TE Bvwg Beschluss 2020/9/25 W227 2234703-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
SchPflG 1985 §11
VwGVG §7 Abs4
ZustG §17

Spruch

W227 2234703-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Beschwerde von XXXX und XXXX , Erziehungsberechtigte der am 4. September 2011 geborenen XXXX , gegen den Bescheid der Bildungsdirektion für Oberösterreich vom 20. Juli 2020, Zl. 408-28/29-2019:

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Begründung

I. Verfahrensgang

1. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach die Bildungsdirektion für Oberösterreich (sinngemäß) aus, dass XXXX im Schuljahr 2020/2021 gemäß § 11 Abs. 4 Schulpflichtgesetz (SchPflG) die Schulpflicht durch den Besuch an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule zu erfüllen hat. In der Rechtsmittelbelehrung wird festgehalten, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von vier Wochen ab Zustellung Beschwerde erhoben werden kann.

2. Am 22. Juli 2020 wurde der Bescheid den Beschwerdeführern durch Hinterlegung zugestellt.

3. Erst am 3. September 2020 erhoben die Beschwerdeführer die vorliegende Beschwerde per E-Mail.

4. Mit Schreiben vom 7. September 2020 hielt das Bundesverwaltungsgericht den Beschwerdeführern die Verspätung ihrer Beschwerde vor.

Dazu äußerte sich die Beschwerdeführer folgendermaßen:

Sie hätten den angefochtenen Bescheid erst am 3. August 2020 bei der Post abgeholt, weil sie „Auswärts“ gewesen seien. Auch hätten sie sich am 17. August 2020 zunächst „mit dem Bildungsdirektor“ in Verbindung gesetzt, um „die Problematik ohne Beschwerde“ zu klären. Dieser habe gemeint, er gebe „es an eine zuständige Fachkraft weiter und man werde schaun bzw. sich erkundigen was man machen“ könne. Bis zum 27. August 2020 habe sich „niemand vom Bildungswesen“ bei ihnen gemeldet. Als sie urgiert hätten, hätten sie „mit großer Enttäuschung“ am 31. August 2020 „das Schreiben“ erhalten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der angefochtene Bescheid wurde den Beschwerdeführern am 22. Juli 2020 durch Hinterlegung zugestellt. In der Rechtsmittelbelehrung wird festgehalten, dass gegen diesen Bescheid innerhalb von vier Wochen ab Zustellung Beschwerde erhoben werden kann.

Die Beschwerdeführer behoben den Bescheid am 3. August 2020.

Erst am 3. September 2020 brachten die Beschwerdeführer die gegenständliche Beschwerde (per E-Mail) ein.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akteninhalt und sind unstrittig.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Zurückweisung der Beschwerde [Spruchpunkt A)]

3.1.1. Gemäß § 7 Abs. 4 erster Satz VwGVG beträgt die Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde vier Wochen.

§ 17 Zustellgesetz (ZustG) lautet:

„§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

(2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

(3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

(4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde.“

3.1.2. Die durch den dritten Satz des § 17 Abs. 3 ZustG normierte Zustellwirkung der Hinterlegung wird nicht durch Abwesenheit von der Abgabestelle schlechthin, sondern nur durch eine solche Abwesenheit von der Abgabestelle ausgeschlossen, die bewirkt, dass der Empfänger wegen seiner Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte (vgl. VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080 m.w.N.).

„Rechtzeitig“ im Sinne dieser Bestimmung ist dahin zu verstehen, dass dem Empfänger noch jener Zeitraum für ein Rechtsmittel zur Verfügung stand, der ihm auch im Falle einer vom Gesetz tolerierten Ersatzzustellung üblicherweise zur Verfügung gestanden wäre. Wenn daher der Empfänger durch den Zustellvorgang nicht erst später die Möglichkeit erlangt hat, in den Besitz der Sendung zu kommen, als dies bei einem großen Teil der Bevölkerung infolge ihrer Berufstätigkeit der Fall gewesen wäre, so muss die Zustellung durch Hinterlegung als ordnungsgemäß angesehen werden. Dasselbe gilt, wenn der Partei nach den Verhältnissen des Einzelfalles noch ein angemessener Zeitraum für die Einbringung des Rechtsmittels verblieb (vgl. VwGH Ro 26.05.2015, 2015/01/0004 m.w.N.).

So wurde beispielsweise noch keine unzulässige Verkürzung der Rechtsmittelfrist bei einer Rückkehr einen Tag nach dem Beginn der Abholfrist (vgl. VwGH 15.07.1998, 97/13/0104 m.w.N.; 19.04.2001, 99/06/0049) und bei einer Behebung drei Tage nach der Hinterlegung (vgl. VwGH 27.09.1999, 99/17/0303) sowie bei einer verbleibenden Dauer zur Ausführung des Rechtsmittels von zehn Tagen angenommen (vgl. etwa VwGH 24.02.2000, 2000/02/0027; 18.03.2004, 2001/03/0284).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das:

Die Beschwerdeführer behoben den Bescheid am 3. August 2020. Die Rechtsmittelfrist zur Erhebung einer Beschwerde endete am 19. August 2020. Damit ist aufgrund der oben dargestellten Grundsätze der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes von einer ordnungsgemäßen Zustellung auszugehen. Denn die Beschwerdeführer hatte jedenfalls über zwei Wochen Zeit, ihre Beschwerde auszuführen und damit deutlich mehr als die vom Verwaltungsgerichtshof geforderten zehn Tage (vgl. dazu insbes. nochmals VwGH 18.03.2004, 2001/03/0284). Die sonstigen angeführten Umstände (sie hätten sich am 17. August 2020 zunächst „mit dem Bildungsdirektor“ in Verbindung gesetzt, um „die Problematik ohne Beschwerde“ zu klären, bzw. bis zum 27. August 2020 habe sich „niemand vom Bildungswesen“ bei ihnen gemeldet), können an der Wirksamkeit der Zustellung nichts ändern (vgl. wieder VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080).

Folglich wurde der angefochtene Bescheid den Beschwerdeführern am 22. Juli 2020 rechtmäßig durch Hinterlegung zugestellt.

Somit endete die vierwöchige Rechtsmittelfrist zur Erhebung einer Beschwerde am 19. August 2020.

Die Beschwerde wurde jedoch erst am 3. September 2020 und damit verspätet eingebracht, weshalb sie zurückzuweisen ist (vgl. dazu Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 14a mit Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen (vgl. erneut VwGH 05.10.2016, Ra 2016/10/0080 sowie Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren2 [2018], § 7 VwGVG, Anm. 7 mit weiteren Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision [Spruchpunkt B)]

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass eine verspätete Beschwerde zurückzuweisen ist, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

Schlagworte

Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung durch Hinterlegung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W227.2234703.1.00

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten