TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/3 G304 2227061-1

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Veröffentlicht am 03.09.2020
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Entscheidungsdatum

03.09.2020

Norm

AuslBG §4 Abs1 Z5
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §14

Spruch

G304 2227061-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Beatrix LEHNER als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Dr. Peter Josef DEMSCHAR und Hr. Kurt ALLMANNSDORFER als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX (BF), gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Graz Ost vom 06.06.2019, in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2019, GZ: XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2019 wird ersatzlos behoben.

II.     Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.06.2019 wird Folge gegeben und der Bescheid ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Ost (im Folgenden: AMS oder belangte Behörde) vom 06.06.2019 wurde der Antrag vom 22.05.2019 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine bosnische Staatsangehörige für die berufliche Tätigkeit als Imbissstandbetreuerin gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslbG) abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid erhob die BF Beschwerde, und zwar mit E-Mail vom 02.07.2019.

3. Mit Bescheid des AMS vom 09.09.2019 wurde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung der Beschwerde nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt bzw. der Antrag abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde der BF am 13.09.2019 zugestellt.

4. Gegen diese Beschwerdevorentscheidung wurde am 23.09.2019 fristgerecht ein Vorlageantrag eingebracht.

5. Am 30.12.2019 langte der gegenständliche Verwaltungsakt samt Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2019 wurde der Antrag der BF vom 22.05.2019 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine bosnische Staatsangehörige für die berufliche Tätigkeit als Imbissstandbetreuerin gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslbG) abgewiesen.

Begründend für diese Abweisung wurde auf § 4 Abs. 1 Z. 5 AuslbG Bezug genommen, wonach eine Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann zu erteilen ist, wenn der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wiederholt Ausländer illegal beschäftigt hat, und auf den gegenständlichen Fall bezogen im Wesentlichen ausgeführt:

„Sie haben am 22. Mai 2019 den Antrag auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits Anzeigen innerhalb des letzten Jahres wegen unbewilligter Beschäftigung folgender Arbeitskräfte vor: (…).“

Es wurde folglich auf eine illegale Beschäftigung einer serbischen Arbeitskraft vom 29.12.2018 bis 24.01.2019 und einer anderen Arbeitskraft, eines mazedonischen Staatsangehörigen, vom 02.01.2019 bis 21.01.2019 verwiesen und der Schluss gezogen:

„Somit liegen 2 Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz innerhalb eines Jahres vor.“

Gegen diesen Bescheid brachte die BF bei der belangten Behörde per E-Mail vom 02.07.2019 Beschwerde ein.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 09.09.2019 wurde im Rahmen der Beschwerdevorentscheidung der Beschwerde nicht stattgegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt bzw. der Antrag abgewiesen.

Dieser Bescheid wurde dem BF am 13.09.2019 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid wurde am 23.09.2019 bei der belangten Behörde ein Vorlageantrag eingebracht.

1.2. Zum Zeitpunkt, als die BF bei der belangten Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung für eine bosnische Staatsangehörige gestellt hat, sind gegen die BF Anzeigen vorgelegen – wegen unbewilligter Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, und zwar

?        einer serbischen Staatsangehörige während des Zeitraumes vom 29.12.2018 bis 24.01.2019 sowie

?        eines mazedonischen Staatsangehörigen während des Zeitraumes vom 02.01.2019 bis 21.01.2019.

1.3. Trotz fehlender Beschäftigungsbewilligungen war die Sozialversicherung der mazedonischen Arbeitskraft noch bis 21.01.2019, die Sozialversicherung der serbischen Arbeitskraft noch bis 24.01.2019 aufrecht.

Grund dafür war ein Irrtum der BF, wurde doch, wie sie mit Beschwerde glaubhaft machen konnte, als Frist für die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung der Tag der Anmeldung zur GKK und nicht der Tag der Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung eingetragen.

Für den mazedonischen Staatsangehörigen bestand bis zum 01.01.2019 eine Beschäftigungsbewilligung bei der BF. Nach Abmeldung von der Sozialversicherung am 29.01.2019 wurde für ihn nach Verlängerungsantrag am 20.02.2020 eine erneute bzw. Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung erteilt.

2. Beweiswürdigung:

Der unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die unter Punkt II.1. getroffenen Feststellungen beruhen auf dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes der belangten Behörde sowie des nunmehr dem BVwG vorliegenden Gerichtsaktes.

3. Rechtliche Beurteilung: 

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das BVwG durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g Abs. 1 AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle das Bundesverwaltungsgericht durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.2. Zu Spruchpunkt A) I.: Aufhebung der Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2019

Gemäß § 14 Abs. 1 VwGVG steht es im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG der Behörde frei, den angefochtenen Bescheid innerhalb von zwei Monaten aufzuheben, abzuändern oder die Beschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen (Beschwerdevorentscheidung).

Im gegenständlichen Fall wurde der im Spruch angeführte Bescheid des AMS vom 06.06.2019 der BF mit Hinterlegung am 16.09.2019 zugestellt. Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht mit E-Mail vom 02.07.2019 bei der belangten Behörde Beschwerde eingebracht.

Die im Spruch angeführte Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde ist am 09.09.2019 ergangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung bereits verstrichen.

Eine nach Verstreichen der Frist ergangene Beschwerdevorentscheidung ist infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde rechtswidrig.

