TE Vwgh Beschluss 2020/12/14 Ra 2020/08/0113

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Veröffentlicht am 14.12.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §51g Abs3 Z1
VwGVG 2014 §46 Abs3 Z1
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strohmayer sowie die Hofräte Mag. Stickler und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des M A in K, vertreten durch die Kinberger-Schuberth-Fischer Rechtsanwälte-GmbH in 5700 Zell/See, Salzachtal Bundesstraße 13, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 25. Mai 2020, 405-7/854/1/32-2020, betreffend Bestrafung nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Zell am See), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis erkannte das Landesverwaltungsgericht Salzburg - in Bestätigung eines Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Zell am See vom 8. Oktober 2019 - den Revisionswerber für schuldig, er habe es als Geschäftsführer und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener eines näher bezeichneten Unternehmens zu verantworten, dass dieses Unternehmen es als Dienstgeber unterlassen habe, vier namentlich bezeichnete, nach dem ASVG pflichtversicherte Personen (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Er habe hierdurch Verwaltungsübertretungen nach § 111 Abs. 1 Z 1 ASVG in Verbindung mit § 33 Abs. 1 ASVG bzw. § 33 Abs. 1 und 2 ASVG begangen und werde hierfür mit vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils 2.500 Euro (für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen) belegt.

5        Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, dem Verwaltungsgericht sei ein wesentlicher Verfahrensmangel unterlaufen, weil es den in Spanien aufhältigen Zeugen M nicht einvernommen habe. Dieser habe am vom Verwaltungsgericht anberaumten Verhandlungstermin nicht teilnehmen können. Der Zeuge wäre jedoch bei einer neuerlichen Ladung zu einem späteren Termin zu einer Verhandlung erschienen.

6        Rechtsfragen des Verfahrensrechts sind von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat. Die Entscheidung über die Revision muss von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängen. Der Verfahrensmangel muss für den Verfahrensausgang relevant, das heißt abstrakt geeignet sein, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für die revisionswerbende Partei günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa VwGH 6.5.2020, Ra 2019/08/0162, mwN).

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu der durch BGBl. I Nr. 33/2013 aufgehobenen Bestimmung des § 51g Abs. 3 Z 1 VStG festgehalten, dass ein Zeuge im Ausland zwar in der Regel nicht zum persönlichen Erscheinen verhalten werden kann, der unabhängige Verwaltungssenat aber - etwa durch schriftliche Anfragen - Bemühungen anzustellen hat, mit dem Zeugen in Kontakt zu treten und ein Erscheinen oder zumindest eine schriftliche Stellungnahme von ihm zu erreichen. Diese Rechtsprechung ist angesichts des mit dieser Bestimmung wortgleichen § 46 Abs. 3 Z 1 VwGVG auch auf das Verwaltungsstrafverfahren vor den Verwaltungsgerichten zu übertragen (VwGH 25.4.2019, Ra 2018/09/0212).

8        Im vorliegenden Fall unterblieb zunächst eine Ladung des Zeugen M, weil seine Anschrift nicht festgestellt werden konnte. Im Zentralen Melderegister war eine Übersiedlung des Zeugen, eines algerischen Staatsangehörigen, nach Spanien vermerkt. Anlässlich der mündlichen Verhandlung stellte der Revisionswerber in Aussicht, den Zeugen stellig zu machen, wozu die Verhandlung vertagt wurde. In der Folge gab der Revisionswerber schriftlich jedoch eine Anschrift des Zeugen in Spanien bekannt und ersuchte, diesen an der genannten Anschrift zu laden. Dazu wurde der Verhandlungstermin neuerlich verlegt. Zur Verhandlung erschien der Zeuge trotz Ladung schließlich nachrichtenlos nicht. Der Revisionswerber konnte nach Erörterung keine Auskunft über den Verbleib des Zeugen geben und teilte mit, mit diesem keinen Kontakt mehr gehabt zu haben.

9        Das Verwaltungsgericht hat somit im Sinn der zitierten Rechtsprechung Schritte unternommen, um mit dem im Ausland aufhältigen Zeugen in Kontakt zu treten, war aber nicht in der Lage, sein Erscheinen durchzusetzen. Hinweise darauf, dass der Zeuge in der Zukunft bereit gewesen wäre, zu einer Verhandlung zu erscheinen bzw. sich sonst am Verfahren zu beteiligen, ergaben sich entgegen der Revision nicht. Vor diesem Hintergrund wird fallbezogen nicht aufgezeigt, dass dem Verwaltungsgericht ein im Revisionsverfahren aufzugreifender Verfahrensmangel unterlaufen wäre (vgl. zu einem ähnlichen Fall VwGH 17.12.2013, 2012/09/0104).

10       Soweit in der Revision unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung weiters geltend gemacht wird, das Verwaltungsgericht hätte auch den Zeugen R einvernehmen müssen, wird nicht konkret dargelegt, welche Angaben der Zeuge hätte machen können und warum seine Einvernahme somit zu einer für den Revisionswerber günstigeren Sachverhaltsgrundlage hätte führen können. Der Revision gelingt es daher nicht, die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels aufzuzeigen.

11       Die Revision wendet sich zur Begründung ihrer Zulässigkeit weiters gegen die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichtes. Zwei im Gastgewerbebetrieb des Revisionswerbers angetroffene Personen, hinsichtlich derer vom Bestehen einer Pflichtversicherung ausgegangen worden sei, seien - entgegen den Annahmen des Verwaltungsgerichtes - tatsächlich beim Revisionswerber nur zu Besuch gewesen, ohne eine Arbeitstätigkeit zu entfalten.

12       Die Beweiswürdigung ist einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nur insofern zugänglich, als es um die ordnungsgemäße Ermittlung der Beweisergebnisse und die Kontrolle der Schlüssigkeit der angestellten Erwägungen geht. Eine im Einzelfall vorgenommene, nicht als grob fehlerhaft - so z. B. wenn die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre - erkennbare Beweiswürdigung wirft im Allgemeinen keine über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG auf (vgl. etwa VwGH 28.9.2020, Ra 2020/08/0136, mwN). Eine derartige Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung legt die Revision nicht dar. Das Verwaltungsgericht konnte die in der Revision nunmehr bekämpften Feststellungen insbesondere auf die Aussagen der in der Verhandlung vernommenen Kontrollorgane der Finanzpolizei stützen.

13       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Dezember 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080113.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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