TE Lvwg Erkenntnis 2020/11/17 LVwG-2020/34/1559-8

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Veröffentlicht am 17.11.2020
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Entscheidungsdatum

17.11.2020

Index

83 Naturschutz Umweltschutz
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

AWG 2002 §15 Abs3
AWG 2002 §79 Abs2 Z3
AWG 2002 §62 Abs2
AWG 2002 §79 Abs1 Z17
VStG §44a Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin MMag.a Dr.in Besler über die Beschwerde des AA, geboren am xx.xx.xxx, wohnhaft in Z, Adresse 1, vertreten durch BB, Rechtsanwalt in Y, Adresse 2, gegen die Spruchpunkte 3. und 5. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.3.2020, ***, nach Beschwerdevorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Y vom 7.7.2020, ***, betreffend Übertretungen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002, nach Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2020,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und die Beschwerdevorentscheidung dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat:

a)   Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 3. des angefochtenen Straferkennntnisses wird Folge gegeben, Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

b)   Der Beschwerde gegen Spruchpunkt 5. des angefochtenen Straferkennntnisses wird Folge gegeben, Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Der Spruch des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 23.3.2020 lautet Folgendermaßen:

„Anlässlich der durch den Amtssachverständigen für Abfalltechnik sowie der Abteilung Umweltschutz durchgeführten Lokalaugenscheinen vom 17.10.2017, vom 22.11.2017, vom 23.07.2018, sowie vom 19.09.2018 und 28.03.2019 hat die zuständige Behörde festgestellt, dass an diesen Tagen Abfallarten auf der Bodenaushubdeponie auf den Gp. **1, **2 und **3, alle KG X, konsenslos gelagert werden. Diese bestehen aus unaufbereitetem Bauschutt und unaufbereitetem Betonabbruch sowie Restmüll. Dafür besteht jedoch keine bescheidmäßige Grundlage.

Darüber hinaus wurde das im technischen Bericht zum Bescheid vom 14.05.1998, ZI. ***, festgelegte Rohplanum konsenswidrig nicht zur Gänze umgesetzt, sowie wurde entgegen dem Konsens die Begrünung nicht für das gesamte Areal auf der Fläche Gp. **1, **2 und **3, alle KG X, durchgeführt.

Zudem wurden konsenslos Lagerungen von (un-)aufbereitetem Bauschutt im Ausmaß von mind. 1.000 m3, von (un-)aufbereitetem Betonabbruch im Ausmaß von mind. 500 m3, von (un-)aufbereitetem Baustellenabfall im Ausmaß von mind. 1 m3 und von (un-)aufbereitetem Asphalt im Ausmaß von mind 20 m3 auf der Bodenaushubdeponie auf den Gpn. **1, **2 und **3, alle KG X, vorgenommen.

Bis zum jetzigen Zeitpunkt langte kein Nachweis der Entfernung, der der Behörde vorzulegen wäre und die durchzuführen wäre, ein.

Daher haben Sie, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der CC und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ, gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, i.d.F. BGBl Nr. 58/2018 (in der Folge kurz VStG), diese strafbare Handlung für die CC zu verantworten.

Sie haben dadurch

1.   gefährlichen Abfall außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hiefür genehmigten Deponien zu erfolgen hat, da sie konsenslos unaufbereitetem Bauschutt und unaufbereitetem Betonabbruch gelagert haben.

2.   nicht gefährlichen Abfall außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hiefür genehmigten Deponien zu erfolgen hat, da sie konsenslos unaufbereitetem Bauschutt und unaufbereitetem Betonabbruch sowie Restmüll gelagert haben.

3.   der Aufforderung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb angemessener Frist nicht gefolgt, da sie das im technischen Bericht zum Bescheid vom 14.05.1998, ZI. ***, festgelegte Rohplanum konsenswidrig nicht zur Gänze umgesetzt, sowie entgegen dem Konsens die Begrünung nicht für das gesamte Areal auf der Fläche Gp. **1, **2 und **3, alle KG X durchgeführt haben.

4.   gefährlichen Abfall außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hiefür genehmigten Deponien zu erfolgen hat. Sie haben konsenslos Lagerungen von (un-)aufbereitetem Bauschutt im Ausmaß von mind. 1.000 m3, von (un-)aufbereitetem Betonabbruch im Ausmaß von mind. 500 m3, von (un-) aufbereitetem Baustellenabfall im Ausmaß von mind. 1 m3 und von (un-)aufbereitetem Asphalt im Ausmaß von mind. 20 m3 auf der Bodenaushubdeponie auf den Gpn. **1, **2 und **3, alle KG X, vorgenommen.

5.   nicht gefährlichen Abfall außerhalb von hiefür genehmigten Anlagen oder für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten gelagert, obwohl eine Ablagerung von Abfällen nur in hiefür genehmigten Deponien zu erfolgen hat. Sie haben konsenslos Lagerungen von (un-)aufbereitetem Bauschutt im Ausmaß von mind. 1.000 m3, von (un-)aufbereitetem Betonabbruch im Ausmaß von mind. 500 m3, von (un-)aufbereitetem Baustellenabfall im Ausmaß von mind. 1 m3 und von (un-)aufbereitetem Asphalt im Ausmaß von mind. 20 m3 auf der Bodenaushubdeponie auf den Gpn. **1, **2 und **3, alle KG X, vorgenommen.

Sie haben dadurch als handelsrechtlichen Geschäftsführer der CC, die gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, und damit zur Vertretung nach außen berufenes Organ gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG), folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

1.   eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 1 Z 1 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 BGBl I Nr. 102/2002 idF BGBl I Nr. 104/2019 (AWG 2002) begangen zu haben;

2.   eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 iVm. § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 begangen zu haben;

3.   eine Verwaltungsübertretung § 62 Abs 2 iVm § 79 Abs 2 Z 10 AWG 2002 begangen zu haben;

4.   eine Verwaltungsübertretung § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002 begangen zu haben;

eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 iVm. § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 begangen zu haben.

Gemäß § 79 Abs 2 Z 10 und § 79 Abs 3 Z 1 AWG 2002 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von:

Geldstrafe von Euro

falls diese uneinbringlich ist,

Ersatzfreiheitsstrafe von

Gemäß

1. € 5.000,--

7 Tagen

§ 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002

2. € 2.800,--

4 Tagen

§ 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002

3. € 2.800,--

4 Tagen

§ 79 Abs 2 Z 10 AWG 2002

4. € 5.000,--

7 Tagen

§ 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002

Gemäß § 79 Abs 2 Z 3, § 79 Abs 1 Z 1 und § 79 Abs 2 Z 10 AWG 2002 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von insgesamt € 15.600,- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 22 Tagen.

Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens € 1.560-- zu bezahlen.“

Der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21.12.2017, ***, mit dem der CC gemäß § 62 Abs 7 AWG 2002 aufgetragen wurde, das im technischen Bericht zum Bescheid vom 14.5.1998, ***, festgelegte Rohplanum auf der gesamten Fläche der Bodenaushubdeponie, insbesondere auf den Gp **1, **2 und **3, alle KG X, bis spätestens 31.3.2018 herzustellen und unaufgefordert einen entsprechenden Nachweis der Behörde vorzulegen, wird im gesamten Straferkenntnis nicht erwähnt.

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Beschwerde des Beschwerdeführers an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) mit dem Antrag, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Der Spruch der Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020 lautet Folgendermaßen:

„Die Bezirkshauptmannschaft Y entscheidet über die Beschwerde von AA, pA CC, Adresse 1, Z, vertreten durch Herrn RA BB, Adresse 2, Y, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 23.03.2020, ZI ***, gemäß § 14 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 57/2018, wie folgt:

Der Beschwerde wird dahingehend Folge gegeben, dass das Straferkenntnis vom 23.03.2020, ZI *** abgeändert wird und daher zu lauten hat wie folgt:

1.   Sie haben daher eine Verwaltungsübertretung nach § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 BGBl I Nr. 102/2002 idF BGBl I Nr. 104/2019 (AWG 2002) begangen. Gemäß § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.500,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 3 Tagen.

