TE Bvwg Beschluss 2020/10/8 W254 2231576-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.10.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchUG §49
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W254 2231576-1/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr.in Tatjana CARDONA als Einzelrichterin über die Beschwerde des minderjährigen XXXX , geboren am XXXX , gesetzlich vertreten durch XXXX gegen den Bescheid der Bildungsdirektion Wien vom 16.04.2020, Zl. 9131.003/0704-Präs3a/2020:

A)

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren gemäß § 28 Abs. 1 und § 31 Abs. 1 VwGVG eingestellt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

Der minderjährige Beschwerdeführer (in Folge: BF) besuchte im Schuljahr 2019/2020 die Allgemeine Sonderschule, XXXX , XXXX Wien.

Am 14.02.2020 beantragte der Leiter der Schule die Suspendierung des BF für die Dauer von zwei Wochen. Der Antrag wurde damit begründet, dass der BF bei einem Elterngespräch am Tag zuvor unerwünschterweise hineingeplatzt sei und den anwesenden Lehrpersonen gedroht habe. Da es bereits häufig zu Drohungen und Einschüchterungen von MitschülerInnen und Lehrpersonen gekommen sei, sei auch die Polizei informiert worden und sei eine Gefährdungsmeldung an das Jugendamt geplant.

Mit Mandatsbescheid vom 14.02.2020 wurde die Suspendierung des BF wegen Gefahr in Verzug von 14.02.2020 bis einschließlich 28.02.2020 ausgesprochen. Gegen diesen Mandatsbescheid erhob der BF fristgerecht Vorstellung.

Mit Bescheid vom 16.04.2020, zugestellt am 22.04.2020, wurde die Vorstellung des BF abgewiesen. Begründend wurde auf die schlüssige Sachverhaltsdarstellung der Schulleitung, der Klassenlehrer, der zwei Mitschüler sowie auf den persönlichen Eindruck des zuständigen Schulqualitätsmanagers verwiesen. Aus der Zusammenschau der Stellungnahmen ergäbe sich ein Verhalten des BF, dass eine dauernde Gefährdung von Mitschülern und anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit und körperlichen Sicherheit darstelle.

Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 20.05.2020 fristgerecht Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass es ungerecht sei, dass die Behörde nur den Behauptungen der Schule geglaubt habe, dass wegen der ungerechtfertigten Suspendierung Unterrichtsstunden versäumt worden seien und dass aufgrund der Einstellung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft ersichtlich sei, dass die Behauptungen der Schule hinsichtlich der Bedrohungen sowie der sexuellen Übergriffe unwahr seien. Die Beschwerde wurde dem Bundesverwaltungsgericht am 04.06.2020 vorgelegt.

Mit Schreiben vom 13.07.2020 wurde dem BF Parteiengehör eingeräumt zur Frage, ob ein Rechtsschutzbedürfnis an der Beseitigung der Suspendierung bestehe, da die Suspendierung ein abgeschlossenes Geschehen betreffe. Darüber hinaus wurde dem BF aufgetragen, mitzuteilen, ob er weiterhin die Allgemeine Sonderschule in der XXXX Wien besuchen werde. Dem BF wurde eine Stellungnahmefrist von zwei Wochen eingeräumt, die der BF ungenützt verstreichen ließ.

Mit Schreiben vom 10.08.2020 teilte die Bildungsdirektion Wien mit, dass der BF im Schuljahr 2019/2020 seine allgemeine Schulpflicht erfüllt habe. Über den weiteren Ausbildungsweg könne keine Auskunft erteilt werden, da die Bildungsdirektion über keine diesbezüglichen Informationen verfüge.

Mit E-Mail vom 08.09.2020 teilte die Direktion der Allgemeinen Sonderschule, XXXX mit, dass der BF im Schuljahr 2019/2020 sein 10. Schuljahr absolviert habe und sein Abschlusszeugnis erhalten habe. Er sei nicht mehr Schüler an diesem Standort.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF besuchte im Schuljahr 2019/2020 die Allgemeine Sonderschule, XXXX , XXXX Wien und hat sein 10. Schuljahr abgeschlossen. Er ist nicht mehr Schüler an diesem Standort.

