TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/9 LVwG 46.23-582/2020

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Veröffentlicht am 09.11.2020
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Entscheidungsdatum

09.11.2020

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz 1959

Norm

WRG 1959 §33d Abs4

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hat durch die Richterin Mag. Dr. Rath über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch C & Partner Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Kgasse, G, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 03.02.2020, GZ: ABT13-32.00 K 46/2015-63,

z u R e c h t e r k a n n t:

I. Gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (im Folgenden VwGVG) wird die Beschwerde als unbegründet

abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz
(im Folgenden VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Sachverhalt:

Der A GmbH wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.02.2016, GZ: Abt13-32.00 K 46/2015-13, die wasserrechtliche Bewilligung in Anpassung an den Stand der Technik für die Abänderung der unter Postzahl xx im Wasserbuch des Landes Steiermark eingetragenen Kleinwasserkraftwerksanlage, B an der D durch Errichtung einer Fischaufstiegshilfe, befristet bis zum 31.12.2028, erteilt. Als Bauvollendungsfrist für die Fischaufstiegshilfe wurde der 22.12.2017 bestimmt. Mit Spruchpunkt 2 des gegenständlichen Bescheides wurde die in der Verordnung des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.03.2012, LGBl Nr. 21/2012 bestimmte Frist für die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen für das gegenständliche Kraftwerk bis zum 31.12.2017 verlängert.

Mit Antrag vom 21.12.2017 wurde um Fristverlängerung zur Herstellung der Durchgängigkeit beim B bis 22.12.2027, zumindest aber bis zum 22.12.2021, angesucht. Weiters wurde beantragt, die Bauvollendungsfrist für die Fischaufstiegshilfe bis zum 22.12.2027, zumindest aber bis zum 22.12.2021, zu verlängern.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens unter Beiziehung des limnologischen Amtssachverständigen sowie unter Anhörung des wasserwirtschaftlichen Planungsorganes bzw. auch unter Berücksichtigung der Äußerungen der Antragstellerin wurde der nunmehr bekämpfte Bescheid erlassen. Mit diesem Bescheid wurde unter Spruchpunkt I die mit Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 08.03.2012, LGBl Nr. 21/2012 verordnete Frist für die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen beim B an der D (Postzahl xx), welche bereits mit Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.02.2016 bis zum 31.12.2017 verlängert wurde, letztmalig bis zum 31.12.2020 verlängert. Dem Antrag auf darüberhinausgehende Fristverlängerung, nämlich bis 22.12.2021 bzw. 22.12.2027, wurde keine Folge gegeben.

Mit Spruchpunkt II wurde die mit Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.02.2016, GZ: Abt13-32.00 K 46/2015-13, festgesetzte Bauvollendungsfrist bis 31.12.2020 verlängert und dem Antrag auf Fristverlängerung bis 22.12.2021 bzw. 22.12.2027 keine Folge gegeben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die nunmehr vorliegende Beschwerde, in welcher vom Rechtsvertreter im Wesentlichen ausgeführt wird, dass die belangte Behörde unvollständige Sachverhaltsfeststellungen getroffen hätte, da sie sich auf die unmittelbar zu diesen Fristverlängerungsanträgen ergangenen Stellungnahmen des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans, des Amtssachverständigen für Limnologie sowie der Beschwerdeführerin bezieht. Tatsächlich müsste aber bei Beurteilung des gegenständlichen Falles berücksichtigt werden, dass die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 31.05.2013 um die wasserrechtliche Bewilligung für die Revitalisierung ihres sogenannten Kraftwerkes B unter dem Projektsnamen „KW E“ angesucht hätte. Da dieses Kraftwerk E mit dem von der F GmbH geplanten Projekt „KW H – F“ im Widerstreit steht, ist diesbezüglich beim Landeshauptmann der Steiermark ein Widerstreitverfahren anhängig. Hätte das Projekt KW E umgesetzt werden können, wäre die D im Bereich des Kraftwerkes B durchgängig, im Sinne der Sanierungsverordnung. Die Verwirklichung des Projektes KW E sei aber durch das Widerstreitverfahrens bisher nicht möglich gewesen.

Nur für den Fall, dass die Beschwerdeführerin im Widerstreitverfahren unterliegen würde, wurde mit Schreiben vom 20.03.2015 um ein Sanierungsprojekt für eine alternative Fischaufstiegshilfe beim B angesucht. Dieses Projekt wurde auch mit Bescheid des Landeshauptmanns vom 08.02.2016 bewilligt und die Bauvollendungsfrist bis 22.12.2017 bestimmt. Wenn das Projekt KW E verwirklicht werden kann, so müsste aber diese alternative Fischaufstiegshilfe für das B wieder rückgebaut werden und würde dies einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten.

Für die Beschwerdeführerin sei auch nicht ersichtlich, warum die Durchgängigkeit beim B in den nächsten Jahren unabdingbar sei, obwohl knapp oberhalb des Kraftwerkes B eine Sohlschwelle in der D bei Flusskilometer xx bestehe und diese als fischunpassierbar zu qualifizieren sei. Die Durchgängigkeit beim B könne keinen positiven Einfluss auf die Durchgängigkeit der D im betroffenen Flussabschnitt ausüben, solange eben diese oberhalb liegende Sohlschwelle „fischunpassierbar“ ist. In weiterer Folge werden in der Beschwerde die Rechtsgrundlagen dargelegt und festgehalten, dass das Ziel, das gute ökologische Potenzial in den Abschnitten der D, von deren Mündung in die I bis weit oberhalb des Kraftwerks B, erst bis 2027 zu erreichen sei. Als Instrumente für die Zielerreichung wären die Instrumente des individuellen Anpassungsauftrages gemäß § 21a WRG und die Sanierungsverordnung auf Grundlage der §§ 33d und 55g WRG heranzuziehen. § 21a WRG wäre heranzuziehen, wenn das öffentliche Interesse trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht ausreichend geschützt sei. Die Behörde hätte in diesem Fall Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Gemäß § 21a WRG können Maßnahmen nicht vorgeschrieben werden, wenn sie unverhältnismäßig wären.

Gemäß § 33d Abs 1 WRG hat der Landeshauptmann mit Verordnung ein Sanierungsprogramm zu erstellen, wenn der Zielzustand innerhalb der vom Gewässerbewirtschaftungsplan vorgesehenen Zeiträume nicht nach anderen Bestimmungen des WRG zweckmäßig erreicht werden kann. Ein derartiges Sanierungsprogramm im Sinne des § 33d Abs 1 WRG hätte nach dessen Absatz 2 in wesentlichen Grundzügen Sanierungsziele, Schwerpunkte, Reihenfolge und Art der zutreffenden Sanierungsmaßnahmen festzulegen. Wenn in einem Sanierungsprogramm gemäß § 33d Abs 2 WRG Sanierungsfristen für bestehende Anlagen festgelegt sind, so hat der Wasserberechtigte gemäß § 33d Abs 3 WRG spätestens zwei Jahre nach in Kraft treten des Sanierungsprogrammes ein Sanierungsprojekt vorzulegen oder die Anlage still zu legen.

Die Beschwerdeführerin hätte ihre Verpflichtungen durch die rechtzeitige Vorlage eines tauglichen Sanierungsprojektes erfüllt. Es ergebe sich nicht, dass vom Wasserberechtigten die von ihm geplanten und der Behörde zur Bewilligung vorgelegten Maßnahmen auch innerhalb dieser Frist umzusetzen sind. Die bisher mangelnde Umsetzung des Projektes könne der Beschwerdeführerin nicht zur Last gelegt werden. Die belangte Behörde hätte dem Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom 12.03.2014 folgen müssen, wonach die Beschwerdeführerin ihren sich aus der Sanierungsverordnung ergebenen Verpflichtungen rechtzeitig entsprochen hätte und damit nicht zur Stilllegung ihres Wasserkraftwerkes B verpflichtet sei. Würde man der Sanierungsverordnung im Sinne des § 33d WRG entnehmen wollen, dass eine Sanierungsverpflichtung innerhalb einer bestimmten Frist gegeben sei, so wäre diese Sanierungsverordnung gesetzwidrig oder § 33d WRG als verfassungswidrig zu beurteilen. Gemäß der Sanierungsverordnung könne vom Wasserberechtigten nur verlangt werden, ein taugliches Sanierungsprojekt vorzulegen. Wenn tatsächlich durch die Sanierungsverordnung auch die Umsetzung des Projektes innerhalb einer bestimmten Frist verlangt werde, so müsste der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gemäß § 21a Abs 3 WRG Berücksichtigung finden. Unter Berücksichtigung dieses Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hätte dem Fristverlängerungsantrag der Beschwerdeführerin bis zum 25.12.2027(?) gefolgt werden müssen.

