüfen, dem Erfordernis des § 63 Abs. 3 AVG keinesfalls entsprochen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof mehrfach ausgeführt (hg. Erkenntnisse vom 21. Juni 1989, Zl. 89/01/0053, vom 20. Juni 1990, Zl. 90/01/0099, und vom 9. September 1993, Zlen. 93/01/0341 und 93/01/0712). Die Begründung der Berufung des Beschwerdeführers läßt sich dahin zusammenfassen, daß er sich einerseits auf eine gewerberechtliche Bewilligung beruft und andererseits dartun will, daß keine Verschmutzung des Bodens eingetreten sei. Abfallrechtliche Aspekte - abgesehen von der bloßen Behauptung, bei den Fahrzeugen handle es sich "in keinster Weise" um ungefährlichen und gefährlichen Abfall - macht er nicht geltend. Vor allem durch die im zweiten Absatz seiner als Einspruch bezeichneten Berufung dargelegte Behauptung, daß sehr wohl eine gewerbebehördliche Genehmigung vorliege, und den Schlußsatz, es möge der Sachverhalt genauestens geprüft werden, macht der Beschwerdeführer deutlich, daß er sich auf eine gewerbebehördliche Genehmigung berufen will und deren Bestehen überprüft werden solle. Hingegen läßt sich der Berufung nicht entnehmen, inwieweit die konkret erteilten abfallrechtlichen Aufträge zur Entfernung und Übergabe einem befugten Abfallsammler bzw. zur Entfernung und zur ordnungsgemäßen Entsorgung der konkret aufgezählten Gegenstände bekämpft werden und welche Entscheidung der Berufungsbehörden begehrt wird.
Die Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, daß die vorliegende Eingabe die vom Gesetz geforderten inhatlichen Erfordernisse einer Berufung nicht erfüllt. Dem kann die Beschwerde nichts stichhaltiges entgegensetzen: Wenn etwa ausgeführt wird, die Behörde hätte einen Kundenparkplatz, der mit Schotter verdichtet wurde, beanstandet, obwohl dieser nicht zu einer Manipulationsfläche oder Abstellfläche der Autowracks zählte, so ist eine solche Beanstandung des Kundenparkplatzes den erteilten Behandlungsaufträgen nicht entnehmbar; aus dem Protokoll ergibt sich, daß 77 Fahrzeuge vorgefunden worden sind, während nur 62 Fahrzeuge Gegenstand des Behandlungsauftrages waren. Gerade diesbezüglich wäre ein konkreter Berufungsantrag, falls die Behörde zu Unrecht fahrbereite Kundenfahrzeuge miteinbezogen hätte, erforderlich gewesen.
Da die belangten Behörden somit zu Recht die Berufung zurückgewiesen haben, erwies sich die Beschwerde als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des von den belangten Behörden gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1994050101.X00Im RIS seit
20.11.2000