TE Vwgh Beschluss 2020/12/3 Ro 2020/18/0004

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Veröffentlicht am 03.12.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
40/02 Sonstiges Verwaltungsverfahren

Norm

AVG §18 Abs3
AVG §56
E-GovG 2004 §19 Abs3
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §17
VwGVG 2014 §28 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Mag. Nedwed und Mag. Tolar als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, über die Revision des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl in 1030 Wien, Modecenterstraße 22, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Juli 2018, W147 1306574-2/18E, betreffend eine Asylangelegenheit (mitbeteiligte Partei: Z G), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Der Mitbeteiligte ist ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation, dem in Österreich im Jahr 2009 der Status des Asylberechtigten zuerkannt wurde.

2        Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 2. November 2017 wurde dem Mitbeteiligten der Status des Asylberechtigten aberkannt und festgestellt, dass ihm die Flüchtlingseigenschaft kraft Gesetzes nicht mehr zukommt, ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung gegen ihn erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung in die Russische Föderation zulässig sei, und gegen ihn ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

3        Mit Erkenntnis vom 24. Juli 2018 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) der gegen den Aberkennungsbescheid des BFA erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt, hob diesen Bescheid ersatzlos auf und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.

4        Aufgrund einer dagegen gerichteten Amtsrevision hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. April 2019, Ro 2018/01/0014, diese Entscheidung des BVwG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes auf.

5        Am 26. Mai 2020 übermittelte das BVwG - aus der Aktenlage erkennbar irrtümlich - den Verfahrensparteien im Wege des Elektronischen Rechtsverkehrs bzw. über einen elektronischen Zustelldienst neuerlich das Erkenntnis vom 24. Juli 2018, versehen mit einer Amtssignatur, die mit 26. Mai 2020 datiert ist.

6        Mit Erkenntnis vom 26. Mai 2020, den Verfahrensparteien zugestellt am 28. bzw. 29. Mai 2020, gab das BVwG der Beschwerde des Mitbeteiligten wiederum statt und hob abermals den Bescheid des BFA vom 2. November 2017 ersatzlos auf.

7        Die vorliegende ordentliche Amtsrevision wendet sich gegen das Erkenntnis des BVwG „vom 24.07.2018 [...] (Amtssignatur vom 26.05.2020, zugestellt am 26.05.2020)“. Sie erweist sich als nicht zulässig.

8        Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Versäumung der Einbringungsfrist, Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen oder denen die Einwendung der entschiedenen Sache oder der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegensteht, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Vorweg ist festzuhalten, dass das Erkenntnis des BVwG vom 24. Juli 2018 durch das hg. Erkenntnis vom 4. April 2019, Ro 2018/01/0014, gemäß § 42 Abs. 3 VwGG mit „ex-tunc“-Wirkung aufgehoben wurde. Das bedeutet, dass der Rechtszustand im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob das aufgehobene Erkenntnis von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. VwGH 6.5.2020, Ra 2019/14/0311).

10       Im vorliegenden Fall erweist sich als entscheidungsrelevant, ob das BVwG mit der neuerlichen Übermittlung des Erkenntnisses vom 24. Juli 2018 am 26. Mai 2020 an die Verfahrensparteien unter Anbringung einer mit 26. Mai 2020 datierten Amtssignatur ein Erkenntnis erlassen hat, das Anfechtungsgegenstand einer Revision vor dem Verwaltungsgerichtshof sein kann.

11       Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss unabhängig von der Frage, welchen Voraussetzungen die schriftliche Ausfertigung einer Erledigung zu genügen hat, die Erledigung selbst von jenem Organwalter, der die Behördenfunktion inne hat, oder von einem approbationsbefugten Organwalter genehmigt worden sein. Fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt kein Bescheid vor. Die Darstellung der Amtssignatur (§ 19 Abs. 3 E-GovG) ersetzt nicht die Genehmigung, vielmehr ist darin lediglich die Urheberschaft der Behörde dokumentiert (vgl. VwGH 15.10.2014, Ra 2014/08/0009). Diese zur wirksamen Erlassung von Erledigungen einer Verwaltungsbehörde gemäß § 18 Abs. 3 AVG angestellten Überlegungen sind mangels abweichender Regelungen im VwGVG ebenso für die Erlassung von Entscheidungen eines Verwaltungsgerichtes maßgeblich (§ 17 VwGVG).

12       Im vorliegenden Fall ist aus dem Akt des BVwG klar ersichtlich, dass im Mai 2020 keine richterliche Genehmigung für die neuerliche Erlassung einer mit dem - vom Verwaltungsgerichtshof bereits aufgehobenen - Erkenntnis des BVwG vom 24. Juli 2018 identen Entscheidung erfolgt ist. Vielmehr wurde am 26. Mai 2020 - unter Anbringung einer Amtssignatur mit diesem Datum - irrtümlich und ohne eine richterliche Genehmigung das Erkenntnis des BVwG vom 24. Juli 2018 erneut abgefertigt. Damit wurde nach dem oben Gesagten kein verwaltungsgerichtliches Erkenntnis wirksam erlassen.

13       Ist aber ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts nicht rechtswirksam erlassen worden, hat eine dagegen erhobene Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG der Zurückweisung mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zu verfallen (vgl. VwGH 27.3.2020, Ra 2019/20/0435, mwN).

Wien, am 3. Dezember 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RO2020180004.J00

Im RIS seit

11.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

11.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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