TE Bvwg Beschluss 2020/10/31 W126 2227867-4

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Veröffentlicht am 31.10.2020
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Entscheidungsdatum

31.10.2020

Norm

ASVG §410
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1
VwGVG §7 Abs4
ZustG §17

Spruch

W126 2227867-4/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr.in Sabine FILZWIESER-HAT als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , VSNR XXXX , gegen den Bescheid der Österreichischen Gesundheitskasse vom 10.07.2020, Zl. XXXX :

A)

Die Beschwerde wird als verspätet zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Beschluss des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 23.10.2018 wurde bei der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: ÖGK) die Einleitung eines Verwaltungsverfahrens zur Überprüfung der Versicherungszeiten angeregt.

2. Mit Bescheid vom 27.06.2019 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung eines Bescheides hinsichtlich weiterer Versicherungszeiten vom 02.05.2010 bis 31.03.2017 zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin mittels Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist: 03.07.2019). Die Beschwerdeführerin behob diesen nicht.

3. Am 22.01.2020 langte ein Wiedereinsetzungsantrag der Beschwerdeführerin bei der ÖGK ein, in dem sie ausführt, dass die Hinterlegungsanzeige verloren gegangen sei. Sie habe erst bei einem Termin am Arbeits- und Sozialgericht von dem Bescheid Kenntnis erlangt.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 10.07.2020 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin dazu verpflichtet gewesen sei, ihre Poststücke in einem Sorgfaltsmaßstab zu sichten, der es ihr ermögliche, eine allfällige Hinterlegungsanzeige zwecks Abholung aufzubewahren. Sie habe daher nicht glaubhaft machen können, dass sie ohne ihr Verschulden keine Kenntnis von der Zustellung erlangt habe. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin mittels Hinterlegung zugestellt (Beginn der Abholfrist: 14.07.2020).

5. Am 18.08.2020 langte die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde am selben Tag gemäß § 6 AVG in Verbindung mit § 17 VwGVG an die ÖGK weitergeleitet.

Am 19.08.2020 (Postaufgabestempel: 14.08.2020) langte die gegenständliche Beschwerde gegen diesen Bescheid bei der ÖGK ein.

6. Die ÖGK legte die Beschwerde am 26.08.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vor und beantragte im beiliegenden Schreiben die Zurückweisung der Beschwerde wegen Verspätung.

7. Mit Verspätungsvorhalt vom 11.09.2020 wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdeführerin darauf hin, dass sich die gegenständliche Beschwerde nach der Aktenlage als verspätet darstelle und gab der Beschwerdeführerin die Gelegenheit binnen 2 Wochen eine Stellungnahme abzugeben.

8. In ihrer Stellungnahme vom 01.10.2020 (beim Bundesverwaltungsgericht eingelangt am 06.10.2020) erklärte die Beschwerdeführerin, dass sie angenommen habe, die Frist beginne erst dann zu laufen, wenn sie den Bescheid in ihren Händen halte. Dies sei am 03. oder 04.08.2020 gewesen. Sie habe daher an eine Frist bis 03.09.2020 geglaubt. Da sie ein Laie sei, ersuche sie Gnade vor Recht gehen zu lassen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Betreffend die Zustellung des Bescheides vom 10.07.2020 wurde am 14.07.2020 ein Zustellversuch unternommen. Da die Beschwerdeführerin nicht an ihrer Adresse angetroffen wurde, wurde der Bescheid hinterlegt und die Beschwerdeführerin von der Hinterlegung verständigt. Die Abholfrist begann am 14.07.2020.

Am 18.08.2020 langte die gegenständliche Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein und wurde am selben Tag an die ÖGK weitergeleitet.

Am 19.08.2020 langte die mit 12.08.2020 datierte Beschwerde der Beschwerdeführerin bei der ÖGK per Post ein. Die Beschwerdeführerin gab die Beschwerde am 14.08.2020 zur Post.

2. Beweiswürdigung:

Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des Verwaltungsaktes der Behörde.

Der Beschwerdeführerin wurde zudem der entscheidungswesentliche Sachverhalt mit Verspätungsvorhalt vom 11.09.2020 zur Kenntnis gebracht. In ihrer Stellungnahme vom 01.10.2020 bestritt sie diese Ermittlungsergebnisse jedoch nicht, sondern brachte lediglich vor, dass sie irrtümlicherweise angenommen habe, die Beschwerdefrist beginne erst zu laufen, wenn sie den Bescheid in ihren Händen halte.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zurückweisung der Beschwerde

Gemäß § 17 Abs. 1 ZustellG ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle zu hinterlegen, wenn das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann und der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält.

Gemäß § 17 Abs. 2 ZustellG ist der Empfänger von der Hinterlegung schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

Gemäß § 17 Abs. 3 ZustellG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt.

Wie aus dem oben festgestellten Sachverhalt hervorgeht, wurde der angefochtene Bescheid am 14.07.2020 nach einem erfolglosen Zustellversuch hinterlegt. Die Abholfrist begann am selben Tag. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte gilt der Bescheid damit als am 14.07.2020 zugestellt.

Die Frist zur Erhebung einer Bescheidbeschwerde beträgt vier Wochen (§ 7 Abs. 4 VwGVG). Gemäß § 32 Abs. 2 AVG (in Verbindung mit § 17 VwGVG) enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Die Beschwerdefrist endete im vorliegenden Fall somit am 11.08.2020.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG (in Verbindung mit § 17 VwGVG) werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Die Beschwerde wurde aber erst mit 14.08.2020 zur Post gegeben und damit erst nach Ablauf der Beschwerdefrist.

Auch die beim Bundesverwaltungsgericht am 18.08.2020 eingebrachte Beschwerde wurde nicht fristgerecht erhoben. Die Weiterleitung an die zuständige Stelle gemäß § 6 AVG erfolgt nämlich auf Gefahr des Einschreiters. Das bedeutet, dass derjenige, der sich mit seinem Anbringen an eine unzuständige Behörde wendet, die damit verbundenen rechtlichen Nachteile unter allen Umständen zu tragen hat, wenn auch der unzuständigen Behörde die Pflicht zur Weiterleitung des Anbringens bzw. die Weiterverweisung an die zuständige Stelle auferlegt ist (vgl. VwGH 13.10.2010, 2009/06/0181). Wird somit ein Rechtsmittel bei der unzuständigen Behörde eingebracht, so ist die Frist nur gewahrt, wenn die unzuständige Behörde das Rechtsmittel zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder der zuständigen Stelle übergibt (vgl. VwGH 16.12.2010, 2010/07/0221). Dies ist im vorliegenden Fall jedoch nicht erfolgt, da die Beschwerde auch beim Bundesverwaltungsgericht erst nach Ablauf der Beschwerdefrist eingelangt ist.

Betreffend das Ersuchen der Beschwerdeführerin Gnade vor Recht walten zu lassen ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Beschwerdefrist um eine gesetzliche Frist gemäß § 33 Abs. 4 AVG handelt, die durch das Gericht oder Behörden nicht erstreckt werden kann. In Frage kommt lediglich eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 33 VwGVG. In der Beschwerde führt die Beschwerdeführerin zwar an, dass sie um Wiedereinsetzung ersuche, die von ihr vorgebrachten Gründe beziehen sich jedoch eindeutig auf die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 27.06.2019 und sind daher als Beschwerdegründe betreffend den Bescheid vom 10.07.2020 zu werten. In ihrer Stellungnahme vom 01.10.2020 führt sie an, dass sie irrtümlicherweise angenommen habe, dass die Beschwerdefrist erst zu laufen beginne, wenn sie den Bescheid in ihren Händen halte. Zwar stellt ein solcher Rechtsirrtum grundsätzlich ein Ereignis im Sinne des § 71 AVG bzw. § 33 VwGVG dar, jedoch kann im vorliegenden Fall nicht von einem minderen Grad des Versehens gesprochen werden. Immerhin wird im angefochtenen Bescheid die Zustellung mittels Hinterlegung ausführlich thematisiert und § 17 Abs. 3 ZustellG, in dem normiert wird, dass die Zustellung mit dem ersten Tag der Abholfrist wirksam wird, ist sogar ausdrücklich zitiert. Auch die Rechtsmittelbelehrung weist auf die vierwöchige Beschwerdefrist ab Zustellung des Bescheides hin. Abgesehen von dem Umstand, dass kein Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist gegen den Bescheid vom 10.07.2020 gestellt wurde, wäre eine solche daher auch nicht erfolgversprechend gewesen.

Die Beschwerde wurde somit nicht fristgerecht eingebracht und war daher zurückzuweisen.

Die mündliche Verhandlung konnte deshalb gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich zudem auf eine klare Rechtslage stützen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053).

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Hinterlegung Rechtsmittelfrist Verspätung Zurückweisung Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W126.2227867.4.00

Im RIS seit

18.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

18.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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