TE Vfgh Beschluss 2020/11/25 SV1/2019 ua

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Veröffentlicht am 25.11.2020
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Index

19/20 Amtssitzabkommen

Norm

B-VG Art50 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140a
Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der OPEC idF BGBl III 108/2010 Art9
JN §42
VfGG §7 Abs1, §62 Ab2, §66

Leitsatz

Zurückweisung von Anträgen auf Aufhebung einer Bestimmung des Amtssitzabkommens zwischen der Republik Österreich und der OPEC mangels Mitanfechtung der Bestimmungen betreffend die – ohne Einwilligung der OPEC fehlende – Möglichkeit der wirksamen Zustellung von Klagen und sonstigen Schriftstücken

Spruch

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Anträge

1. Mit dem vorliegenden, auf Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten, zu SV1/2019 protokollierten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "Art9 des Abkommen[s] zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder, BGBl Nr 382/1974, idF BGBl III Nr 108/2010 […] als verfassungswidrig auf[…]heben".

2. Mit dem vorliegenden, auf Art140a iVm Art140 Abs1 Z1 litd B-VG gestützten, zu SV6/2020 protokollierten Antrag begehrt der Antragsteller, der Verfassungsgerichtshof möge "in Art9 des Abkommen[s] zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder, BGBl Nr 382/1974, idF BGBl III Nr 108/2010 […] die Wortfolge 'die OPEC und', in eventu den gesamten Artikel 9 des Abkommen[s] zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder, BGBl Nr 382/1974, idF BGBl III Nr 108/2010 als verfassungswidrig auf[…]heben" (Zitat ohne die Hervorhebungen im Original).

II. Rechtslage und Praxis der internationalen Organisation

1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Organisation der erdölexportierenden Länder über den Amtssitz der Organisation der erdölexportierenden Länder, BGBl 378/1985, idF BGBl III 108/2010 (im Folgenden: "Amtssitzabkommen") lauten wörtlich wie folgt (die im zu SV1/2019 protokollierten Antrag und im zu SV6/2020 protokollierten Eventualantrag angefochtene Bestimmung ist durch Unterstreichung hervorgehoben):

"Artikel 3

(1) Die Regierung anerkennt die Exterritorialität des Amtssitzbereichs, der nach den Bestimmungen dieses Abkommens der Aufsicht und der Verfügungsgewalt der OPEC unterworfen ist.

(2) Soweit in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist und vorbehaltlich allfälliger gemäß Artikel 4 erlassener Vorschriften gelten innerhalb des Amtssitzbereichs die Gesetze der Republik Österreich.

(3) Soweit in diesem Abkommen nichts anderes vorgesehen ist, sind die innerhalb des Amtssitzbereichs gesetzten Handlungen und vorgenommenen Rechtsgeschäfte der Jurisdiktion der Gerichte oder sonst zuständigen Organe der Republik Österreich auf Grund der geltenden gesetzlichen Bestimmungen unterworfen.

Artikel 4

(1) Die OPEC ist befugt, für den Amtssitzbereich geltende Vorschriften zu erlassen, um darin alle für die vollständige Wahrnehmung ihrer Funktionen in jeder Beziehung notwendigen Voraussetzungen zu schaffen. Gesetze der Republik Österreich, welche mit einer der von der OPEC im Rahmen dieses Artikels erlassenen Vorschriften unvereinbar sind, sind in dem Ausmaß, in dem eine solche Unvereinbarkeit gegeben ist, für den Amtssitzbereich nicht anwendbar. Jede Meinungsverschiedenheit zwischen der Republik Österreich und der OPEC darüber, ob eine Vorschrift der OPEC als im Rahmen des vorliegenden Artikels erlassenen Vorschrift der OPEC unvereinbar ist, ist unverzüglich nach dem in Artikel 29 vorgesehenen Verfahren beizulegen. Bis zu einer solchen Beilegung bleibt die Vorschrift der OPEC in Geltung und das Gesetz der Republik Österreich ist in dem Ausmaß für den Amtsssitzbereich nicht anwendbar, als von der OPEC seine Unvereinbarkeit mit der Vorschrift der OPEC behauptet wird.

(2) Die OPEC wird die Regierung erforderlichenfalls von Zeit zu Zeit über die von ihr gemäß Absatz 1 erlassenen Vorschriften unterrichten.

(3) Dieser Artikel steht der angemessenen Anwendung der Feuerschutz- bzw Gesundheitsvorschriften der zuständigen österreichischen Behörden nicht entgegen.

Artikel 5

(1) Der Amtssitzbereich ist unverletzlich. Kein Funktionär oder Beamter der Republik Österreich noch irgendeine in der Republik Österreich Hoheitsrechte ausübende Person darf den Amtssitzbereich betreten, um dort Amtshandlungen zu setzen, außer mit Zustimmung des Generalsekretärs und unter den von ihm festgelegten Bedingungen. Jedoch kann bei Feuer oder einer anderen Katastrophe, wenn sofortige Schutzmaßnahmen erforderlich sind, die Zustimmung des Generalsekretärs vermutet werden.

(2) Gerichtliche Vollzugshandlungen, einschließlich der Beschlagnahme privaten Eigentums, dürfen im Amtssitzbereich nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Generalsekretärs und unter den von ihm festgelegten Bedingungen stattfinden.

Artikel 6

(1) Die zuständigen österreichischen Behörden werden entsprechende Vorsorge treffen, um zu gewährleisten, daß die Ruhe im Amtssitzbereich nicht durch Personen oder Personengruppen gestört wird, die ihn ohne Erlaubnis zu betreten versuchen oder in der unmittelbaren Umgebung des Amtssitzbereiches Unruhe stiften; sie werden ferner an den Grenzen des Amtssitzbereiches den zu diesem Zweck erforderlichen Polizeischutz beistellen.

(2) Wenn dies vom Generalsekretär gewünscht wird, so werden die zuständigen österreichischen Behörden eine ausreichende Zahl von Polizisten zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Amtssitzbereich beistellen.

