Entscheidungsdatum
06.10.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W119 2187551-2/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Eigelsberger als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 20.1.2020, Zahl: 1088407208/190240470, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG in Verbindung mit § 88 Abs. 2a FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführerin ist afghanische Staatsangehörige. Ihrem Ehegatten wurde am 12.8.2013 im Bundesgebiet der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und eine befristete Aufenthaltsberechigung erteilt, die in der Folge regelmäßig verlängert wurde.
Am 9.9.2017 reiste die Beschwerdeführerin von Pakistan aus nach Österreich ein und stellte am 11.9.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz im Familienverfahren. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) vom 8.2.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 abgewiesen (Spruchpunkt I.), der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt (Spruchpunkt II.) und gemäß § 8 Abs. 4 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 9.10.2018 als unbegründet abgewiesen (GZ W260 2150523-1/19E).
Mit Bescheid des Bundesamtes Zahl: 1088407208-171047533/BMI-BFA_BGLD_RD, vom 28.9.2018 wurde der Beschwerdeführerin eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis 4.7.2020 erteilt.
Am 8.3.2019 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses für subsidiär Schutzberechtigte (§ 88 Abs. 2a FPG). Diesen begründete sie damit, ihre Mutter befände sich in Afghanistan, jedoch hätten sie keinen Kontakt.
Mit Schriftsatz vom 22.5.2019 – am 24.05.2019 durch Übernahme rechtskräftig zugestellt - wurde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt, ihr die weitere Vorgangsweise der Behörde zur Kenntnis gebracht und eine Frist von zwei Wochen zur Stellungnahme eingeräumt.
Im Wesentlichen wurde ausgeführt, dass anlässlich der Prüfung des Passantrages der Beschwerdeführerin festgestellt worden sei, dass diese im Besitz ihrer vom Konsulat in Peschawar ausgestellten Tazkira bzw. Geburtsurkunde, ihrer am 16.4.2009 vom Generalkonsulat in Peschawar ausgestellten Heiratsurkunde sowie ihres am 29.2.2016 vom Consulate General of Afghanistan ausgestellten afghanischen Reisepasses sei. Laut Aktenlage sei der Beschwerdeführerin eine Vorsprache bezüglich der Ausstellung eines Reisepasses ihres Herkunftsstaates zumutbar.
Seitens der Staatendokumentation sei der belangten Behörde am 18.1.2018 mitgeteilt worden, dass laut Auskunft der afghanischen Botschaft afghanische Vertretungsbehörden im Ausland verpflichtet seien, eine Ausstellung von afghanischen Reisepässen nach den in Afghanistan geltenden gesetzlichen Bestimmungen zu vollziehen. Demnach sei jedem Afghanen, der sich im Ausland aufhalte und einen Reisepass benötige, ein solcher auszustellen, um ihm dadurch Reiseerleichterungen sowie einen Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen. Doch müsse dafür neben einem entsprechenden Antrag an die afghanische Botschaft auch ein gültiger afghanischer Personalausweis (Tazkira) vorgelegt werden.
Wenn der betreffende Afghane keine Tazkira vorlegen könne, werde ihm die Botschaft ein Formular aushändigen, das er ausgefüllt samt Passfoto retourniere und welches dann von der Botschaft an die Behörde in Afghanistan weitergeleitet werde. Gleichzeitig werde dem Antragsteller empfohlen, seine Vertrauensperson in Afghanistan zu kontaktieren, die wiederum auch mit der zuständigen Behörde Kontakt aufnehme, damit der Antrag schneller erledigt werde. Der neue Personalausweis werde dann an die afghanische Botschaft zurückgeschickt.
Die Beschwerdeführerin wurde dementsprechend vom Bundesamt aufgefordert, innerhalb der gesetzten Frist einen Nachweis zu erbringen, dass sie bei der afghanischen Botschaft in Wien einen Passantrag gestellt habe und trotz Vorlage ihrer Tazkira (Geburtsurkunde), ihrer Heiratsurkunde und des nationalen Reisepasses kein gültiges Reisedokument in Wien erlangen könne. Für die Ausstellung des Fremdenpasses sei eine Bestätigung der Botschaft erforderlich. Der Bescheid werde auf der Grundlage des Ergebnisses der Beweisaufnahme erlassen, soweit nicht die Stellungnahme der Beschwerdeführerin anderes erfordere.
Diese Stellungnahme langte beim Bundesamt am 3.6.2019 ein. Demnach erhalte die Beschwerdeführerin keinen afghanischen Reisepass, weil sie keine Tazkira hätte bzw. bei der Botschaft vorlegen könne. Sie sei nicht in der Lage, einen Personalausweis aus Afghanistan zu beschaffen, weil es dort keine Kontakte gebe. Es wäre richtig, dass man bei der Botschaft in Wien eine Tazkira beantragen könne und diese die Unterlagen ans Außenministerium in Afghanistan schicke, aber man benötige eine Kontaktperson in Afghanistan, die die Unterlagen persönlich abhole und die einzelnen Schritte (Abholung der Dokumente, Vorlage beim Innenministerium etc.) erledige.
Mit dem gegenständlichen im Spruch genannten Bescheid wies das Bundesamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG ab.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass die afghanische Botschaft in Wien Reisepässe für alle afghanischen Staatsangehörigen ausstelle, die dies beantragten und alle erforderlichen Unterlagen vorlegten. Die Beschwerdeführerin habe bis dato keinen ausreichenden schriftlichen Nachweis erbracht, dass sie trotz Vorlage ihrer in ihrem Besitz befindlichen Tazkira, ihrer afghanischen Heiratsurkunde und des afghanischen Reisepasses kein Reisedokument ihres Herkunftsstaates erlangen könne. Eine Vorsprache bei der afghanischen Botschaft in Österreich bezüglich der Ausstellung eines nationalen Reisepasses sei laut Aktenlage zumutbar.
In der dagegen erhobenen fristgerechten Beschwerde wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass die Beschwerdeführerin und ihre Angehörigen kürzlich zwecks Erlangung eines afghanischen Reisepasses bzw. zum Erhalt einer Bestätigung darüber, dass keiner ausgestellt werden könne, bei der afghanischen Botschaft vorgesprochen hätten. Seit kurzem stelle die afghanische Botschaft in Wien jedoch keine entsprechenden Bestätigungen mehr aus, weil es angeblich Missbrauchsfälle gegeben habe. Der Beschwerdeführerin sei es daher nicht möglich, nachzuweisen, dass sie tatsächlich dort gewesen wäre bzw. wäre der Erhalt einer entsprechenden Bestätigung nicht möglich gewesen.
Wie allgemein bekannt sei, sei für die Ausstellung eines afghanischen Reisepasses eine Original Tazkira notwendig (z.B. Regierung von Oberbayern Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern vom 21.12.2017). Diesbezüglich werde auch auf die Homepage der afghanischen Botschaft in Wien verwiesen.
Die Beschwerdeführerin könne somit keinen afghanischen Reisepass erhalten, weil sie die dafür erforderlichen Dokumente, insbesondere eine Original Tazkira, nicht habe und auch nicht erlangen könne. Sie sei zwar in Pakistan im Besitz einer Original Tazkira gewesen, diese wäre jedoch verloren gegangen.
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige Afghanistans.
Mit Bescheid des Bundesamtes vom 8.2.2017, Zahl: 1088407208-171047533/BMI-BFA_BGLD_RD wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 34 Abs. 3 der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und gemäß § 8 Abs. 4 eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt. Diese wurde verlängert.
Die Beschwerdeführerin legte laut dem Zentralen Fremdenregister bei den österreichischen Behörden folgende Dokumente vor: Tazkira/Geburtsurkunde Nr. 104398, ausgestellt vom Consulat Peshawar, Heiratsurkunde Nr. 55, ausgestellt am 16.4.2009 vom Generalkonsulat in Peschawar sowie den afghanischen Reisepass Nr: OA2156954, ausgestellt am 29.2.2016 vom Consulate General of Afghanistan.
Die Beschwerdeführerin ist in der Lage, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zur Staatsangehörigkeit und zur Aufenthaltsberechtigung der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten, sind unzweifelhaft und wurden nicht bestritten.
Wie bereits die belangte Behörde festgestellt hat, legte die Beschwerdeführerin laut dem Zentralen Fremdenregister im Rahmen ihres Asylverfahrens ihre Tazkira im Original, ihre Heiratsurkunde und einen gültigen afghanischen Reisepass vor. Sämtliche Dokumente wurden als echt klassifiziert.
Der Beschwerdeführerin wurde seitens der belangten Behörde Parteiengehör eingeräumt, in welchem ihr auch die Modalitäten, wie sie einen afghanischen Reisepass erlangen kann, erläutert und ihr gleichzeitig aufgetragen wurde, vor diesem Hintergrund innerhalb der gesetzten Frist einen Nachweis zu erbringen, dass sie bei der afghanischen Botschaft in Wien einen Passantrag gestellt habe und trotz Vorlage ihrer Tazkira (Geburtsurkunde), ihrer Heiratsurkunde und des nationalen Reisepasses kein gültiges Reisedokument in Wien erlange. Widrigenfalls könne ihr kein Fremdenpass ausgestellt werden.
In ihrer diesbezüglich ergangenen Stellungnahme behauptete die Beschwerdeführerin, sie erhalte deshalb keinen afghanischen Reisepass, weil sie keine Tazkira hätte bzw. bei der Botschaft vorlegen könne. Dabei erwähnte sie nicht, dass sie bereits im Besitz einer echten Tazkira gewesen sei und diese vorgelegt habe bzw. verloren hätte und ging auch nicht darauf ein, ob bzw. dass sie wie aufgetragen, bei der afghanischen Botschaft gewesen ist. Schließlich behauptete sie allgemein, sie wäre nicht in der Lage, einen Personalausweis aus Afghanistan zu beschaffen, weil sie dort keine Kontakte hätte.
Erst in der Beschwerde brachte sie gesteigert vor, die Tazkira wäre inzwischen verloren – ohne dies jedoch weiter auszuführen – und behauptete erstmals, sie hätte die Botschaft aufgesucht, jedoch würde diese keine Bestätigungen darüber mehr ausstellen.
Abgesehen davon, dass der erst in der Beschwerde und nicht in der dazu dienenden Stellungnahme angegeben Verlust des Dokumentes und auch das ebendort erstmals behauptete Aufsuchen der Botschaft somit nicht glaubwürdig sind, ist der Vollständigkeit halber auch anzumerken, dass es der Beschwerdeführerin sogar, wenn man ihr den Verlust der Tazkira glaubte, möglich wäre, einen afghanischen Reisepass zu erlangen.
Wie aus dem (mit Stand vom 11.9.2020 noch immer gültigen) in der Beschwerde zitierten Auszug aus der Homepage der afghanischen Botschaft ersichtlich ist, sind für den Passantrag ein afghanischer Pass und /oder die Tazkira notwendig und verfügt die Beschwerdeführerin auch über einen afghanischen Reisepass.
Laut den – ebenfalls in der Beschwerde zitierten – Pass-Informationen Afghanistan der Regierung von Oberbayern Zentrale Ausländerbehörde Oberbayern / Zentrale Passbeschaffung Bayern vom 21.12.2017 war damals zwar noch die Vorlage der Tazkira notwendig, jedoch kann die Vollmacht, diese beim Innenministerium Kabul abzuholen, jedem erteilt werden. In der Regel werde damit ein Verwandter beauftragt, der durchschnittliche Verwandtschaftskreis eines Afghanen umfasse 200 Personen. Sollte kein Verwandter verfügbar sein, empfehle sich die Beauftragung eines Rechtsanwalts in Afghanistan. Beauftragt werden könne jeder Rechtsanwalt.
Somit wäre letztendlich auch die Beantragung einer Tazkira im Wege der Botschaft zwecks Ausstellung eines neuen Passes jedenfalls möglich, zumal der Beschwerdeführerin dies seinerzeit auch in Pakistan gelungen ist.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
In vorliegendem Fall ist in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen und obliegt somit in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 3 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA-Einrichtungsgesetz - BFA-G) BGBl. I Nr. 87/2012 idgF obliegt dem Bundesamt die Vollziehung des BFA-VG (Z 1), die Vollziehung des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005), BGBl.I Nr. 100 (Z 2), die Vollziehung des 7., 8. und 11. Hauptstückes des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr.100 (Z 3) und die Vollziehung des Grundversorgungsgesetzes - Bund 2005, BGBl.I Nr.100 (Z 4).
Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.
Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs.1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."
Zu A)
Gemäß § 88 Abs. 2a FPG sind Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, Fremdenpässe auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.
§ 88 Abs. 2a FPG regelt die Ausstellung von Fremdenpässen an subsidiär Schutzberechtigte in Umsetzung von Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie, welche vor dem Hintergrund einer Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Umständen einen (ansonsten nicht bestehenden) Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses vorsieht (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K7).
Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, ua in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie legt diesbezüglich fest, dass für subsidiär Schutzberechtigte, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedsstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wurde durch § 88 Abs. 2a FPG umgesetzt, in dem subsidiär Schutzberechtigten unter bestimmten Voraussetzungen nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich (Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. 2013/68).
Die Ausstellung eines Fremdenpasses ist somit an zwei Voraussetzungen geknüpft, das Bestehen von subsidiärem Schutz und die Unmöglichkeit der Beschaffung eines Reisedokuments vom Heimatstaat des Fremden (vgl. VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0124).
Erfüllt der Antragsteller eine der nötigen Voraussetzung nicht, so ist der Antrag abzuweisen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K11).
Das in § 88 Abs. 2a FPG normierte Erfordernis, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich Reisedokumente seines Herkunftsstaates zu beschaffen, ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Ausstellung eines Fremdenpasses einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaats bedeutet, weshalb dem Gesetz die Prämisse zu Grunde liegt, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung hinsichtlich der Ausstellung eines Reisedokuments wenden müssen.
Dem Fremden muss es konkret (tatsächlich) möglich sein, ein Reisedokument seines Herkunftsstaates zu erlangen. Dies ist jedenfalls dann nicht möglich, wenn dem Antragsteller die Ausstellung eines Reisedokuments seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert wird (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG K8 f).
Die bloß abstrakte Möglichkeit im Falle der Vorlage geeigneter Dokumente grundsätzlich willens zu sein, dem Beschwerdeführer ein Reisedokument auszustellen, reicht für die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses nicht aus, vielmehr muss für den Antragsteller die konkrete Möglichkeit bestehen, sich Reisedokumente seines Heimatstaates zu beschaffen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG E7).
Da die Ausstellung eines Reisedokumentes durch einen anderen Staat einen massiven Eingriff in die Hoheitsrechte des Herkunftsstaates bedeutet, ist für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen und geht das FPG von der Prämisse aus, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde keine Reisedokumente erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen (Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht [2016] § 88 FPG E7).
Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die "zwingenden Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" müssen sich auf die den Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen (Schrefler-König/Szymanski [Hrsg], Fremdenpolizei und Asylrecht zu § 88 FPG Anm 2).
Für den gegenständlichen Fall bedeutet dies:
Wie oben in den Feststellungen dargelegt und in der Beweiswürdigung ausführlich begründet, kann zum Entscheidungszeitpunkt davon ausgegangen werden, dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.
Es liegen die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2a FPG somit nicht vor, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.
Zum Entfall der mündlichen Verhandlung:
Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann - soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist - das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 EMRK noch Art. 47 GRC entgegenstehen.
Im vorliegenden Beschwerdefall ergibt sich, dass aus dem Akteninhalt des Verwaltungsaktes in Verbindung mit der Beschwerde der maßgebliche Sachverhalt als geklärt anzusehen ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Wie der oben dargelegten rechtlichen Beurteilung zu entnehmen ist, warf die Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles keine Auslegungsprobleme der anzuwendenden Normen auf, schon gar nicht waren - vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen. Die Revision war daher nicht zuzulassen.
Schlagworte
Fremdenpass gesteigertes Vorbringen Glaubwürdigkeit Reisedokument VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W119.2187551.2.00Im RIS seit
11.12.2020Zuletzt aktualisiert am
11.12.2020