TE Vwgh Erkenntnis 1997/7/1 96/04/0004

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Veröffentlicht am 01.07.1997
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Index

50/04 Berufsausbildung;

Norm

BAG 1969 §2 Abs6;
BAG 1969 §3 Abs1;
BAG 1969 §3a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Griesmacher und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Gruber, Dr. Stöberl und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Marihart, über die Beschwerde der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Oberösterreich in Linz, vertreten durch Dr. Z, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. November 1995, Zl. Ge-550127/1-1995/Pan/Neu, betreffend Feststellung nach § 3a des Berufsausbildungsgesetzes (mitbeteiligte Partei: F in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Begehren der Beschwerdeführerin auf Ersatz von Aufwendungen wird abgewiesen.

Begründung

Die mitbeteiligte Partei stellte bei der Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Oberösterreich den Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 3a BAG betreffend die Ausbildung im Lehrberuf Koch/Köchin und Restaurantfachmann/frau in S 12, und B Nr. 85.

In ihren hiezu gemäß § 3a Abs. 3 BAG erstatteten Stellungnahmen führte die Beschwerdeführerin aus, nach ihren Erhebungen sei der in Rede stehende Betrieb (Ausbildungsstätte) in S 12, für die Ausbildung der im Antrag aufscheinenden Lehrberufe nur bei Festlegung einer ergänzenden Ausbildungsmaßnahme im Rahmen eines Ausbildungsverbundes (§ 2a BAG) geeignet. Diese ergänzende Ausbildung habe eine Reihe (näher bezeichnete) Berufsbildpositionen zu umfassen. Den Standort B Nr. 85 betreffend erhob die Beschwerdeführerin keine Einwendungen.

Mit Bescheid vom 10. Juni 1995 stellte die Lehrlingsstelle der Wirtschaftskammer Oberösterreich fest, daß der Betrieb der mitbeteiligten Partei in S 12, in Verbindung mit der Betriebsstätte in B Nr. 85 (Veranstaltungssaal) so eingerichtet sei und so geführt werde, daß Lehrlingen, die für die praktische Erlernung in den Lehrberufen "Koch/Köchin" und "Restaurantfachmann/-frau" nötigen Fertigkeiten und Kenntnisse vermittelt werden könnten.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.

Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 20. November 1995 wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerdeführerin bringe in ihrer Berufung vor, bei den beiden Standorten sei keine organisatorische Einheit gegeben, weshalb eine Lehrlingsausbildung nur im Rahmen eines Ausbildungsverbundes zulässig sei. Die belangte Behörde habe hiezu festgestellt, im gegenständlichen Fall sei unbestritten, daß die Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei in B die für die Lehrlingsausbildung erforderliche Voraussetzung erfülle. Diese bilde eine organisatorische Einheit mit dem Betriebsstandort in S, da der Betriebsinhaber dieselbe Person sei und beide Betriebsstätten von dieser geleitet und geführt würden. Bei einer Einheit der Betriebsstätte könne ein Feststellungsbescheid ohne Heranziehung des § 2a BAG erlassen werden, wenn der gegenständliche Betrieb als organisatorische Einheit die erforderlichen Voraussetzungen für die Lehrlingsausbildung erbringe. Da dies im gegenständlichen Fall zutreffe, sei die Erlassung des angefochtenen Bescheides als zutreffend zu erachten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin unter einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend (und legt dies näher dar), der angefochtene Bescheid verstoße gegen § 3a Abs. 1 BAG, weil keinerlei Ausbildungsverbundmaßnahmen im Sinne des § 2a BAG aufschienen; die von der belangten Behörde vertretene Auffassung, daß es sich bei den beiden Betriebsstandorten in S und B wegen ihrer "organisatorischen Einheit" um einen Betrieb handle, sei unzutreffend.

Gemäß § 3a Abs. 1 BAG hat die Lehrlingsstelle, bevor in einem Betrieb erstmalig Lehrlinge in einem bestimmten Lehrberuf ausgebildet werden sollen, festzustellen, ob die im § 2 Abs. 6 angeführten Voraussetzungen für diesen Lehrberuf, allenfalls nach Maßgabe des § 2a, vorliegen. Nach dem Abs. 3 dieser Gesetzesstelle hat, wer ein unter Abs. 1 fallendes Ausbilden von Lehrlingen beabsichtigt, bei der Lehrlingsstelle die Erlassung eines Feststellungsbescheides zu beantragen. Vor der Erlassung des Bescheides ist der Kammer für Arbeiter und Angestellte bei sonstiger Nichtigkeit (§ 68 Abs. 4 Z. 4 AVG) hievon Mitteilung zu machen und ihr Gelegenheit zur Abgabe einer schriftlichen Stellungnahme innerhalb einer Frist von drei Wochen zu geben. Auf begründetes Ersuchen hat die Lehrlingsstelle die Frist angemessen zu erstrecken. Der Kammer für Arbeiter und Angestellte ist eine Ausfertigung des Bescheides zu übermitteln. Wenn die Entscheidung ihrer fristgerecht abgegebenen Stellungnahme widerspricht, steht ihr gegen den Bescheid das Recht der Berufung und gegen den Berufungsbescheid das Recht der Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG wegen Rechtswidrigkeit zu.

Nach § 2a Abs. 1 BAG ist, wenn in einem Lehrbetrieb (einer Lehrausbildungsstätte) die nach den Ausbildungsvorschriften festgelegten Fertigkeiten und Kenntnisse nicht im vollen Umfang vermittelt werden können, die Ausbildung von Lehrlingen dann zulässig, wenn eine ergänzende Ausbildung durch Ausbildungsmaßnahmen in einem anderen hiefür geeigneten Betrieb oder einer anderen hiefür geeigneten Einrichtung erfolgt. Eine solche ergänzende Ausbildung ist nur dann zulässig, wenn im Lehrbetrieb die für den Lehrberuf wesentlichen Fertigkeiten und Kenntnisse überwiegend selbst ausgebildet werden können.

Nach dem Abs. 2 dieser Gesetzesstelle ist die ergänzende Ausbildung im Bescheid nach § 3a bezogen auf die Fertigkeiten und Kenntnisse gemäß dem Berufsbild sowie bezogen auf das Lehrjahr festzulegen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24. Mai 1994, Zl. 94/04/0001, dargelegt hat, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 2 Abs. 6 BAG, der zwischen "Betrieb" und "Werkstätte" unterscheidet, daß die Feststellung im Sinne des § 3 Abs. 1 BAG unabhängig von der Struktur des Unternehmens, in dessen Rahmen die Ausbildung des Lehrlings geschehen soll, auf die örtliche betriebliche Einheit abzustellen ist, in der die Ausbildung tatsächlich vollzogen werden soll. Von dieser Rechtsprechung abzugehen sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Beschwerdefall nicht veranlaßt.

Damit kommt es aber - abgesehen von den Besonderheiten eines Betriebes (seiner Art nach) - auf die örtliche betriebliche Einheit an und nicht, wie die belangte Behörde vermeint, auf eine organisatorische Einheit.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Abweisung des Begehrens auf Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 Abs. 4 VwGG in Verbindung mit § 3a Abs. 3 vorletzter Satz BAG.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996040004.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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