TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/30 W251 2183444-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 30.09.2020
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Entscheidungsdatum

30.09.2020

Norm

AsylG 2005 §34 Abs3
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs4
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W251 2183440-1/40E

W251 2183447-1/48E

W251 2183444-1/45E
W251 2183456-1/44E
W251 2183451-1/43E
W251 2183445-1/65E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

I. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerden von 1.) XXXX , geb. XXXX , 2.) XXXX , geb. XXXX , 3.) XXXX , geb. XXXX alias XXXX , 4.) XXXX , geb. XXXX sowie 5.) XXXX , geb. XXXX , alle StA. Afghanistan und vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen Spruchpunkte II. bis VI. der Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl 1.) vom 13.12.2017, Zl. 1096774402 - 151841014, 2.) vom 14.12.2017, Zl. 1096774707 - 151841278, 3.) vom 14.12.2017, Zl. 1096775704 - 151841345, 4.) vom 14.12.2017, Zl. 1096776102 - 151841634 und 5.) vom 14.12.2017, Zl. 1096776200 – 151841537, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Den Beschwerden gegen Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide wird stattgegeben und XXXX sowie XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG sowie XXXX , XXXX und XXXX gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 iVm § 34 Abs. 3 AsylG der Status von subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt.

Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird den Beschwerdeführern jeweils eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 30.09.2021 erteilt.

In Erledigung der Beschwerden werden die Spruchpunkte III. bis VI. der angefochtenen Bescheide gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Angelika SENFT als Einzelrichterin über die Beschwerde XXXX , geb. am XXXX alias XXXX alias XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch RA Dr. Helmut BLUM, gegen Spruchpunkt II. bis VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.12.2017, Zl. 1096775301 - 151841448, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführer, alle Staatsangehörige Afghanistans, reisten gemeinsam in das Bundesgebiet ein und stellten am 23.11.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich. Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Diese haben drei leibliche Söhne, den Drittbeschwerdeführer, den Viertbeschwerdeführer und den Fünftbeschwerdeführer. Der Sechstbeschwerdeführer ist der Neffe des Erstbeschwerdeführers.

2. Die niederschriftliche Erstbefragung der Erst- bis Drittbeschwerdeführer fand am 23.11.2015 vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes statt.

Am 28.11.2017 wurden die Erst- bis Drittbeschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (in Folge: Bundesamt) niederschriftlich einvernommen.

3. Das Bundesamt wies die Anträge der Beschwerdeführer auf internationalen Schutz mit Bescheiden vom 13.12.2017 bzw. 14.12.2017 sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) ab und erteilte den Beschwerdeführern keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (Spruchpunkt III.). Gegen die Beschwerdeführer wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass ihre Abschiebung nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt IV. und V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde mit 2 Wochen ab Rechtskraft der Entscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführer keine asylrelevanten Fluchtgründe geltend bzw. glaubhaft gemacht haben. Es drohe den Beschwerdeführern auch keine Gefahr, die die Erteilung eines subsidiären Schutzes rechtfertigen würde. Die Beschwerdeführer würden in Österreich – abgesehen voneinander – zudem über kein schützenswertes Privat- und Familienleben, das einer Rückkehr-entscheidung entgegenstehe, verfügen.

4. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide fristgerecht Beschwerde.

5. Der Viertbeschwerdeführer wurde in Österreich mehrfach straffällig. Er wurde dreimal von einem Landesgericht und einmal von einem Bezirksgericht verurteilt.

6. Das Bundesamt erließ am 09.10.2018 eine Abänderung der mit Bescheid des Bundesamtes vom 14.12.2017, Zl. 1096775301 - 151841448 erlassene Entscheidung im laufenden Beschwerdeverfahren. Es wurde eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.), festgestellt, dass die Abschiebung des Viertbeschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt II.) und, dass er sein Recht zum Aufenthalt ab dem 04.07.2018 verloren habe (Spruchpunkt III.). Es wurde gegen den Viertbeschwerdeführer ein befristetes Einreiseverbot für die Dauer von 8 Jahren erlassen (Spruchpunkt IV.) und ihm eine Frist von 2 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung für seine freiwillige Ausreise gewährt (Spruchpunkt V.).

Das Bundesamt führte begründend aus, dass der Beschwerdeführer kein schützenswertes Privatleben in Österreich habe. Es bestehe in Afghanistan keine Gefährdung des Viertbeschwerdeführers, sodass seine Abschiebung zulässig sei. Gegen den Viertbeschwerde-führer sei eine Anklage durch die Staatsanwaltschaft, wegen vorsätzlich begangener gerichtlich strafbarer Handlungen, erhoben worden. Zudem sei der Viertbeschwerdeführer straffällig geworden, sodass ihm das Aufenthaltsrecht zu entziehen gewesen sei. Es sei gegen den Viertbeschwerdeführer ein Einreiseverbot zu verhängen gewesen, da dieser die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährde.

7. Gegen diesen Bescheid erhob der Viertbeschwerdeführer Beschwerde und führte im Wesentlichen aus, dass eine Abänderung des Bescheides nur dann zulässig sei, wenn sich dadurch die Rechtslage der Partei günstiger gestalte. Aus dem nunmehr abgeänderten Bescheid ergebe sich eindeutig eine für den Viertbeschwerdeführer ungünstigere Rechtslage, weshalb die amtswegige Abänderung unzulässig sei.

8. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 03.12.2018 sowie am 21.12.2018 eine öffentliche mündliche Verhandlung durch. Die Verfahren der Beschwerdeführer wurden zur gemeinsamen Verhandlung verbunden.

9. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2019 wurden die Beschwerden der Beschwerdeführer gegen die Bescheide vom 13.12.2017 bzw. 14.12.2017, betreffend die Anträge auf internationalen Schutz, zur Gänze als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde gegen den Bescheid vom 09.10.2018, betreffend eine Abänderung des Bescheides vom 14.12.2017, wurde stattgegeben und dieser Bescheid zur Gänze ersatzlos behoben.

10. Die Beschwerdeführer erhoben Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27.02.2020 wurden die angefochtenen Erkenntnisse soweit damit deren Beschwerde gegen die Abweisung der Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan, gegen die Nichterteilung von Aufenthaltstiteln, gegen die erlassenen Rückkehrentscheidungen und gegen die Aussprüche der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan unter Setzung einer 14-tägigen Frist für die freiwillige Ausreise abgewiesen wurden, aufgehoben.

Im Übrigen wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Es wurde keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

11. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 23.09.2020 eine mündliche Verhandlung durch.

12. Gegenständlich sind nunmehr die Beschwerden gegen Spruchpunkte II. bis VI. der Bescheide vom 13.12.2017 bzw. 14.12.2017, da betreffend Spruchpunkt I. dieser Bescheide (Abweisung der Anträge auf Zuerkennung des Status von Asylberechtigten) die Behandlung der Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt wurde und keine Aufhebung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 19.09.2019 erfolgt ist.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person der Beschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer ist mit der Zweitbeschwerdeführerin verheiratet. Diese haben drei leibliche Söhne, den Drittbeschwerdeführer, den Viertbeschwerdeführer und den Fünftbeschwerdeführer sowie eine leibliche Tochter, XXXX , die verheiratet ist und im Iran lebt (Verwaltungsakt des Erstbeschwerdeführers – BF 1 AS 179; Verwaltungsakt der Zweitbeschwerdeführerin – BF 2 AS 87). Der Sechstbeschwerdeführer ist der Neffe des Erstbeschwerdeführers. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben keinen weiteren leiblichen minderjährigen Sohn.

