TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/10 96/21/0902

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Veröffentlicht am 10.09.1997
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §18 Abs2 Z1;
FrG 1993 §18 Abs2 Z5;
FrG 1993 §19;
FrG 1993 §20;
FrG 1993 §21;
FrG 1993 §81 Abs2;
StGB §107 Abs1;
StGB §107 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Robl, Dr. Rosenmayr und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Hanel, über die Beschwerde der (am 27. Dezember 1963 geborenen) MS, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 25. Mai 1996, Zl. Fr 954/1994, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (der belangten Behörde) wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, gemäß § 18 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1 und 5 sowie den §§ 19, 20 und 21 FrG ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von drei Jahren erlassen. In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, daß die Beschwerdeführerin mit dem in Rechtskraft erwachsenen Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9. August 1993 wegen des Vergehens nach dem § 107 Abs. 1 und 2 StGB sowie nach § 81 Abs. 2 FrG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von einem Jahr, davon acht Monate bedingt auf drei Jahre, verurteilt worden sei. Der Tatbestand des § 18 Abs. 2 Z. 1 und 5 FrG sei erfüllt; die im Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme gerechtfertigt.

Die Beschwerdeführerin halte sich seit 28. Dezember 1990, unterbrochen durch einen Aufenthalt in ihrem Heimatland von Jänner bis Juni 1992, in Österreich auf. Seit 9. August 1992 sei ihr Aufenthalt nicht rechtmäßig. Am 29. April 1993 habe sie einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet.

Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes stelle einen "beträchtlichen" Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin dar. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe und Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen dringend geboten.

Die Aufenthaltsdauer der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet und die daraus resultierende Integration hätten noch kein Ausmaß erreicht, das der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes entgegenstünde. Zum Zeitpunkt der Eheschließung hätte die Beschwerdeführerin keine Aufenthaltsberechtigung gehabt und daher auch nicht damit rechnen können, aufgrund der Eheschließung alleine in Österreich bleiben zu können. Der Ehe sowie der Dauer des unrechtmäßigen Aufenthaltes an sich komme daher kein maßgebliches Gewicht zu. Bei der von der Beschwerdeführerin in Österreich ausgeübten Beschäftigung handle es sich nicht um eine so qualifizierte, daß sie von der Beschwerdeführerin nicht auch in ihrem Heimatland ausgeübt werden könnte. Die Eltern der Beschwerdeführerin lebten noch in ihrem Heimatland. Diese privaten und familiären Interessen seien keinesfalls geeignet, ein Aufenthaltsverbot unzulässig erscheinen zu lassen. Diesen privaten Interessen stünde die Wichtigkeit des öffentlichen Interesses an der Unterbindung des Schlepperunwesens gegenüber. Die Beschwerdeführerin habe nach dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 9. August 1993 einer nicht näher bekannten Anzahl ghanaesischer und nigerianischer Staatsangehöriger - mindestens jedoch fünf Personen - die illegale Einreise nach Österreich unter anderem durch das Zur-Verfügung-Stellen von Reisedokumenten, die für andere ausgestellt worden waren, gegen Entgelt ermöglicht; am 8. Mai 1993 habe sie die Eheleute Charles und Mercy Omoruyi mit dem Umbringen bedroht, weil die beiden gewußt hatten, daß die Beschwerdeführerin einer der führenden Köpfe einer internationalen Schlepperorganisation sei.

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluß vom 30. September 1996, B 2547/96).

Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren beantragt die Beschwerdeführerin die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die belangte Behörde habe tatsächlich eine Interessenabwägung nicht vorgenommen. Einerseits habe die belangte Behörde keinerlei Feststellungen darüber getroffen, wie lange die Beschwerdeführerin bereits vor der Eheschließung ein aufrechtes Privat- und Familienleben mit ihrem nunmehrigen Ehegatten entfaltet habe, andererseits sei sie auch nur einmal straffällig geworden und zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Bei dem ihr zur Last liegenden Delikt handle es sich keineswegs um eine schwere kriminelle Handlung.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat unter Abstandnahme von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 1 Z. 6 VwGG erwogen:

Die Beschwerde bestreitet weder den von der belangten Behörde als maßgeblich angenommenen Sachverhalt der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen der Beschwerdeführerin noch bekämpft sie den daraus gezogenen Schluß auf die Verwirklichung des Tatbestandes des § 18 Abs. 2 Z. 1 FrG und die Berechtigung der im § 18 Abs. 1 leg. cit. umschriebenen Annahme. Auch der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen diese rechtliche Beurteilung keine Bedenken.

Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die belangte Behörde habe tatsächlich keine Abwägung ihrer privaten und familiären Interessen mit den gegenläufigen öffentlichen Interessen vorgenommen, mißversteht sie offenbar die Begründung des angefochtenen Bescheides. Die belangte Behörde führt nämlich sehr ausführlich die einzelnen für die Beschwerdeführerin sprechenden Momente aus und kommt zu einer zutreffenden Einschätzung des diesen Interessen zukommenden Gewichtes. Mangels konkreter Anhaltspunkte war die belangte Behörde entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht gehalten, Erhebungen darüber zu pflegen, ob die Beschwerdeführerin bereits vor Eheschließung mit ihrem nunmehrigen Ehegatten in Lebensgemeinschaft gelebt hatte.

Die belangte Behörde hat auch die öffentlichen Interessen, die durch das strafbare Verhalten der Beschwerdeführerin verletzt werden, hinreichend dargestellt und ihnen zu Recht sehr hohes Gewicht beigemessen. Wenn die belangte Behörde daher zu dem Ergebnis kam, daß die Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 19 und des § 20 Abs. 1 FrG zulässig sei, kann ihr nicht mit Erfolg entgegengetreten werden.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996210902.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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