TE Vwgh Beschluss 2020/11/12 Ra 2020/08/0098

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Veröffentlicht am 12.11.2020
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz

Norm

ASVG §227
ASVG §29 Abs1
ASVG §409
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Strohmayer und die Hofrätin Dr. Julcher sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision des V P in O, vertreten durch Telos Law Group Winalek, Wutte-Lang, Nikodem, Weinzinger Rechtsanwälte GmbH in 1090 Wien, Hörlgasse 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. April 2020, Zl. W164 2215499-1/6E, betreffend Beitragsgrundlagen nach dem ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4        Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - in Bestätigung des Spruchpunktes 1. des (gemäß § 16 VwGVG nachgeholten) erstinstanzlichen Bescheides der Wiener Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse, im Folgenden: ÖGK) den Antrag des Revisionswerbers auf Feststellung von „Beitragsgrundlagen“ für den Präsenzdienst vom 3. Oktober 1977 bis 31. Mai 1978 gemäß § 409 ASVG wegen sachlicher Unzuständigkeit der ÖGK zurückgewiesen, weil dem Revisionswerber nach zeitraumbezogener Rechtslage auf Grund des Präsenzdienstes Ersatzzeiten iSd § 227 Z 7 ASVG zustünden, für die keine Beiträge einzuheben seien. Sohin sei für die Verwaltungssache nicht die ÖGK, sondern die Pensionsversicherung zuständig.

5        Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision vor, dass „der Frage, welche Rechtslage zur Beurteilung eines Sachverhaltes bzw. einer Zuständigkeit anzuwenden“ sei, grundsätzliche Bedeutung zukomme.

6        Mit diesem Vorbringen wird allerdings die Zulässigkeit der Revision nicht aufgezeigt, weil zu der vom Revisionswerber aufgeworfenen Frage langjährige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt.

7        Wie der Verwaltungsgerichtshof - ausgehend vom Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 4. Mai 1977, 898/75, VwSlg. 9315/A - in ständiger Rechtsprechung vertritt, hat die Rechtsmittelbehörde bzw. das Verwaltungsgericht im Allgemeinen das im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheids bzw. Erkenntnisses geltende Recht anzuwenden (vgl. VwGH 19.12.2018, Ra 2015/08/0098 mwN). Eine andere Betrachtungsweise ist dann geboten, wenn der Gesetzgeber in einer Übergangsbestimmung zum Ausdruck bringt, dass auf anhängige Verfahren noch das bisher geltende Gesetz anzuwenden ist, oder wenn darüber abzusprechen ist, was an einem bestimmten Stichtag oder in einem konkreten Zeitraum rechtens gewesen ist (vgl. VwGH 19.2.1991, 90/08/0177; 19.2.1991, 89/08/0210).

8        Für die Beurteilung einer Pflichtversicherung ist - wie das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf § 227 ASVG zutreffend erkannt hat - das ASVG in der im jeweiligen zu beurteilenden Zeitraum (hier: 3. Oktober 1977 bis 31. Mai 1978) in Geltung stehenden Fassung, somit zeitraumbezogen anzuwenden. Dies betrifft allerdings nur die materiell die Pflichtversicherung regelnden Bestimmungen, nicht jedoch jene Bestimmungen, die das einzuhaltende Verfahren (hier: § 29 Abs. 1 iVm § 409 ASVG) regeln (vgl. VwGH 19.2.1991, 90/08/0177; 24.1.2006, 2003/08/0231; 26.11.2008, 2006/08/0346).

9        Dass das Bundesverwaltungsgericht aber in Anwendung der genannten gesetzlichen Bestimmungen - in der jeweiligen geltenden Fassung - die Zuständigkeit der ÖGK in rechtswidriger Weise verneint hätte, wird in der Revision nicht behauptet und ist für den Verwaltungsgerichtshof auch nicht ersichtlich.

10       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 12. November 2020

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020080098.L00

Im RIS seit

15.02.2021

Zuletzt aktualisiert am

15.02.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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