2.   Sie haben daher eine Verwaltungsübertretung nach § 62 Abs 2 iVm § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 begangen. Gemäß § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 wird gegen Sie eine Geldstrafe in der Höhe von € 2.800,-- verhängt.

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle eine Ersatzarreststrafe in der Dauer von 4 Tagen.

3.   Gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG 1991) haben Sie als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens € 530,-- zu bezahlen.

4.   Der Vorhalt betreffend den Verwaltungsübertretungen nach

o    § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002,

o    § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002,

o    § 15 Abs 3 iVm § 79 Abs 1 Z 1 AWG 2002,

wird gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG 1991 eingestellt und von der weiteren Fortführung des Strafverfahrens abgesehen.“

Der Beschwerdeführer stellte rechtzeitig den Antrag, die gegen das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23.3.2020 erhobene Beschwerde, soweit sie die noch aufrechten Schuldsprüche betrifft, dem Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG) zur Entscheidung vorzulegen.

Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die Bescheide des Landeshauptmannes von Tirol vom 21.12.2017, ***, und vom 13.5.2019, ***, das Straferkenntnis der belangten Behörde vom 23.3.2020, die dagegen erhobene Beschwerde, die Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 7.7.2020, den Vorlageantrag, die Stellungnahmen des Landeshauptmannes von Tirol als Abfallbehörde vom 7.9.2020 (vgl OZ 3) und vom 10.11.2020 (vgl OZ 7) sowie Einvernahme des Beschwerdeführers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 16.11.2020 (vgl Verhandlungsschrift in OZ 7).

II.      Sachverhalt:

Es steht hinsichtlich Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020, nicht fest, von wem und wann das im Spruch des Bescheides vom 13.5.2019 erwähnte Material vor Ort abgelagert wurde. Der Verfahrensgang ist im Übrigen unstrittig.

III.     Beweiswürdigung:

Die belangte Behörde hat keine Ermittlungen durchgeführt. Die vom LVwG durchgeführten Erhebungen (vgl OZ 3 und 7) haben keine konkreten Ergebnisse geliefert. Der Beschwerdeführer hat die ihm in Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020, zur Last gelegte Tat bestritten (vgl Verhandlungsschrift in OZ 7). Im Ergebnis kann keine konkrete Feststellung zu diesem Spruchpunkt getroffen werden.

IV.      Rechtslage:

1. § 15 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl Nr 102/2002, in der Fassung BGBl I Nr 71/2019 lautet (auszugsweise):

„Allgemeine Behandlungspflichten für Abfallbesitzer

§ 15. (1) […]

[…]

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.   hiefür genehmigten Anlagen oder

2.   für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten

nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden. Eine Ablagerung von Abfällen darf nur in hiefür genehmigten Deponien erfolgen.

[…]“

2. § 62 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung BGBl I Nr 103/2013 lautet (auszugsweise):

„Überwachung von Behandlungsanlagen und Maßnahmen für die Betriebs- und Abschlussphase

§ 62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen. IPPC-Behandlungsanlagen sind entsprechend den Fristen gemäß § 63a Abs. 4 zu überprüfen.

(2) Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde – unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens – den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

[…]“

3. § 79 AWG 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der Fassung BGBl I Nr 70/2017 und 71/2019 lautet (auszugsweise):

„Strafhöhe

§ 79. (1) […]

Wer

(2) Wer

1.   […]

[…]

17. den Anordnungen oder Aufträgen gemäß § 62 Abs. 2, 2a, 2b, 3, 6, 7, 8, 9 oder 10 nicht nachkommt,,

[…]

begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

(2) Wer

1.   […]

[…]

3.   nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert, behandelt oder beim sonstigen Umgang mit nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 die Ziele und Grundsätze nicht beachtet oder die Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen nicht vermeidet oder entgegen § 15 Abs. 2 vermischt oder vermengt,

[…]

begeht – sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist – eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 450 € bis 8 400 € zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von 2 100 € bedroht.

