TE Lvwg Beschluss 2020/10/29 LVwG-AV-1228/002-2019, LVwG-AV-1228/001-2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.10.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

29.10.2020

Norm

VwGVG 2014 §31 Abs1
GewO 1994 §360

Text

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch seinen Richter Hofrat Dr. Kindermann-Zeilinger über die Beschwerde des A, ***, ***, gegen den gemäß § 360 Abs. 1, 4 und 5 der Gewerbeordnung 1994 (GewO) erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. Oktober 2019, ***, den

BESCHLUSS:

I.

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz (VwGVG) als unzulässig zurückgewiesen.

II.

Der Antrag, der Beschwerde vom 18. Oktober 2019 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. Oktober 2019, ***, aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wird gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG als unzulässig zurückgewiesen.

III.

Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. Oktober 2019, ***, wurde gegenüber A hinsichtlich der Betriebsanlage am Standort ***, ***, Grundstück Nummer .***, KG ***, zur Beseitigung von unmittelbaren Gefährdungen für Personen (Leben) und zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die sofortige Schließung des gesamten Betriebes ebenso verfügt wie die ordnungsgemäße Entsorgung bzw. Übergabe der dort lagernden Baurestmassen samt Bauschutt an einen Befugten.

Gestützt ist dieser Bescheid auf § 360 Abs. 1, 4 und 5 der Gewerbeordnung 1994.

In der Begründung dieses Bescheides ist zusammengefasst ausgeführt, es sei davon auszugehen, dass bei den im Spruch genannten Maßnahmen sämtliche Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 360 Abs. 4 erster Satz GewO 1994 vorlägen, nämlich einerseits eine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit, sowie andererseits der Bestand einer Gefahr für Leben bzw. Gesundheit von Menschen.

Gegen diesen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Korneuburg vom 10. Oktober 2019, ***, richtet sich die Beschwerde des A vom 18.10.2019, in der unter Darstellung der Situation der Betriebsanlage vorgebracht wird, dass eine Schließung des gesamten Betriebes laut dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH vom 13.12.2000, ***) trotz fehlender Betriebsanlagengenehmigung nicht zulässig sei.

Diesbezüglich wird das Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter der Geschäftszahl LVwG-AV-1228/002-2019 geführt.

Des Weiteren wird im Beschwerdeschriftsatz um Fristerstreckung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes ersucht, was inhaltlich einem Antrag entspricht, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Das diesbezügliche Verfahren wird vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter der Geschäftszahl LVwG-AV-1228/001-2019 geführt.

Zu diesem Rechtsmittel der Beschwerde gegen den in Rede stehenden Bescheid und zu dem gleichzeitig gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist in rechtlicher Hinsicht Folgendes festzustellen:

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden, Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 79c oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

Gemäß § 360 Abs. 4 GewO hat die Behörde, um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheits-maßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.

Gemäß § 360 Abs. 5 GewO sind Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände, wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.

Anknüpfend an die Bestimmung des § 360 Abs. 5 GewO ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass der angefochtene Bescheid – wie dem Verwaltungsakt zu entnehmen ist – nachweislich am 11.10.2019 dem Beschwerdeführer durch persönliche Übernahme zugestellt worden ist.

Mit der damit erfolgten Erlassung des Bescheides ist die Frist gemäß § 360 Abs. 5 GewO in Gang gesetzt worden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss.

Grund für die Unzulässigkeit einer Beschwerde und damit Anlass für das Verwaltungsgericht, einen Zurückweisungsbeschluss zu erlassen, kann insbesondere sein, wenn es sich bei der angefochtenen Erledigung um keinen Bescheid handelt. Ebenso ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein Rechtsmittel gegen einen schon ex lege außer Kraft getretenen Bescheid jedenfalls zurückzuweisen (vgl. VwGH vom 05.07.1999, 99/16/0151, sowie Slg. 2699/77).

Im vorliegenden Fall ist der angefochtene Bescheid vom 10.10.2019 nach der erfolgten Zustellung am 11.10.2019 und dem zwischenzeitigen Verstreichen der Frist von einem Jahr ex lege außer Kraft getreten und gehört nicht mehr dem Rechtsbestand an.

Soweit mit der Beschwerde auch um Fristerstreckung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes ersucht wird, ist darin – wie bereits oben ausgeführt - ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu erblicken.

Wie sich aus der Bestimmung des § 360 Abs. 5 GewO jedoch ergibt, ist ein Bescheid auf der Rechtsgrundlage des § 360 Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 GewO sofort vollstreckbar. Dies bedeutet, dass die im Bescheid ausgesprochenen Rechtsfolgen bereits vor Eintritt der formellen Rechtskraft des Bescheides, und zwar ab seiner Erlassung, erzwungen werden können.

Der Zweck von Maßnahmen nach § 360 Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 GewO besteht in der kurzfristigen Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes, wobei das Vorliegen einer Gefährdung oder einer unzumutbaren Belästigung nicht erforderlich ist.

Auf Grundlage der Bestimmung des § 360 Abs. 5 GewO ist daher die Anwendung dieses Rechtsinstitutes, nämlich einer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, bereits ex lege ausgeschlossen.

Der gegenständliche Antrag war daher aus diesem Grunde als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Spruchteil II.). Ebenso war die Beschwerde infolge des zwischenzeitigen Außerkrafttreten des angefochtenen Bescheides als unzulässig zurückzuweisen (vgl. Spruchteil I.).

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen, da die Beschwerde zurückzuweisen war.

Die ordentliche Revision war im vorliegenden Fall nicht zuzulassen, da mit Blick auf die klare Rechtslage keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen gewesen ist und die Entscheidung auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

Schlagworte

Gewerberecht; Betriebsschließung; Verfahrensrecht; Bescheid; ex lege Außerkrafttreten; Beschwerde; Unzulässigkeit;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.AV.1228.002.2019

Zuletzt aktualisiert am

14.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten