TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/6 G309 2221102-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2020
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Entscheidungsdatum

06.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
GEG §6c Abs1
GEG §6c Abs2
GGG Art1 §32 TP1
GGG §14
GGG §18
GGG §2
GGG §7 Abs1
RATG §7

Spruch

G309 2221102-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Ing. Mag. Franz SANDRIESSER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Mag. Manfred POLLITSCH, Mag. Hannes PICHLER in Graz, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 11.06.2019, XXXX , betreffend die Rückzahlung von Gerichtsgebühren zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der BF brachte am 12.11.2018 eine Klage beim Landesgericht (LG) für Zivilrechtssachen (ZRS) Graz als Arbeits- und Sozialgericht zu XXXX gegen die XXXX und XXXX als beklagte Parteien ein und begehrte aufgrund der gegen ihn gerichteten rechtswidrigen Mobbing- bzw. Bossinghandlungen und der damit einhergehenden getroffenen Vereinbarungen im Zuge des Dienstwechsels zur zweitbeklagten Partei (100%iges Tochterunternehmen der XXXX ) im Jahr 2017 Schmerzensgeld in der Höhe von EUR 10.000,00 und Verdienstentgang in der Höhe von EUR 309.983,44 - Gesamtstreitwert EUR 319.983,44 (bewertet gemäß § 56 Abs. 2 JN). Die Pauschalgebühr für die Klage in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz wurde nach Tarifpost 1 I. Gerichtsgebührengesetz (GGG) in der Höhe von EUR 8.028,90 mittels Gebühreneinzug am 12.11.2018 ordnungsgemäß entrichtet.

2. Am 13.02.2019 fand die erste Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vor dem LG für ZRS Graz als Arbeits- und Sozialgericht statt. In dieser wurde vom Klagsvertreter die Klage vorgetragen, diese wiederum vom Beklagtenvertreter bestritten und die Klagsabweisung beantragt. Mit den Parteien wurden die Fälligkeit der Klagsforderung und das Prozessprogramm erörtert. Schlussendlich wurde die Tagsatzung zur Fällung eines Teilurteiles erstreckt und ein Termin für die nächste Verhandlung am 27.03.2019 bestimmt.

3. Mit dem am 04.03.2019 beim LG für ZRS Graz eingebrachten und als „Änderung des Klagebegehrens gemäß § 235 Abs. 4 ZPO“ bezeichneten Schriftsatzes, brachte der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter vor, dass das Klagebegehren insofern geändert werde, als ein Teil des Leistungsbegehrens (Verdienstentgang) auf ein Rentenbegehren umgestellt werde. Die beklagten Parteien seien schuldig der klagenden Partei einen Betrag von EUR 26.830, 44 samt 4 % Zinsen aus diesem Betrag von 02.07.2019 bis zum 31.03.2019 sowie eine monatliche Rente von EUR 2.090,68 von 01.04.2019 bis 28.02.2021 (brutto, 14 x) sowie eine monatliche Rente von EUR 4.516,39 von 01.03.2021 bis 28.02.2023 (brutto, 14 x) sowie eine monatliche Rene von EUR 509,46 ab 01.03.2023 (brutto, 14x) zu bezahlen. Wobei im Schreiben ausdrücklich festgehalten wurde, dass durch die Änderung des Klagebegehrens keine Änderung des Klagegrundes sowie der tatsächlichen Angaben in der Klage vorgenommen werde. Es handle sich dabei nach § 235 Abs. 4 ZPO um keine Klagsänderung, sodass auch keine Zustimmung der beklagten Parteien erforderlich sei. Der Streitgegenstand und der Streitwert würden nicht geändert werden.