(3) Die zuständigen österreichischen Behörden werden alle entsprechenden Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, daß die durch die örtlichen Gegebenheiten bedingten Vorteile des Amtssitzbereiches nicht beeinträchtigt werden und die Erfüllung der Aufgaben, denen der Amtssitzbereich dient, nicht durch irgendeine Verwendung der Grundstücke oder der Gebäude in der Umgebung derselben erschwert wird. Die OPEC wird ihrerseits alle entsprechenden Vorkehrungen treffen, um zu gewährleisten, daß die durch die örtlichen Gegebenheiten bedingten Vorteile der in der Umgebung des Amtssitzbereiches liegenden Grundstücke nicht durch irgendeine Verwendung des Geländes oder der Gebäude des Amtssitzbereiches beeinträchtigt werden.

Artikel 7

Die Regierung anerkennt die Rechtspersönlichkeit der OPEC und im besonderen ihre Fähigkeit:

a) Verträge zu schließen;

b) bewegliches und unbewegliches Eigentum zu erwerben und darüber zu verfügen;

und

c) gerichtliche Verfahren anhängig zu machen.

Artikel 8

Die Regierung anerkennt das Recht der OPEC, in ihrem Amtssitzbereich oder, mit Zustimmung der Regierung, sonstwo in der Republik Österreich Tagungen einzuberufen.

Artikel 9

Die OPEC und ihr Eigentum, wo immer es liegt und in wessen Händen es sich befindet, ist von jeglicher Jurisdiktion befreit, es sei denn, daß die OPEC in einem besonderen Fall ausdrücklich auf ihre Immunität verzichtet hat. Es besteht jedoch Einverständnis, daß der Verzicht sich nicht auf Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erstrecken kann.

Artikel 10

Das Eigentum der OPEC, wo immer es liegt und in wessen Händen es sich befindet, ist vor jeder Durchsuchung, Requisition, Beschlagnahme, Enteignung oder sonstigen Form von Zwangsmaßnahmen der Vollzugs-, Verwaltungs-, Gerichts- oder gesetzgebenden Behörden geschützt.

Artikel 11

Die Archive der OPEC sind unverletzlich, wo immer sie sich befinden.

Artikel 28

Der Generalsekretär trifft alle Vorkehrungen dafür, daß mit den im Rahmen dieses Abkommens gewährten Privilegien oder Immunitäten kein Mißbrauch getrieben wird. Falls die Regierung der Ansicht ist, daß mit den im Rahmen dieses Abkommens gewährten Privilegien oder Immunitäten Mißbrauch getrieben wurde, wird der Generalsekretär über Ersuchen mit dem Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich Rücksprache pflegen, um festzustellen, ob ein solcher Mißbrauch vorliegt. Führen derartige Rücksprachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu keinem für die Regierung und den Generalsekretär befriedigenden Ergebnis, dann kann die Angelegenheit von jeder Partei einem aus drei Schiedsrichtern zusammengesetzten Schiedsgericht zur endgültigen Entscheidung unterbreitet werden; von diesen ist einer vom Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich, einer vom Generalsekretär und der dritte, der als Vorsitzender des Schiedsgerichtes fungieren soll, von den beiden ersten Schiedsrichtern auszuwählen. Falls sich das Schiedsgericht nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt des Antrages, die Streitigkeit einem schiedsrichterlichen Spruch zu unterwerden, konstituiert, wird die Ernennung der noch nicht bestimmten Schiedsrichter auf Ersuchen der Regierung oder der OPEC vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes vorgenommen.

Artikel 29

Alle zwischen der Regierung und der OPEC über die Auslegung oder Anwendung dieses Abkommens entstehenden Streitigkeiten sind auf Antrag einer der beiden Parteien einem schiedsrichterlichen Spruch zu unterbreiten. Das Schiedsgericht besteht aus drei Schiedsrichtern; von diesen ist einer vom Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten der Republik Österreich, einer vom Generalsekretär und der dritte, der als Vorsitzender des Schiedsgerichtes fungieren soll, von den beiden ersten Schiedsrichtern auszuwählen. Falls sich das Schiedsgericht nicht innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt des Antrages, die Streitigkeit einem schiedsrichterlichen Spruch zu unterwerfen, konstituiert, wird die Ernennung der noch nicht bestimmten Schiedsrichter auf Ersuchen der Regierung oder der OPEC vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes vorgenommen.

Artikel 30

(1) - (2) […]

(3) Beratungen über die Abänderung dieses Abkommens werden über Ersuchen der Regierung oder der OPEC aufgenommen. Jede derartige Abänderung erfolgt im gegenseitigen Einvernehmen.

(4) Die Auslegung dieses Abkommens hat im Geiste seines obersten Zieles zu erfolgen, das darin besteht, die OPEC in die Lage zu versetzen, an ihrem Amtssitz in der Republik Österreich die ihr gestellten Aufgaben voll und ganz zu erfüllen und ihrer Zweckbestimmung nachzukommen."

2. §42 des Gesetzes vom 1. August 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen, RGBl. 111/1895, idF BGBl I 61/2019 (im Folgenden: "JN") lautet wörtlich wie folgt:

"§42. (1) Ist die anhängig gewordene Rechtssache der inländischen Gerichtsbarkeit oder doch den ordentlichen Gerichten entzogen, so hat das angerufene Gericht in jeder Lage des Verfahrens seine Unzuständigkeit und die Nichtigkeit des vorangegangenen Verfahrens sofort durch Beschluß auszusprechen; dies gilt nicht, wenn das Fehlen der inländischen Gerichtsbarkeit nach §104 geheilt ist. Das Gleiche hat seitens der Gerichte höherer Instanz zu geschehen, wenn der Mangel erst hier offenbar wird.

(2) Ist eine Rechtssache auf Grund einer Immunität der inländischen Gerichtsbarkeit oder doch den ordentlichen Gerichten entzogen und wird ein solcher Mangel erst nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens offenbar, so ist auf Antrag der obersten Verwaltungsbehörde vom Obersten Gerichtshof die Nichtigkeit des durchgeführten gerichtlichen Verfahrens auszusprechen.