Das Landesverwaltungsgericht hat erwogen:

Die für die Entscheidung wesentlichen rechtlichen Bestimmungen:

§ 21a Abs 1 bis Abs 4 WRG:

„.(1) Ergibt sich nach Erteilung der Bewilligung insbesondere unter Beachtung der Ergebnisse der Bestandsaufnahme (§ 55d), dass öffentliche Interessen (§ 105) trotz Einhaltung der im Bewilligungsbescheid oder in sonstigen Bestimmungen enthaltenen Auflagen und Vorschriften nicht hinreichend geschützt sind, hat die Behörde vorbehaltlich § 52 Abs. 2 zweiter Satz die nach dem nunmehrigen Stand der Technik (§ 12a) zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben, Anpassungsziele festzulegen und die Vorlage entsprechender Projektsunterlagen über die Anpassung aufzutragen. Art und Ausmaß der Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer einzuschränken oder die Wasserbenutzung vorübergehend oder auf Dauer zu untersagen.

(2) Für die Erfüllung von Anordnungen nach Abs. 1 sowie für die Planung der erforderlichen Anpassungsmaßnahmen und die Vorlage von diesbezüglichen Projektsunterlagen sind von der Behörde jeweils angemessene Fristen einzuräumen; hinsichtlich des notwendigen Inhalts der Projektsunterlagen gilt § 103. Diese Fristen sind zu verlängern, wenn der Verpflichtete nachweist, daß ihm die Einhaltung der Frist ohne sein Verschulden unmöglich ist. Ein rechtzeitig eingebrachter Verlängerungsantrag hemmt den Ablauf der Frist. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 sinngemäß Anwendung.

(3) Die Behörde darf Maßnahmen nach Abs. 1 nicht vorschreiben, wenn diese Maßnahmen unverhältnismäßig sind. Dabei gelten folgende Grundsätze:

         a)       der mit der Erfüllung dieser Maßnahmen verbundene Aufwand darf nicht außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen, wobei insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Wasserbenutzung ausgehenden Auswirkungen und Beeinträchtigungen sowie die Nutzungsdauer, die Wirtschaftlichkeit und die technische Besonderheit der Wasserbenutzung zu berücksichtigen sind;

         b)       bei Eingriffen in bestehende Rechte ist nur das jeweils gelindeste noch zum Ziele führende Mittel zu wählen;

         c)       verschiedene Eingriffe können nacheinander vorgeschrieben werden.

(Anm.: lit. d aufgehoben durch BGBl. I Nr. 82/2003)

(4) Liegt ein genehmigter Sanierungsplan (§ 92) oder ein Sanierungsprogramm (§ 33d) vor, so dürfen Maßnahmen nach Abs. 1 darüber nicht hinausgehen.“

§ 33d WRG:

„(1) Der Landeshauptmann hat, sofern der Zielzustand innerhalb der vom Gewässerbewirtschaftungsplan vorgesehenen Zeiträume nicht nach anderen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, wie etwa durch Abänderung von Bewilligungen in Verfahren gem. § 21a zweckmäßiger erreichbar ist, für Oberflächenwasserkörper oder Teile von Oberflächenwasserkörpern (Sanierungsgebiet), die einen schlechteren als in einer Verordnung nach § 30a festgelegten guten Zustand aufweisen, entsprechend den im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan festgelegten Prioritäten zur stufenweisen Zielerreichung mit Verordnung ein Sanierungsprogramm (Abs. 2) zu erstellen.