Die Beschwerdeführer sind afghanische Staatsangehörige, gehören der Volksgruppe der Hazara an und bekennen sich zum schiitisch-muslimischen Glauben. Die Beschwerdeführer sprechen Dari als Muttersprache (BF 1 AS 3, 175 ff; BF 2 AS 3, 85; Verwaltungsakt des Drittbeschwerdeführers – BF 3 AS 3, 29 ff; Verhandlungsprotokoll vom 03.12.2018 = OZ 10, S. 11, 30, 48; Verhandlungsprotokoll vom 21.12.2018 = OZ 13, S. 15).

1.1.1. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin:

Der Erstbeschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er wurde in der Stadt Kabul geboren und ist dort im 8. Bezirk Baghrami im Stadtteil Qalacha gemeinsam mit seinem Vater und seinen vier Geschwistern (ein Bruder und drei Schwestern) in einem Eigentumshaus aufgewachsen (OZ 10, S. 49). Die Mutter des Erstbeschwerdeführers ist schon früh verstorben (OZ 10, S. 12). Der Erstbeschwerdeführer hat keine Schule besucht, er ist Analphabet. Der Erstbeschwerdeführer hat in Afghanistan jahrelang am Markt Gemüse verkauft sowie Felder bewirtschaftet und war gelegentlich als Taxifahrer tätig (BF 1 AS 181; OZ 10, S. 11, 16).

Die Zweitbeschwerdeführerin führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Sie wurde in der Stadt Kabul geboren und ist dort im Stadtteil Qala Wazir gemeinsam mit ihren Eltern und ihren vier Geschwistern (zwei Brüder und zwei Schwestern) aufgewachsen. Die Zweitbeschwerdeführerin hat ab dem Alter von 7 Jahren die Schule bis zur fünften Klasse in Afghanistan besucht. Nach dem Tod ihres Vaters hat sie ihren Schulbesuch beendet. Sie hat dann zuhause Papiertüten für Trockenfrüchte gefaltet, die ihre Brüder verkauft und damit den Lebensunterhalt der Familie bestritten haben (BF 2 AS 90 f; OZ 10, S. 31).

Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben am 29.10.1990 geheiratet (BF 2 AS 90). Die Zweitbeschwerdeführerin ist nach der Heirat zum Erstbeschwerdeführer und seiner Familie in das Haus des Vaters des Erstbeschwerdeführers gezogen und war dort Hausfrau. Die Tochter des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurde in Afghanistan geboren. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin sind gemeinsam mit ihrer Tochter, als diese ca. zwei Jahre alt war, in den Iran nach Isfahan gezogen. Sie haben in Folge ca. 15 Jahre im Iran gelebt (BF 2 AS 91; OZ 10, S. 13, 31). Der Erstbeschwerdeführer hat im Iran jahrelang als Hilfsarbeiter auf Baustellen gearbeitet (BF 1 AS 181; OZ 10, S. 11). Die leiblichen Söhne des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurden im Iran geboren (OZ 10, S. 13). Nach ca. 15 Jahren im Iran sind der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihren Söhnen und den Geschwistern des Erstbeschwerdeführers samt nach Kabul zurückgekehrt, wo sie wieder im Haus des Vaters des Erstbeschwerdeführers gelebt haben (BF 1 AS 181; BF 2 AS 92; OZ 10, S. 22 f). Die Schwester des Erstbeschwerdeführers ist mit ihrem Ehemann durch einen Bombenanschlag in Kabul ums Leben gekommen. Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben daraufhin deren Sohn, den Sechstbeschwerdeführer, bei sich aufgenommen und sind gemeinsam mit ihren Kindern nach ca. vier Monaten in Kabul wieder in den Iran zurückgekehrt (OZ 10, S. 13, 22 f, 26, 31). Ca. 4 ½ - 5 Jahre nach ihrer Rückkehr in den Iran sind der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin gemeinsam mit ihren drei leiblichen Söhnen und dem Neffen des Erstbeschwerdeführers aus dem Iran in Richtung Europa ausgereist (AS 183).

Die Beschwerdeführer sind unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und stellten am 23.11.2015 die gegenständlichen Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

Der Erstbeschwerdeführer verfügt in Kabul noch über das Haus seines bereits verstorbenen Vaters. Das Haus ist einstöckig und verfügt über mindestens vier Zimmer (BF 1 AS 181; BF 2 AS 92; OZ 10, S. 12).

Die Tochter des Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin ist verheiratet und lebt im Iran als Hausfrau (BF 1 AS 179; BF 2 AS 7, 87). Die Zweitbeschwerdeführerin telefoniert fast täglich mit ihrer Tochter im Iran (BF 2 AS 92).

Die Eltern des Erstbeschwerdeführers sind bereits verstorben (BF 1 AS 183). Ein Bruder und zwei Schwestern des Erstbeschwerdeführers leben im Iran. Der Bruder des Erstbeschwerdeführers arbeitet als Hilfsarbeiter. Der Erstbeschwerdeführer hat regelmäßig Kontakt zu seinen Geschwistern im Iran (BF 1 AS 183; OZ 10, S. 14).

Eine Tochter und ein Sohn der bereits verstorbenen Tante mütterlicherseits des Erstbeschwerdeführers sowie zwei Söhne und eine Tochter seines verstorbenen Halbonkels mütterlicherseits leben im Iran. Die Söhne des verstorbenen Onkels väterlicherseits leben ebenfalls im Iran, in Isfahan (OZ 10, S. 14).

Der Vater der Zweitbeschwerdeführerin ist bereits verstorben (BF 2 AS 91 f). Ein Bruder und eine Schwester der Zweitbeschwerdeführerin leben nach wie vor in Kabul. Dieser Bruder der Zweitbeschwerdeführerin hat ein Süßigkeitengeschäft sowie zwei Söhne und drei Töchter. Die in Kabul lebende Schwester der Zweitbeschwerdeführerin ist verheiratet, Hausfrau und hat vier Töchter sowie einen Sohn (BF 2 AS 92; OZ 10, S. 15).

Ein weiterer Bruder der Zweitbeschwerdeführerin lebt im Iran, in Teheran als Schneider und hat eine Tochter sowie einen Sohn. Die Mutter der Zweitbeschwerdeführerin lebt bei diesem Bruder der Zweitbeschwerdeführerin in Teheran (BF 2 AS 92; OZ 10, S. 15).

Eine weiter Schwester der Zweitbeschwerdeführerin lebt in Deutschland, ist verheiratet und hat zwei Söhne sowie eine Tochter (BF 2 AS 92; OZ 10, S. 15, 32).

Die Zweitbeschwerdeführerin hat regelmäßig Kontakt zu ihren Geschwistern und ihrer Mutter (BF 2 AS 92; OZ 10 S. 15, 32).

Eine Tante väterlicherseits der Zweitbeschwerdeführerin lebt im Iran (OZ 10, S. 32).

Der Erstbeschwerdeführer leidet an Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten. Er benötigt derzeit Medikamente (BF 1 AS 197-205; OZ 10, S. 20). Dem Erstbeschwerdeführer war seine Diabeteserkrankung bereits im Iran bekannt (BF 1 AS 7). Der Erstbeschwerdeführer ist arbeitsfähig (BF 1 AS 189). Die Zweitbeschwerdeführerin leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten. Sie ist arbeitsfähig. Sie leidet an Kopfschmerzen, an Schmerzen im linken Arm sowie im rechten Ellenbogen und an einer chronischen Ohrenentzündung (BF 2 AS 96; OZ 10, S. 39; OZ 44, S. 14, Beilage ./C1).

1.1.2. Der Drittbeschwerdeführer:

Der Drittbeschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX alias XXXX . Der Drittbeschwerdeführer hat entgegen seinem geführten Geburtsdatum bereits zum Zeitpunkt der Beschwerdeverhandlungen am 03. und 21.12.2018 das 18. Lebensjahr vollendet (OZ 10, S. 30, 47).

Der Drittbeschwerdeführer wurde im Iran, in Rafsanja geboren und ist im Iran, in Teheran – ausgenommen den viermonatigen Aufenthalt seiner Familie in Afghanistan – aufgewachsen (BF 3 AS 31). Er hat im Iran vor und nach dem viermonatigen Aufenthalt seiner Familie in Afghanistan eine inoffizielle (afghanische) Schule mindestens bis zur 6. Klasse besucht. Er hat im Iran in einem Fast Food Restaurant, in einer Sporthalle sowie als Werbeverteiler gearbeitet (BF 3 AS 33; OZ 10, S. 48).

Der Drittbeschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder (BF 3 AS 31; OZ 10, S. 48).

Der Drittbeschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Drittbeschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund und arbeitsfähig (OZ 15, S. 9).

1.1.3. Der Viertbeschwerdeführer:

Der Viertbeschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX . Seine Eltern gaben für ihn bei der Asylantragstellung als Geburtsdatum den XXXX an. Zum Zeitpunkt der Asylantragstellung befand sich der Viertbeschwerdeführer im Altersbereich von mindestens 13,15 Jahren bis höchstens 17,05 Jahren. Das tatsächliche Geburtsdatum des Viertbeschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Am XXXX hatte der Viertbeschwerdeführer das 16 Lebensjahr bereits vollendet. Zum Zeitpunkt der Untersuchung zur Altersfeststellung am XXXX betrug das wahrscheinliche Alter des Viertbeschwerdeführers XXXX Jahr. Das spätestmögliche fiktive Geburtsdatum ist der XXXX .09.2002 (OZ 17). Der Viertbeschwerdeführer ist jetzt jedenfalls volljährig.

Der Viertbeschwerdeführer wurde im Iran, in Teheran geboren und ist dort – ausgenommen den viermonatigen Aufenthalt seiner Familie in Afghanistan – aufgewachsen. Der Beschwerdeführer hat vor und nach dem viermonatigen Aufenthalt seiner Familie in Afghanistan insgesamt fünf Jahre lang eine offizielle Schule besucht. Danach hat er im Iran in einem Fast Food Restaurant gearbeitet (OZ 15, S. 15 f).

Der Viertbeschwerdeführer ist ledig und hat keine Kinder (OZ 15, S. 15).

Der Viertbeschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Viertbeschwerdeführer konsumierte öfters Drogen. Er leidet weder an einer schwerwiegenden noch an einer tödlichen Erkrankung. Er ist arbeitsfähig (OZ 15, S. 20; OZ 44, S. 22; OZ 44, S. 9, S. 14).

1.1.4. Der Fünftbeschwerdeführer:

Der Fünftbeschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX , er ist minderjährig.

Er wurde im Iran geboren und ist dort – ausgenommen den viermonatigen Aufenthalt seiner Familie in Afghanistan – aufgewachsen (OZ 10, S. 13). Er hat im Iran die Schule bis zur vierten Klasse besucht (OZ 10, S. 23).

Der Fünftbeschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund.

1.1.5. Der Sechstbeschwerdeführer:

Der Sechstbeschwerdeführer führt in Österreich den Namen XXXX und das Geburtsdatum XXXX . Er ist minderjährig. Er ist der Neffe des Erstbeschwerdeführers (BF 1 AS 3, 179; OZ 10, S. 11). Dem Erst- und der Zweitbeschwerdeführerin wurde in Österreich mit Beschluss vom 15.01.2016 eines Bezirksgerichtes die Obsorge für den Sechstbeschwerdeführer übertragen (Beilage ./A und B).

Der Sechstbeschwerdeführer wurde in Afghanistan geboren (OZ 10, S. 13). Seine Eltern sind bereits kurz nach der Geburt des Sechstbeschwerdeführers bei einem Bombenattentat in Kabul ums Leben gekommen (BF 1 AS 25 ff; OZ 10, S. 22 f, 26). Der Erst- und die Zweitbeschwerdeführerin haben sodann die Obhut des Sechstbeschwerdeführers übernommen (Beilage ./B) und sind zurück in den Iran gereist, wo der Sechstbeschwerdeführer sodann gemeinsam mit den Erst- bis Fünftbeschwerdeführern aufgewachsen ist (OZ 10, S. 11, 22 f, 26).

Der Sechstbeschwerdeführer wurde nach den afghanischen Gepflogenheiten und der afghanischen Kultur sozialisiert, er ist mit den afghanischen Gepflogenheiten vertraut.

Der Sechstbeschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten, er ist gesund.

1.2. Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführer:

Das von den Beschwerdeführern ins Treffen geführte Verfolgungsvorbringen kann nicht festgestellt werden.

1.2.1. Der Erstbeschwerdeführer wurde (insbesondere aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit zu den schiitischen Hazara) weder von den Taliban schikaniert noch geschlagen oder bedroht. Der Erstbeschwerdeführer ist nicht ins Blickfeld der Taliban geraten.

Die Beschwerdeführer haben Afghanistan beim ersten Mal weder aus Furcht vor konkreten Eingriffen in ihre körperliche Integrität noch wegen Lebensgefahr verlassen.

Während dem viermonatigen Aufenthalts der Beschwerdeführer in Afghanistan wurde weder nach dem Erstbeschwerdeführer durch die Taliban gesucht noch war der Erstbeschwerdeführer einer Verfolgung oder Bedrohung durch die Taliban ausgesetzt.

Die Beschwerdeführer hatten in Afghanistan keine konkret und individuell gegen sie gerichteten Probleme aufgrund ihrer Volksgruppen- oder Religionszugehörigkeit zu den schiitischen Hazara.

1.2.2. Die Beschwerdeführer wurden während ihres viermonatigen Aufenthaltes in Afghanistan niemals konkret bedroht und waren keiner Verfolgung durch die Taliban, staatliche Organe oder sonstige Personen ausgesetzt. Der Bombenanschlag in Kabul, bei dem die Eltern des Sechstbeschwerdeführers ums Leben gekommen sind, war weder gezielt auf diese gerichtet noch waren sie davor einer individuellen und konkreten Bedrohung ausgesetzt.

Die Beschwerdeführer haben Afghanistan beim zweiten Mal aufgrund der allgemeinen schlechten Sicherheitslage verlassen.

Im Falle der Rückkehr nach Afghanistan droht den Beschwerdeführern weder Lebensgefahr noch ein Eingriff in ihre körperliche Integrität durch die Taliban oder staatliche Organe.

1.2.3. Darüber hinaus gelten die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer aufgrund der Tatsache, dass sie im Iran aufgewachsen sind und sich in Europa aufgehalten haben in Afghanistan nicht als westlich orientiert. Die Dritt- und Sechstbeschwerdeführer werden auch aufgrund ihrer Aussprache bzw. einem Farsi-Dialekt in Afghanistan nicht diskriminiert. Die Beschwerdeführer sprechen Dari.

Die Beschwerdeführer sind in Afghanistan aufgrund ihres Aufenthaltes im Iran und Europa keiner psychischen oder physischen Gewalt ausgesetzt.

Ebenso wenig droht dem Dritt- und Viertbeschwerdeführer die konkrete und individuelle Gefahr einer zwangsweisen Rekrutierung durch die Taliban in Afghanistan.

1.2.4. Die Beschwerdeführer verließen den Iran aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen für dort aufhältige Afghanen.

1.3. Zu einer möglichen Rückkehr der Beschwerdeführer in ihren Herkunftsstaat:

Den Beschwerdeführern wird mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in ihre sichere Herkunftsstadt Kabul kein Eingriff in ihre körperliche Unversehrtheit aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage drohen. Der Herkunftsort der Beschwerdeführer, nämlich die Stadt Kabul, ist sicher erreichbar und ausreichend sicher.

