TE Vwgh Beschluss 1997/8/12 97/17/0225

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Veröffentlicht am 12.08.1997
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
22/02 Zivilprozessordnung;
27/04 Sonstige Rechtspflege;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §10 Abs1;
GebAG 1975 §21 Abs2 Z1 lita;
GebAG 1975 §22 Abs1;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §26 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §61 Abs4;
VwGG §61;
VwRallg;
ZPO §64 Abs1 Z3;
ZPO §68 Abs4;
ZustG §13 Abs1;
ZustG §9;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die namens des W in H, durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Vorstehers des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 5. Dezember 1996, Zl. Jv 1926-14e/96, betreffend Zeugengebühren, den Beschluß gefaßt:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid wurde die Beschwerde gegen die Bestimmung der Gebühren eines Zeugen im Verfahren 24 C 860/96t des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien - der Beschwerdeführer tritt dort als Kläger auf, der einschreitende Rechtsanwalt wurde ihm nach dem Beschwerdevorbringen dort als Verfahrenshelfer beigegeben - abgewiesen.

Nach dem Beschwerdevorbringen wurde der bekämpfte Bescheid dem einschreitenden Rechtsanwalt am 11. Dezember 1996 zugestellt.

Bereits am 14. Oktober 1996 sei mit Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien im dg. Verfahren 24 C 860/96t dem Kläger (d.i. der Beschwerdeführer) die mit Beschluß vom 10. Juni 1996 bewilligte Verfahrenshilfe entzogen worden. Mit (offenbar über Rekurs des Beschwerdeführers ergangenen) Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 15. April 1997, dem einschreitenden Rechtsanwalt zugestellt am 27. Mai 1997, sei der Beschluß über die Entziehung der Verfahrenshilfe behoben worden. Aus § 61 VwGG iVm § 68 Abs. 4 ZPO ergebe sich daher die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Gemäß § 21 Abs. 2 Z. 1 lit. a und § 22 Abs. 1 GebAG ist in Zivilsachen die Entscheidung über die Zeugengebühr bei einer Gebühr über S 1.000,-- an die Parteien zuzustellen. Unter den hier genannten Parteien können nur die des Zivilprozesses verstanden werden. Der Zusammenhang des Verfahrens über die Zeugengebühren ist solcherart mit dem Zivilprozeß hergestellt; dieser Zusammenhang ist aber auch so eng, daß die Vertretungsbefugnis eines zur Verfahrenshilfe beigegegebenen Rechtsanwaltes insoweit - also im Justizverwaltungsverfahren - gegeben ist.

§ 68 Abs. 4 ZPO lautet aber wie folgt:

"(4) Erklärt das Gericht die Verfahrenshilfe für erloschen oder entzieht es sie, so bleibt der bestellte Rechtsanwalt noch bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses berechtigt und verpflichtet, für die Partei zu handeln, soweit dies nötig ist, um sie vor Rechtsnachteilen zu schützen. Die Zustellung des Beschlusses, womit das Gericht die Verfahrenshilfe für erloschen erklärt oder entzieht, an den Rechtsanwalt unterbricht den Lauf der Frist zur Beantwortung der Klage bzw. Erhebung von Rechtsmitteln gegen andere Entscheidungen des Gerichtes bis zum Eintritt der Rechtskraft des genannten Beschlusses. Mit dem Eintritt der Rechtskraft beginnt die volle Frist von neuem zu laufen."

Nach der soeben zitierten Bestimmung bleibt die Bestellung des Rechtsanwaltes noch bis zum Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses bestehen, soweit dies nötig ist, um die Partei vor Rechtsnachteilen zu schützen. Durch das Unterbleiben der Zustellung der Entscheidung an den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt während des Rekursverfahrens über den Entziehungsbeschluß erwuchs der Partei kein Rechtsnachteil, weil die Entscheidung durch die Zustellung an die Partei selbst hatte erlassen werden können. Ab dem Zeitpunkt der Erlassung des Beschlusses über die Entziehung der Verfahrenshilfe durfte bzw. konnte rechtmäßig eine Zustellung für die Partei an den zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt nicht erfolgen. Die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den abberufenen Vertreter am 11. Dezember 1996 bewirkte daher nicht die Zustellung an die Partei und hatte ihr gegenüber keine Rechtswirkungen. Durch die Beseitigung des Beschlusses über die Entziehung der Verfahrenshilfe durch den diesen Beschluß aufhebenden Beschluß des Rekursgerichtes wurde der Zustellmangel nicht saniert. Eine Zustellung nach der Behebung der Entziehung der Verfahrenshilfe an den Verfahrenshilfe-Rechtsanwalt wird in der Beschwerde nicht behauptet. Selbst wenn die angefochtene Erledigung aber, was in der Beschwerde nicht vorgebracht wird, bereits durch Zustellung gegenüber anderen Parteien des Verfahrens (§ 22 Abs. 1 letzter Satz GebAG) erlassen worden sein sollte, hätte eine Beschwerde nach § 26 Abs. 2 VwGG zur Voraussetzung, daß der Beschwerdeführer diese vorzeitige Beschwerdeerhebung wünscht, was dem vorliegenden Beschwerdeschriftsatz des hier einschreitenden Rechtsanwaltes nicht entnommen werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 1996, Zl. 94/17/0290). In der Beschwerde erfolgt NUR eine Berufung auf die Zustellung des angefochtenen Bescheides an den im Rechtsstreit vor dem Bezirksgericht bestellten Rechtsanwalt zur Verfahrenshilfe am 11. Dezember 1996, also nach der Entziehung der Verfahrenshilfe und vor der Aufhebung dieses Beschlusses durch das Rekursgericht.

Die Beschwerde war schon deshalb zurückzuweisen, ohne daß es noch eines Mängelbehebungsverfahrens hinsichtlich der Vertretungsbefugnis des Einschreiters bedurfte. Es ist nämlich darauf hinzuweisen, daß der Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgerichtshof ein völlig anderer ist, als der Rechtsstreit vor dem ordentlichen Gericht, für den der Verfahrenshelfer bestellt worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof hat die Verfahrenshilfebewilligung und Beigebung eines Rechtsanwaltes zur Verfahrenshilfe durch das ordentliche Gericht keine Wirkung. Gemäß § 26 Abs. 3, § 61 VwGG kann für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - mit Ausnahme des Falles des § 61 Abs. 4 VwGG (Bewilligung der Verfahrenshilfe durch den Verfassungsgerichtshof, abgetretene Beschwerde) - nur der Verwaltungsgerichtshof die Verfahrenshilfe bewilligen und die Bestellung eines Rechtsanwaltes zum Verfahrenshelfer veranlassen. Entgegen der Ansicht des Einschreiters ist daher auch § 68 Abs. 4 vorletzter und letzter Satz ZPO für den Lauf der Beschwerdefrist gemäß § 26 VwGG nicht anwendbar, handelt es sich doch bei der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht um einen Rechtsbehelf, bei dessen Ergreifung die im Zivilprozeß Verfahrenshilfe genießende Partei durch den dort für sie zur Verfahrenshilfe bestellten Rechtsanwalt bereits auf Grund dieser Bestellung vertreten werden könnte. Da eine rechtmäßige Zustellung des angefochtenen Bescheides an die die Verfahrenshilfe im Rechtsstreit genießende Partei - ausgehend vom Vorbringen des Einschreiters - bisher noch nicht erfolgt ist, müßte eine solche erst durch die belangte Behörde veranlaßt werden, um die Beschwerdefrist in Gang zu setzen.

Schlagworte

Organisationsrecht Justiz - Verwaltung Verweisung auf den Zivilrechtsweg VwRallg5/1 Verfahrenshilfe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997170225.X00

Im RIS seit

11.07.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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