TE Vwgh Beschluss 2020/12/14 Ra 2020/08/0144

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §111 Abs2
ASVG §113 Abs2

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strohmayer sowie die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des Dipl.-Ing. G P in W, vertreten durch Mag. Franz Karl Juraczka, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Alser Straße 32/15, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 6. März 2020, VGW-041/061/1553/2019-24, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 iVm. § 33 Abs. 1 ASVG bestraft, weil er es als Dienstgeber unterlassen habe, den Dienstnehmer FV vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger zur Pflichtversicherung anzumelden. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von € 770,-- verhängt.

5        Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6        Der Revisionswerber erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, dass das Landesverwaltungsgericht in Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kein ordnungsgemäßes Ermittlungs- und Beweisverfahren durchgeführt habe.

7        Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind aber nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat. Dies wäre etwa dann der Fall, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall erforderliche Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 25.4.2019, Ra 2019/08/0074, mwN).

8        Davon kann im vorliegenden Fall keine Rede sein.

9        Das Landesverwaltungsgericht stellte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung fest, dass der Revisionswerber und FV bei einer finanzpolizeilichen Kontrolle am 8. Oktober 2017, um 9:35 Uhr bei Elektroinstallationsarbeiten für das Unternehmen des Revisionswerbers im Rahmen eines Auftrags in einem Einkaufszentrum angetroffen worden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei FV nicht zur Sozialversicherung angemeldet gewesen. Erst um 9:44 Uhr sei die Anmeldung erfolgt.

10       Beweiswürdigend führte das Landesverwaltungsgericht aus, der als Zeuge einvernommene Leiter des Kontrolleinsatzes und ein weiteres Mitglied des Teams der Finanzpolizei hätten glaubhaft ausgesagt, es sei eindeutig gewesen, dass in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Kontrolle gearbeitet worden sei. Auch die bei der Kontrolle angefertigten Fotos zeigten deutlich das Bild einer in Betrieb stehenden Baustelle. Dass beide Türen zur Baustelle vom Revisionswerber versperrt worden seien, könne nur so gedeutet werden, dass Kontrollorganen zur Verschleierung der Arbeitstätigkeit der unmittelbare Zugang nicht ermöglicht werden sollte. Dass FV ausrangierte Kleidung - wenn auch keine klassische Arbeitskleidung - getragen habe, spreche ebenfalls dafür, dass mit einer gewissen Schmutz- und Staubentwicklung verbundene Elektroinstallationsarbeiten durchgeführt worden seien. Hingegen sei es als Schutzbehauptung zu werten, dass der Revisionswerber und FV nur gefrühstückt hätten und er das vorgefundene Werkzeug nur liegen gelassen habe. Es sei auch nicht glaubhaft, dass FV die Angaben auf dem von ihm ausgefüllten Personenblatt nicht verstanden hätte. Die Dolmetscherin habe in der mündlichen Verhandlung bestätigt, dass das Personenblatt einwandfrei vom Deutschen ins Ungarische übersetzt gewesen sei. Es ergebe auch keinen Sinn, dass FV nur deshalb (nachträglich) angemeldet worden wäre, weil die Wirtschaftskammer ihren Mitgliedern rate, jede sich auf einer Baustelle befindliche Person anzumelden, auch wenn diese gar nicht beschäftigt werde. Es treffe auch nicht zu, dass FV - wie vom Revisionswerber behauptet - noch nie für diesen gearbeitet hätte, sei er vom Revisionswerber doch schon zwei Mal (am 17. Juli 2017 und am 30. September 2017) als Dienstnehmer angemeldet worden. Daher sei auch nicht glaubhaft, dass er sich die Baustelle am 8. Oktober 2017 nur angesehen habe.

11       Dass FV ein langjähriger Freund des Revisionswerbers sei, ändere nichts an der Tatsache, dass er diesem entgeltlich bei der Abwicklung von Aufträgen helfe. Was die vorgelegte „Vereinbarung über freiwillige/unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb“ betreffe, so erscheine diese lediglich als weiteres Glied der Kette an lebensfremden Schutzbehauptungen des Revisionswerbers, zumal sie in dessen Verantwortung, FV habe die Baustelle nur zum Lernen begutachtet und dort mit ihm gefrühstückt, logisch überhaupt nicht integrierbar sei.

12       Diese Beweiswürdigung, in der - entgegen dem Vorbringen in der Revision - auch auf die behauptete Vereinbarung der Unentgeltlichkeit Bezug genommen wurde, kann nicht als unvertretbar erkannt werden.

13       Soweit der Revisionswerber vorbringt, es sei dadurch, dass die Anmeldung des Dienstnehmers neun Minuten nach Beginn der Kontrolle erfolgt sei, jedenfalls ein zusätzlicher Milderungsgrund gegeben, sodass die Strafe gemäß § 111 Abs. 2 ASVG herabzusetzen gewesen wäre, ist ihm zu entgegnen, dass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Herabsetzung der Strafe nicht vorlagen. Es ist nämlich ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass dann, wenn die Anmeldung des Dienstnehmers zum Zeitpunkt der Kontrolle noch nicht nachgeholt worden ist, das typische Bild eines Meldeverstoßes vorliegt und die Folgen des Meldeverstoßes in einem solchen Fall nicht (iSd § 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG) als unbedeutend anzusehen sind (vgl. etwa VwGH 24.4.2014, 2013/08/0258, Pkt. 6.2. der Entscheidungsgründe, mwN).

14       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080144.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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