Der Erstbeschwerdeführer, die Zweitbeschwerdeführerin, der Drittbeschwerdeführer und der Viertbeschwerdeführer können in der Stadt Kabul ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft für sich befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Die Beschwerdeführer können in Kabul im Eigentumshaus des Vaters des Erstbeschwerdeführers, wie bereits vor ihrer Ausreise, oder im Eigentumshaus der Eltern der Zweitbeschwerdeführerin wohnen. Der Viertbeschwerdeführer kann auch von seinen in Kabul lebenden Verwandten bei der Suche nach einer Arbeitsstelle, Verpflegung sowie medizinischer Versorgung unterstütz werden.

Die Fünft- und Sechstbeschwerdeführer sind noch unmündige Minderjährige. Diese können ihre grundlegenden und notwendigen Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht selber befriedigen. Durch die COVID-19-Situation hat sich die wirtschaftliche Lage in Kabul angespannt, die Arbeitslosigkeit ist gestiegen und besonders Familien sowie Gelegenheitsarbeiter sind von den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Situation betroffen. Es sind auch die Preise für Lebensmittel erheblich gestiegen. Es ist dem Erstbeschwerdeführer und der Zweitbeschwerdeführerin aufgrund der COVID-19-Situation und der damit zusammenhängenden wirtschaftlich angespannten Versorgunglage (trotz familiärer Unterstützung in Kabul) derzeit nicht möglich den notwendigen Lebensunterhalt für den minderjährigen Fünftbeschwerdeführer und den minderjährigen Sechstbeschwerdeführer in der Stadt Kabul ausreichend sicher zu stellen.

Es ist den Fünft- bis Sechstbeschwerdeführern somit nicht möglich nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Rückkehr nach Afghanistan in der Stadt Kabul Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

Der Viertbeschwerdeführer ist ein junger, gesunder und erwerbsfähiger Mann. Der Viertbeschwerdeführer ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen. Er verfügt über Schulbildung und Berufserfahrung. Er hat bereits einmal – wenn auch nur für wenige Monate – in der Stadt Kabul gelebt. Er ist in einer großen Stadt im Iran aufgewachsen, sodass ihm städtische Strukturen bekannt sind. Er kann sich innerhalb kurzer Zeit in afghanischen Städten Ortkenntnisse aneignen.

Der Viertbeschwerdeführer kann zudem vom Erstbeschwerdeführer, von der Zweitbeschwerdeführerin sowie vom Drittbeschwerdeführer – denen mit diesem Erkenntnis eine Aufenthaltsberechtigung für Österreich erteilt wurde und die verbindliche Arbeitseinstellungszusagen haben – finanziell bei einer Rückkehr nach Afghanistan unterstützt werden. Diese sind unterstützungsfähig und unterstützungswillig. Er kann auch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen.

Der Viertbeschwerdeführer kann sich zudem auch in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif ansiedeln. Bei einer Rückkehr nach Afghanistan und einer Ansiedelung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif kann der Viertbeschwerdeführer grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse, wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft, befriedigen, ohne in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten sowie durch seine Familie in Österreich finanziell unterstützt werden. Er kann selbst für sein Auskommen und Fortkommen sorgen und in Herat oder Mazar-e Sharif einer Arbeit nachgehen und sich selber erhalten.

Es ist dem Viertbeschwerdeführer auch möglich, nach anfänglichen Schwierigkeiten nach einer Ansiedlung in der Stadt Herat oder Mazar-e Sharif Fuß zu fassen und dort ein Leben ohne unbillige Härten zu führen, wie es auch andere Landsleute führen können.

1.4. Zum (Privat)Leben der Beschwerdeführer in Österreich:

Die Beschwerdeführer sind unter Umgehung der Grenzkontrollen nach Österreich eingereist und halten sich seit zumindest 23.11.2015 durchgehend in Österreich auf.

Die Cousine der Zweitbeschwerdeführerin mütterlicherseits lebt in Österreich. Die Beschwerdeführer haben weder Kontakt zu dieser noch stehen sie zu ihr in einem Abhängigkeitsverhältnis (BF 2 AS 92; OZ 10, S. 19, 36 f; OZ 15, S. 8). Darüber hinaus verfügen die Beschwerdeführer über keine weiteren Verwandten in Österreich.

1.4.1. Der Erstbeschwerdeführer:

Der Erstbeschwerdeführer hat zwar Deutschkurse besucht (BF 1 AS 207-211; Beilage ./F, ./i und ./Y), er verfügt jedoch nur über geringe Deutschkenntnisse (OZ 10, S. 16).

Der Erstbeschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung (BF 1 AS 187 ff; OZ 10, S. 17; Beilage ./I). Der Erstbeschwerdeführer hat eine verbindliche Einstellungszusage bei einer Textilfabrik in Österreich, dort kann er nach Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung EUR 1.200 bis EUR 1.300 pro Monat verdienen. Er wird diese Arbeit bei Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung umgehend annehmen und dadurch über ein Einkommen verfügen (OZ 44, S. 11).

Er hat ehrenamtlich bei der Renovierung einer Kirche mitgeholfen und sich an ehrenamtlichen Aktivitäten beteiligt (Beilage ./H und ./X, OZ 10, S. 17; Bestätigung gemeinnützige Tätigkeit vom 30.08.2019; OZ 44, S. 8). Er geht in seiner Freizeit regelmäßig laufen (BF 1 AS 189; OZ 10, S. 17).

Der Erstbeschwerdeführer hat in Österreich freundschaftlichen Beziehungen zu anderen afghanischen Familien geknüpft (OZ 10, S. 19, OZ 44, S. 11).

Der Erstbeschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./VIII).

1.4.2. Die Zweitbeschwerdeführerin:

Die Zweitbeschwerdeführerin hat Deutschkurse besucht (BF 2 AS 61-67; Beilage ./C, ./D und ./Z; BF 2 Beilage zu OZ 25), sie verfügt jedoch nur über geringe Deutschkenntnisse (OZ 10, S. 33).

Die Zweitbeschwerdeführerin geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung (BF 2 AS 96; OZ 10, S. 17, 38; Beilage ./I). Sie ist im Rahmen der „Nachbarschaftshilfe“ der Caritas (nunmehr „Integrationstätigkeiten“) mittels Dienstleistungsschecks als Haushaltshilfe in privaten Haushalten fünfmal die Woche für zwei Stunden tätig (Beilage ./E; OZ 10, S. 34). Die Zweitbeschwerdeführerin hat sich an ehrenamtlichen Aktivitäten beteiligt (Beilage ./X).

Die Erstbeschwerdeführerin hat eine verbindliche Einstellungszusage bei einer Textilfabrik in Österreich, dort kann sie nach Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung ca. EUR 1.300 pro Monat verdienen. Sie hat auch eine Einstellungszusage bei einem Supermarkt, bei dem sie in Teilzeit arbeiten könnte, dort würde sie ohne Überstunden EUR 700 verdienen. Bei einer Arbeit beim Supermarkt würde die Zweitbeschwerdeführerin eine zweite Schicht dazu nehmen, um mehr Geld zu verdienen. Sie wird eine dieser Arbeiten bei Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung umgehend annehmen und dadurch über ein Einkommen verfügen (OZ 44, S. 12, 14).

Die Zweitbeschwerdeführerin ist kein Mitglied in einem Verein.

Sie hat in Österreich freundschaftliche Kontakte zu einer Deutschlehrerin und Kontakte über die Freunde ihrer Kinder geknüpft (OZ 10, S. 37).

Die Zweitbeschwerdeführerin bedrohte am 27.08.2018 eine Flüchtlingsbetreuerin in deren Büro in der Unterkunft mit dem Umbringen indem sie sich vor die Betreuerin stellte, sagte: „Du, Daniela, 3 Kinder, so“ und mit der flachen Hand die Geste „Kehle durchschneiden“ zeigte. Es erging deshalb eine Anzeige wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung an die Staatsanwaltschaft (BF 2 OZ 9; OZ 10, S. 39).