Der BF wurde wegen des im Verfahrensgang beschriebenen Vorfalls für zwei Wochen von der Allgemeine Sonderschule, XXXX , XXXX Wien suspendiert.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem Verwaltungsakt und den Stellungnahmen der Parteien.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1.    Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2.    Bei einer Bescheidbeschwerde besteht das Rechtsschutzinteresse im objektiven Interesse des Beschwerdeführers an einer Beseitigung des angefochtenen, ihn beschwerenden Verwaltungsaktes. Dieses Interesse wird daher immer dann zu verneinen sein, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied mehr macht, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für den Beschwerdeführer keinen objektiven Nutzen hat, die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen soweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen (vgl. dazu VwGH 23.09.2019, Ra 2019/03/0106 mwN; VwGH 27.11.2018, Ra 2018/02/0162; 31.01.2018, Ra 2018/10/0022, jeweils mwN).

Daraus folgt, dass ein Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgericht keinen Anspruch auf die bloße Feststellung der Gesetzwidrigkeit des angefochtenen Bescheides hat; das Verwaltungsgericht ist ebenfalls nicht berufen, eine Entscheidung lediglich über abstrakt theoretische Rechtsfragen zu treffen, denen keine praktische Relevanz mehr zukommen kann (vgl. wieder VwGH 31.01.2018, Ra 2018/10/0022).

Der VwGH bejaht auch bei kurzfristig bzw. befristet erteilten Berechtigungen einen Wegfall des Rechtsschutzinteresses infolge zeitlicher Überholung (vgl. etwa die Rechtsprechung des VwGH zur Vergabe von Platzkarten für das Aufstellen von Fiakerkutschen - VwGH 26.4.2011, 2008/03/0069; VwGH 17.4.2009, 2009/03/0013 - oder zu Bewilligungen gemäß § 9 LuftfahrtG 1958 - VwGH 18.2.2015, 2013/03/0030; VwGH 5.5.2014, 2012/03/0074).

Der Gesetzgeber versteht das Rechtsschutzbedürfnis als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Beschwerde nicht vor, ist diese unzulässig, fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Beschwerde weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

3.3.    Der Beschwerde liegt zugrunde, dass der BF von der Allgemeine Sonderschule, XXXX , XXXX Wien suspendiert wurde. Die Suspendierung betrifft daher ein abgeschlossenes Geschehen. Zum Zeitpunkt der Erhebung der Beschwerde war ein zukünftiges Auftreten ähnlicher Situationen nicht ausgeschlossen. Der BF hat zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesverwaltungsgerichtes die Allgemeine Sonderschule, XXXX , XXXX Wien bereits abgeschlossen und ist nicht mehr Schüler an diesem Standort, weshalb ein zukünftiges Auftreten ähnlicher Situationen nicht erwartet werden kann.

Die Frage der Rechtmäßigkeit der Suspendierung stellt sich vor dem Hintergrund des abgeschlossenen Zeitraums und dem Umstand, dass der BF die betreffende Schule nunmehr abgeschlossen hat, als rein theoretische Rechtsfrage dar, der keine praktische Relevanz mehr zukommen kann.

Da die Prozessvoraussetzung des Rechtsschutzinteresses erst nach Einbringung der Beschwerde weggefallen ist, ist das Verfahren als gegenstandlos einzustellen (vgl. VwGH 28.01.2016, Ra 2015/11/0027).

3.4.    Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde und dem Parteiengehör geklärt erscheint.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen wesentlichen Rechtsfragen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen.

Schlagworte

Gegenstandslosigkeit Suspendierung vom Unterricht Verfahrenseinstellung Wegfall des Rechtschutzinteresses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W254.2231576.1.00

Im RIS seit

29.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

29.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten