TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/2 L517 2228336-1

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Veröffentlicht am 02.06.2020
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Entscheidungsdatum

02.06.2020

Norm

AuslBG §12a
B-VG Art133 Abs4

Spruch

L517 2228336-1/4E

L517 2228463-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. NIEDERWIMMER als Vorsitzenden und die fachkundigen Laienrichterinnen Mag.a TOMA und Mag.a SOVIC als Beisitzerinnen über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice, Geschäftsstelle XXXX , vom XXXX , ABB-Nr. XXXX , in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

A) Der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl I Nr 33/2013 idgF stattgegeben und festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Ausstellung einer RWR-Karte „Fachkraft Mangelberuf“ nach § 12a Anlage B Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) idgF vorliegen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 Bundesverfassungsgesetz (B-VG), BGBl Nr 1/1930 idgF, nicht zulässig.


Text


Begründung:

I. Verfahrensgang:

26.11.2019 - Antrag des Arbeitnehmers (in Folge beschwerdeführende Partei 1 bzw. „bP1“) auf Erteilung einer „Rot-Weiß-Rot Karte - Fachkraft im Mangelberuf“ bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX und Zuweisung an das AMS XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. „bB“) gem. § 20d Abs. 1 Z2 AuslBG

28.11.2019 – Parteiengehör an die bP2

XXXX – Behandlung im Regionalbeirat
negativer Bescheid

01.02.2020 – Beschwerde der bP1

05.02.2020 – Beschwerdevorlage am BVwG

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1.0. Feststellungen (Sachverhalt):

1.0.    Die bP1 (beschwerdeführende Partei 1, Antragstellender Arbeitnehmer) ist Staatsangehöriger XXXX . Am 26.11.2019 stellte die bP1 bei der Bezirkshauptmannschaft XXXX einen Antrag auf Ausstellung einer „Rot Weiß Rot Karte Fachkraft im Mangelberuf“. In weiterer Folge erfolgte die Weiterleitung an das AMS XXXX (in Folge belangte Behörde bzw. bB“) Mit dem Antrag wurden folgende Unterlagen vorgelegt:

Arbeitgebererklärung XXXX , Tätigkeit: Koch, Entlohnung: KV, Vermittlung von Ersatzkräften erwünscht, Reisepasskopie, Zertifikat über die Kenntnis der deutschen Sprache Niveau A1 vom 04.12.2015 ausgestellt von XXXX XXXX , Diplom der Gaststättengewerbe-, Handels- und Tourismusschule XXXX vom 13.06.2008 über die abgeschlossene Berufsausbildung zum Koch in übersetzter und beglaubigter Form, Arbeitsbestätigung XXXX vom 20.11.2019 Hilfstätigkeiten Restaurant/Küche von 01.04.2010 bis 30.11.2012, Aktivitäten Rezeption und Restaurant von 01.04.2013 bis 30.11.2015, Empfang und Begrüßung der Gäste, Koordination der Mitarbeiter, Durchführung von Veranstaltungen von 30.11.2015 bis laufend

Mit Parteiengehör vom 28.11.2019 wurde dem Arbeitgeber (in Folge beschwerdeführende Partei 2 bzw. „bP2“) das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wonach die bP1 34 von erforderlichen 55 Punkten erreicht, zur Kenntnis gebracht. Die bP2 wurde aufgefordert die entsprechenden einzelnen Schulzeugnisse vorzulegen und auf den Umstand hingewiesen, dass der Praxisnachweis nur von 01.04.2010 bis 30.11.2012 angerechnet werden könne, da nur in dieser Zeit Tätigkeiten in Restaurant und Küche absolviert worden wären. Das vorgelegte Deutschzertifikat habe mangels Ausstellung durch ein anerkanntes Institut nicht angerechnet werden können.

In der Folge wurden von der bP1 weitere Dokumente vorgelegt: Schulzeugnisse Berufsschule für Gastgewerbe, Handel und Tourismus XXXX 2006, 2007, 2008 in übersetzter und beglaubigter Form, Praktikums- und Arbeitsbestätigung Hotel XXXX vom 05.11.2019 Praktikant im Zeitraum 2008 und 2009 und anschließend von 01.07.2009 bis 31.03.2010 Tätigkeit als Hilfskoch, Arbeitsbestätigung XXXX vom 06.12.2019 Tätigkeiten als Assistent Koch, Assistent des Küchenchefs und Ähnliches von 01.04.2010 bis laufend, ÖSD Zertifikat Deutsch A1 vom 11.12.2019

Weiters im Akt befindet sich ein Texteintrag der bB vom XXXX in welchem festgehalten wird, dass die bP1 seit 01.04.2010 bis laufend (mit 4 Monaten Unterbrechung) als Assistent des Küchenchefs und Ähnliches gearbeitet hat und ihr 9 Praxisjahre angerechnet werden. Einzelne Schulzeugnisse würden vorliegen.

Am XXXX erfolgte die Anhörung im Regionalbeirat bei der dieser per e-mail einhellig die Zustimmung versagte und erging in Folge der, den Antrag vom 26.11.2019 abweisende Bescheid der bB.

Begründend führte die bB aus, dass das Ermittlungsverfahren ergeben hätte, dass die bP1 53 von erforderlichen 55 Punkten erreiche.

Folgende Punkte wurden vergeben:

Qualifikation: 20

Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 18

Sprachkenntnisse: 5

Alter: 10

Mit Schreiben vom 24.01.2020 (per Mail übermittelt am 01.02.2020) erhob die bP1 gegen den Bescheid Beschwerde und brachte vor, dass sie aufgrund der vorliegenden Berufserfahrung die entsprechende Punktezahl erreiche.

Aus den beigebrachten Unterlagen gehe hervor, dass sie 10 Jahre und 3 Monate an Berufserfahrung sowie 1 Jahr und 6 Monate an Praktikumserfahrung nachweisen könne.

Folgende Zeiten wurden angeführt:

2008 und 2009 studentische Praxis (Hotel XXXX ) 1 Jahr und 6 Monate

01.07.2009 – 31.03.2010 Küchenhilfe (Hotel XXXX ) 9 Monate

01.04.2010 – 30.11.2012 Küchenhilfe (Hotel XXXX ) 2 Jahre und 8 Monate

01.04.2013 – 30.11.2015 Küchenhilfe (Hotel XXXX ) 2 Jahre und 8 Monate

30.11.2015 bis dato (Beschwerdeeinreichung) Koch (Hotel XXXX ) 4 Jahre und 2 Monate

Am 05.02.2020 erfolgte die Beschwerdevorlage am BVwG.

In der Beschwerdevorlage führte die bB aus: Der Antrag sei für die berufliche Tätigkeit als Koch erfolgt. Für die Ausbildung hätten 20 Punkte angerechnet werden können, für die Sprachkenntnisse auf Niveau A1 5 Punkte, für die 9 Jahre nachgewiesener ausbildungsadäquater Berufserfahrung im Ausland 18 Punkte und für das Alter 10 Punkte.

Im Ergebnis erreiche die bP1 53 von erforderlichen 55 Punkten und würden ihr sohin 2 Punkte fehlen. Die mit Beschwerde vorgelegten Praxisnachweise seien bereits im erstinstanzlichen Verfahren berücksichtigt worden.

2.0. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich durch Einsichtnahme in das zentrale Melderegister, den Firmenbuchauszug, sowie den sonstigen relevanten Unterlagen.

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten der bB und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der oben unter Punkt II. 1.0. festgestellte Sachverhalt beruht auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens.

2.2. Aufgrund des vorliegenden Verwaltungsaktes ist das ho. Gericht in der Lage, sich vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung ein ausreichendes und abgerundetes Bild zu machen. Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, § 45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: „Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen, (…)“. Vergleiche dazu auch VwGH, vom 18.06.2014, Ra 2014/01/0032.

Die Chronologie und Qualifikation der Ausbildung ergibt sich aus den beigebrachten Zeugnissen und Arbeitsbestätigungen. Demnach hat die bP1 mit Diplom der Gaststättengewerbe-, Handels- und Tourismusschule XXXX vom 13.06.2008 ihre Berufsausbildung als Koch abgeschlossen.

Nach einer vorgelegten Bestätigung des Hotel XXXX vom 05.11.2019 war die bP1 in den Schuljahren 2008 und 2009 als Praktikant und im Anschluss daran, von 01.07.2009 bis 31.03.2010 (9 Monate) als Hilfskoch im Betrieb tätig.

Danach hat ein fließender Wechsel der bP1 ins XXXX stattgefunden. Wo die bP1 seit 01.04.2010 bis laufend (mit 4 monatiger Unterbrechung) als „Assistenzkoch“, „Assistent des Küchenchefs“ und „Ähnliches“ beschäftigt war und ist. (Bestätigung XXXX vom 06.12.2019). Daraus ergibt sich, dass die bP1 bis zur Antragstellung am 26.11.2019 (abzüglich der 4 monatigen Unterbrechung) insgesamt 9 Jahre und 4 Monate beim XXXX beschäftigt war.

Für die Beurteilung der „adäquaten Berufserfahrung“ sind sämtliche Zeiträume zu berücksichtigen, in denen der Antragsteller nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss in der beantragten Tätigkeit beschäftigt war.

Für jedes Jahr an erworbener Berufserfahrung (im Ausland) sind nach § 12a AuslBG Anlage B, 2 Punkte anzurechnen. Die Punkte sind dabei pro vollem Jahr zu vergeben. Halbe Punkte (zB. für ein halbes Jahr Berufserfahrung) können nicht vergeben werden.

Der formale Abschluss der Ausbildung zum Koch erfolgte mit Ausstellung des Diploms durch die Gaststättengewerbe-, Handels- und Tourismusschule XXXX am 13.06.2008.

Für das ho. Gericht konnte seitens der bP1, in Übereinstimmung mit der ausgestellten Bestätigung des Hotel XXXX vom 05.11.2019, glaubhaft dargelegt werden, dass auch der Zeitraum vom 01.07.2009 bis 31.03.2010 (9 Monate) als adäquate Berufserfahrung anzurechnen ist, da die bP1 zu diesem Zeitpunkt bereits die Ausbildung zum Koch abgeschlossen hatte. Diese Annahme berücksichtigt auch ein allenfalls nach Beendigung der Schule für den erfolgreichen Abschluss noch notwendiges Praktikum - liegen zwischen dem Abschlusszeugnis und der Aufnahme der Tätigkeit als „Hilfskoch“ doch ein Jahr, und wird übereinstimmend sowohl vom Arbeitgeber (wenn auch nicht mit genauem Datum – pauschal angegeben nur „Schuljahre 2008 und 2009“) als auch von der bP1 ausgeführt, dass vor Aufnahme der Tätigkeit als „Hilfskoch“ zum 01.07.2009 ein Praktikum bzw. „eine studentische Praxis“ erfolgte.

Zu den oben bereits festgestellten 9 Jahren und 4 Monaten an adäquater Berufserfahrung waren daher noch zusätzlich 9 Monate zu berücksichtigen und ergibt sich daraus insgesamt eine Beschäftigung von 10 Jahren und 3 Monaten, im Zeitpunkt der Antragstellung. Insofern nur volle Jahre zu berücksichtigen sind, ist der bP1 die auch gleichzeitig maximale Punkteanzahl von 20 Punkten anzurechnen.

Unter Berücksichtigung der restlichen Punkte Qualifikation 20 Punkte, Sprachkenntnisse 5 Punkte und Alter 10 Punkte, erreicht die bP1 die nach § 12a AuslBG Anlage B für eine positive Erledigung geforderten Mindestpunkte von insgesamt 55.

3.0. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Entscheidungsrelevante Rechtsgrundlagen:

- Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz AVG, BGBl Nr. 51/1991 idgF

- Ausländerbeschäftigungsgesetzes AuslBG, BGBl Nr 218/1975 idgF

- Bundesverfassungsgesetz B-VG, BGBl Nr 1/1930 idgF

- Bundesverwaltungsgerichtsgesetz BVwGG, BGBl I Nr 10/2013 idgF

- Fachkräfteverordnung 2020, BGBl II Nr 421/2019

- Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz NAG, BGBl I Nr 100/2005 idgF

- Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz VwGVG, BGBl I Nr 33/2013 idgF

- Verwaltungsgerichtshofgesetz VwGG, BGBl Nr 10/1985 idgF

Nachfolgende Bestimmungen beziehen sich auf die im Pkt. 3.1. angeführten Rechtsgrundlagen in der jeweils geltenden Fassung.