Die Zweitbeschwerdeführerin ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./VIII).

1.4.3. Der Drittbeschwerdeführer

Der Drittbeschwerdeführer hat Deutschkurse besucht (Beilage ./W) und die ÖSD Deutschprüfung Niveau A1 sehr gut (BF 3 AS 43), jene für das Niveau A2 zunächst jedoch nicht bestanden (BF 3 AS 45). Der Drittbeschwerdeführer verfügt über ausreichende Deutschkenntnisse (OZ 15, S. 5 f). Er hat am 22.12.2018 eine Integrationsprüfung auf dem Niveau A2 bestanden (OZ 42).

Der Drittbeschwerdeführer hat im Sommersemester im Schuljahr 2015/16 eine Polytechnische Schule als außerordentlicher Schüler besucht (BF 3 AS 47). Der Drittbeschwerdeführer hat im Schuljahr 2017/18 die Übergangsklasse einer Neuen Mittelschule zur Absolvierung des Pflichtschulabschlusses besucht (Beilage ./N und ./P). Er hat die Pflichtschulabschluss-Prüfung nicht bestanden (Beilage ./O). Er hat an einem Erste-Hilfe-Grundkurs teilgenommen (BF 3 Beilage zu OZ 24).

Der Drittbeschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I). Er ist anpassungsfähig und kann einer regelmäßigen Arbeit nachgehen (BF 3 AS 37). Er hat eine verbindliche Einstellungszusage für eine Arbeit bei einer Security-Firma. Dort würde er monatlich EUR 1.500 verdienen. Er hat auch eine verbindliche Einstellungszusage in einem Restaurant als Kellner in Teilzeit. Zusätzlich zu diesem Job würde er auch Reinigungsarbeiten in einer nahegelegenen Tennishalle annehmen, sodass er in diesem Fall monatlich ca. EUR 1.300 verdienen würde. Er wird eine dieser Arbeiten bei Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung umgehend annehmen und dadurch über ein Einkommen verfügen (OZ 44, S. 17).

Der Drittbeschwerdeführer hat sich an freizeitpädagogischen Aktivitäten in einem Jugendzentrum beteiligt. Die Betreuer des Jugendzentrums haben den Drittbeschwerdeführer sehr geschätzt (Beilage ./G). Er hat durch das Jugendzentrum viele freundschaftliche Kontakte geknüpft. Seit dem Wechsel des Wohnortes hat der Drittbeschwerdeführer nur noch gelegentlich Kontakt zu diesen (OZ 15, S. 8).

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten (Beilage ./VIII).

1.4.4. Der Viertbeschwerdeführer:

1.4.4.1. Der Viertbeschwerdeführer hat in Österreich ein halbes Jahr eine Volkschule, ein Jahr lang eine Hauptschule und ein halbes Jahr eine Sonderschule besucht. Er hat auch eine polytechnische Schule besucht (OZ 15, S. 15; BF4, I, AS 31-37). Von Jänner 2020 bis Juli 2020 hat der Viertbeschwerdeführer als außerordentlicher Schüler die neunte Schulstufe an einer Fachschule für wirtschaftliche Berufe mit dem Pflichtgegenstand Gastronomie besucht (OZ 42).

Der Viertbeschwerdeführer hat sich Deutschkenntnisse aneignen können (OZ 15, S. 17f). Er möchte demnächst einen Deutschkurs A2 besuchen (OZ 44, S. 21).

Der Viertbeschwerdeführer geht keiner legalen, regelmäßigen Erwerbstätigkeit nach. Er übt auch keine ehrenamtliche oder gemeinnützige Tätigkeit aus (OZ 15, S. 18). Der Viertbeschwerdeführer lebt von der Grundversorgung (Beilage ./I).

Der Viertbeschwerdeführer verfügt in Österreich über keine engen sozialen Freundschaften oder eine Lebensgemeinschaft (OZ 15, S. 20). Seine engsten Bezugspersonen sind seine Eltern und seine Brüder, zu diesen hat er ein enges VErhältnis (OZ 44).

Der Viertbeschwerdeführer ist derzeit in keiner Therapie – weder in einer Drogentherapie noch in einer Aggressionstherapie (OZ 15, S. 23; OZ 44, S. 14, S. 20ff). Er hat im Jahr 2017 eine von seiner Flüchtlingsbetreuerin organisierte Therapie abgebrochen (OZ 15, S. 24). Er hat Ende 2018 zwei Wochen eine stationäre Therapie, Aggressionstherapie, gemacht, wobei er nach dieser Therapie von seinen Eltern weggelaufen ist und in einer Stadt beim Verkauf von Drogen angehalten wurde (Der Viertbeschwerdeführer hat von Oktober 2018 bis zumindest Ende Dezember 2018 und von zumindest 25.02.2019 bis 28.02.2019 anderen gewinnbringend und zumindest teils an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich zumindest 370 Gramm Cannabis vorschriftswidrig gegen Entgelt überlassen). Danach hat er keine Therapien, weder eine Aggressionstherapie, noch eine Suchttherapie, in Angriff genommen (OZ 44, S. 20ff).

1.4.4.2. Der Viertbeschwerdeführer war bereits mehrfach von der Asylunterkunft abgängig und ist mehrere Tage abgetaucht und hat mehrfach den Schulunterricht geschwänzt (BF 4 I-OZ 2 und OZ 32; BF 4 II-AS 37f).

Der Viertbeschwerdeführer hat bereits ca. ein Jahr nach seiner Einreise in Österreich begonnen Drogen zu konsumieren. Seit 2017 verkaufte der Viertbeschwerdeführer Drogen um sich dadurch Geld zu verdienen (OZ 15, S. 20, S. 24). So hat der Viertbeschwerdeführer im Zeitraum vom 12.10.2017 bis 12.12.2017 von einem Suchtgiftdealer an einem Drogenumschlagsplatz in Wien insgesamt 60 Gramm Cannabis zu einem Gesamtpreis von EUR 360,00 erworben um das Suchtmittel gewinnbringend weiter zu verkaufen. Der Viertbeschwerdeführer hat 30 Gramm von diesem Suchtmittel an einen Abnehmer weiterverkauft, wobei vom Abnehmer nur 15 Gramm des bezogenen Cannabis zum Preis von EUR 150,00 bezahlt wurden. Die übrigen 30 Gramm Cannabis hat der Viertbeschwerdeführer zu einem Grammpreis von je EUR 10,00 weiterverkauft (BF 4 II-AS 27ff).

Am 07.03.2018 fand, aufgrund des nicht-konformen Verhaltens des Viertbeschwerdeführers in Österreich, auf einer Polizeiinspektion mit dem Viertbeschwerdeführer ein Normverdeutlichungsgespräch statt. Der Viertbeschwerdeführer wurde auch auf seine Schulpflicht hingewiesen. Der Viertbeschwerdeführer gab gegenüber der Polizei an, dass ihn das nicht interessiere, er bereits 16 Jahre alt sei und er ohnehin in ein anderes EU-Land ziehen würde (BF 4 I-OZ 2).

Der Viertbeschwerdeführer verschickte ca. Anfang März 2018 ein Video, bei dem er in bedrohlicher Art und Weise mit einem Messer hantierte an eine andere Jugendliche. Weiters schrieb er folgende Nachrichten an diese: „Eh du kennst mich so gut, ok du kleina ich finde euch i Suche jeden Schule.“ Es wurde um die Erteilung eines Waffenverbots gegen den Beschwerdeführer ersucht. Der Beschwerdeführer verfasste zudem nachstehende Nachrichten, die er an eine Jugendliche verschickte: „Ich ficke euch morgen warte“, „Oh Hure, mach mich nicht aggressiv, ich schwöre bei Gott, dass ich ein Messer nehme und komme“, „i Lasse euch den weil Helai hat geschifft von meine Mutter schwör alles i ficke euch i hab keine Angst du Polizei und…“ (BF 4 I-OZ 2; OZ 15, S. 22).