(2) Ein Programm zur Verbesserung des Zustandes von Oberflächenwasserkörpern oder Teilen von Oberflächenwasserkörpern hat in den wesentlichen Grundzügen Sanierungsziele, Schwerpunkte, Reihenfolge und Art der zu treffenden Sanierungsmaßnahmen derart festzulegen, dass unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (§ 21a Abs. 3) eine Verbesserung der hydromorphologischen Bedingungen, eine Verringerung und eine wirksame Reinigung der Abwässer, eine Verringerung des Schadstoffeintrages aus anderen Quellen und durch sonstige Maßnahmen die Zielzustände (§ 30a) erreicht werden. Erforderlichenfalls können auch Teilsanierungsziele zur stufenweisen Zielerreichung festgelegt werden. Für rechtmäßig bestehende Wasserbenutzungsanlagen, Schutz- und Regulierungswasserbauten oder sonstige Wasseranlagen sind nach Maßgabe der Prioritäten zur stufenweisen Zielerreichung angemessene Sanierungsfristen festzulegen. Die Ziele des Sanierungsprogrammes sind, als Teile des anzustrebenden Zielzustandes, bei allen wasserwirtschaftlichen Maßnahmen als öffentliches Interesse (§ 105) und als Gesichtspunkte für die Handhabung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu beachten.

(3) Werden in einem Sanierungsprogramm (Abs. 2) Sanierungsfristen für bestehende Anlagen festgelegt, hat der Wasserberechtigte spätestens zwei Jahre nach Inkrafttreten des Sanierungsprogramms der Behörde hinsichtlich der im Sanierungsgebiet liegenden sanierungspflichtigen Anlagen oder Anlagenteile ein den Vorgaben des Programms entsprechendes Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen oder die Anlage mit Ablauf der in der Verordnung festgelegten Sanierungsfrist stillzulegen. Bei fruchtlosem Ablauf der Frist findet § 27 Abs. 4 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine mehrmalige Mahnung nicht erforderlich ist.

(4) Über Antrag des Wasserberechtigten ist die Sanierungsfrist sowie erforderlichenfalls die Projektvorlagefrist um längstens drei Jahre zu verlängern, wenn der Wasserberechtigte nachweist, dass unter Berücksichtigung der gegebenen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse der Aufwand für die sofortige Sanierung im Hinblick auf den für den Schutz der Gewässer erzielbaren Erfolg unverhältnismäßig wäre (zB mit Projektierungsarbeiten bereits begonnen wurde, die technische Durchführbarkeit sich aufgrund der Notwendigkeit der Planung und Durchführung nicht standardisierter Maßnahmen schwierig gestaltet). Dem Antrag sind die zu seiner Prüfung erforderlichen Unterlagen, insbesondere jene nach § 103 anzuschließen. Über Antrag des Wasserberechtigten sind die Sanierungsfrist sowie erforderlichenfalls die Projektvorlagefrist unter den obengenannten Voraussetzungen einmalig um weitere drei Jahre zu verlängern. Eine Verlängerung der Sanierungsfrist im letzten Planungszyklus darf nicht über den 22. Dezember 2027 hinaus erfolgen, die Verlängerung der Projektvorlagefrist nicht über den 22. Dezember 2025.“

Verordnung des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.03.2012 betreffend die Sanierung von Fließgewässern LGBl Nr. 21/2012:

§ 1:

„(1) Ziel dieser Verordnung ist die Erlassung eines Sanierungsprogrammes zur Umsetzung der konkreten Vorgaben (Maßnahmenprogramme) des Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes 2009 (NGP) und der §§ 4 und 6 der Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanverordnung 2009, BGBl. II Nr. 103, in den in Anlage 1 angeführten Fließgewässerstrecken (Sanierungsgebiete).

(2) Die Inhaberinnen/Inhaber wasserrechtlicher Bewilligungen in den Sanierungsgebieten haben unbeschadet weitergehender Sanierungsverpflichtungen bis spätestens 22. Dezember 2015 die in § 2 festgelegten Maßnahmen durchzuführen. Innerhalb von zwei Jahren ab Inkrafttreten dieser Verordnung ist der Behörde ein – den Vorgaben dieses Sanierungsprogramms entsprechendes – Sanierungsprojekt zur wasserrechtlichen Bewilligung vorzulegen.“

§ 2 Abs 1:

„(1) Bei allen bewilligten Anlagen und Querbauwerken in Sanierungsgebieten ist durch geeignete Vorkehrungen eine ganzjährige Passierbarkeit für die in Anlage 2 festgesetzten Fischarten und Fischgrößen zu gewährleisten.“

§ 3:

„Diese Verordnung tritt mit dem der Kundmachung folgenden Tag, das ist der 15. März 2012, in Kraft.“

Das Landesverwaltungsgericht geht von folgenden Erwägungen aus:

Ungeachtet eines Antrages gemäß § 24 Abs 4 VwGVG kann von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt und dem Entfall weder Art. 3 EMRK noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen. Dies ist dann der Fall, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt feststeht und auch keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten können (vgl. VwGH 29.01.2016, Ra 2015/06/0124).