4. Die beklagten Parteien brachten dagegen durch ihren bevollmächtigten Rechtsvertreter mit Schriftsatz (Duplik) vom 22.03.2019 im Wesentlichen vor, dass die Klagsänderung unzulässig sei und stellten den Antrag die Klagsänderung wegen Erschwerung bzw. Verzögerung des Verfahrens nicht zuzulassen. Für den Fall, dass das Gericht die Klagsänderung dennoch zulasse, werde der Streitwert und die Bemessungsgrundlage, insofern bemängelt, dass nach § 58 Abs. 1 JN der Wert des Streitgegenstandes bei Renten wegen Körperbeschädigung das Dreifache der Jahresleistung betrage und beantragten den Streitwert bzw. Streitgegenstand für das Rentenbegehren maximal mit EUR 73.391,34 bzw. in eventu mit EUR 87.808,56 (vom Kläger angesetzte monatliche Rente von EUR 2.090,69 x 14 x 3) festzusetzen.

5. In der Tagsatzung vom 27.03.2019 wurde mit Beschluss des LG für ZRS Graz die Klagsänderung zugelassen und der Streitwert für das Rentenbegehren mit EUR 87.808,00 festgesetzt, weiters wurden die Parteien einvernommen und die Tagsatzung auf den 23.05.2019 erstreckt.

6. Mit dem am 08.05.2019 beim LG für ZRS Graz eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz wurde die Klage unter Anspruchsverzicht zurückgenommen und mitgeteilt, dass sich die Streitteile außergerichtlich geeinigt hätten. In einem gesonderten Schriftsatz wurde gleichzeitig ein Antrag nach § 18 Abs. 2 Z 1 GGG gestellt und die Rückzahlung der zuviel bezahlten Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 4.818,- beantragt. Durch die Streitwertherabsetzung nach § 7 RATG durch das Gericht in der Verhandlung vom 27.03.2019 sei der Streitwert für das Rentenbegehren auf EUR 87.808,00 herabgesetzt und somit sei für die Berechnung der Pauschalgebühren von einem Gesamtstreitwert in der Höhe von EUR 124.638,44 (Verdienstentgang EUR 26.830,44, Rentenbegehren EUR 87.808,00 und Schmerzengeld EUR 10.000,00) auszugehen. Von den bereits erlegten Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 8.028,90 seien die Pauschalgebühren aufgrund des herabgesetzten Streitwertes in der Höhe von EUR 3.210,90 abzuziehen, und dem BF somit der Differenzbetrag in der Höhe von EUR 4.818,- zurückzuzahlen.

7. Mit Bescheid des Präsidenten des LG für ZRS Graz (im Folgenden: belangte Behörde) vom 11.06.2019, XXXX , zugestellt am 14.06.2019, wurde der Antrag des BF auf Rückzahlung von Pauschalgebühren abgewiesen.

Der Bescheid wurde im Wesentlichen wie folgt begründet: Das Rückzahlungsbegehren sei nicht berechtigt. Unter Anführung der gesetzlichen Bestimmungen wurde festgehalten, dass im vorliegenden Fall von den beklagten Parteien keine Streitwertbemängelung im Sinne des § 7 RATG bis spätestens zur ersten mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung vorgenommen worden sei. Es sei vom Gericht keine Streitwertfestsetzung gemäß § 7 RATG vorgenommen worden, sondern die Klagsänderung über Antrag der klagenden Partei zugelassen worden. Somit sei der Tatbestand nach § 18 Abs. 2 Z 1 GGG nicht erfüllt und keine Änderung des Streitwertes in Bezug auf die Pauschalgebühr nach TP 1 GGG eingetreten. Die von der klagenden Partei vorgenommene Änderung des Klagebegehrens sei vielmehr einer Klagseinschränkung gleichzuhalten, weshalb aber gebührenrechtlich keine Änderung des Streitwertes eintrete.

8. Mit dem am 28.06.2019 beim Präsidenten des LG für ZRS Graz eingebrachten und mit 27.06.2019 datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter binnen offener Frist das Rechtsmittel der Beschwerde.

Darin brachte der BF im Wesentlichen zusammengefasst vor, dass die Justizverwaltungsbehörde im Bescheid fälschlicherweise von einem begehrten Betrag in der Höhe von EUR 3.210,90 statt von EUR 4.818,00 ausgehe. Weiters habe die Behörde ihre Entscheidung damit begründet, dass durch die beklagten Parteien keine Streitwertbemängelung und vom Gericht auch keine Streitwertfestsetzung im Sinne des § 7 RATG vorgenommen worden sei, sondern die Klagsänderung über Antrag der klagenden Partei zugelassen worden sei und übersehe dabei, dass der BF mit Schriftsatz vom 04.03.2019 keinen Antrag auf Klagsänderung gestellt habe, sondern lediglich das Klagebegehren gemäß § 235 Abs. 4 ZPO geändert habe, wobei der kapitalisierte Schadenersatzbetrag hinsichtlich des Verdienstentganges lediglich auf ein Rentenbegehren umgestellt worden sei, wodurch es zu keiner Änderung des Gesamtstreitwertes von EUR 319.983,44 gekommen sei. Aufgrund dieser Änderung des Klagebegehrens sei der Streitwert durch die beklagten Parteien mit Schriftsatz vom 22.03.2019 bemängelt worden. Ob dies rechtskonform zur Bestimmung des § 7 RATG erfolgt sei, könne dahingestellt bleiben, da das Gericht in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27.03.2019 den Streitwert für das Rentenbegehren aufgrund der Streitwertbemängelung der beklagten Partei herabgesetzt habe und mit EUR 87.808,00 festgesetzt habe. Diese Streitwertherabsetzung sei nach § 7 RATG erfolgt, da eine Streitwertherabsetzung durch das Gericht neben der für den gegenständlichen Fall irrelevanten Bestimmung des § 60 JN lediglich und ausschließlich nach § 7 RATG erfolgen könne. In der Beschwerde wurde auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach die belangte Behörde als das das Gerichtsgebührengesetz vollziehende Justizverwaltungsorgan stets an die Entscheidungen der Gerichte gebunden sei und zwar selbst dann, wenn gerichtliche Entscheidungen offenbar unrichtig sein sollten. Außerdem wurde dahingehend auf die Judikatur verwiesen, wonach auch bei abweichender Bewertung eines Teilbegehrens gemäß § 7 RATG die Entscheidung des Gerichtes auch für den Ersatz der Gerichtsgebühren gelte, welche gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 ebenfalls auf der geänderten Bemessungsgrundlage anfallen würden.

9. Die gegenständliche Beschwerde und der Justizverwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 10.07.2019 von der belangten Behörde vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am 12.11.2018 brachte der BF durch seine rechtsfreundliche Vertretung im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs (ERV) beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz eine Klage ein und begehrte von den beklagten Parteien Schmerzengeld in der Höhe von EUR 10.000,00 und Verdienstentgang in der Höhe von EUR 309.983,44 – Gesamtstreitwert von EUR 319.983,44 (bewertet gemäß § 56 Abs. 2 JN).

1.2. Für die Einbringung der Klage wurden Pauschalgebühren nach TP 1 I. GGG in der Höhe von insgesamt EUR 8.028,90 (EUR 7.299,00 Gebühren unter Berücksichtigung eines Streitgenossenzuschlages gemäß § 19a GGG von 10 vH) berechnet und mittels Gebühreneinzug am 12.11.2018 ordnungsgemäß entrichtet.

1.3. Bis zur ersten Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung am 13.02.2019 erfolgte keine Streitwertbemängelung durch die beklagten Parteien gemäß § 7 RATG.

1.4. In der zweiten Tagsatzung am 27.03.2019 wurde über die vom Kläger mit Schriftsatz vom 04.03.2019 beantragte Änderung des Klagebegehrens gemäß § 235 Abs. 4 ZPO (teilweise Umstellung des Leistungsbegehrens auf ein Rentenbegehren ohne Änderung des Streitwertes), die vom Beklagtenvertreter bestritten wurde, der sich dabei auf den Schriftsatz vom 15.02.2019 (Einwendungen gegen das Kostenverzeichnis) und den Schriftsatz vom 22.03.2019 (Bemängelung des Streitwertes bzw. Bemessungsgrundlage für den Fall der Zulassung der Klagsänderung) stützte, mit Beschluss des LG für Zivilrechtssachen Graz insofern entschieden, dass die Klagsänderung zugelassen und der Streitwert für das Rentenbegehren mit EUR 87.808,00 festgesetzt wurde.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Justizverwaltungsaktes und des diesem Verfahren zu Grunde liegenden Verfahrens zur GZ: XXXX und des vorliegenden Gerichtsaktes des BVwG. Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides den maßgeblichen Sachverhalt in Übereinstimmung mit der Aktenlage richtig festgestellt. Diesem Sachverhalt trat der BF nicht bzw. mit bloß unsubstantiiertem Vorbringen entgegen. Mit der vorliegenden Beschwerde wurde im Wesentlichen nur die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid bekämpft.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. Nr. 1/1930 idgF, erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, ist das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte geregelt.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit es nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4 leg. cit.) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 leg. cit.) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann das Verwaltungsgericht, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, ungeachtet eines Parteienantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK (Europäische Menschenrechtskonvention) noch Art. 47 GRC (Charta der Grundrechte der Europäischen Union) entgegenstehen. Da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit den Beschwerdegründen und dem Begehren des BF geklärt erscheint, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 VwGVG entfallen, zudem auch keine der Verfahrensparteien eine mündliche Verhandlung beantragt hat.

3.2. Zu Spruchteil A): Abweisung der Beschwerde

Gemäß § 2 Z 1 lit a Gerichtsgebührengesetz (GGG), BGBl. Nr. 501/1984 in der zeitraumbezogen relevanten Fassung, wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr, soweit im folgenden nichts anderes bestimmt wird, hinsichtlich der Pauschalgebühren für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz mit der Überreichung der Klage, in den in den Anmerkungen 1 und 2 zur Tarifpost 1 angeführten Verfahren mit der Überreichung des Antrags, bei Protokollaranträgen mit dem Beginn der Niederschrift, für Vergleiche in allen Verfahren mit der Beurkundung durch das Entscheidungsorgan, begründet.

In Tarifpost (TP) 1 I. GGG sind Pauschalgebühren in zivilgerichtlichen Verfahren erster Instanz nach dem Wert des Streitgegenstands in abgestufter Höhe festgelegt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GGG sind zahlungspflichtig, soweit für die einzelnen Verfahrensarten nicht besondere Bestimmungen bestehen, bei zivilgerichtlichen Verfahren und Exekutionsverfahren der Antragsteller (Kläger, Rechtsmittelwerber, betreibender Gläubiger); bei prätorischen Vergleichen (§ 433 ZPO) und Vereinbarungen nach § 55a Abs. 2 EheG jedoch beide vertragschließenden Parteien ohne Rücksicht auf entgegenstehende Abreden; bei sonstigen Vergleichen über Ansprüche, die im außerstreitigen Verfahren geltend zu machen sind, welche aber in einem anderen außerstreitigen oder streitigen Verfahren verglichen werden, jene Person, die die Entscheidungs-, Verfahrens-, Eingaben- oder Vergleichsgebühren zu tragen gehabt hätte, wären die Ansprüche in jenem außerstreitigen Verfahren geltend gemacht worden, das zur Durchsetzung dieser Ansprüche vorgesehen ist; in sozialgerichtlichen Verfahren (TP 1 Z II) entsprechend der Kostentragungsregel des § 77 Abs. 1 ASGG die Versicherungsträger mit Ausnahme der Träger der Sozialversicherung.

Gemäß § 14 GGG ist Bemessungsgrundlage, soweit nicht im folgenden etwas anderes bestimmt wird, der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Gemäß § 18 Abs 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.

Gemäß § 18 Abs 2 GGG treten hievon folgende Ausnahmen ein: Wird der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert, so bildet - unbeschadet des § 16 - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen (Z1).

Gemäß § 18 Abs. 3 GGG tritt eine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühren nicht ein, wenn das Klagebegehren zurückgezogen oder eingeschränkt wird oder wenn ein Teil- oder Zwischenurteil gefällt wird.

Gemäß § 6c Abs. 1 Gerichtliches Einbringungsgesetz (GEG), BGBl. Nr. 288/1962 in der geltenden Fassung, sind die nach § 1 einzubringenden Beträge mit Ausnahme der Beträge nach § 1 Z 6 zurückzuzahlen soweit sich in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde und der Rückzahlung keine rechtskräftige Entscheidung entgegensteht (Z1) oder soweit die Zahlungspflicht aufgrund einer nachfolgenden Entscheidung erloschen ist (Z2).

Gemäß § 6c Abs. 2 GEG ist die Rückzahlung von Amts wegen oder auf Antrag der Partei, die die Beträge entrichtet hat, zu verfügen. Insoweit sich jedoch der Rückzahlungsanspruch als nicht berechtigt erweist, ist er von der Behörde (§ 6) mit Bescheid abzuweisen.

Gemäß § 7 Abs 1 Rechtsanwaltstarifgesetz (RATG), BGBl. Nr. 189/1969 in der geltenden Fassung, kann der Beklagte, der die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 der Jurisdiktionsnorm durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig findet, die Bewertung spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung bemängeln. Wird der Wert des Verfahrensgegenstandes im außerstreitigen Verfahren von den Parteien unterschiedlich bezeichnet, so ist dies einer Bemängelung der Bewertung gleichzuhalten.

Gemäß § 7 Abs 2 RATG hat das Gericht mangels einer Einigung der Parteien möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen den Streitgegenstand für die Anwendung dieses Bundesgesetzes im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Gleiches gilt im außerstreitigen Verfahren für die Bewertung des Verfahrensgegenstandes. Dieser Beschluss kann durch ein Rechtsmittel nicht angefochten werden.

Aus folgenden Gründen war spruchgemäß zu entscheiden:

Der Anspruch des Bundes auf die Pauschalgebühr für das zivilgerichtliche Verfahren erster Instanz wird gemäß § 2 Z 1 lit a GGG mit der Überreichung der Klage begründet. Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 GGG ist bei zivilgerichtlichen Verfahren der Kläger zahlungspflichtig. Bemessungsgrundlage ist gemäß § 14 GGG der Wert des Streitgegenstandes nach den Bestimmungen der §§ 54 bis 60 JN.

Durch Einbringung der Klage des BF vom 12.11.2018 im Elektronischen Rechtsverkehr mit einem Gesamtstreitwert von EUR 319.983,44 (bewertet gemäß § 56 Abs. 2 JN) wurde gemäß TP 1 I. GGG eine Pauschalgebühr in der Höhe von EUR 7.299,- zuzüglich eines Streitgenossenzuschlages von 10 vH gemäß § 19a GGG – somit ein Betrag von EUR 8.028,90 -fällig. Diese Pauschalgebühren wurden vorschriftsgemäß durch Abbuchung und Einziehung entrichtet.

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich. § 18 Abs. 2 Z 1 GGG regelt insofern die Ausnahme, dass für den Fall, dass der Streitwert gemäß § 7 RATG geändert wird - unbeschadet des § 16 - der geänderte Streitwert die Bemessungsgrundlage bildet. Bereits entrichtete Mehrbeträge sind zurückzuzahlen.

Gemäß § 7 Abs 1 RATG kann der Beklagte, der die Bewertung des Streitgegenstandes nach den §§ 56 oder 59 JN durch den Kläger zu hoch oder zu niedrig findet, die Bewertung spätestens bei der ersten zur mündlichen Streitverhandlung bestimmten Tagsatzung bemängeln. Gemäß § 7 Abs 2 RATG hat das Gericht den Streitgegenstand in einem solchen Fall mangels Einigung der Parteien möglichst ohne weitere Erhebungen und ohne die Erledigung wesentlich zu verzögern oder Kosten zu verursachen im Rahmen der von den Parteien behaupteten Beträge zu bewerten. Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Im vorliegenden Fall ist somit die Frage zu klären, ob die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG iVm § 7 RATG vorliegen:

Unbestritten steht fest, dass die Bewertung des Streitgegenstandes durch die beklagten Parteien nicht bis spätestens bei der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13.02.2019 im Sinne des § 7 RATG bemängelt wurde, da sich diesbezüglich keine Hinweise in den im Justizverwaltungsakt einliegenden Schriftsätzen sowie im entsprechenden Verhandlungsprotokoll finden und dies auch in keiner Weise in der Beschwerde behauptet wurde.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach der Streitwert aufgrund der Klagsänderung des BF mit Schreiben vom 04.03.2019 durch die beklagten Parteien mit Schriftsatz vom 22.03.2019 für den Fall der Zulassung der Klagsänderung durch das Gericht bemängelt wurde, ist entgegenzuhalten, dass dies jedenfalls nach der ersten Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13.02.2019 und damit die Streitwertbemängelung durch die Beklagten nicht bis zum spätestmöglichen Zeitpunkt im Sinne der Bestimmung des § 7 RATG erfolgte.

Dem Vorbringen des BF, dass unabhängig davon, ob die Änderung des Klagebegehrens rechtskonform zur Bestimmung des § 7 RATG erfolgt sei, das Gericht jedenfalls in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 27.03.2019 den Streitwert für das Rentenbegehren aufgrund der Streitwertbemängelung herabsetzte und mit EUR 87.808,00 festsetzte und die Behörde dabei übersehe, dass diese Streitwertherabsetzung nach § 7 RATG erfolgt sei, da eine Streitwertherabsetzung durch das Gericht neben der für den gegenständlichen Fall irrelevanten Bestimmung des § 60 JN lediglich und ausschließlich nach § 7 RATG erfolgen könne und die belangte Behörde als das das Gerichtsgebührengesetz vollziehende Justizverwaltungsorgan stets an die Entscheidungen der Gerichte gebunden sei und zwar selbst dann, wenn gerichtliche Entscheidungen offenbar unrichtig seien, und die Entscheidung des Gerichts auch bei abweichender Bewertung (nur) eines Teilbegehrens gemäß § 7 RATG auch für den Ersatz der Gerichtsgebühren gelte, sind folgende Erwägungen entgegenzuhalten: Voraussetzung für die Anwendung des § 18 Abs. 2 Z 1 GGG ist eine Gerichtsentscheidung nach § 7 RATG (VwGH 05.07.1999, Zl. 97/16/0205). Im gegenständlichen gerichtlichen Verfahren ist es jedoch nicht zu einer Bewertung des Streitgegenstandes durch Gerichtsbeschluss im Sinne des § 7 RATG gekommen, weshalb die oben angeführten Einwände ins Leere gehen. Die belangte Behörde hat zutreffend festgestellt, dass vielmehr die Klagsänderung über Antrag des BF zugelassen wurde und die vom BF vorgenommene Änderung des Klagebegehrens vielmehr einer Klagseinschränkung gleichzuhalten ist und in diesem Fall gemäß § 18 Abs. 3 GGG keine Änderung des Streitwertes für die Pauschalgebühren eintritt.

Zutreffend ist lediglich der Einwand in der Beschwerde, wonach die belangte Behörde fälschlicherweise davon ausgehe, dass ein Betrag von EUR 3.210,90 (anstatt von EUR 4.818,00) begehrt werde, wobei allerdings davon auszugehen ist, dass es sich dabei offenbar um eine Nachlässigkeit bzw. um redaktionelles Versehen handelt, was für sich allein gesehen aber keine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit des gesamten Bescheides bedeutet.

Es steht somit fest, dass die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 GGG, der eine Streitwertherabsetzung gemäß 7 RATG verlangt, aufgrund der oben angeführten Ausführungen nicht erfüllt sind und somit die Berechnung und Einziehung der Pauschalgebühren in der Höhe von EUR 8.028,90 zu Recht erfolgte, was wiederum eine Rückzahlung ausschließt.

Da dem angefochtenen Bescheid vor diesem Hintergrund keine Rechtswidrigkeit im Sinne des Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG anzulasten ist, war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

3.3. Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Bemessungsgrundlage Bewertung Gerichtsgebühren Gerichtsgebührenpflicht Klagebegehren Klagsänderung Pauschalgebühren Rückzahlungsantrag Streitgegenstand Streitwert Streitwertänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G309.2221102.1.00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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