(3) Ein Ausspruch im Sinne des Absatzes 1 und 2 kann nicht erfolgen, wenn demselben in Ansehung des Grundes der Nichtigkeit eine von demselben oder von einem anderen Gerichte gefällte, noch bindende Entscheidung entgegensteht.

(4) Die Bestimmungen des Absatzes 1 und 3 haben auch Anwendung zu finden, wenn eine Angelegenheit, welche einen Gegenstand der freiwilligen Gerichtsbarkeit nicht bildet, im Verfahren außer Streitsachen bei Gericht anhängig gemacht wurde."

3. Die maßgeblichen Bestimmungen der Satzung der Organisation der erdölexportierenden Länder von Jänner 1961, zuletzt geändert im Dezember 2011, (im Folgenden: "OPEC-Satzung") lauten wörtlich:

"Article 10

The Conference shall be the supreme authority of the Organization.

Article 16

All matters that are not expressly assigned to other organs of the Organization shall fall within the competence of the Conference.

Article 25

The Secretariat shall carry out the executive functions of the Organization in accordance with the provisions of this Statute under the direction of the Board of Governors.

Article 27

A. The Secretary General shall be the legally-authorised representative of the Organization.

B. The Secretary General shall be the chief officer of the Secretariat, and, in that capacity, shall have the authority to direct the affairs of the Organization in accordance with directions of the Board of Governors."

4. Die maßgeblichen Bestimmungen des Personalstatutes der OPEC (im Folgenden: "Personalstatut") in der in der 46. (außerordentlichen) Sitzung des Board of Governors der OPEC (im Folgenden: "Gouverneursrat") im April 1978 genehmigten Form, einschließlich der Änderungen bis zur 142. Sitzung des Gouverneursrates im Mai 2014 (aktualisiert im Juni 2016), lauten in der englischen Fassung:

"CHAPTER XI

TERMINATION OF SERVICE

Article 11.1

Provisions Governing Termination

a) The Secretary General may terminate the appointment of a Staff Member during his/her probationary period if in his/her opinion it is not desirable to retain him/her in the service on the grounds of poor performance or misconduct.

b) Notwithstanding the provisions of Article 11.9, the services of a Staff Member, whose appointment has been confirmed, may be terminated by the Secretary General, in accordance with the terms of his/her contract and the provisions of these Regulations.

Article 11.2

Grounds for Termination

a) Subject to the provisions of Articles 10.3 and 11.1 b), the Secretary General may terminate the appointment of a Staff Member:

i) if the service of the Staff Member is unsatisfactory, provided that in the case of Staff Members at Grades A and B of Category I, the service of the Staff Member is terminated on this ground subject to the prior approval of the Board of Governors, whose approval may be obtained during a Board Meeting or through correspondence;

ii) for serious misconduct or for conduct which indicates that he/she does not meet the standard of integrity required by the Statute, in accordance with Chapter X of these Regulations;

iii) if facts anterior to his/her appointment and relevant to his/her suitability for service come to light which, had they been disclosed at the time of appoint-ment, should have precluded his/her recruitment;

iv) if his/her state of health is such as to justify a presumption that he/she will be unable to perform his/her duties satisfactorily during the remainder of his/her period of appointment;

v) if the necessities of the service require the abolition of his/her post or reduc-tion of Staff;

vi) if the appropriate authorities of his/her country withdraw him/her from the Secretariat.

b) The services of a Staff Member shall also cease:

i) if the term of appointment has expired;

ii) if he/she resigns;

iii) if he/she reaches the age limit.

Article 11.7

Termination Through Abolition of Post or Reduction of Staff

a) The services of Staff Members may be terminated if the requirements of the service make necessary the elimination of their posts. In selecting redundant Staff Members due regard shall be given to competence, efficiency and behaviour of Staff Members holding positions similar to those which have been eliminated, as well as to their length of service and requirement of adequate distribution of posts among Member Countries.

b) Termination of service by virtue of this Article shall be subject to notice of not less than three months in the case of Staff Members in Category I and not less than one month for Staff Members in Category II.

c) A Staff Member whose services are terminated by virtue of this Article, shall be entitled to an indemnity in accordance with Article 11.14 of these Regulations. No indemnity shall be paid if:

i) he/she refuses an offer of a similar or higher-grade position; or

ii) if it is decided to eliminate his/her position when he/she completes his/her period of appointment in terms of Article 3.6 or an extension thereof.

d) Changes in the title of the position, provided the grade remains unchanged, shall not be considered as elimination of post.

Article 11.8

Termination for Reasons of Withdrawal

a) The Secretary General may terminate the appointment of a Category I Staff Member whose withdrawal is requested by the appropriate authorities of his/her country.

b) In the event of such termination the Category I Staff Member shall be given three months' notice as from the date of receipt by the Secretary General of the request for withdrawal.

Subject to the exigencies of the work, this period of notice may be reduced at the request of the Category I Staff Member or of the Member Country concerned, but in these circumstances no payment shall be made in lieu of notice.

Article 11.12

Notice

a) When the termination of appointment of a Staff Member requires advance notice, its period shall be as prescribed in the relevant Article. In compelling circumstances, not provided for in these Regulations, Staff Members whose appointments are to be terminated shall be served notice of:

– three months in case of Staff in Category I;

– one month in case of Staff in Category II.

b) The Secretary General may, at his/her discretion, in the interest of the Organization shorten the period of notice provided for in these Regulations. In such event, the Staff Member shall be entitled to his/her salary in lieu of the period by which the notice is shortened, but such period shall not be reckoned as a period of service for the computation of leave, allowances or termination benefits, etc., nor shall contributions be made by the Organization to his/her Provident Fund for the period concerned.

c) Where a notice period is shortened at the request of a Staff Member or the appropriate authorities of his/her country, no payment shall be made in lieu of the period by which the notice is shortened, nor shall such period be reckoned as period of service for computation of leave, allowances, terminal benefits, etc. No Provident Fund contributions shall be made by the Organization for the period of reduction of notice.

d) If for any reason the Secretary General should decide to retain the Staff Member with his/her consent in the service for a certain definite period beyond the expiry date of notice, further notice for termination shall not be necessary.