Da jedoch die von der nunmehr unzuständig gewordenen Behörde erlassene Beschwerdevorentscheidung rechtswirksam ist, kann diese durch das Verwaltungsgericht nur infolge eines zulässigen Vorlageantrages nach § 15 VwGVG behoben werden (vgl. Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht 10, RN 768).

Im vorliegenden Fall wurde die verspätete Beschwerdevorentscheidung durch den zulässigen und rechtzeitig eingebrachten Vorlageantrag der BF angefochten.

Die im Spruch angeführte Beschwerdevorentscheidung war folglich ersatzlos zu beheben.

3.3. Zu Spruchpunkt A) II.: Stattgebung der Beschwerde gegen Bescheid vom 06.06.2019

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 06.06.2019 wurde der Antrag der BF vom 22.05.2019 auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für eine bosnische Staatsangehörige für die berufliche Tätigkeit als Imbissstandbetreuerin gemäß § 4 Abs. 1 Z. 5 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslbG) abgewiesen.

Begründend für diese Abweisung wurde auf § 4 Abs. 1 Z. 5 AuslbG Bezug genommen, wonach eine Beschäftigungsbewilligung für eine ausländische Arbeitskraft nur dann zu erteilen ist, wenn der Arbeitgeber während der letzten zwölf Monate vor der Antragseinbringung nicht entgegen den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes wiederholt Ausländer illegal beschäftigt hat, und auf den gegenständlichen Fall bezogen im Wesentlichen ausgeführt:

„Sie haben am 22. Mai 2019 den Antrag auf Verlängerung einer Beschäftigungsbewilligung eingebracht. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits Anzeigen innerhalb des letzten Jahres wegen unbewilligter Beschäftigung folgender Arbeitskräfte vor: (…).“

Es wurde im Bescheid folglich auf eine illegale Beschäftigung einer serbischen Arbeitskraft vom 29.12.2018 bis 24.01.2019 und einer anderen Arbeitskraft, eines mazedonischen Staatsangehörigen, vom 02.01.2019 bis 21.01.2019 verwiesen und der Schluss gezogen, dass zwei Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz innerhalb eines Jahres vorliegen und der Antrag der BF daher abzuweisen sei.

Die BF konnte in ihrer Beschwerde glaubhaft machen, dass sie in den beiden Fällen, die zur Anzeige wegen Verstoßes gegen das AuslbG geführt haben, als Frist für die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung irrtümlich den Tag der Anmeldung zur GKK und nicht den Tag der Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung vermerkt hat.

Der mazedonische Staatsangehörige besaß bis zum 01.01.2019 eine Beschäftigungsbewilligung. Auf Verlängerungsantrag der BF hin konnte er am 20.02.2019 eine neue Beschäftigungsbewilligung erlangen.

Es ist kein Grund erkennbar, warum die BF den mazedonischen Staatsangehörigen nach Ablauf seiner Beschäftigungsbewilligung am 01.01.2019 weiterhin bewusst ohne Beschäftigungsbewilligung beschäftigt und für ihn weiterhin Sozialversicherung bezahlt haben sollte, konnte sie doch nach erneutem Verlängerungsantrag wieder, am 20.02.2019, eine Beschäftigungsbewilligung für ihn erhalten.

Ein Vorteil für die BF im Falle der Weiterbeschäftigung des mazedonischen Staatsangehörigen ohne Beschäftigungsbewilligung war jedenfalls nicht erkennbar. Es war daher von keiner diesbezüglich bewussten Vorgangsweise der BF auszugehen.

Da der besagte Irrtum der BF, als Frist für die Verlängerung der Beschäftigungsbewilligung den Tag der Anmeldung zur GKK und nicht den Tag der Ausstellung der Beschäftigungsbewilligung vermerkt zu haben, einen die beiden Zeiträume der beiden ausländischen Arbeitskräfte überschneidenden Zeitraum betroffen hat bzw. der Zeitraum vom „02.01.2019 bis 21.01.2019“ betreffend den mazedonischen Staatsangehörigen innerhalb des Zeitraums vom „29.12.2018 bis 24.01.2019“ betreffend die serbische Staatsangehörige lag und innerhalb des beide umfassenden Zeitraums vom 29.12.2018 bis 24.01.2019, der konkret die serbische Staatsangehörige betroffen hat, jeweils keine Beschäftigungsbewilligung, jedoch eine aufrechte Meldung zur Sozialversicherung vorgelegen hat, war von einer einmaligen versehentlichen und nicht einer wiederholten Beschäftigung zweier ausländischer Arbeitskräfte bei der BF auszugehen

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden und der Beschwerde der BF stattzugeben.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 2 Z. 1 VwGVG konnte eine mündliche Verhandlung entfallen, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass die Beschwerdevorentscheidung vom 09.09.2019 aufzuheben war, und auch der Bescheid vom 06.06.2019 keinen weiteren Bestand mehr hat.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH vertritt eine eindeutige und einheitliche Rechtsprechung, weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.


Schlagworte

Beschäftigungsbewilligung Beschwerdevorentscheidung Frist Fristablauf Irrtum Unzuständigkeit Verlängerung Verlängerungsantrag Zeitpunkt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G304.2227061.1.00

Im RIS seit

21.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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