Im gegenständlichen Fall war keine Sachverhaltsergänzung erforderlich, sind keine Fragen der Beweiswürdigung aufgetreten und konnte die gegenständliche Entscheidung ausschließlich durch Beurteilung von Rechtsfragen getroffen werden. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark konnte daher von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 24 Abs 4 VwGVG absehen.

Die A GmbH ist Wasserberechtigte des unter PZ xx eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes betreffend das KW B an der D. Das B an der D (PZ xx) ist dem Oberflächenwasserkörper (OWK) Nr. xx zuzuordnen. Die D ist in diesem Bereich als erheblich verändertes Gewässer ausgewiesen und befindet sich aufgrund von hydromorphologischen Belastungen in einem unbefriedigenden Zustand. Der zu erreichende Zielzustand gemäß § 30a WRG ist das gute ökologische Potential. Gemäß nationalem Gewässerbewirtschaftungsplan (NGP) ist dieser Oberflächenwasserkörper als prioritäres Sanierungsgebiet ausgewiesen. Gemäß Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 08.03.2012 betreffend die Sanierung von Fließgewässern (LGBl Nr. 21/2012) ist dieser Oberflächenwasserkörper Teil des Sanierungsgebietes bis 2015.

Mit Eingabe vom 31.05.2013 hat die Beschwerdeführerin ein Projekt betreffend die Revitalisierung des Kraftwerkes B (PZ xx) unter dem Namen „Kraftwerk E“ eingereicht. Da dieses Kraftwerk im Widerstreit mit dem Kraftwerk der F GmbH „KW H – F“ steht, konnte für das Projekt Kraftwerk E noch keine wasserrechtliche Bewilligung erteilt werden.

Gemäß der Sanierungsverordnung hätte die Beschwerdeführerin der Wasserrechtsbehörde bis 14.03.2014 (zwei Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung vom 15.03.2012) ein Sanierungsprojekt vorzulegen gehabt. Da das Revitalisierungsprojekt KW B mit dem Namen KW E aufgrund des anhängigen Widerstreitverfahrens nicht bewilligt und realisiert werden konnte, reichte die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 20.03.2015 Projektsunterlagen für eine alternative Fischaufstiegshilfe ein. Dieses Sanierungsprojekt gemäß § 33d WRG wurde wasserrechtlich behandelt und mit Bescheid des Landeshauptmanns vom 08.02.2016, Abt13-32.00 K 46/2015-13, wasserrechtlich bewilligt. Als Bauvollendungsfrist wurde der 22.12.2017 bestimmt. Die ursprüngliche Sanierungsfrist war Ende des Jahres 2015 abgelaufen. Mit dem Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.06.2016 wurde diese Sanierungsfrist bis zum 31.12.2017, somit um zwei Jahre, verlängert. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen in § 33d Abs 4 WRG kann die Sanierungsfrist über Antrag des Wasserberechtigten um längstens drei Jahre verlängert werden, wenn der Wasserberechtigte nachweist, dass unter Berücksichtigung der gegebenen wasserwirtschaftlichen Verhältnisse der Aufwand für die sofortige Sanierung im Hinblick auf den für den Schutz der Gewässer erzielbaren Erfolg unverhältnismäßig wäre. Im konkreten Fall erfolgte aber eine Fristverlängerung nicht um drei Jahre, sondern nur um zwei Jahre, nämlich bis 22.12.2017. Der Bescheid des Landeshauptmanns von Steiermark vom 08.02.2016, mit welchem die Frist um 2 Jahre verlängert wurde, ist rechtskräftig. Eine nachträgliche Überprüfung der damaligen Entscheidungsgründe ist nicht Aufgabe des Beschwerdeverfahrens. Gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des § 33d WRG sind die Sanierungsfristen über Antrag des Wasserberechtigten unter den gesetzlichen Voraussetzungen einmalig um weitere drei Jahre zu verlängern. Wenn somit von der festgesetzten Frist 22.12.2017 eine weitere Verlängerung von drei Jahren durchgeführt wird, so erreicht man die nunmehr festgesetzte Frist, nämlich den 31.12.2020. Auch die Bauvollendungsfrist wurde bis 31.12.2020 verlängert.

Auch wenn in § 33d Abs 4 WRG geregelt ist, dass eine Verlängerung der Sanierungsfrist im Letztplanungszyklus nicht über den 22.12.2027 hinaus erfolgen darf und die Verlängerung der Projektsvorlagefrist nicht über 22.12.2025 hinaus erfolgen darf, so sind doch die vorhin beschriebenen gesetzlichen Bestimmungen nämlich die Fristverlängerung von drei Jahren und darauffolgend nochmals letztmalig drei Jahre einschränkend zu sehen. Die gesetzlichen Vorgaben des § 33d Abs 4 WRG ermöglichen es nicht im Zuge einer zweiten und somit letztmaligen Fristerstreckung diese über drei Jahre zu gewähren.

Eine Fristerstreckung bis 22.12.2021, längstens aber bis 22.12.2027, ist daher aufgrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen nicht möglich.

Wenn nunmehr die Beschwerdeführerin verneint, dass die durchzuführende Anpassung in Form der Errichtung einer Frischaufstiegshilfe beim B einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten würde, da die Fischaufstiegshilfe bei Realisierung des Projektes Kraftwerk E wieder rückgebaut werden müsste, so verkennt die Beschwerdeführerin darin die Rechtslage.

Die Beschwerdeführerin ist Wasserberechtigte am B. Da dieses Kraftwerk in einem prioritären Sanierungsgebiet gemäß Gewässerbewirtschaftungsplan liegt, sind hiefür auch die gesetzlichen Bestimmungen des § 33d WRG anzuwenden und nicht die Bestimmungen des § 21a WRG. Aus diesem Grunde wurde auch die Verordnung des Landeshauptmanns der Steiermark vom 08.03.2012 betreffend die Sanierung von Fließgewässern (LGBl Nr. 21/2012) erlassen. Der Oberflächenwasserkörper Nr. xx stellt einen Teil des Sanierungsgebietes bis 2015 dar. In diesem Oberflächenwasserkörper befindet sich die bewilligte Kraftwerksanlage.

Um den gesetzlichen Vorgaben zu entsprechen, haben die Wasserberechtigten natürlich nicht nur Sanierungsprojekte vorzulegen, sondern sind auch die in den Projekten bewilligten Maßnahmen zu realisieren. Gerade aus diesem Grunde sind die in § 33d Abs 4 WRG enthaltenen Stufen für die Projektsvorlage und in weiterer Folge auch für die Sanierungsfristen enthalten. Im Wasserrechtsverfahren, welches nach der Projektsvorlage durchgeführt wird und im abschließenden Bescheid sind die Realisierungsfristen festzulegen.

Zur Problematik der fehlenden Fischpassierbarkeit bei der Sohlschwelle bei Flusskilometer xx wird festgehalten, dass gemäß Wasserinformationssystem diese Stelle als fischpassierbar angeführt ist. Die angebliche Fischunpassierbarkeit ergibt sich aufgrund eines Gutachtens von Fehler! Textmarke nicht definiert.. Sollten die weiteren Erhebungen ergeben, dass an der Sohlschwelle bei Flusskilometer xx die Fischunpassierbarkeit gegeben ist, so wird auch dieses Hindernis einer Sanierung zuzuführen sein. Für das KW B bzw. das nunmehr anhängige Verfahren bedeutet dies aber nicht, dass auch für die Anpassung der Fischaufstiegshilfe dieses Kraftwerkes die Frist verlängert werden kann. Wie der beigezogene limnologische Amtssachverständige in seiner Stellungnahme am 05.07.2019 auch ausgeführt hat, ist die Herstellung der Durchgängigkeit im gegenständlichen Oberflächenwasserkörper ein über die Sanierungsverordnung des Landeshauptmannes festgelegtes Teilziel und nicht mit der allgemeinen Zielzustandserreichung 2027 gleichzusetzen. Aus diesem Grunde sind auch vom Gesetz her die Fristen stufenweise festgelegt. Auch wenn im nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan 2015 für die Maßnahmen der Durchgängigkeit eine Frist bis 2021 vorgesehen ist und für die Zielzustandserreichung eine Frist bis 2027, so kann aufgrund obiger Ausführungen (insbesondere aufgrund der angesprochenen maximalen Möglichkeit zur Fristverlängerung weiterer drei Jahre) im konkreten Fall die Frist nicht länger als bis zum 31.12.2020 verlängert werden.