Der Viertbeschwerdeführer ist am 06.03.2018 in eine ihm fremde Schule gestürmt und hat dort in aggressiver Weise die Bekanntgabe der Klassenzimmer bzw. die Personaldaten zweier Schülerinnen gefordert. Er hat mit den Fäusten auf ein Pult geschlagen. Der Viertbeschwerdeführer hat sich auch dem männlichen Direktionspersonal gegenüber sehr aggressiv verhalten, sodass die Polizei verständigt werden musste. Es wurde gegen den Viertbeschwerdeführer ein Betretungsverbot betreffend diese Schule sowie für eine zusätzliche Schutzzone erlassen (BF 4 I-OZ 3).

Der Beschwerdeführer stieg am 05.05.2018, abends, mit einem Freund in einen ÖBB-Zug. Im Zuge einer Fahrscheinkontrolle konnten diese kein gültiges Ticket vorweisen, woraufhin vom Zugbegleiter nach einem belehrenden Gespräch zunächst von einer Anzeige abgesehen wurde. Kurz vor Mitternacht verließen beide bei einem planmäßigen Halt den ÖBB-Zug. Um 05:00 Uhr traf derselbe Zugbegleiter in einem anderen ÖBB-Zug erneut auf beide Fahrgäste. Beide wurden aufgefordert ihr Ticket vorzuweisen. Der Viertbeschwerdeführer wurde bei der Kontrolle immer aggressiver und drohte dem Zugbegleiter im Zug in einer lautstarken Auseinandersetzung mit Schlägen. Es kam dem einen Zugbegleiter ein weiterer zur Hilfe. Als der Viertbeschwerdeführer sich in Kampfstellung vor beide Zugbegleiter aufstellte, flüchteten die Zugbegleiter in Richtung Dienstabteil. Der Viertbeschwerdeführer warf eine volle 1,5l Plastikflasche in Richtung der Zugbegleiter und traf einen von diesen im Bereich des Rückens unterhalb des Genicks. Der Viertbeschwerdeführer folgte den Zugbegleitern und schlug mehrmals mit den Fäusten und den Füßen gegen das verriegelte Dienstabteil und bedrohte die Zugbegleiter mit den Worten: „Es feigen Arschlöcher, macht auf, ich bring euch alle um! Ich werde in Linz auf euch warten.“ Nachdem der Zug aufgrund einer Baustelle im Bereich eines Bahnhofs zum Stillstand kam flüchteten der Viertbeschwerdeführer und sein Freund mit einem Sprung aus dem Zug, beide konnten durch eine Fahndung der Polizei im Nahbereich aufgefunden werden. Durch den Wurf mit der Plastikflasche erlitt der eine Zugbegleiter eine Prellung der Wirbelsäule. Dieser Zugbegleiter war aufgrund dieser Verletzung zumindest bis Ende Juni 2018 berufsunfähig, der Zugbegleiter hatte aufgrund dieser Verletzung am 19.06.2018 noch immer Schmerzen und war deswegen auch in medizinischer Therapie (BF 4 II-AS 91ff; 103ff).

1.4.4.3. Der Viertbeschwerdeführer hat am 03.07.2018 in der Asylunterkunft lautstark mit seinen Eltern gestritten. Er hat im Zuge des Streits zwei Türen, einen Kasten und eine Wand beschädigt. Er hat mit einem Sessel in der Unterkunft herumgeschlagen. Aufgrund des aggressiven Verhaltens des Viertbeschwerdeführers wurde gegen diesen am 03.07.2018, 09:50 Uhr ein Betretungsverbot gemäß § 38a SPG für die Asylunterkunft (seiner Familie) sowie für einen Umkreis von 50 Metern um diese Asylunterkunft erlassen. (BF 4 II-AS 117-149; 173f). Es wurde gegen den Viertbeschwerdeführer auch eine einstweilige Verfügung erlassen (BF4 II-AS 200). Es wurde gegen den Viertbeschwerdeführer auch ein vorläufiges Waffenverbot erlassen. Der Viertbeschwerdeführer wurde in eine andere Unterkunft verbracht (BF 4 I-OZ 9).

Der Viertbeschwerdeführer war trotz einstweiliger Verfügung am 27.08.2018 in der Asylunterkunft seiner Familie aufhältig. Er wurde von Polizeibeamten im Zimmer seiner Eltern angetroffen. Der Viertbeschwerdeführer wurde nach der Aufforderung die Unterkunft zu verlassen immer aggressiver. Er wurde nach mehrmaliger Abmahnung unter Zwang festgenommen. Er trat beim Verbringen in das Dienstfahrzeug gegen eine Tür der Asylunterkunft und bedrohte die Polizeibeamten mehrmals. Der Viertbeschwerdeführer zeigte sich nicht kooperativ. Er schimpfte und wollte sich nicht zum Dienstfahrzeug verbringen lassen, wodurch er mit Körperkraft angeschoben wurde. Er schrie zu seinen Familienangehörigen, dass diese die Amtshandlung filmen sollen. Sein aggressives Verhalten setzte der Viertbeschwerdeführer auch auf der Polizeistation fort. Der Viertbeschwerdeführer kündigte der Polizei gegenüber an, dass er nach dem Gefängnis weiterhin Drogen konsumieren und verkaufen werde, es könne auch gut sein, dass er sich im Drogenrausch Waffen kaufen und damit jemanden erschießen werde (BF 4 II-AS 187f; AS 207ff).

1.4.4.4. Der Viertbeschwerdeführer hat mehrmals Deos in einem Supermarkt verwendet und die Deo-Dosen anschließend wieder in das Regal zurückgestellt. Der Beschwerdeführer hatte am 11.12.2018 insgesamt 11 kleine Päckchen mit Cannabis bei sich, insgesamt 13g für EUR 100,00. Der Beschwerdeführer konsumiert über mehrere Jahren Cannabis, dabei konsumiert er ca. 1 Gramm am Tag (BF 4 I-OZ 25).

1.4.4.5. Der Viertbeschwerdeführer hat am 14.12.2018 im Schulunterricht einem anderen Mitschüler eine Ohrfeige versetzt und diesen dadurch leicht verletzt (BF 4 I-OZ 14).

1.4.4.6. Der Viertbeschwerdeführer wurde am 20.08.2018 von einem Landesgericht wegen des Vergehens des Diebstahls, der Vergehen der Nötigung, der Vergehen der Sachbeschädigung, des Vergehens der Körperverletzung (§§ 15 Abs. 1, 127 Abs. 1 StGB; §§ 15 Abs. 1, 105 Abs. 1 StGB; §§ 15 Abs. 1, 125 StGB; § 83 Abs. 1 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von acht Wochen, die unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde, verurteilt.

Diese Verurteilung umfasst nachstehende Taten des Viertbeschwerdeführers: Der Viertbeschwerdeführer hat am 15.01.2018 mit einer anderen Person im bewussten und gewollten Zusammenwirken versucht einem Bekleidungsgeschäft eine Jogginghose, eine Trainingsjacke und ein Paar Socken im Gesamtwert von 45,00 EUR wegzunehmen um sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern. Der Viertbeschwerdeführer hat am 06.05.2018 versucht Glasscheiben eines ÖBB-Euronight-Zuges zu beschädigen, indem er mit der Faust gegen die Glasscheibe des Zugabteils schlug und indem er mit den Füßen und den Fäusten gegen die Glasscheibe des Dienstabteils trat bzw. schlug. Der Viertbeschwerdeführer hat am 03.07.2018 in der Asylunterkunft zwei Eingangstüren und eine Rigipswand beschädigt, indem er mit den Füßen gegen die Türen trat und mit der Faust gegen die Wand schlug. Der Viertbeschwerdeführer hat einen Zugbegleiter vorsätzlich am Rücken verletzt, nämlich indem er eine befüllte 1,5l Plastikflache gegen dessen Rücken schleuderte. Dadurch erlitt der Zugbegleiter eine Prellung der Wirbelsäule. Der Viertbeschwerdeführer hat versucht zwei Zugbegleiter am 06.05.2018 jeweils durch eine gefährliche Drohung zu einer Unterlassung bzw. Handlung zu nötige, und zwar:

a)       Zur Abstandnahme von einer Fahrscheinkontrolle, indem er äußerte „Lass mich in Ruhe, ich will schlafen, ich bring euch alle um!“

b)       Zum Öffnen der Türe des Dienstabteils, indem er äußerte „Ihr feigen Arschlöcher! Macht auf, sonst bringe ich euch alle um!“.

