TE Vwgh Erkenntnis 1997/6/30 96/10/0070

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Veröffentlicht am 30.06.1997
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Index

L55008 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Vorarlberg;
L81518 Umweltanwalt Vorarlberg;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs1;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
LSchG Vlbg 1982 §27 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Bumberger und Dr. Stöberl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über die Beschwerde 1.) der Gemeinde S und 2.) der Interessentschaft Alpe K, beide vertreten durch Dr. 0, Rechtsanwalt in D, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. März 1995, Zl. IVe-223/298-95, betreffend Zurückweisung eines Ansuchens um Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz wegen entschiedener Sache, zu Recht erkannt bzw. den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde der Gemeinde S wird zurückgewiesen, die Beschwerde der Interessentschaft Alpe K wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. November 1989 wurde der Zweitbeschwerdeführerin die Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz für die Errichtung eines näher beschriebenen Alpweges von der Bundestraße B 200 bis zum K-Hotel versagt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, die Berufungsbehörde sehe in Übereinstimmung mit der Behörde erster Instanz in der Verwirklichung des beantragten Wegebauvorhabens eine schwere Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes, die sich durch die Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen nur unerheblich mildern lasse. Die Weganlage selbst mit mehreren Kehren führe zu einer Zerschneidung der Landschaft. Das Erscheinungsbild der Oberfläche sei aufgrund der hohen landschaftsbildlichen Bedeutung ganz empfindlich gegenüber jedem Eingriff zu bewerten. Zudem werde durch den motorisierten Fahrzeugverkehr eine erhebliche Verminderung der Erholungsfunktion bewirkt. Auch wenn es gelänge, den Fahrzeugverkehr auf ein Minimum zu beschränken, würde der besondere Reiz dieser einzigartigen Landschaft am H-Paß durch den Bau einer Fahrstraße zerstört. Die Besonderheit dieses Gebietes bestehe nämlich darin, daß es den Eindruck einer weitgehend natürlichen Gebirgslandschaft vermittle, die ausschließlich dem Wanderer vorbehalten sei. An dieser Beurteilung vermöge auch der Einwand nichts zu ändern, es seien mit dem Wegebau auch Vorteile für das Landschaftsbild verbunden, weil sich dann der Fußgängerverkehr auf den Fahrweg konzentrieren würde und die vielen Trampelpfade wieder zuwachsen könnten. Zum einen sei zu bezweifeln, daß es zu einer Kanalisierung des Fußgängerverkehrs käme. Um für Kraftfahrzeuge befahrbar zu sein, dürfte der Weg eine gewisse Steigung nicht überschreiten. Es müßten also Kehren eingelegt werden, was erfahrungsgemäß viele Wanderer dazu veranlasse, Abkürzungen in der Fallinie des Hanges zu suchen. Um wirklich eine Kanalisierung des Fußgängerverkehrs in größerem Maße zu erzielen, müßte ein auf die Bedürfnisse der Wanderer abgestellter Weg vorhanden sein, d.h. es müßte der bestehende Wanderweg instandgesetzt und verbessert werden. Aber auch wenn man davon ausginge, daß der Fahrweg eine Kanalisierung des Fußgängerverkehrs in größerem Umfang bewirkte, stünde der sich daraus für den Landschaftsschutz ergebende Vorteil in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die die Errichtung des Fahrweges mit sich brächte. Der bequeme Fahrweg nütze dem Naturfreund recht wenig, wenn die Landschaft durch diesen Fahrweg ihre Einzigartigkeit verliere, die ihn dazu veranlaßt habe, dort Erholung und Entspannung vom motorisierten Alltag zu suchen.

Die Berufungsbehörde gehe in Übereinstimmung mit der Erstbehörde weiters davon aus, daß eine Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen nicht ergäbe, daß die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechenden öffentlichen Interessen überwögen. Zwar brächte der Weg für die Bewirtschaftung der Alpe gewisse Erleichterungen, er sei aber für die Aufrechterhaltung des Alpbetriebs keineswegs unbedingte Voraussetzung, auch wenn man heutige Maßstäbe anlege. Der Weidebetrieb im Berggebiet werde auch weiterhin zu Fuß bewältigt werden müssen. Ähnliches gelte für den Betrieb des K-Hotels. Dieses verfüge über eine leistungsfähige Materialseilbahn, mit der - obwohl es zugegebenermaßen bequemer wäre, die Güter mit dem Lkw zu transportieren - die Warenanlieferung zufriedenstellend bewältigt werden könne. Ein erhebliches öffentliches Interesse an der Errichtung des Fahrweges sei somit nicht zu erkennen. Der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin vom 27. Februar 1989, den Wegebau in geänderter Trassenführung und mit Begrünung des Mittelstreifens neu zu behandeln und zu bewilligen, sei von der Berufungsbehörde nicht berücksichtigt worden. Wenn dieses Vorbringen nämlich geeignet sein sollte, eine andere Entscheidung herbeizuführen, läge ohnehin eine neue Sache vor, über die die Erstinstanz zuerst zu entscheiden habe; ob dies der Fall sei, müsse von der Erstinstanz beurteilt werden.

Mit Schreiben vom 24. März 1993 beantragte die Zweitbeschwerdeführerin bei der Bezirkshauptmannschaft Bregenz die Bewilligung nach dem Landschaftsschutzgesetz für die Errichtung eines näher beschriebenen Alpweges von der Bundesstraße B 200 in W beim K-Kreuz zum Hotel K .in S

Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz führte eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch, in der vom Amtssachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz im wesentlichen ausgeführt wurde, bei einem Vergleich der nunmehrigen mit der versagten (ursprünglichen) Wegtrasse sei festgestellt worden, daß nunmehr schmäler als damals gebaut werden solle (Kronenbreite 2,6 m, Fahrbahnbreite 2,0 m) und daß der Trassenverlauf durchgehend jenen vielen Trampelpfaden folge, welche den Wanderweg heute darstellten. Der Eingriff in die Alpvegetation werde dadurch sehr reduziert, zum Großteil würden Flächen beansprucht, die heute vegetationslos seien. Die damalige Trasse sei zwar die ganze Strecke hindurch nahe der heutigen projektiert gewesen, hätte jedoch eine Reihe von Kehren aufgewiesen und sei dadurch entsprechend länger gewesen. Die aus der Sicht des Landschaftsschutzes günstige Neutrassierung sei dadurch ermöglicht worden, daß von einer Maximalsteigung von 12 % nun auf eine Maximalsteigung von ca. 25 % übergegangen worden sei.

Nach wie vor sei zu beachten, daß der Weg zum Großteil in den Uferschutzbereichen von zwei landschaftsbildlich und ökologisch herausragend wertvollen Seen im Hochgebirge (A-See und K-See) liege. Nicht zuletzt die besondere landschaftliche Schönheit der Region habe zur Verordnung eines Pflanzenschutzgebietes geführt. Die gesamte projektierte Wegstrecke liege in der Kampfregion des Waldes und werde extrem stark bewandert. In ganz Vorarlberg seien nur etwa drei ähnliche Wege im Hochgebirge bekannt. Die herausragende Attraktivität des Wandergebietes hänge auch damit zusammen, daß die Wanderung ohne wesentliche Höhenunterschiede, also für Hochgebirgsverhältnisse außerordentlich bequem durchgeführt werden könne.

Insgesamt bedeute ein Wegbau in einem so attraktiven und intensiv genutzten Gelände die Einbringung eines fremden Landschaftselements und damit einen landschaftlichen Schaden. Die Erholungseignung nehme ebenso wie der ästhetische Reiz ab. Mehrere Untersuchungen mit Touristenbefragungen seien bekannt, wonach die Bergwanderer lieber in naturnahem Gelände wanderten als auf einer Straße.