Article 11.13

Last Day of Service

a) When a Staff Member is separating from service, the date on which his/her entitlement to salary, allowances, leave and benefits ceases, shall be as follows:

i) In the case of summary dismissal, the date shall be the day on which the decision has been communicated to the Staff Member.

ii) In the case of termination with notice, the date shall be either the day specified in the notice of termination, if the period of notice is worked, or the date of actual separation if the period of notice is shortened, with due consideration to the provisions of paragraphs c) and d) of Article 11.12.

iii) Upon expiration of a fixed term appointment, the date of expiry shall be the date specified in the letter of appointment.

iv) Upon resignation, the date shall either be the date of expiration of the notice required under Article 11.10, or the actual date of separation if the period of notice is shortened.

b) When a Staff Member is entitled to return travel, two days of travelling time shall be added to his/her period of service, and the last day of service, as specified in a) above, shall be adjusted accordingly.

c) A weekend or holiday immediately following the last day of service, as specified in a) above, shall be considered period of service. However, it shall not be considered as period of service if it falls after or overlaps with the travelling time, as specified in b) above.

d) The actual days of accumulated leave at the end of the service, within the limit authorised by these Regulations, shall be considered period of service for computation of terminal benefits or indemnities.

e) A period of notice not worked by the Staff Member, whether substituted by pay or not, as well as an indemnity payable to a Staff Member at the end of service and expressed in these Regulations in terms of time, shall not be considered as period of service.

Article 11.14

Termination Indemnities

a) Where the termination of an appointment in accordance with these Regulations entails payment of termination indemnities other than those covered by Article 8.2 and Annex III, or in other unforeseen and compelling circumstances, not provided for in these Regulations, termination indemnities in accordance with the scale below shall be paid by the Organization:

Completed years Amount of indemnity in terms of

of service months of net salary:

                                                                 Categories I and II

1                                                               1

2                                                               2

3                                                               4

4                                                               6

5 and over 8

For the purpose of calculating the indemnity for fractions of a year, the number of days worked beyond the previous anniversary shall be taken into account and shall be multiplied by 1/360 of the amount which would have been added at the next anniversary of appointment.

b) lndemnities expressed in terms of time shall not be considered period of service for the calculation of other benefits, and shall be paid as a lump sum when due. They shall be calculated on the basis of the salary of the Staff Member concerned at the time of termination of appointment.

CHAPTER XII

COMMITTEES

Article 12.1

Personnel Committee

a) A Personnel Committee shall be established by the Secretary General to perform the functions specified in Annex I and to hear complaints and appeals under the provisions of Articles 13.1 and 13.2.

b) The Personnel Committee shall consist of the Director of the Research Division, all Heads of Departments, the Head, Human Resources Section, and the General Legal Counsel. The Director of the Research Division, and in his/her absence the most senior Head of Department, shall act as Chairman. If a Committee Member is unable to attend a meeting, he/she may deputise a senior member of his/her Department or Division to represent him/her.

c) The Personnel Committee will normally meet six times a year at intervals of two months, but may be convened at other times if needed.

d) The procedures and responsibilities of the Committee are described in Annex I and Articles 13.1 and 13.2.

CHAPTER XIII

COMPLAINTS AND APPEAL

Article 13.1

Complaints and Appeal

Any complaints by a Staff Member who thinks that he/she has been unfairly treated as regards the application of the provisions of these Regulations or the terms and conditions of his/her employment, or that he/she has been subjected to unjustifiable treatment by his/her superior, may be submitted to the Secretary General, copy to the superior and to the Director, Support Services Division within three months from the date of such treatment. The Secretary General may refer the complaint to the Personnel Committee for observation and report. The Secretary General shall take appropriate measures within three months.

Article 13.2

Procedures of the Personnel Committee

a) The Committee shall be convened by the Chairman within 15 days of the matter having been referred to it. Where the appeal is against a decision made by a member of the Committee, that member shall not be present at the proceedings.

b) When the Committee considers a case it shall hear the Staff Member or the person presenting the case on his/her behalf and/or shall consider correspondence and documents submitted by either party. lt shall have the authority to call upon any Member of the Secretariat who may be able to provide information relevant to the issue before it.

c) The Committee shall by unanimity or by majority vote, adopt and submit a report to the Secretary General. This report should contain a summary of the matter, as well as the Committee's opinion and shall constitute the record of proceedings.

A dissenting member may, if he/she so requests, have his/her opinion recorded in the report."

5. Die maßgeblichen Bestimmungen der OPEC Internal Audit Charter (im Folgenden: "Interne Revisionsordnung") in der von der 136. Sitzung des Gouverneursrates gebilligten Fassung lauten in ihrer englischen Fassung:

"1. The Internal Audit Activity

Internal audit is an independent, objective assurance and consulting activity designed to add value and improve the Organization's operations. It helps the Organization accomplish its objectives by bringing a systematic, disciplined approach to evaluate and improve the effectiveness of risk management, control and governance processes. Based on an integrated view and knowledge of the Organization, the Internal Audit Activity can identify and develop effective capabilities to improve the Organization's effectiveness and efficiency.

3. Position within the Organization

The Internal Audit Activity is independent from single organizational units subject to the authority of the Secretary General. The Internal Audit Activity can be either out-sourced or in-sourced, as decided by the Board upon the recommendation of the Secretary General.

The Internal Audit Activity of OPEC shall report to the Secretary General. The Board of Governors shall finally approve:

– the Charter of Internal Audit Activity;

– the internal audit risk assessment and related audit plan;

– all decisions regarding the appointment or removal of the internal auditor as recommended by the Secretary General; and

– the annual compensation and salary adjustment of the internal auditor as recommended by the Secretary General, where the activity is in-sourced.

3.1 Cooperation with Management

The Internal Audit Activity is subject to good cooperation with Management, since Management (the head of the unit audited) is responsible for implementing the recommendations mentioned in the internal audit report and taking the right actions.

Nevertheless, neither is subject to the authority of the other. The Internal Auditor and Management are subject to the authority of the Secretary General."

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Den zu SV1/2019 und zu SV6/2020 protokollierten Anträgen liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Antragsteller war vom 1. Juli 1999 bis 5. Dezember 2017 bei der Organisation der erdölexportierenden Länder (im Folgenden: "OPEC") als "Internal Auditor" beschäftigt. Er wurde vom Generalsekretär zum 5. Dezember 2017 gekündigt. Der Antragsteller ist der Ansicht, dass im Hinblick auf die internen Regeln der OPEC und insbesondere gemäß Art11.7 lita Personalstatut kein Kündigungsgrund vorliege und dass sein Dienstverhältnis, welches am 31. Dezember 2003 als "permanent" qualifiziert worden sei, nur bei Eintritt besonderer Voraussetzungen beendet werden könne, welche in seinem Fall nicht vorliegen würden. Gemäß Punkt 3. der Internen Revisionsordnung sei eine Kündigung des "Internal Auditor" überhaupt nur bei Abschaffung dieser Funktion (und nicht wie im vorliegenden Fall bei einem bloßen "Outsourcing" der Funktion) zulässig. Auch der für eine Kündigung notwendige Beschluss des Gouverneursrates der OPEC liege nicht vor. Dem Generalsekretär komme nur ein Vorschlagsrecht zu.

2. Dem zu SV1/2019 protokollierten Antrag liegt folgender weiterer Sachverhalt zugrunde:

2.1. Mit einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien vom 19. Dezember 2017 begehrte der Antragsteller die Feststellung, dass er über den 5. Dezember 2017 hinaus in einem ungekündigten Dienstverhältnis zur OPEC stehe, sowie den Ersatz der Verfahrenskosten. In einem Eventualantrag begehrte er unter Hinweis auf die Sozialwidrigkeit iSd §§105 ff. Arbeitsverfassungsgesetz die Feststellung, dass seine Kündigung zum 5. Dezember 2017 rechtsunwirksam sei.

2.2. Mit Beschluss vom 22. Mai 2019 wies das Arbeits- und Sozialgericht Wien die Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit gemäß §42 Abs1 JN zurück, weil die OPEC nicht nach Art9 Amtssitzabkommen auf ihre Immunität verzichtet habe. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien wies in seiner Entscheidung auf ein Urteil des Obersten Gerichtshofes (OGH 18.8.2016, 9 ObA 73/16z) hin, worin dieser ausführte, dass die im dortigen Verfahren von der klagenden Partei an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Gesetzesbeschwerde – aus prozessualen Gründen – ohne Erfolg geblieben sei (VfGH 25.2.2015, SV2/2015) und die Voraussetzungen für die amtswegige Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens beim Verfassungsgerichtshof offenkundig nicht bestanden hätten. Hinsichtlich Art6 EMRK habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass selbst aus der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht hervorgehe, dass ein staatliches Gericht unter Missachtung des Legalitätsprinzips die Immunität einer internationalen Organisation außer Acht zu lassen hätte.

3. Dem zu SV6/2020 protokollierten Antrag liegt folgender weiterer Sachverhalt zugrunde:

3.1. Mit einer Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien vom 4. Dezember 2019 begehrte der Antragsteller die Zahlung von Entgelten aus dem Arbeitsverhältnis für den Zeitraum von 1. Jänner 2018 bis 30. November 2019 in der Höhe von € 405.452,– zuzüglich 8,58 % Zinsen seit 12. Dezember 2017 sowie den Ersatz der Verfahrenskosten.

3.2. Mit Beschluss vom 24. Juni 2020 wies das Arbeits- und Sozialgericht Wien die Klage wegen fehlender inländischer Gerichtsbarkeit gemäß §§41, 42 JN zurück. Die beklagte Partei genieße als internationale Organisation Immunität und das Dienstverhältnis zum Kläger stehe in einem engen Zusammenhang mit dem Organisationszweck. Die OPEC habe zwei Anfragen unbeantwortet gelassen und damit nicht gemäß Art9 Amtssitzabkommen auf ihre Immunität verzichtet.

4. Gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Mai 2019 erhob der Antragsteller am 6. Juni 2019 Rekurs an das Oberlandesgericht Wien und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den zu SV1/2019 protokollierten Antrag. Gegen den Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24. Juni 2020 erhob der Antragsteller am 8. Juli 2020 Rekurs an das Oberlandesgericht Wien und stellte aus Anlass dieses Rechtsmittels den zu SV6/2020 protokollierten Antrag.

4.1. Zur Zulässigkeit der zu SV1/2019 und zu SV6/2020 protokollierten Anträge führt der Antragsteller im Wesentlichen Folgendes aus:

4.1.1. Der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 22. Mai 2019 sei dem Antragsteller am 23. Mai 2019 zugestellt worden, weshalb die vierzehntägige Rekursfrist gewahrt sei. Der Parteiantrag sei "gleichzeitig" mit dem Rekurs eingebracht worden.

4.1.2. Der Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 24. Juni 2020 sei dem Antragsteller am selben Tag zugestellt worden, weshalb die vierzehntägige Rekursfrist gewahrt sei. Der Parteiantrag sei "gleichzeitig" mit dem Rekurs eingebracht worden.

4.1.3. Zum Anfechtungsumfang bringt der Antragsteller vor, dass nicht nur der erste Satz, sondern der gesamte Art9 Amtssitzabkommen angefochten werde, weil auch die mit der aufzuhebenden Bestimmung unmittelbar in einem Zusammenhang stehenden Bestimmungen angefochten werden müssten. Die weiteren im Amtssitzabkommen gewährten Immunitäten beträfen nicht die OPEC selbst, sondern Vertreter (von Mitgliedstaaten), Gouverneure, den Generalsekretär und weitere Funktionäre sowie deren jeweilige Familienmitglieder und Angestellte und den Pensions- oder Fürsorgefonds. Die Wortfolge "oder sonstigen Form von Zwangsmaßnahmen der Vollzugs-, Verwaltungs-, Gerichts- oder gesetzgebenden Behörden" in Art10 Amtssitzabkommen bedürfe an dieser Stelle noch keiner Bekämpfung, weil die allenfalls fehlende Möglichkeit des Vollzuges einer (titulierten) Forderung den Antragsteller (derzeit) nicht beschwere.

4.1.4. Die Präjudizialität ergebe sich schon daraus, dass Art9 Amtssitzabkommen zwischen der Republik Österreich und der OPEC unmittelbar Anwendung finde, weil die Rechtssache des Antragstellers durch die Immunität den ordentlichen Gerichten entzogen sei und weder eine inländische noch sonstige Gerichtsbarkeit bestehe. Auf Grund der Immunität der OPEC liege ein (absolutes) Prozesshindernis vor. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien habe Art9 Amtssitzabkommen unmittelbar angewendet. Die angefochtene Bestimmung stelle eine Vorfrage dar, weil dem Antragsteller ohne das Vorliegen inländischer Gerichtsbarkeit jeglicher Rechtsschutz verwehrt sei und die Frage der Rechtmäßigkeit der Kündigung des Antragstellers durch seinen Arbeitgeber sonst keiner Überprüfung durch ein unabhängiges Gericht unterzogen werden könne. Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung wäre die vom Antragsteller beim Arbeits- und Sozialgericht Wien anhängig gemachte Rechtssache nicht den ordentlichen Gerichten entzogen und es bestehe inländische Gerichtsbarkeit. Es läge somit kein Prozesshindernis vor. Das Arbeits- und Sozialgericht Wien könnte dann auf Grund der Klage des Antragstellers die von ihm behauptete Rechtsunwirksamkeit der Kündigung durch die OPEC überprüfen.

4.2. Seine Bedenken hinsichtlich Art6 EMRK legt der Antragsteller wie folgt dar:

4.2.1. Zunächst führt der Antragsteller aus, dass sich sein Fall von jenem, der dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 25. Februar 2015, SV2/2015, zugrunde liege, erheblich unterscheide. Im Unterschied zur Internationalen Atomenergiebehörde (im Folgenden "IAEA") habe sich die OPEC gerade nicht dem Administrative Tribunal der International Labour Organisation (im Folgenden "ILOAT") oder der Jurisdiktion eines anderen unabhängigen, allenfalls auch internen Gerichtes unterworfen. Eine Überprüfung einer Entscheidung der OPEC im Bereich "civil rights" durch ein "Tribunal", das den Anforderungen des Art6 EMRK entspreche, sei auf Grund von Art9 Amtssitzabkommen nur möglich, wenn die OPEC auf die Immunität verzichte.

4.2.2. Im vorliegenden Fall bestehe ein Konflikt zwischen der Immunität internationaler Organisationen und den Anforderungen eines Art6 EMRK entsprechenden Rechtsschutzes. Im konkreten Fall ergebe sich die Immunität der OPEC aus dem mit der Republik Österreich abgeschlossenen Amtssitzabkommen. Weitere internationale Abkommen, die (auch) die Immunität der OPEC begründeten, habe die Republik Österreich nicht abgeschlossen.

4.2.3. Nach der Rechtsprechung des EGMR (EGMR 18.2.1999, Fall Waite and Kennedy, Appl 26.083/94, sowie Fall Beer and Regan, Appl 28.934/95) sei für die Gewährung von Immunität für internationale Organisationen von der nationalen Gerichtsbarkeit entscheidend, ob den betroffenen Personen angemessene anderweitige Mittel zur Durchsetzung ihrer Rechte zur Verfügung stünden. Im konkreten Fall biete die OPEC ehemaligen Arbeitnehmern wie dem Antragsteller überhaupt keine Mittel, behauptete Rechte aus dem Arbeitsverhältnis geltend zu machen. Art13.1 Personalstatut gebe lediglich der aktuellen Belegschaft des Sekretariates der OPEC die Möglichkeit, Beschwerden an den Generalsekretär zu richten. Diese Beschwerdemöglichkeit bestehe nur bei einem aufrechten Arbeitsverhältnis und sehe eine bloße Beobachtung und Berichterstattung vor. Den Bericht erhalte der Generalsekretär, der in weiterer Folge auch adäquate Maßnahmen setzen solle. Eine derartige Beschwerde erfülle nicht annähernd die Erfordernisse des Rechtes auf ein faires Verfahren vor einem unabhängigen Gericht gemäß Art6 EMRK. Auch zur Einleitung eines Schiedsverfahrens zwischen der Republik Österreich und der OPEC gemäß Art28 Amtssitzabkommen auf Grund des Missbrauchs der Immunität sei der Antragsteller nicht legitimiert.

4.2.4. Nach Art6 EMRK sei eine Entscheidung durch ein unabhängiges, unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht erforderlich, wobei auch Schiedsgerichte die Erfordernisse des Art6 EMRK erfüllen könnten. Wesentlich sei jedoch, dass das "Tribunal" unabhängig sei. Dabei sei die Art der Bestellung der Richter, deren Amtsdauer, Garantien gegen äußere Beeinflussung sowie der äußere Anschein von Bedeutung. Der Richter dürfe nach Art6 EMRK außerdem nicht im Vorfeld mit der Angelegenheit befasst gewesen sein. Davon könne im vorliegenden Fall, wo es gerade um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers durch den Generalsekretär der OPEC gehe, der gleichzeitig für eine Beschwerde zuständig wäre, keine Rede sein. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Antragstellers sei vom Generalsekretär der OPEC selbst veranlasst worden, weshalb ein offensichtlicher Interessenkonflikt bei der OPEC vorliege.

