TE Lvwg Erkenntnis 2020/10/28 LVwG-S-2130/001-2019

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Veröffentlicht am 28.10.2020
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Entscheidungsdatum

28.10.2020

Norm

StVO 1960 §5 Abs1
StVO 1960 §5a Abs2
StVO 1960 §99 Abs1b
VStG 1991 §64 Abs3
AVG 1991 §76
VwGVG 2014 §52 Abs8

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch HR Mag. Janak-Schlager als Einzelrichter über die Beschwerde des A in *** gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 19.08.2019, ***, betreffend Bestrafung nach der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) insofern stattgegeben, als das Straferkenntnis in seinem Ausspruch, der Beschwerdeführer habe Barauslagen in der Gesamthöhe von 995,38 Euro (Untersuchungskosten B und Untersuchungskosten C) zu bezahlen, behoben wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

2.   Der Beschwerdeführer hat gemäß § 52 Abs 1 und 2 VwGVG einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 160 Euro zu leisten.

3.   Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Zahlungshinweis:

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) beträgt daher 1.040 Euro und ist gemäß § 52 Abs 6 VwGVG iVm § 54b Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) binnen zwei Wochen einzuzahlen. Beachten Sie dazu die beiliegende Zahlungsinformation.

Entscheidungsgründe:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling (im Folgenden: „belangte Behörde“) vom 19.08.2019, ***, wurde dem nunmehrigen Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe am 28.03.2019, um 17:40 Uhr, im Gemeindegebiet ***, ***, den Personenkraftwagen mit dem behördlichen Kennzeichen *** gelenkt, obwohl er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe.

Dem Beschwerdeführer wurden damit eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs 1 iVm § 99 Abs 1b StVO angelastet und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 1b StVO eine Geldstrafe in Höhe von 800 Euro verhängt. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser Geldstrafe wurde eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 168 Stunden festgesetzt. Gleichzeitig wurde gemäß § 64 Abs 2 VStG ein Kostenbeitrag zum Verfahren der Verwaltungsbehörde in Höhe von 80 Euro vorgeschrieben. Zusätzlich wurde ausgesprochen, dass Barauslagen in Höhe von 792 Euro für die Blutanalyse (Untersuchungskosten C) und 203,38 Euro für die klinische Untersuchung (Untersuchungskosten B) einzuzahlen sind.

Der Beschwerdeführer hat gegen dieses Straferkenntnis ein Rechtsmittel erhoben und ausgeführt, dass er trotz reumütig zugestandenem Kokainkonsum zwei Tage vor der Amtshandlung der Ansicht sei, die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht begangen zu haben. Die belangte Behörde habe ohne auch nur mit einem Wort inhaltlich zu begründen, welche Erwägungen zur Schlussfolgerung geführt hätten, dass ihm ein Entlastungsbeweis nicht gelungen sei. Wenn die körperliche Wirkung von Kokain, wie er anhand von Internet-Recherchen an fachkundigen Stellen dargelegt habe, nach wenigen Stunden abgeklungen seien und daher ehebaldigst keine Beeinträchtigung mehr vorliege, dann habe er ein solches Delikt zwei Tage später weder vorsätzlich noch fahrlässig begangen.

Er beantrage, sich mit seinen sämtlichen Argumenten inhaltlich auseinanderzusetzen, eine Belegstelle namhaft zu machen, anhand derer wissenschaftlich glaubhaft gemacht werde, dass Kokain auch noch zwei Tage nach dem Konsum beeinträchtigend auf das Fahrverhalten wirke und inhaltlich zu begründen, weswegen ihm mit seinen Ausführungen über den Ablauf vor und während der amtsärztlichen Untersuchung der Entlastungsbeweis nicht einmal ansatzweise gelungen sein sollte.

Zur Höhe der bemessenen Strafe verweise er auf sein Einkommen unter dem Existenzminimum, sodass ihn ein Strafbetrag, der zuzüglich Untersuchungskosten das Zweieinhalbfache seines monatlichen Einkommens ausmache, entsprechend hart treffen würde. Er ersuche daher unter Darlegung von konkreten Strafzumessungsgründen um eine angemessene Herabsetzung der Strafe unter Berücksichtigung seines grundsätzlichen Geständnisses des Konsums sowie der Erstmaligkeit eines ihm solcherart vorgeworfenen Vergehens.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom 20.09.2019 wurde der Verfahrensakt dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich zur Entscheidung über diese Beschwerde vorgelegt.

Da die gegenständliche Beschwerde gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG nicht zurückzuweisen bzw. das Beschwerdeverfahren nicht einzustellen war, hatte das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich darüber gemäß § 28 Abs 2 VwGVG in der Sache selbst zu entscheiden.