[…]“

4. § 44a Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl Nr 52/1991, lautet:

§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1.   die als erwiesen angenommene Tat;

[…]“

5. § 45 VStG, BGBl Nr 52/1991, in der Fassung BGBl I Nr 33/2013, lautet (auszugsweise):

§ 45. (1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1.   die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

[…]

3.   Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;

[…]“

V.       Erwägungen:

Vorauszuschicken ist, dass die Spruchpunkte 1., 2. und 4. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020 mit der Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020 behoben und die diesbezüglich gegen den Beschwerdeführer geführten Verwaltungsstrafverfahren eingestellt wurden.

Verfahrensgegenständlich sind daher die Spruchpunkte 3. und 5. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020.

Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020:

Der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 21.12.2017 mit dem der CC gemäß § 62 Abs 7 AWG 2002 aufgetragen wurde, das im technischen Bericht zum Bescheid vom 14.5.1998, ***, festgelegte Rohplanum auf der gesamten Fläche der Bodenaushubdeponie, insbesondere auf den Gp **1, **2 und **3, alle KG X, bis spätestens 31.3.2018 herzustellen und unaufgefordert einen entsprechenden Nachweis der Behörde vorzulegen, wird im gesamten Straferkenntnis nicht erwähnt.

Vielmehr wird dem Beschwerdeführer in Spruchpunkt 3. des Straferkenntnisses zur Last gelegt, er habe sich „konsenswidrig verhalten“.

Wird nunmehr der Sachverhalt dahingehend abgeändert, dass der Beschwerdeführer entgegen § 79 Abs 1 Z 17 AWG 2002 dem gemäß § 62 AWG 2002 erteilten Auftrag nicht nachgekommen ist, wird nicht bloß eine (zulässige) Präzisierung vorgenommen, sondern kommt es zu einem Austausch der Tat durch Heranziehung eines anderen als des ursprünglich der Bestrafung zu Grunde gelegten Sachverhalts.

Es ist daher spruchgemäß zu entscheiden.

Spruchpunkt 5. des Straferkenntnisses vom 23.3.2020, nach Beschwerdevorentscheidung vom 7.7.2020:

Das Straferkenntnis vom 23.3.2020 enthält bezüglich dessen Spruchpunkt 5. keinen Strafausspruch.

Aufgrund des Verbotes der reformatio in peius in Verwaltungsstrafverfahren (vgl VwGH 9.9.2019, Ro 2016/08/0009) hätte in der Beschwerdevorentscheidung keine Strafverschärfung vorgenommen werden dürfen.

Der Beschwerdeführer wird nicht schuldig erkannt, weil er dem ihm mit Bescheid vom 13.5.2019 erteilten Auftrag nicht nachgekommen ist. Es wird ihm im Spruch vielmehr eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 2 Z 3 in Verbindung mit § 15 Abs 3 AWG 2002 zur Last gelegt.

Der diesem Vorwurf zur Last gelegte Sachverhalt konnte im verwaltungsgerichtlichen Strafverfahren nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit geklärt werden. Da die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann, ist spruchgemäß zu entscheiden.

VI.      Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Fragen der Beweiswürdigung sind nicht revisibel. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG liegt daher nicht vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Soweit die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof in Wien für zulässig erklärt worden ist, kann innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung dieser Entscheidung eine ordentliche Revision erhoben werden. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision kann innerhalb dieser Frist nur die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden.

Wenn allerdings in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Geldstrafe von bis zu Euro 750,00 und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu Euro 400,00 verhängt wurde, ist eine (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichthof wegen Verletzung in Rechten nicht zulässig.

Jedenfalls kann gegen diese Entscheidung binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, erhoben werden.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die (ordentliche oder außerordentliche) Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrens-hilfe innerhalb der oben angeführten Frist beim Verfassungsgerichtshof einzubringen. Für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ist der Antrag auf Verfahrenshilfe innerhalb der oben angeführten Frist im Fall der Zulassung der ordentlichen Revision beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen. Im Fall der Nichtzulassung der ordentlichen Revision ist der Antrag auf Verfahrenshilfe beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Dabei ist im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

MMag.a Dr.in Besler

(Richterin)

Schlagworte

Austausch der Tat;
Strafverschärfung;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.34.1559.8

Zuletzt aktualisiert am

16.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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