Es lagen keine mildernden Umstände vor. Als erschwerend wurde vom Strafgericht das Zusammentreffen von fünf Vergehen gewertet. Dem Viertbeschwerdeführer wurde für die Dauer der Probezeit eine Bewährungshilfe angeordnet, ihm wurde zudem aufgetragen eine Beratung bei der muslimischen Jugend in Österreich in Anspruch zu nehmen (BF 4 II-AS 229f).

1.4.4.7. Der Viertbeschwerdeführer wurde am 19.09.2018 von einem Landesgericht wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels, der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften, der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt und des Vergehens der versuchten Sachbeschädigung (§ 28a Abs. 1, 5. Fall. SMG; § 27 Abs. 1 Z 1 1. Und 2. Fall und Abs. 2 SMG; §§ 15 Abs. 1, 269 Abs. 1 1. Fall StGB; §§ 15 Abs. 1, 125 StGB) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt, die hinsichtlich eines Teiles von sechs Monaten unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde.

Diese Verurteilung umfasst nachstehende Taten des Viertbeschwerdeführers: Der Viertbeschwerdeführer hat ab 02.01.2018 bis zumindest Ende Juni 2018 zumindest 1,5 kg Cannabis unbekannten Abnehmern überlassen, er hat in diesem Zeitraum zudem Cannabis und Kokain zum persönlichen Gebrauch erworben und besessen. Der Beschwerdeführer hat am 27.08.2018 Polizeibeamte mit Gewalt und gefährlicher Drohung an der Durchsetzung einer Festnahme bzw. weiterer Amtshandlungen zu hindern versucht, indem er sich körperlich zur Wehr setze, sich drohend gebärdete und folgende Aussagen tätigte:

a)       gegenüber einem Polizeibeamten, dass er ihn schlagen werde, sobald er einmal seine Uniform nicht tragen werde;

b)       gegenüber einem Polizeibeamten, dass er zu seiner Familie kommen werde und er dann sehe werde, was er davon habe, sollte er mit seiner Familie etwas machen;

c)       gegenüber einem Polizeibeamten „Ich bin zwar an den Händen gefesselt, aber ich kann mit dem Kopf alles machen!“, wobei der Viertbeschwerdeführer zugleich einen Kopfstoß andeutete.

Der Beschwerdeführer wurde zudem verurteilt, weil er am 27.08.2018 versuchte eine Türe in der Asylunterkunft zu beschädigen, indem er mit dem Fuß gegen diese Türe trat.

Die mit Strafurteil vom 20.08.2018 verhängte Probezeit wurde auf fünf Jahre verlängert.

Als mildernd wurde gewertet, dass Vorliegen eines Geständnisses sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Als erschwerend wurde vom Strafgericht das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen, die einschlägige Vorstrafe und der rasche Rückfall gewertet (Strafurteil vom 19.09.2018, BF 4 I-OZ11; II-AS 245).

1.4.4.8. Der Viertbeschwerdeführer wurde am 24.04.2019 von einem Landesgericht wegen der Vergehen des unerlaubten Umganges mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 1 Z 1 und Z 2 2. Fall und Abs. 2a SMG; § 27 Abs. 1 Z 1 1. und 2. Fall und teils Abs. 2 SMG) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt.

Diese Verurteilung umfasst nachstehende Taten des Viertbeschwerdeführers: Der Viertbeschwerdeführer hat von Oktober 2018 bis zumindest Ende Dezember 2018 und von zumindest 25.02.2019 bis 28.02.2019 anderen gewinnbringend und zumindest teils an einem allgemein zugänglichen Ort öffentlich zumindest 370 Gramm Cannabis vorschriftswidrig gegen Entgelt überlassen. Zudem hat er von Anfang Oktober 2018 bis 28.02.2018 teils zum ausschließlichen Gebrauch Cannabiskraut in einer insgesamt unbekannten Menge erworben und besessen.

Die mit Strafurteil vom 19.09.2018 verhängte Probezeit wurde auf fünf Jahre verlängert.

Als mildernd wurde die teilweise Sicherstellung des Suchtgiftes sowie das überwiegende Geständnis gewertet. Als erschwerend wurde vom Strafgericht das Zusammentreffen von Vergehen, die zwei einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall sowie das Handeln in Gewinnerzielungsabsicht gewertet (Strafurteil vom 24.04.2019, BF 4 I-30).

1.4.4.9. Der Viertbeschwerdeführer wurde am 11.07.2019 von einem Bezirksgericht wegen des Vergehens der Körperverletzung (§ 83 Abs 2 StGB) verurteilt, wobei im Hinblick auf das Urteil des eines Landesgerichts vom 24.04.2019 auf die Verhängung einer Zusatzstrafe abgesehen wurde.

Diese Verurteilung umfasst nachstehende Tat des Viertbeschwerdeführers: Der Viertbeschwerdeführe hat am 14.12.2018 einer anderen Person eine Ohrfeige gegen die rechte Gesichtshälfte versetzt und diese dadurch in Form von Schmerzen am Körper verletzt. Mildernd wurde das Geständnis, erschwerend die Vorstrafen gewertet.

1.4.4.10. Der Viertbeschwerdeführer kann weder durch Normverdeutlichungsgespräche, noch durch die Einbindung von Sozialarbeitern und Bewährungshilfen noch durch Haftstrafen zu einem rechtskonformen Verhalten bewegt werden. Es ist davon auszugehen, dass der Viertbeschwerdeführer auch in Zukunft weiterhin Straftaten begehen wird. Der Viertbeschwerdeführer ist nicht einsichtig und er kann weder durch Haftstrafen noch durch Verurteilungen zu rechtskonformen Verhalten angehalten werden. Es besteht durch die hohe Rückfallgefahr des Viertbeschwerdeführers eine erhebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit.

1.4.5. Der Fünftbeschwerdeführer:

Der Fünftbeschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2015/16 die zweite Klasse der Volksschule (BF 5 AS 31-33) und im Schuljahr2016/17 die erste Klasse der Neuen Mittelschule als außerordentlicher Schüler (BF 5 AS 23-29). Im Schuljahr 2017/2018 wiederholte er die erste Klasse der Neuen Mittelschule als ordentlicher Schüler und besuchte im Schuljahr 2018/19 die zweite Klasse der Neuen Mittelschule als ordentlicher Schüler (Beilage ./U; Verwaltungsakt des Fünftbeschwerdeführers – BF 5 Beilage zu OZ 25). Er besuchte im Schuljahr 2019/2020 die dritte Klasse in einer Neuen Mittelschule (OZ 42).

Der Fünftbeschwerdeführer verfügt über gute Deutschkenntnisse (OZ 15, S. 27 f).

Der Fünftbeschwerdeführer nimmt an schulischen Aktivitäten teil (Beilage ./Q bis ./T; BF 5 AS 19-21). Er spielt Fußball in einem Verein (OZ 15, S. 27).

Der Fünftbeschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte in Österreich geknüpft (OZ 15, S. 27). Der Fünftbeschwerdeführer verbringt die Wochenenden immer wieder bei seinem Freund „Dennis“ und dessen Familie (OZ 10, S. 37). Er steht zu diesen jedoch nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis.

Der Fünftbeschwerdeführer versetzte am 04.04.2019 einem Jugendlichen einen Faustschlag ins Gesicht und brach ihm dabei das Nasenbein, weil ihn dieser zuvor provoziert hat (BF 5 OZ 21 und 22). Das diesbezügliche Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der schweren Körperverletzung wurde eingestellt (BF 5 OZ 23).

Der Fünftbeschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.4.6. Der Sechstbeschwerdeführer:

Der Sechstbeschwerdeführer besuchte im Schuljahr 2016/17 die Vorschulklasse und im Schuljahr 2017/18 die erste Klasse der Volksschule als außerordentlicher Schüler (BF 5 AS 19; Beilage ./J bis ./M) sowie im Schuljahr 2018/19 die zweite Klasse der Volksschule als ordentlicher Schüler (Verwaltungsakt des Sechstbeschwerdeführers – BF 6 Beilage zu OZ 21). Er besuchte im Schuljahr 2019/2020 die dritte Klasse einer Volksschule (OZ 42).

Der Sechstbeschwerdeführer hat freundschaftliche Kontakte zu einem seiner ehemaligen Kindergarten-Kollegen „Rafi“ sowie dessen Großmutter, die der Sechstbeschwerdeführer ebenfalls als „Großmutter“ bezeichnet, geknüpft (OZ 10, S. 18; Beilage ./AA). Der Sechstbeschwerdeführer verbringt die Wochenenden immer wieder bei seinem Freund und dessen Großmutter (OZ 10, S. 37). Er steht zu diesen jedoch nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis.

Der Sechstbeschwerdeführer ist in Österreich strafgerichtlich unbescholten.

1.5. Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die Länderfeststellungen zur Lage in Afghanistan basieren auf nachstehenden Quellen:

-        Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan vom 13.11.2019 mit Kurzinformation vom 21.07.2020 (LIB),

-        UNHCR Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 30.08.2018 (UNHCR),

-        EASO Country Guidance: Afghanistan von Juni 2019 (EASO),

-        FFM Report der Staatendokumentation, Afghanistan aus April 2018 (Beilage ./III)

-        EASO Bericht Afghanistan Netzwerke, Stand Jänner 2018 (Beilage ./IV),

-        Artikel aus dem Standard.at vom 08.07.2011 (Beilage ./VIII),

-        Stellungnahme von Dr. Rasuly vom 19.07.2017 (Beilage ./IX),

-        Dossier der Staatendokumentation Grundlage der Stammes- und Clanstruktur,

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation betreffend Frauen in urbanen Zentren vom 18.09.2017 (Frauen in urbanen Zentren),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Anzahl an Kindern in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019 (Anzahl der Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Bildungsmöglichkeiten für Kinder in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 06.05.2019 (Bildungsmöglichkeiten für Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Erpresserischer Entführung von Kindern vom 06.05.2019 (Erpresserische Entführungen von Kindern),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Kinderarbeit und Ausbeutung Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019 (Kinderarbeit und Ausbeutung),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Kinderehen und Zwangsehen vom 03.05.2019 (Kinderehen und Zwangsehen),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Kinderschutzprogramme vom 03.05.2019 (Kinderschutzprogramme),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 03.05.2019 (Medizinische und psychosoziale Leistungen für Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Rückkehrleistungen für Familien bzw. Kinder vom 14.05.2019 (Rückkehrleistungen für Familien bzw. Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Sexuellen Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder in Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 06.05.2019 (Sexueller Missbrauch, körperliche Übergriffe auf Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Sicherheitslage von Kindern in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 09.05.2019 (Sicherheitslage für Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder in den Städten Kabul, Herat und Mazar-e Sharif vom 10.05.2019 (Wasserversorgung und Sanitäranlagen für Kinder),

-        Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Zugang zu Lebensmitteln vom 03.05.2019 (Zugang zu Lebensmitteln),

-        Bericht ACCORD und Sozioökonomische Lage von Herat und Mazar-e Sharif vom 26.11.2019 (Beilage ./XVIII);

1.5.1. Sicherheitslage

Afghanistan ist ein Zentralstaat mit 34 Provinzen, die in Distrikte gegliedert sind. Auf einer Fläche von ca. 632.000 Quadratkilometern leben ca. 32 Millionen Menschen (Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zu Afghanistan vom 13.11.2019 - LIB, Kapitel 2).

Die Sicherheitslage in Afghanistan bleibt insgesamt volatil und weist starke regionale Unterschiede auf. Provinzen und Distrikten mit aktiven Kampfhandlungen stehen andere gegenüber, in denen die Lage trotz punktueller Sicherheitsvorfälle vergleichsweise stabil ist. Die afghanische Regierung behält die Kontrolle über Kabul, größere Bevölkerungszentren, Transitrouten, Provinzhauptstädte und den Großteil der Distriktzentren (LIB, Kapitel 2). Die Hauptlast einer unsicheren Sicherheitslage in der jeweiligen Region trägt die Zivilbevölkerung (UNHCR, Kapitel II. B).

Für die Sicherheit in Afghanistan sind verschiedene Organisationseinheiten der afghanischen Regierungsbehörden verantwortlich. Die Afghan National Defense and Security Forces (ANDSF) umfassen militärische, polizeiliche und andere Sicherheitskräfte. Das Innenministerium ist primär für die interne Ordnung zuständig, dazu zählt auch die Afghan National Police (ANP) und die Afghan Local Police (ALP). Die Afghan National Army (ANA) ist für die externe Sicherheit verantwortlich, dennoch besteht ihre Hauptaufgabe darin, den Aufstand im Land zu bekämpfen. Die ANP gewährleistet die zivile Ordnung und bekämpft Korruption sowie die Produktion und den Schmuggel von Drogen. Der Fokus der ANP liegt derzeit in der Bekämpfung von Aufständischen gemeinsam mit der ANA. Die ALP wird durch die USA finanziert und schützt die Bevölkerung in Dörfern und ländlichen Gebieten vor Angriffen durch Aufständische (LIB, Kapitel 4).

In Afghanistan sind unterschiedliche regierungsfeindliche Gruppierungen aktiv, welche eine Bedrohung für die gesamte regionale Sicherheit und Stabilität in Afghanistan darstellen (LIB, Kapitel 2).

1.5.2. Allgemeine Wirtschaftslage

Afghanistan ist nach wie vor eines der ärmsten Länder der Welt und stark von internationalen Hilfsgeldern abhängig. Dabei bleibt das Gefälle zwischen urbanen Zentren und ländlichen Gebieten Afghanistans eklatant. Lebensgrundlage für rund 80% der Bevölkerung ist die Landwirtschaft (LIB, Kapitel 20).

Der Zugang zum Arbeitsmarkt ist angespannt und die Arbeitslosigkeit ist hoch. Persönliche Kontakte, Empfehlungen sowie ein Netzwerk sind wichtig um einen Job zu finden. Arbeitgeber bewerten persönliche Beziehungen und Netzwerke höher als formelle Qualifikationen. Fähigkeiten, die sich Rückkehrer im Ausland angeeignet haben, können eine wichtige Rolle bei der Arbeitsplatzsuche spielen. Der afghanische Arbeitsmarkt ist durch eine starke Dominanz des Agrarsektors, eine Unterrepräsentation von Frauen und relativ wenigen Möglichkeiten für junge Menschen gekennzeichnet. Ebenso korreliert ein Mangel an Bildung mit Armut, wobei ein niedriges Bildungsniveau und Analphabetismus immer noch weit verbreitet sind. In Afghanistan existiert keine finanzielle oder sonstige Unterstützung bei Arbeitslosigkeit (LIB, Kapitel 20).

In den Jahren 2016-2017 lebten 54,5% der Bevöl

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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