TE Vwgh Beschluss 2020/12/15 Ra 2019/02/0223

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Veröffentlicht am 15.12.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Kraftfahrgesetz

Norm

AVG §56
B-VG Art133 Abs4
KFG 1967 §98a
KFG 1967 §98a Abs1
VwGG §34 Abs1
VwGVG 2014 §38
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer, den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Baden gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 14. November 2019, LVwG-S-1919/001-2018, betreffend Übertretung des KFG (mitbeteiligte Partei:G in T, vertreten durch Ing. Mag. Klaus Helm, Rechtsanwalt in 4040 Linz, Schulstraße 12), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit dem Straferkenntnis der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft Baden vom 19. Juli 2018 wurde dem Mitbeteiligten zur Last gelegt, er habe ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug, an welchem für ihn erkennbar ein sogenannter „Radar- oder Laserblocker“ der Marke Antilaser Priority Nr. S44717 und eine Steuereinheit der Marke Alert Road angebracht gewesen seien, gelenkt, obwohl Geräte oder Gegenstände, mit denen technische Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung beeinflusst oder gestört werden könnten, weder an Kraftfahrzeugen angebracht noch in solchen mitgeführt werden dürfen. Der Mitbeteiligte habe dadurch § 98a Abs. 1 KFG verletzt und wurde gemäß § 134 Abs. 1 KFG zu einer Geldstrafe in der Höhe von € 500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verurteilt.

2        Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich gab der dagegen erhobenen Beschwerde Folge, behob das bekämpfte Straferkenntnis, stellte das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG ein und erklärte eine Revision gegen dieses Erkenntnis für nicht zulässig.

3        In seiner Begründung stellte das Verwaltungsgericht fest, der Zeuge F habe über Bestellung des Zulassungsbesitzers das Gerät AL Priority Nr. S44717 als zusätzlichen Parksensor in das Fahrzeug eingebaut und nicht an das - mit einem Radarwarner verbundene - Steuerungsgerät Alert Road angeschlossen. Die Funktionsfähigkeit des Geräts AL Priority als Laserblocker sei gesperrt gewesen und daher habe es sich nicht im funktionstüchtigen Zustand als Laserblocker befunden. Im Zweifel sei davon auszugehen gewesen, dass das gegenständliche Gerät nicht als Laserblocker habe verwendet werden können. Deshalb sei das Gerät nicht zur Beeinflussung und Störung der Verkehrsüberwachung funktionstüchtig gewesen, zumal auch kein Versuch einer Lasermessung unternommen und das Gerät im Zuge der Amtshandlung ausgebaut worden sei. Der Mitbeteiligte habe die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen.

4        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision der Bezirkshauptmannschaft Baden.

5        Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte Aufwandersatz.

6        Die Revision erweist sich als unzulässig:

7        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10       Die revisionswerbende Bezirkshauptmannschaft macht zur Zulässigkeit der Revision geltend, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, weil nach VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069, die bloße Eignung des Geräts zur Störung oder Beeinflussung von technischen Verkehrsüberwachungseinrichtungen ausreiche. Das sei hier gegeben, weil selbst ein technischer Laie aufgrund der hardwareseitigen Eignung nach kurzer Information die entsprechende Software zur Verwendung als Radar- oder Laserblocker auf das Gerät installieren könne. Die Sperre des Steuergeräts habe eine aktive Störung oder Beeinflussung von technischen Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung softwarebezogen bloß temporär verhindert und hätte von jedem Lenker sehr schnell mit wenigen Handgriffen auf mannigfaltigste Weise (via USB-Sticks, Aktivierungskarten, Handy-Apps, Ein- und Ausbau verschiedener Steuergeräte, etc.) behoben werden können. Das Unterlassen einer Lasermessung und der nachträgliche Ausbau des Geräts seien irrelevant. Indem das Verwaltungsgericht die Frage der Eignung des Geräts im Sinn einer zweifelsfreien Funktionstüchtigkeit im Tatzeitpunkt verstanden habe, sei es von der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.

11       Soweit die Revision das Aufspielen anderer Software oder sonstige technische Manipulationen zum Entsperren des Geräts anspricht, geht sie nicht von dem im angefochtenen Erkenntnis festgestellten Sachverhalt aus und macht im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unzulässige Neuerungen geltend (§ 41 VwGG), weil dahingehendes Vorbringen in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht erstattet wurde und auch davor von der revisionswerbenden Bezirkshauptmannschaft dem Mitbeteiligten nicht vorgehalten wurde.

12       Die Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung, das Verwaltungsgericht habe unzutreffend auf eine unterbliebene Lasermessung und den Ausbau des Geräts für die Prüfung der Eignung im Tatzeitpunkt abgestellt, sind schon deshalb nicht zielführend, weil es sich hier nur um zusätzliche Argumente des Verwaltungsgerichtes handelte. Das angefochtene Erkenntnis stützt sich primär darauf, dass das Gerät als Laserblocker überhaupt nicht verwendet werden konnte. Dass der unterbliebene Versuch einer Lasermessung und der Ausbau des Geräts dem nicht entgegenstehen, ist nur eine weitere Begründung, sodass die Revision davon nicht abhängt.

13       Schließlich weicht das Verwaltungsgericht auch mit seiner Beurteilung, ob das Gerät als Laserblocker verwendet werden konnte, nicht von der bereits hinreichend geklärten (siehe zur Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes für das Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung etwa VwGH 26.6.2014, Ra 2014/03/0005) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 98a Abs. 1 KFG ab. Ob das Gerät oder der Gegenstand tatsächlich in Betrieb genommen wurde bzw. ob es tatsächlich zu einer Beeinflussung oder Störung von technischen Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung gekommen ist, ist für die Erfüllung des Tatbestands nicht ausschlaggebend. Vielmehr reicht nach dem klaren Gesetzeswortlaut bereits die bloße Eignung des im Kraftfahrzeug angebrachten oder mitgeführten Geräts oder Gegenstands zur Störung oder Beeinflussung von technischen Verkehrsüberwachungseinrichtungen (VwGH 17.6.2019, Ra 2019/02/0069). Es kommt darauf an, dass das konkrete am Fahrzeug angebrachte oder dort mitgeführte Gerät die Beeinflussung oder Störung aktuell verursachen kann, also tatsächlich in Betrieb genommen werden kann. Dieses Gerät muss demnach im Tatzeitpunkt sämtliche Voraussetzungen erfüllen, um in diesem Zeitpunkt Einrichtungen zur Verkehrsüberwachung zu beeinflussen oder zu stören. Unwesentlich ist, ob das Gerät - etwa mittels eines im Fahrzeug angebrachten Schalters - tatsächlich in Betrieb genommen worden ist. Für die Störung oder Beeinflussung einer Lasermessung (noch) nicht hinreichend geeignet ist demnach ein Gerät, das erst durch weitere nicht am Tatort und zur Tatzeit verfügbare technische Maßnahmen dazu in die Lage versetzt werden muss, solche Störungen oder Beeinflussungen herbeizuführen, also nicht ohne weiteres - etwa mittels eines im Fahrzeug angebrachten Schalters - in Betrieb genommen werden kann (VwGH 13.10.2020, Ra 2020/02/0063). Mit dieser Rechtsprechung steht das angefochtene Erkenntnis nicht im Widerspruch.

14       In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

15       Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Umsatzsteuer in den Beträgen der genannten Verordnung bereits berücksichtigt ist.

Wien, am 15. Dezember 2020

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019020223.L00

Im RIS seit

18.01.2021

Zuletzt aktualisiert am

18.01.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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