RS Vfgh 2020/10/7 V336/2020 (V336/2020-7)

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Veröffentlicht am 07.10.2020
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Index

90/01 Straßenverkehrsrecht

Norm

B-VG Art89 Abs1
B-VG Art139 Abs1 Z1
StVO 1960 §23 Abs2a, §44, §76c
BegegnungszonenV der Marktgemeinde Ottensheim vom 16.12.2013
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Aufhebung einer Verordnung betreffend die Errichtung einer Begegnungszone in einer Oberösterreichischen Gemeinde mangels ordnungsgemäßer Kundmachung; signifikante Abweichung der Aufstellungsorte der entsprechenden Verkehrszeichen vom räumlichen Geltungsbereich der Verordnung

Rechtssatz

Gesetzwidrigkeit der Verordnung des Gemeinderates der Marktgemeinde Ottensheim vom 16.12.2013, ZVerk-251/2013, Verk-502 Jr; der Antrag des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich (LVwG - Gerichtsantrag) auf Feststellung der Gesetzwidrigkeit ist als Aufhebungsbegehren zu verstehen. Die angefochtene Verordnung ist durch die Anbringung der Verkehrszeichen am 24.02.2014 gemäß §44 Abs1 StVO 1960 jedenfalls kundgemacht worden, sodass sie mit verbindlicher Wirkung für jedermann zustande gekommen ist und in Geltung steht. Angesichts des Parkens eines Kraftfahrzeugs außerhalb der dafür gekennzeichneten Stellen (§23 Abs2a StVO 1960) ist es offenkundig, dass die angefochtene Verordnung jedenfalls in dem Umfang anzuwenden ist, als sie den Marktplatz der Marktgemeinde Ottensheim zur Begegnungszone erklärt.

Der Gemeinderat legt den räumlichen Geltungsbereich der Verordnung mittels eines - gemäß §2 der angefochtenen Verordnung einen Bestandteil der Verordnung bildenden - Planes fest. Aus diesem Plan ist ersichtlich, dass der räumliche Geltungsbereich der Verordnung im südwestlichen Bereich an der Kreuzung der Donaulände mit der Ludlgasse beginnt. Das entsprechende Verkehrszeichen befindet sich rund 13 Meter westlich in der Donaulände. Auch im Bereich der Bahnhofstraße stimmt die Aufstellung der Verkehrszeichen nicht mit dem räumlichen Geltungsbereich der Verordnung überein (Abweichung von rund 13 Metern).

Auch wenn die Rsp des VfGH zur Kundmachung von Verordnungen iSd §44 Abs1 StVO 1960 je nach örtlichen Verkehrsverhältnissen eine bestimmte Fehlertoleranz vorsieht - die Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen hat nicht "zentimetergenau" zu erfolgen -, bewirkten die festgestellten Abweichungen von jeweils rund 13 Metern im vorliegenden Fall jedenfalls eine nicht ordnungsgemäße Kundmachung. Damit läuft auch der Einwand der verordnungserlassenden Behörde, die Abweichungen in der Kundmachung hätten bauliche bzw verkehrstechnische Gründe bei der Aufstellung der Verkehrszeichen, ins Leere, zielt die Kundmachungsbestimmung des §44 Abs1 StVO 1960 doch darauf ab, den Normadressaten über den Inhalt der Verordnung entsprechend den örtlichen Verkehrsverhältnissen hinreichend genau und nicht bloß ungefähr in Kenntnis zu setzen.

Die Voraussetzungen für die Kundmachung mittels Anschlages an der Amtstafel waren im vorliegenden Fall nicht gegeben: Die Kundmachung hat gemäß §44 Abs1 StVO 1960 durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen zu erfolgen. Eine Kundmachung durch Anschlag an der Amtstafel sieht Abs3 leg cit vor, der zur Voraussetzung hat, dass sich der Inhalt der Verordnung durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen nicht ausdrücken lässt. Es ist nicht erkennbar, dass sich die Verordnung, die ausschließlich eine Begegnungszone iSd §2 Abs1 Z2a StVO 1960 anordnet, nicht durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen ausdrücken ließe. Im Übrigen hätte die Kundmachung nicht §44 Abs3 StVO 1960 entsprochen, weil die Verordnung nur von 17.12.2013 bis 07.01.2014, folglich weniger als sechs Wochen, an der Amtstafel angeschlagen war.

Der Beginn des festgelegten örtlichen Geltungsbereiches der angefochtenen Verordnung ist an zwei Stellen nicht ordnungsgemäß kundgemacht. Da die Verordnung einen einheitlichen räumlichen Geltungsbereich bestimmt, der jeweils an den Ein- und Ausfahrten mittels Verkehrszeichen kundgemacht ist, bewirken die festgestellten Kundmachungsmängel die gesetzwidrige Kundmachung der gesamten Verordnung.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Verordnung Kundmachung, Straßenverkehrszeichen, Straßenverwaltung, Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung, VfGH / Verwerfungsumfang, VfGH / Präjudizialität, Fußgängerzone

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V336.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.12.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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