3.2. Gemäß Art 130 Abs 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden

1.       gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit; …

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 20g AuslBG entscheidet über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

In Anwendung des Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG iVm § 20g AuslBG wird die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes in der zugrundeliegenden Beschwerdeangelegenheit begründet und fällt die Entscheidung der gegenständlichen Rechtssache jenem Richtersenat zu, der unter Berücksichtigung der zitierten Bestimmungen in der Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes dafür vorgesehen ist. Der erkennende Senat ist daher in diesem Beschwerdeverfahren zuständig.

Gemäß § 20g Abs 5 AuslBG gelten im Übrigen die Bestimmungen des VwGVG.

3.3. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl Nr 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs 3) zu überprüfen.

Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde zu enthalten:

1. die Bezeichnung des angefochtenen Bescheides, der angefochtenen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder der angefochtenen Weisung,

2. die Bezeichnung der belangten Behörde,

3. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,

4. das Begehren und

5. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob die Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

Gemäß § 28 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

3.4. Gemäß § 21 AuslBG hat der Ausländer in allen Verfahren, in denen seine persönlichen Umstände maßgeblich für die Entscheidung sind, sowie in jenen Fällen, in denen keine Person im Sinne des § 2 Abs. 3 vorhanden ist, Parteistellung. In allen anderen Verfahren hat der Ausländer die Stellung eines Beteiligten.

Bezugnehmend auf die zitierten Bestimmungen waren die unter Pkt 3.1. im Generellen und die unter Pkt 3.2. ff im Speziellen angeführten Rechtsgrundlagen für dieses Verfahren in Anwendung zu bringen.

3.5.    Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in der Fassung BGBl Nr 218/1975 idgF lauten:

Zulassungsverfahren für besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte, sonstige Schlüsselkräfte, Studienabsolventen und Künstler

§ 20d. (1) Besonders Hochqualifizierte, Fachkräfte sowie sonstige Schlüsselkräfte und Studienabsolventen haben den Antrag auf eine „Rot-Weiß-Rot – Karte“, Schlüsselkräfte gemäß § 12c den Antrag auf eine „Blaue Karte EU“ und ausländische Künstler den Antrag auf eine „Niederlassungsbewilligung – Künstler“ gemeinsam mit einer schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, die im Antrag angegebenen Beschäftigungsbedingungen einzuhalten, bei der nach dem NAG zuständigen Behörde einzubringen. Der Antrag kann auch vom Arbeitgeber für den Ausländer im Inland eingebracht werden. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat den Antrag, sofern er nicht gemäß § 41 Abs. 3 Z 1 oder 2 NAG zurück- oder abzuweisen ist, unverzüglich an die nach dem Betriebssitz des Arbeitgebers zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zur Prüfung der jeweiligen Zulassungsvoraussetzungen zu übermitteln. Die regionale Geschäftsstelle hat den Regionalbeirat anzuhören und binnen vier Wochen der nach dem NAG zuständigen Behörde – je nach Antrag – schriftlich zu bestätigen, dass die Voraussetzungen für die Zulassung
1.         als besonders Hochqualifizierter gemäß § 12
2.         als Fachkraft gemäß § 12a,
3.         als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 1,
4.         als Schlüsselkraft gemäß § 12b Z 2 (Studienabsolvent),
5.         als Schlüsselkraft gemäß § 12c (Anwärter auf eine „Blaue Karte EU“) oder
6.         als Künstler gemäß § 14

erfüllt sind. Die nach dem NAG zuständige Behörde hat die regionale Geschäftsstelle über die Erteilung des jeweiligen Aufenthaltstitels unter Angabe der Geltungsdauer zu verständigen. Bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen hat die regionale Geschäftsstelle die Zulassung zu versagen und den diesbezüglichen Bescheid unverzüglich der nach dem NAG zuständigen Behörde zur Zustellung an den Arbeitgeber und den Ausländer zu übermitteln.

[…]

Fachkräfte in Mangelberufen

§ 12a. Ausländer werden in einem in der Fachkräfteverordnung (§ 13) festgelegten Mangelberuf zu einer Beschäftigung als Fachkraft zugelassen, wenn sie

1.       eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachweisen können,

2.       die erforderliche Mindestpunkteanzahl für die in Anlage B angeführten Kriterien erreichen,

3.       für die beabsichtigte Beschäftigung das ihnen nach Gesetz, Verordnung oder Kollektivvertrag zustehende Mindestentgelt zuzüglich einer betriebsüblichen Überzahlung erhalten und

sinngemäß die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 mit Ausnahme der Z 1 erfüllt sind. Die Arbeitsmarktprüfung im Einzelfall entfällt.

Fachkräfteverordnung

§ 13. (1) Die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz legt im Falle eines längerfristigen Arbeitskräftebedarfs, der aus dem im Inland verfügbaren Arbeitskräftepotenzial nicht abgedeckt werden kann, zur Sicherung des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr Mangelberufe fest, in denen Ausländer als Fachkräfte gemäß § 12a für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet oder in bestimmten Bundesländern zugelassen werden können. Als Mangelberufe kommen Berufe in Betracht, für die bundesweit oder in bestimmten Bundesländern pro gemeldeter offener Stelle höchstens 1,5 Arbeitsuchende vorgemerkt (Stellenandrangsziffer) sind. Berufe mit einer Stellenandrangsziffer bis zu 1,8 können berücksichtigt werden, wenn weitere objektivierbare Mangelindikatoren, insbesondere eine erhöhte Ausbildungsaktivität der Betriebe festgestellt werden oder der betreffende Beschäftigungszweig eine überdurchschnittlich steigende Lohnentwicklung aufweist. Die von Arbeitskräfteüberlassern gemäß § 3 Abs. 2 AÜG gemeldeten offenen Stellen sind bei der Ermittlung der Stellenandrangsziffer gesondert auszuweisen.

(2) Ein vom Verwaltungsrat des Arbeitsmarktservice Österreich gemäß den Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. I Nr. 313/1994, einzurichtender Ausschuss kann nach Maßgabe des Abs. 1 einvernehmlich Vorschläge für die Festlegung von Mangelberufen erstatten. Wird kein Einvernehmen erzielt, können die Vertreter der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber gesonderte Vorschläge erstatten.

(3) In der Verordnung gemäß Abs. 1 können unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes Höchstzahlen festgelegt werden. Diese gelten für die Zulassung von Fachkräften in Mangelberufen, die ausschließlich für bestimmte Bundesländer festgelegt wurden.

(4) Unbeschadet der Regelungen des § 12 kann die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz im Einvernehmen mit der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort darüber hinaus im Falle eines anhaltend dringenden Bedarfs an Arbeitskräften in besonders hochqualifizierten Beschäftigungsbereichen durch Verordnung für das nächstfolgende Kalenderjahr festlegen, dass Ausländer mit bestimmten tertiären Ausbildungen in diesen Beschäftigungsbereichen als besonders Hochqualifizierte nach Maßgabe des § 12 und der Anlage A zugelassen werden können, wobei die erforderliche Mindestpunkteanzahl um 5 Punkte herabgesetzt wird.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der beantragten Tätigkeit als Mangelberuf ist die zum Entscheidungszeitpunkt des Gerichts geltende Fachkräfteverordnung. Gegenständlich wurde der Antrag der bP am 26.11.2019 gestellt und gilt die Fachkräfteverordnung 2020.

Gemäß § 1 der Fachkräfteverordnung 2020 werden für das Jahr 2020 folgende Mangelberufe, in denen AusländerInnen als Fachkräfte gem. § 12a AuslBG zugelassen werden können, für eine Beschäftigung im gesamten Bundesgebiet festgelegt:

[…]

38. Gaststättenköch(e)innen

[…]

Anlage B

Zulassungskriterien für Fachkräfte in Mangelberufen gemäß § 12a

Kriterien

Punkte

Qualifikation

maximal anrechenbare Punkte: 30

abgeschlossene Berufsausbildung im Mangelberuf

20

allgemeine Universitätsreife im Sinne des § 64 Abs. 1 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120

25

Abschluss eines Studiums an einer tertiären Bildungseinrichtung mit dreijähriger Mindestdauer

30

 

 

ausbildungsadäquate Berufserfahrung

maximal anrechenbare Punkte: 20

Berufserfahrung (pro Jahr)

Berufserfahrung in Österreich (pro Jahr)

2

4

 

 

Sprachkenntnisse Deutsch

maximal anrechenbare Punkte: 15

Deutschkenntnisse zur elementaren Sprachverwendung auf einfachstem Niveau (A 1)

Deutschkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Deutschkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

15

 

 

Sprachkenntnisse Englisch

maximal anrechenbare Punkte: 10

Englischkenntnisse zur vertieften elementaren Sprachverwendung (A 2)

Englischkenntnisse zur selbständigen Sprachverwendung (B 1)

5

10

 

 

Alter

maximal anrechenbare Punkte: 15

bis 30 Jahre

bis 40 Jahre

15

10

 

 

Summe der maximal anrechenbaren Punkte

90

erforderliche Mindestpunkteanzahl

55

Bei der beantragten Tätigkeit als Koch handelt es sich um den in der Fachkräfteverordnung 2020 angeführten Mangelberuf des „Gaststättenkochs“.

Von der bP1 konnte durch Vorlage entsprechender Zeugnisse der erfolgreiche Ausbildungsabschluss für die berufliche Tätigkeit als Koch nachgewiesen werden.

Auch die adäquate Berufserfahrung ist, wie in der Beweiswürdigung ausgeführt, im Ausmaß der Maximalpunkte anzurechnen. Weitere Punkte waren für die nachgewiesenen Deutsch Sprachkenntnisse auf Niveau A1 und das Alter der bP zu vergeben.

Qualifikation: 20

Ausbildungsadäquate Berufserfahrung: 20

Sprachkenntnisse: 5

Alter: 10

Insgesamt: 55 Punkte

Von der bP1 konnte eine einschlägige abgeschlossene Berufsausbildung nachgewiesen werden und wurden die gemäß § 12a AuslBG im Rahmen der Anlage B geforderten Mindestpunkte erreicht, ein Entgelt entsprechend dem Kollektivvertrag wurde vereinbart, sonstige Ausschlussgründe des § 4 AuslBG lagen nicht vor. Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden, der Beschwerde stattzugeben und der Bescheid ersatzlos zu beheben.

3.6. Gemäß § 45 Abs. 3 AVG des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991, ist den Parteien Gelegenheit zu geben, vom Ergebnis der Beweisaufnahme Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen.

Im gegenständlichen Fall wurde der bP1 das Ergebnis der Beweisaufnahme mit Schreiben vom 28.11.2019 zur Kenntnis gebracht.

3.7. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1.       der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2.       die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

3.       wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt wird.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG kann das Verwaltungsgericht von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Gegenständlich war der maßgebliche Sachverhalt hinreichend durch die Aktenlage geklärt und konnte das BVwG gem. § 24 Abs. 4 VwGVG von einer Verhandlung absehen, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich daher nicht als erforderlich und wurde eine solche auch nicht beantragt.

3.8. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen (VwGH vom 22.05.2014, Ra 2014/01/0030).

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer solchen. Diesbezüglich ist die vorliegende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Darüber hinaus stellten sich im gegenständlichen Fall in erster Linie Fragen der Tatsachenfeststellung und der Beweiswürdigung.

Sonstige Hinweise, die auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage schließen lassen, liegen ebenfalls nicht vor. Rein der Umstand, dass das Bundesverwaltungsgericht erst mit 01.01.2014 ins Leben gerufen wurde, lässt nicht den Schluss zu, dass es sich um eine Rechtsfrage handelt, die noch nicht vom Verwaltungsgerichtshof geklärt wurde.

Die grundsätzliche Bestimmung betreffend Ausstellung der Rot-Weiß-Rot Karte – Fachkraft im Mangelberuf erfuhr keine substanzielle Änderung, weshalb auch in diesem Zusammenhang die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht gegeben waren.

Auf Grundlage der obigen Ausführungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Ausländerbeschäftigung Berufsausbildung Fachkräfteverordnung Punktevergabe Rot-Weiß-Rot-Karte

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:L517.2228336.1.00

Im RIS seit

10.12.2020

Zuletzt aktualisiert am

10.12.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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