4.2.5. Die Rechtsprechung zu Art6 EMRK lasse Einschränkungen des Rechtes auf Zugang zu einem Gericht zu. Voraussetzung sei jedoch, dass ein legitimes Ziel verfolgt werde und die Einschränkungen verhältnismäßig seien. Die Immunität der OPEC von der staatlichen Gerichtsbarkeit verfolge zwar grundsätzlich ein legitimes Ziel, weil das Einräumen von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen zu jenen Maßnahmen gehöre, die das ordnungsgemäße Funktionieren solcher Organisationen unabhängig von einseitigen Eingriffen einzelner Staaten gewährleisteten. Im konkreten Fall sei daher zu prüfen, ob die Immunität den Zugang des Antragstellers zu einem Gericht nicht in einer Weise beeinträchtige, dass der eigentliche Kern dieses Rechtes verletzt werde. Der gänzliche Ausschluss von der staatlichen Gerichtsbarkeit halte im konkreten Fall dem Maßstab des Art6 EMRK jedoch nicht stand, weil der Antragsteller zur Geltendmachung von "civil rights" iSd Art6 EMRK keinen Zugang zu einem Gericht habe und damit kein faires Verfahren gewährleistet sei.

4.2.6. Nach Ansicht des Antragstellers wäre es Sache der OPEC, innerhalb ihrer Organisation ein dem Art6 EMRK entsprechendes "Gericht" zu schaffen, um damit das Recht auf Zugang zu einem Gericht (iSd EMRK) sowie das Recht auf ein faires Verfahren zu wahren. Solange die OPEC diese Vorgaben zur Gewährung eines Rechtschutzes für (ehemalige) Mitarbeiter nicht erfülle, sei die Gewährung von Immunität durch den angefochtenen Art9 Amtssitzabkommen verfassungswidrig.

5. Die Bundesregierung hat in den Verfahren weitestgehend inhaltsgleiche Äußerungen erstattet, in denen sie die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Anträge beantragt.

5.1. Die Bundesregierung hält die Anträge für unzulässig, weil der Anfechtungsumfang zu eng sei:

5.1.1. Nach Ansicht der Bundesregierung werde die behauptete Verfassungswidrigkeit selbst bei Feststellung der Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bestimmung nicht beseitigt, weil die Immunität der OPEC nicht nur im Amtssitzabkommen festgelegt, sondern auch völkergewohnheitsrechtlich verankert sei. Dies ergebe sich auch aus den Erläuterungen in der Regierungsvorlage zu Art9 Amtssitzabkommen (RV 1068 BlgNR 13.GP) und werde von der Lehre bestätigt (vgl Seidl-Hohenveldern/Loibl, Das Recht der Internationalen Organisationen einschließlich der Supranationalen Gemeinschaften, 2000, Rz 1905 f.). Das Völkergewohnheitsrecht gelte gemäß Art9 Abs1 B-VG als Bestandteil des Bundesrechtes und sei daher von den österreichischen Gerichten und Behörden von Amts wegen zu berücksichtigen. Die Immunität auf Grund des Völkergewohnheitsrechtes bestehe nicht nur gegenüber den Mitgliedstaaten internationaler Organisationen, sondern auch gegenüber dem Sitzstaat (siehe Evans, International Law, 2014, 268 f.).

5.1.2. Auch im Hinblick auf das von ihm geltend gemachte Bedenken des mangelnden effektiven Rechtsschutzes habe der Antragsteller die Grenzen des Anfechtungsumfanges zu eng gezogen. Eine effektive Gewährleistung des Art6 EMRK verlange die tatsächliche Umsetzung einer endgültigen und bindenden Entscheidung eines Gerichtes. Das Vollstreckungsverfahren bilde daher einen integralen Bestandteil des fairen Verfahrens (vgl EGMR 19.3.1997, Fall Hornsby, Appl 18.357/91 [Z40 f.]). Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit wären daher neben Art9 auch die Art5 und 10 Amtssitzabkommen, die die Unverletzlichkeit ihres Amtssitzes samt dem Verbot der Ausübung von Hoheitsakten und die Immunität der OPEC von der Vollstreckung und anderen Zwangsmaßnahmen durch die österreichischen Vollzugs-, Verwaltungs- und Gerichtsbehörden vorsähen, sowie gegebenenfalls auch Art11 Amtssitzabkommen, dem zufolge auch die Archive der OPEC unverletzlich seien. Bei Wegfall des Art9 Amtssitzabkommen könne der Antragsteller zwar ein allfälliges Urteil vor den österreichischen Gerichten erwirken, dieses jedoch auf Grund der weiter bestehenden Vollstreckungsimmunität der OPEC nicht durchsetzen.

5.2. In der Sache hält die Bundesregierung den vom Antragsteller in den Anträgen erhobenen Bedenken im Wesentlichen Folgendes entgegen:

5.2.1. Den Vertragsparteien der EMRK sei nicht untersagt, internationalen Organisationen Immunität von der Gerichtsbarkeit zu gewähren. Die Ausstattung internationaler Organisationen mit Vorrechten und Immunitäten stelle ein unverzichtbares Mittel dar, um die ordnungsgemäße Funktionsfähigkeit solcher Organisationen, frei von einseitigem Einfluss einzelner Regierungen, sicherzustellen. Dies sei dann mit Art6 Abs1 EMRK vereinbar, wenn dem Einzelnen zum wirksamen Schutz seiner von der EMRK gewährleisteten Rechte angemessene andere Mittel ("reasonable alternative means") zur Verfügung stünden (Hinweis auf EGMR 18.2.1999 [GK], Fall Waite und Kennedy, Appl 26.083/94 [Z59 ff.]; 18.2.1999 [GK], Fall Beer und Regan, Appl 28.934/95 [Z58 ff.]; 12.7.2001 [GK], Fall Prinz Hans Adam II. von Liechtenstein, Appl 42.527/98 [Z48]; 6.1.2015, Fall Klausecker, Appl 415/07 [Z67, 72]). Die angemessenen anderen Mittel könnten dabei unterschiedlich ausgestaltet sein. Soweit ersichtlich gebe es bislang keine Urteile, in denen der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Vereinbarkeit der Immunität einer internationalen Organisation mit Art6 EMRK verneint hätte.

5.2.2. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte betreffend die Übertragung von Hoheitsrechten an internationale Organisationen durch Vertragsparteien der EMRK bestehe die Vermutung, dass ein Staat nicht gegen seine Verpflichtungen aus der EMRK verstoße, solange davon ausgegangen werden könne, dass die betreffende internationale Organisation die Grundrechte in vergleichbarer Weise schütze. Eine solche Vermutung könne widerlegt werden, wenn im Licht der Umstände des konkreten Falles der Schutz der EMRK als offenkundig unzulänglich ("manifestly deficient") betrachtet werden müsse (Hinweis auf EGMR 31.5.2007 [GK], Fall Bosphorus Hava Yollar? Turizm ve Ticaret Anonim ?irketi, Appl 45.036/98 [Z152 ff.]). Dabei sei hinsichtlich internationaler Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit, die nicht selbst Vertragsparteien der EMRK seien, ein geringerer Standard anzulegen als hinsichtlich der Vertragsstaaten der EMRK. Es sei nur zu prüfen, ob der Staat in gutem Glauben davon ausgehen habe können, dass die internen Rechtsschutzmechanismen der Organisation nicht offenkundig unzulänglich seien (EGMR 12.5.2009, Fall Gasparini, Appl 10.750/03). Weder nach dem Urteil des EGMR im Fall Gasparini noch nach dem Urteil im Fall Waite und Kennedy und den Folgeurteilen müsse der alternative Rechtsschutz einer internationalen Organisation, um deren Immunität von der innerstaatlichen Gerichtsbarkeit zu rechtfertigen, jenes Schutzniveau erreichen, wie es Art6 EMRK für das innerstaatliche Rechtsschutzsystem verlange.

5.2.3. Internationalen Organisationen werde regelmäßig das Recht eingeräumt, zum Zweck der Schaffung der notwendigen Voraussetzungen für die Wahrnehmung ihrer Funktionen eigene interne Vorschriften zu erlassen. Für die OPEC sei dies in Art4 Amtssitzabkommen geregelt. Zu diesen Vorschriften gehöre regelmäßig auch ein organisationsinternes Arbeitsrecht, das von der OPEC als Personalstatut erlassen worden sei. Die Behauptung des Antragstellers, dass die OPEC ehemaligen Mitarbeitern überhaupt keine Mittel bieten würde, behauptete Rechte aus dem Arbeitsverhältnis geltend zu machen, sei nicht zutreffend, weil die OPEC in arbeitsrechtlichen Angelegenheiten über ein dreistufiges Streitbeilegungsverfahren verfüge.

5.2.4. Nach Art13.1 Personalstatut könnten jegliche Beschwerden arbeitsrechtlicher Natur innerhalb von drei Monaten dem Generalsekretär vorgelegt werden. Dieser habe wiederum innerhalb von drei Monaten geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Der Generalsekretär könne die Beschwerde auch zur Beobachtung und Berichterstattung an den Personalausschuss weiterleiten, welcher die Beschwerde sodann im Verfahren gemäß Art13.2 Personalstatut zu prüfen habe. Bei Einwänden gegen das Vorgehen des Generalsekretärs stehe dem Beschwerdeführer auf Grund von Art25 und 27 litB OPEC Statuten die Möglichkeit zu, dem Gouverneursrat der OPEC ein formelles Schreiben über seinen Beschwerdegrund vorzulegen. Darüber hinaus und insbesondere, wenn der Beschwerdeführer die Entscheidung des Gouverneursrates ablehne, stehe ihm die Anrufung der Staatenkonferenz der OPEC als oberste Behörde dieser Organisation offen, die gemäß Art10 und Art16 der OPEC Statuten die Beschwerde des Antragstellers prüfen könne. Unabhängig davon bestehe für den Antragsteller die Möglichkeit, sich an das Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (nunmehr: Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten, im Folgenden: "BMEIA") zu wenden. Das BMEIA könne das Anliegen des Antragstellers prüfen und gemäß Art28 Amtssitzabkommen allenfalls mit dem Generalsekretär der OPEC Rücksprache halten, um sich um eine Lösung zu bemühen und um festzustellen, ob seitens der OPEC mit den im Rahmen dieses Abkommens gewährten Privilegien oder Immunitäten Missbrauch betrieben worden sei. Führten derartige Rücksprachen innerhalb eines angemessenen Zeitraumes zu keinem befriedigenden Ergebnis, könne die Angelegenheit als ultima ratio einem Schiedsgericht zur endgültigen Entscheidung unterbreitet werden.

5.2.5. Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte gehe die Bundesregierung daher davon aus, dass die internen Streitbeilegungsmechanismen der OPEC ein "angemessenes anderes Mittel" im Sinne des Urteiles des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Waite und Kennedy darstellen würden und das interne Rechtsschutzsystem der OPEC nicht "offenkundig unzulänglich" im Sinne des Urteiles des EGMR im Fall Gasparini sei. Die Immunität der OPEC von der inländischen Gerichtsbarkeit sei daher mit Art6 EMRK vereinbar. Nach Ansicht der Bundesregierung sei Art9 Amtssitzabkommen daher nicht verfassungswidrig.

6. Der Antragsteller erstattete in dem zu SV1/2019 protokollierten Verfahren eine Replik auf die Äußerung der Bundesregierung, in welcher er der Bundesregierung in der Sache entgegentritt und zur Zulässigkeit des Antrages im Wesentlichen das Folgende ausführt:

6.1. Der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes, dass Art9 Amtssitzabkommen rechtswidrig sei, würde selbstverständlich dazu führen, dass der Antragsteller seine Ansprüche im bereits anhängigen Verfahren weiter geltend machen könne und so in den Genuss eines ordentliche

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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