Gleichzeitig stelle das Projekt einen Versuch der Zweitbeschwerdeführerin dar, die "Touristenerosion" einzudämmen. Diese tiefgreifenden und kaum reparablen Flurschäden in Form von zahlreichen, nebeneinander liegenden, schmalen eingeschnittenen vegetationsfreien Pfaden in wechselndem Abstand voneinander würden größere Flächen betreffen und seien tatsächlich für die Alpwirtschaft äußerst nachteilig. Im vorliegenden Fall seien sie deshalb so gravierend, weil sehr zahlreich gewandert werde und weil der Untergrund zu einem guten Teil aus tiefgründigem Lehm bestehe, der die Pflanzendecke leicht abschälen lasse und die Erosion unmittelbar fördere. Es werde allerdings bezweifelt, ob durch den Wegbau die Wanderer tatsächlich veranlaßt sein würden, zum allergrößten Teil wie erwünscht, den Fahrweg zu benützen. Dieser Absicht könnte zwar durch Lenkungsmaßnahmen, vor allem durch Einhagungen, nachgeholfen werden. Für solche Einhagungen im Interesse der Alpwirtschaft sei aber schlußendlich kein Fahrweg erforderlich.

Zu der auch im Interesse des Landschaftsschutzes liegenden Einschränkung der vorhandenen zahlreichen Trampelpfade sei so gut wie erwiesen, daß die meisten Flurschäden bei nasser Witterung aufträten, denn bei einer solchen Witterung lasse sich die Grasnarbe besonder leicht abtreten und es sei auch das Regenwasser an der Erosion unmittelbar beteiligt. Dagegen sei zu erwarten, daß bei nasser Witterung der Prozentsatz der Wanderer, die einen solchen Alpweg benützten, ansteige, weil das nasse Gras weniger zum Begehen einlade, wie die geschotterte Fahrbahn.

Im übrigen werde die ausführliche Darstellung in der Begründung des Versagungsbescheides vom 25. Juli 1988 vollinhaltlich übernommen. Diese Begründung habe sich nämlich nicht auf eine bestimmte Trasse bezoqen, sondern sei von grundsätzlichen Erwägungen ausgegangen, die auch beim neuen Projekt vollinhaltlich weiter gültig seien.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 24. Jänner 1995 wurde das Ansuchen der Zweitbeschwerdeführerin vom 24. März 1993 wegen entschiedener Sache gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, das eingebrachte Projekt sei in seinen wesentlichen Zügen mit dem ursprünglich verhandelten und bescheidmäßig abgewiesenen Projekt ident. Nunmehr werde lediglich versucht, über die gesamte Weglänge der bestehenden Fußwegtrasse zu folgen, wodurch die Schaffung mehrerer Kehren überflüssig werde. Die Gesamtweglänge reduziere sich dadurch um ca. 200 m, die Steigungen erhöhten sich von 12 % bis 14 % auf bis zu 25 Prozent Trotz dieser Abweichungen führe die gesamte Weganlage durch genau dasselbe Gebiet wie die ursprünglich vorgesehene und weise gegenüber dem ursprünglichen Projekt auch keine wesentlichen Änderungen auf. Die von der Zweitbeschwerdeführerin vorgebrachten öffentlichen Interessen wären zum größten Teil schon im ursprünglichen Verfahren berücksichtigt worden. Lediglich die Erleichterung der Nachbetreuung und Sicherung der Schutzbepflanzungen der Wildbach- und Lawinenverbauung, die Verbesserung der Erreichbarkeit durch die Feuerwehr und die Rettung sowie die Verbesserung der Möglichkeiten zur Behebung von Störungen an der 30 kV Freileitung sowie an der Trafostation seien im ursprünglichen Verfahren nicht vorgebracht worden. Es handle sich dabei aber nicht um derart schwerwiegende öffentliche Interessen, daß sie geeignet wären, zu einer anderslautenden Entscheidung zu führen.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin Berufung.

Diesen Berufungen wurde mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 23. März 1995 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, der Alpweg solle nun um ca. 200 m kürzer als ursprüngliche Projekt und mit einer Breite von 2,6 m gegenüber 2,9 m ausgeführt werden. Der Weg würde steiler, kürzer und schmäler, damit auch seine optische Verträglichkeit größer. Das bedeute auch, daß die Benützbarkeit des Weges eingeschränkt werde, da dieser nicht mehr mit jedem Fahrzeug befahren werden könne. Darüber hinaus bedeute dies, daß der Weg durch die geradlinigere Führung von den Fußgängern besser angenommen würde. Bereits bei der Entscheidung über den seinerzeitigen Antrag sei allerdings ausdrücklich ausgeführt worden, daß auch unter der Annahme, daß solche Verbesserungen vorgesehen würden, das entscheidende Hindernis für die Erteilung der Bewilligung bestehen bleibe, nämlich den besonderen Reiz der einzigartigen Landschaft am H-Paß nicht durch den Bau einer Fahrstraße zu zerstören. Die Besonderheit dieses Gebietes bestehe darin, daß es den Eindruck einer weitgehend natürlichen Gebirgslandschaft vermittle, die ausschließlich dem Wanderer vorbehalten sei. Damals habe die Verwirklichung des beantragten Wegebauvorhabens eine schwere Verletzung der Interessen des Landschaftsschutzes dargestellt. Daran habe sich bis heute nichts geändert. Die ursprünglichen Bescheide führten, wie auch das Gutachten des Sachverständigen für Natur- und Landschaftsschutz im vorliegenden Verfahren, für eine Kanalisierung des Fußgängerverkehrs als zielführend aus, daß der bestehende Wanderweg instandgesetzt und verbessert werden müßte. Daß die geltend gemachten öffentlichen Interessen heute mit noch mehr Gewicht ins Auge fielen, sei von der Erstbeschwerdeführerin zwar vorgebracht, aber nicht begründet worden. Im durchgeführten Verfahren hätten sich keine Anhaltspunkte ergeben, die darauf schließen ließen, daß den für das Vorhaben sprechenden öffentlichen Interessen heute ein größeres Gewicht zukäme. Es sei daher davon auszugehen, daß das zur Bewilligung beantragte Projekt mit jenem, das dem ursprünglichen Verfahren zugrunde gelegen sei, im seinerzeit entscheidungswesentlichen Sachverhalt ident sei.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem der Verfassungsgerichtshof ihre Behandlung mit Beschluß vom 4. März 1996, B 1470/95, abgelehnt hatte, dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. den hg. Beschluß eines verstärkten Senates vom 2. Juli 1981, Slg. Nr. 10.511/A).

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde über die Berufung der Beschwerdeführer dahin entschieden, daß der Antrag der Zweitbeschwerdeführerin, die Errichtung eines Alpweges nach dem Landschaftsschutzgesetz zu bewilligen, zurückgewiesen wurde. Die Erstbeschwerdeführerin konnte daher durch diesen Bescheid in ihrem sich aus S 27 Abs. 1 Landschaftsschutzgesetz ergebenden Recht, daß im Bewilligungsverfahren die Interessen des Landschaftsschutzes (gegenüber dem zur Bewilligung beantragten Vorhaben) gewahrt werden, nicht verletzt werden.

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

II.

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wenn die Behörde nicht den Anlaß zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen.

Die Zurückweisung eines Antrages gemäß § 68 Abs. 1 AVG kommt demnach nur dann in Betracht, wenn in der durch formell rechtskräftigen Bescheid bereits entschiedenen Verwaltungssache die Abänderung dieses Bescheides begehrt wird, nicht hingegen dann, wenn sich die die Verwaltungsrechtssache bestimmenden rechtlichen bzw. tatsächlichen Umstände verändert haben und daher nicht mehr dieselbe Sache wie die bereits entschiedene vorliegt. Die Sache verliert also ihre Identität, wenn in den entscheidungsrelevanten Fakten bzw. in den die Entscheidung tragenden Normen wesentliche, d. h. die Erlassung eines inhaltlich anderslautenden Bescheides ermöglichende oder gebietende Änderungen eintreten (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 1995, Zl. 95/10/0012).

Die Zweitbeschwerdeführerin bestreitet nicht, daß das ursprüngliche (versagte) Projekt sich vom nunmehrigen lediglich durch den Wegfall der vier Kehren und eine Verschmälerung der Fahrbahnbreite unterscheide. Sie behauptet vielmehr, daß die Landschaftsbeeinträchtigung beim nunmehrigen Projekt geringer sei als beim früheren, was sich insbesondere aus dem Gutachten des Sachverständigen vom 22. Juni 1993 ergebe, daß die Flurschäden durch Wanderer zugenommen hätten und daß die Bewilligung eine Reihe öffentlicher Interessen für sich habe, die seit dem rechtskräftigen Abschluß des ersten Verfahrens offensichtlich noch größeres Gewicht erhalten hätten. Es sei aktenkundig, daß der Verlust der Einziqartigkeit der Landschaft durch die Benützung im Rahmen der Wegefreiheit schon in einem viel größeren Maße eingetreten sei, als dies durch die Errichtung des beantragten Weges der Fall wäre. Im übrigen ergebe sich aus dem Bescheid vom 2. November 1989, daß die Berufungsbehörde damals im Entfall von Kehren eine wesentliche, die Identität der Sache berührende Änderung des Projektes erblickt habe.

Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit allerdings nicht aufgezeigt. Wie dargelegt, war für die Versagung der Bewilligung für den ursprünglich beantragten Fahrweg maßgebend, daß durch die Straße die Landschaft zerschnitten und der Eindruck einer weitgehend natürlichen Gebirgslandschaft:, die ausschließlich dem Wanderer vorbehalten sei, zerstört werde und daß eine Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen ergeben habe, daß die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechenden öffentlichen Interessen als nicht überwiegend anzusehen wären. Die Beeinträchtigungen der Landschaft wären beim nunmehrigen Projekt zufolge der vorgenommenen Änderungen (Wegfall der Kehren, Verschmälerung der Fahrbahnbreite) zwar geringer. Daß diese Verringerung der Landschaftsbeeinträchtigung aber - in Ansehung der Bewilligungsvoraussetzungen - ein ins Gewicht fallendes Ausmaß erreichte, kann dem Gutachten des Sachverständigen vom 22. Juni 1993 - im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerdeführerin - nicht entnommen werden; wird doch in diesem Gutachten durch Verweis auf die Ausführungen in der Begründung des Versagungsbescheides, "die auch beim neuen Projekt vollinhaltlich gültig sind", klar zum Ausdruck gebracht, daß die für die Versagung der Bewilligung des ursprünglichen Projektes maßgebenden Auswirkungen auf die Landschaft sich beim nunmehrigen (modifizierten) Projekt in gleicher Weise ergäben.

Damit erweist sich aber der Entfall von Kehren und die Verringerung der Fahrbahnbreite als eine nur unwesentliche, weil die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides nicht zulassende Änderung in den entscheidungswesentlichen Fakten.

Gleiches gilt für das Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin, die für ihr Projekt sprechenden öffentlichen Interessen hätten nunmehr "offensichtlich noch größeres Gewicht" erhalten, zumal sich die durch Wanderer verursachten Flurschäden vergrößert hätten. Der die Bewilligung versagende Bescheid vom 2. November 1989 ist nämlich davon ausgegangen, es stehe der sich durch den Fahrweg wegen einer möglichen Kanalisierung des Fußgängerverkehrs ergebende Vorteil für den Landschaftsschutz in keinem Verhältnis zu den Nachteilen, die die Errichtung des Fahrwegs mit sich brächte. Zu dieser Frage wird im Gutachten vom 22. Juni 1993 ausgeführt, es sei für eine entsprechende Lenkung des Fußgängerverkehrs "schlußendlich kein Fahrweg erforderlich". Es ist daher die Auffassung der belangten Behörde, es bestehe kein Anhaltspunkt für die Annahme, das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Projektes der Zweitbeschwerdeführerin weise nunmehr ein solches Ausmaß auf, daß die Erlassung eines inhaltlich anders lautenden Bescheides möglich wäre, nicht zu beanstanden.

Soweit die Zweitbeschwerdeführerin aber darauf hinweist, der Entfall von Kehren sei im Berufungsbescheid vom 2. November 1989 als ein neues Projekt angesehen worden, verkennt sie den Gehalt der bezogenen Darlegungen. Im genannten Zusammenhang wurde nämlich ausgeführt, daß dann eine neue Sache vorliege, wenn das "neue Vorbringen geeignet sein sollte, eine andere Entscheidung herbeizuführen"; ob dies jedoch der Fall wäre, müsse von der Behörde erster Instanz beurteilt werden.

Da die belangte Behörde somit zu Recht von der Identität der mit Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 2. November 1989 entschiedenen und der den Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildenden Sache ausgehen konnte, erweist sich die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin als unbegründet; sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 30. Juni 199

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete Baurecht Rechtskraft Besondere Rechtsgebiete Diverses Zurückweisung wegen entschiedener Sache

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996100070.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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