Im Übrigen ist der Tabelle FG – stufenweise Zielerreichung, welche Bestandteil des NGP 2015 ist, zu entnehmen, dass sich für den gegenständlichen Oberflächenwasserkörper Nr. xx in der Spalte „Herstellung der Durchgängigkeit“ ein „F“ befindet. Aus der Legende ist zu entnehmen, dass „F“ bedeutet „Planung des NGP 2009 unverändert, Fristerstreckung für die Umsetzungen wurde erteilt.“ Im gegenständlichen Fall wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns vom 08.02.2016 bereits eine Fristverlängerung bis 31.12.2017 erteilt. Insgesamt kann somit festgehalten werden, dass zwar auch aufgrund der erteilten Fristverlängerungen der Zeitpunkt für die Zielerreichung bis 2027 hinausgeschoben wurde, jedoch aber nicht die Maßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurden. In einem derartigen Fall müsste in der Tabelle der Eintrag „up“ bzw. „twup“ enthalten sein. Mit anderen Worten bedeutet dies, dass die Maßnahmen, welche bescheidmäßig vorgeschrieben worden sind, innerhalb der dort festgelegten Fristen zu erreichen sind, der NGP 2015 hat nur für die Zielerreichung betreffend des gegenständlichen Oberflächenwasserkörpers die Frist auf 2027 verlängert. Wie sich aus der Tabelle ergibt, gibt es auch Oberflächenwasserkörper, welche in der Tabelle mit „up“ gekennzeichnet sind. Aus der Legende ist zu entnehmen, dass bei „up“ die Planung des NGP 2009 verändert wurde und alle Maßnahmen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben wurden.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Beschwerdeführerin um die wasserrechtliche Bewilligung für das Kraftwerk E angesucht hat und bei Bewilligung dieses Wasserkraftwerkes das B aufgelassen wird und jedenfalls die Fischdurchgängigkeit gegeben ist, wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin als Konsensinhaberin nach Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für das Kraftwerk E nicht verpflichtet ist, ein ihr erteiltes Wasserrecht auch tatsächlich zu konsumieren. Im Übrigen ist die Beschwerdeführerin Wasserberechtigte am B und hat als Wasserberechtigte die ihr vom Gesetz aufgetragenen Pflichten einzuhalten. Die konkrete Maßnahme kann unter diesem Gesichtspunkt nicht als unverhältnismäßig angesehen werden.

Auch wenn das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in der Stellungnahme vom 12.06.2019 ausführt, dass für die Realisierung der Fischaufstiegshilfe eine Bauvollendungsfrist bis Ende 2021 gewährt werden könne, wird festgehalten, dass das wasserwirtschaftliche Planungsorgan eben nur aus wasserwirtschaftlichen Erwägungen Stellungnahmen abgeben kann. Die Bewilligungsbehörde bzw. im vorliegenden Fall die belangte Behörde, hat aber die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und steht es der belangten Behörde nicht frei, entgegen den gesetzlichen Vorgaben eine Fristverlängerung von insgesamt sechs Jahren zu gewähren, wenn im Gesetz dezidiert festgehalten wird, dass einmalig eine Fristverlängerung um drei Jahre und nochmals eine weitere Verlängerung dieser Frist um maximal drei Jahre gewährt werden kann. Der gesetzlichen Bestimmung ist nicht zu entnehmen, dass insgesamt eine Fristverlängerung von sechs Jahren nach Ermessen der entscheidenden Behörde gewährt werden kann. Da aber im vorliegenden Fall mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 08.02.2016 eine Fristverlängerung von zwei Jahren gewährt wurde, kann somit nun nur mehr letztmalig die Maximalfrist von drei Jahren hinzugefügt werden, wodurch man zu der festgesetzten Bauvollendungsfrist 31.12.2020 gelangt.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und die Beschwerde abzuweisen.

Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Sanierung von Fließgewässern, Sanierungspflicht, Fristverlängerung, Oberflächenwasserkörper, Herstellung der Durchgängigkeit, Sanierungsverordnung, Revitalisierung, Widerstreit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGST:2020:LVwG.46.23.582.2020

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2021
Quelle: Landesverwaltungsgericht Steiermark LVwg Steiermark, http://www.lvwg-stmk.gv.at
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