Vor dem Landesverwaltungsgericht NÖ wurde am 10.07.2020 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Beschwerdeführer trotz nachweislicher Ladung unentschuldigt nicht erschienen ist, sodass diese gemäß § 45 Abs 2 VwGVG in dessen Abwesenheit durchgeführt werden konnte. Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Bezug habenden Verfahrensakt der belangten Behörde, welcher in der Verhandlung verlesen wurde.

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens legt das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich seiner Entscheidung nachfolgenden Sachverhalt als erwiesen zugrunde:

Am 28.03.2019, um 17:40 Uhr, wurde der Beschwerdeführer beim Lenken des Personenkraftwagens mit dem behördlichen Kennzeichen *** im Gemeindegebiet von ***, auf der ***, im Rahmen einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle angehalten.

Bei dieser Anhaltung wurden beim Beschwerdeführer Symptome einer möglichen Suchtgiftbeeinträchtigung, wie gerötete Bindehäute und trockene Schleimhäute, festgestellt. Bei der Amtshandlung wirkte der Gang des Beschwerdeführers verlangsamt und war seine Reaktion verzögert. Der Beschwerdeführer wurde von den einschreitenden Beamten zu einem freiwilligen Urintest aufgefordert und ergab dieser einen Verdacht auf Kokainkonsum. Diesbezüglich gestand der Beschwerdeführer ein, am Vortag Kokain konsumiert zu haben.

Aufgrund dieser Umstände und Symptome wurde der Beschwerdeführer in der Folge durch den Polizeiarzt B psychophysisch untersucht. Der Polizeiarzt hielt insbesondere fest, dass der Beschwerdeführer an einem Tremor (Zittern) litt und gerötete sowie wässrig glänzende Bindehäute aufwies, wobei die Lichtreaktion der Augen träge war. Weiters konnten ein ständiges Nasenrinnen und Nasenhochziehen wie bei Schnupfen festgestellt werden. Vor allem bei den durchgeführten Tests („Ein-Bein-Stehtest“, „Finger-Finger-Test“ und „Finger-Nase-Test“) wirkte der Beschwerdeführer unsicher, er schwankte beim Balancieren und verfehlte beim Finger-Nase-Test die Nase zweimal deutlich. Er wirkte benommen und war zeitlich desorientiert, müde sowie verlangsamt und war sowohl die Aufmerksamkeit als auch das Kurzzeitgedächtnis gestört. Der Beschwerdeführer war damit laut Gutachten des B im Tatzeitpunkt nicht fahrfähig und durch Suchtgift und Übermüdung beeinträchtigt. Abschließend wurde dem Beschwerdeführer um 18:30 Uhr Blut abgenommen, um dieses toxikologisch zu untersuchen.

Die Blutuntersuchung durch die C BetriebsgmbH (im Folgenden: „C“) wies beim Beschwerdeführer die Einnahme von Kokain inkl. Streckmittel nach. Der Benzoylecgonin-Wert lag bei 140 ng/mL, jener von Ecgoninmethylester bei 22,3 ng/ml. Weiters wurde Levamisol, ein in der Veterinärmedizin eingesetzter Wirkstoff zur Behandlung eines Befalls mit Fadenwürmer, welches auch als gängiges Streckmittel von Kokain-Straßendrogen Verwendung findet, nachgewiesen.

Benzoylecgonin und Ecgoninmethylester sind Stoffwechselprodukte des Kokains. Die beim Beschwerdeführer festgestellte Konzentration des Benzoylecgonin lag im Vergleich zu positiven Proben von aufgefallenen Kraftfahrern im mittleren Bereich, der von 70 bis 450 mg/ml reicht. Damit lag die gefundene Konzentration in einem für die abklingende Wirkung von Kokain typischen Bereich.

Im Ergebnis ist daher von einer deutlichen Beeinträchtigung durch Sichtgift und Übermüdung zum Lenkzeitpunkt auszugehen.

Die Honorarnote des Polizeiarztes vom 28.03.2019 über 203,38 Euro und die Gebührennote der C vom 11.04.2019 über 792 Euro wurden der belangten Behörde vorgelegt und wurde die Auszahlung der geltend gemachten Gebühren ohne vorherige Beschlussfassung bereits am 07.05.2019 angeordnet.

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich dabei auf die nachstehende Beweiswürdigung:

Die wesentliche Feststellung, dass sich der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Kontrolle in einem nicht fahrtüchtigen und durch Suchtgift und Übermüdung beeinträchtigten Zustand befand, stützte sich auf die klinische Untersuchung des Polizeiamtsarztes B. Dieser Untersuchung brachte die toxikologische Blutuntersuchung durch die C die darüberhinausgehende Gewissheit.

Das polizeiamtsärztliche Gutachten vom 28.03.2019 wird durch die im Rahmen des verwaltungsbehördlichen Verfahrens eingeholte ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom 03.07.2019 noch zusätzlich gestützt und bekräftigt. So wird im Ergebnis u.a. festgehalten, dass gerade die abklingende Wirkung von Kokain mit einer deutlichen Beeinträchtigung im Straßenverkehr vergesellschaftet sei. Kokain habe eine massiv aufputschende, selbstüberschätzende und künstlich gesteigerte erregende Wirkung. Im abklingenden Prozess zeige sich diese Eigenschaft mit negativen Vorzeichen. D.h. heißt, der oder die betroffene KonsumentIn zeige sich extrem verlangsamt, lethargisch, müde und benommen. Wie sich aus seiner klinischen Untersuchung zeige, sei der Beschwerdeführer zum Zeitpunkt der Untersuchung von allen diesen oben erwähnten Eigenschaften betroffen gewesen. Auch das angemerkte ständige Naserinnen/Nasehochziehen wie bei Schnupfen zeige, dass ein regelmäßiger Konsum von Kokain stattfinden müsse, da durch diesen eine Schädigung der Nasenschleimhaut zu Stande komme. Sowohl das deutliche Zittern der Hände und die geröteten wässrig glänzenden Skleren (Augenbindehaut) spreche für eine typisch abklingende Wirkung des Kokains.

Dem Beschwerdeführer sei auch die Durchführung der psychophysischen Bewegungs- und Konzentrationstests nicht gelungen. Beim Finger-Nase-Test habe er die Nase zwei Mal deutlich verfehlt. Auch der Rombergtest habe vom Beschwerdeführer nicht richtig ausgeführt werden können. Es sei ihm gesagt worden, dass er so nahe wie möglich an die angegebene Zeit herankommen solle. In seinem Fall habe er jedoch 15 Sekunden gebraucht. In der Zusammenschau des Laborbefundes und der klinischen Untersuchung sei somit von einer deutlichen Beeinträchtigung des Lenkens durch Suchtgift (Kokain) auszugehen.

Dem Beschwerdeführer ist zwar insoweit zu folgen, als Benzoylecgonin ein nicht psychoaktiv wirksames Stoffwechselprodukt des Kokains ist und die Halbwertszeit des Kokains bei etwa 45 bis 90 Minuten liegt. Was der Beschwerdeführer jedoch dabei übersieht ist der Umstand, dass sich Benzoylecgonin binnen Minuten nach der Aufnahme von Kokain bildet und nach etwa zwei bis drei Stunden seine Maximalkonzentration im Blut erreicht. Danach erfolgt dessen Elimination aus dem Blut mit einer Halbwertszeit von etwa fünf bis acht Stunden. Damit wird die Maximalkonzentration im Blut von Kokain wesentlich früher erreicht als von Benzoylecgonin und erreicht durch die rasche Verstoffwechslung nur etwa die Hälfte der Maximalkonzentration von Benzoylecgonin. Der Konzentrationsabfall des psychoaktiven Kokains erfolgt damit vielfach rascher als der des nicht psychoaktiven Benzoylecgonin. Bei einer Bencoylecgonin-Konzentration im Bereich von 75 ng/mL sind bereits Auffälligkeiten und Ausfallerscheinungen, die typisch für die abklingende Wirkung von Kokain sind und somit in direktem Zusammenhang mit einer Kokain-Aufnahme stehen, gegeben (siehe dazu die im Erkenntnis des LVwG Vorarlberg zu LVwG-1-457/2018-R5 wiedergegebenen medizinischen Gutachten).

Mit dem hier vorliegenden deutlich positiven Benzoylecgonin-Befund von 140 ng/mL sind die vom Polizeiarzt beim Beschwerdeführer festgestellten Auffälligkeiten und Ausfallserscheinungen zweifelsfrei mit einem Kokain-Konsum in direktem Zusammenhang stehend, wodurch eine akute Kokain-Wirkung zum Lenkzeitpunkt vorlag. Der Einwand des Beschwerdeführers in seiner Beschwerde, der Kokain-Konsum sei zwei Tage vor dem Tatzeitpunkt erfolgt, ist somit als bloße Schutzbehauptung zu werten und steht zudem im Widerspruch zu seinen Angaben gegenüber den einschreitenden Polizeibeamten und dem Polizeiarzt.

Den nachvollziehbaren und schlüssigen Ausführungen in den polizeiärztlichen und forensisch-toxikologischen Gutachten ist der Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, weshalb diese geeignet waren, eine ausreichende Grundlage für die getroffenen Sachverhaltsfeststellungen zu bilden.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat dazu Nachfolgendes erwogen:

§ 5 Abs 1 StVO lautet auszugsweise:

Wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet, darf ein Fahrzeug weder lenken noch in Betrieb nehmen (…).

§ 99 Abs 1b StVO lautet:

Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 800 Euro bis 3.700 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von einer bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt.

§ 5a Abs 2 StVO lautet:

Ist bei einer Untersuchung nach § 5 Abs 2, 4a, 5, 6 oder 8 Z 2 eine Alkoholbeeinträchtigung festgestellt worden, so sind die Kosten der Untersuchung vom Untersuchten zu tragen. Dasselbe gilt im Falle der Feststellung einer Suchtgiftbeeinträchtigung. Die Kosten der Untersuchung sind nach den Bestimmungen des Gebührenanspruchsgesetzes 1975, BGBl Nr 136, vorzuschreiben.

§ 64 Abs 3 VStG lautet:

Sind im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), so ist dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen. Dies gilt nicht für Gebühren, die dem Dolmetscher oder Übersetzer zustehen, der dem Beschuldigten beigestellt wurde.

Zur Verwaltungsstrafe:

Aufgrund des festgestellten Sachverhalts war durch die Einnahme von Kokain zum Zeitpunkt der Blutabnahme eine Menge von 140 ng/mL Bencoylecgonin im Blut des Beschwerdeführers gegeben. Berücksichtigt man dabei den Konzentrationsabfall von Bencoylecgonin war dessen Konzentration zum Lenkzeitpunkt, ca. 50 Minuten vor der Blutabnahme, nur unwesentlich höher.

Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist nach geltender Rechtslage das wesentliche Beweisergebnis für die Annahme einer Beeinträchtigung durch Suchtgift das Ergebnis der klinischen Untersuchung durch den Arzt. Die Blutanalyse dient allenfalls der Bestätigung der ärztlichen Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift. Wird auf Grund dieser Maßnahmen eine Beeinträchtigung durch Suchtgift, die zur Fahruntüchtigkeit führt, festgestellt, verstieß das Lenken oder Inbetriebnehmen des Fahrzeuges gegen § 5 Abs 1 StVO (VwGH Ra 2018/02/0134).

Die Blutanalyse bringt demnach Gewissheit, ob der durch die klinische Untersuchung gewonnene Verdacht, die Beeinträchtigung sei auf eine Suchtgifteinnahme zurückzuführen, zutrifft (VwGH Ra 2019/02/0167).

Bei Kokain endet die Beeinträchtigung jedenfalls nicht mit dem Abschluss der vor allem durch Euphorie und übertriebene Aufgewecktheit gekennzeichneten „Rauschphase“, sondern wirkt eben noch einige Zeit auf den menschlichen Körper nach, sodass die körperliche und geistige Eignung zum Lenken von Fahrzeugen (Beherrschung des Fahrzeuges, Erkennen der Vorschrift und Darnachachtung) dadurch über viele Stunden hindurch ausgeschlossen sein kann (ZVR 2020/186). Gegenständlich befand sich der Beschwerdeführer in der gefährlichen „Nachrauschphase“ weshalb aufgrund des kombinierten Vorliegens der Faktoren Müdigkeit und Suchtgift das objektive Tatbild des § 5 Abs 1 StVO erfüllt war.

Bei dem vorliegenden Delikt handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 2. Satz VStG. Dies bedeutet, dass schon die bloße Nichterfüllung des Gebotes, sich beim Lenken eines Fahrzeuges nicht durch Suchtgift beeinträchtigen zu lassen, eine Strafe nach sich zieht.

Durch das gegenständliche Lenken eines Fahrzeuges durch den Beschwerdeführer in einem von Suchtgift bzw. Müdigkeit beeinträchtigten Zustand führt dazu, dass er auch die subjektive Tatseite der ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretung verwirklicht hat und ihm diesbezüglich fahrlässiges Verhalten anzulasten ist.

Hinsichtlich der Höhe der verhängten Strafe ist festzuhalten:

Zufolge § 19 VStG sind die Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß Abs 2 leg. cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches (StGB) sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Der Beschwerdeführer bezieht laut eigenen Angaben ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 708 Euro.

Die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes, nämlich der Verkehrssicherheit, ist als sehr hoch und die Intensität der Beeinträchtigung dieses Rechtsgutes durch die Tat des Beschwerdeführers als erheblich einzustufen. Das Lenken eines Fahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand stellt eine erhebliche Gefährdung insbesondere für den Beschwerdeführer selbst, aber auch für andere Verkehrsteilnehmer dar.

Der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit kommt dem Beschwerdeführer, wie einem im Akt einliegenden Auszug aus dem verwaltungsstrafrechtlichen Vormerksystem der Landespolizeidirektion Wien zu entnehmen ist, nicht zugute. Zumal die Suchtgiftbeeinträchtigung im Rahmen einer Amtshandlung festgestellt wurde, ist auch ein reines Tatsachengeständnis nicht als Milderungsgrund i.S. des § 34 Abs 1 Z 17 StGB zu werten.

Als straferschwerend war kein Umstand zu berücksichtigen.

Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 45 Abs 1 Z 4 VStG (Einstellung bzw. Ermahnung) ist im Verfahren nicht hervorgekommen. Weder ist die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes noch die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat oder das Verschulden des Beschwerdeführers als gering zu erkennen (VwGH Ra 2015/02/0167). Ebenso waren die Bedingungen für die außerordentliche Strafmilderung gemäß § 20 VStG nicht gegeben.

Zumal die belangte Behörde lediglich die gesetzliche Mindeststrafe zur Anwendung brachte, ist diese gegenständlich sowohl tat- als auch schuldangemessen.

Zur Entscheidung über die Barauslagen:

Im Hinblick darauf, dass im hier vorliegenden Straferkenntnis keine Rechtsgrundlagen für die Vorschreibung der Barauslagen angeführt sind, ist zunächst festzuhalten, dass die Kostenregelung des § 5a Abs 2 StVO insofern von der des § 64 Abs 3 VStG abweicht, als diese Kosten nicht im Zuge des Verfahrens entstanden sind, sondern noch vor dessen Einleitung (vgl. Pürstl, StVO-ON14.01 (2017) §§ 5 bis 5b StVO Anm 46).

Nur dann, wenn der Behörde im Verwaltungsstrafverfahren wegen Begehung einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs 1 StVO Barauslagen gemäß § 76 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) erwachsen sind (z.B. Kostenersatz für im Verfahren notwendig gewordene gutachterliche Äußerung eines gerichtlich beeideten Sachverständigen), hat sie dem Bestraften den Ersatz dieser Barauslagen gemäß § 64 Abs 3 VStG aufzuerlegen (VwGH 95/02/0490).

Dem Beschwerdeführer wurde mit dem angefochtenen Straferkenntnis ohne gesondertes Verfahren der Ersatz der Kosten für die im Zuge der Amtshandlung der Polizeiinspektion Mödling erfolgte ärztliche Untersuchung sowie für die Auswertung seiner Blutprobe vorgeschrieben. Diese Kosten sind allerdings nicht im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens, sondern noch vor dessen Einleitung entstanden. Es ist daher nicht zulässig, den Ersatz dieser Kosten dem Beschwerdeführer als der Behörde erwachsene Barauslagen im Sinne der Bestimmung des VStG aufzuerlegen. Die Kosten der Untersuchungen sind vielmehr gemäß § 5a Abs 2 StVO nach den Bestimmungen des GebAG unter Berücksichtigung der dort festgelegten Verfahrensschritte vorzuschreiben.

Unter Zugrundelegung obiger Ausführungen war der Beschwerde somit in diesem Punkt Folge zu geben.

Zur verwaltungsgerichtlichen Kostenentscheidung:

Festzuhalten ist, dass § 52 Abs 8 VwGVG – wonach die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen sind, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist – im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung gelangt, weil nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter dem Begriff „Folge gegeben“ nicht jede Änderung des Spruches des Straferkenntnisses zu verstehen ist, sondern nur eine Änderung „zugunsten“ des Bestraften, d.h. wenn entweder die Strafe herabgesetzt (in eine mildere umgewandelt) oder ganz nachgesehen oder wenigstens der von der Verwaltungsbehörde angenommene strafbare Tatbestand eingeschränkt wird (VwGH Ra  2016/09/0033).

Aus diesem Grund waren dem Beschwerdeführer die Kosten des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufzuerlegen. Die Kostenentscheidung stützt sich auf die angeführten Gesetzesstellen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren kein Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Schlagworte

Verkehrsrecht; Straßenverkehr; Verwaltungsstrafe; Lenken; Suchtgift; Beeinträchtigung; Untersuchungskosten;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2020:LVwG.S.2130.001.2019

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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