TE Vwgh Erkenntnis 1997/9/11 97/15/0042

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.09.1997
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
BAO §20;
B-VG Art130 Abs2;
FinStrG §187;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schwarzgruber, über die Beschwerde des RG, vertreten durch Dr. Wilfried Eisele, Rechtsanwalt in Lustenau,

Kaiser Franz Josef Straße 31, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Vorarlberg vom 28. Jänner 1997, Zl. 33-5/97, betreffend gnadenweise Nachsicht einer Geldstrafe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer wurde mit Erkenntnis des Spruchsenates der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom 25. Oktober 1996 schuldig erkannt, vorsätzlich für den Zeitraum 01-12/91 Umsatzsteuervorauszahlungen in der Gesamthöhe von S 51.610,-- nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet und hiedurch das Finanzvergehen der Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a Finanzstrafgesetz begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer wurde nach § 49 Abs. 2 Finanzstrafgesetz eine Geldstrafe von S 10.000,--, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von einer Woche, verhängt. In dem rechtskräftig gewordenen Erkenntnis berücksichtigte der Spruchsenat bei der Strafbemessung mildernd "das Tatsachengeständnis, die Unbescholtenheit sowie die finanzielle und persönliche Situation des Beschuldigten".

Mit Schriftsatz vom 17. Jänner 1997 ersuchte der Beschwerdeführer, die gegen ihn verhängte Geldstrafe gemäß § 187 Finanzstrafgesetz im Gnadenwege nachzusehen. Der Beschwerdeführer sei körperlich, seelisch und finanziell "ruiniert". Von seinem Zustand hätten sich die Mitglieder des Strafsenates selbst überzeugen können. Die derzeitige finanzielle Situation sei aus dem beiliegenden Ansuchen an das Bezirksgericht D. auf Erhöhung des unpfändbaren Einkommens ersichtlich. Unter weiterer Berücksichtigung des Umstandes, daß die Tat in einer wirtschaftlich nicht mehr beherrschbaren Notlage geschehen sei, werde ersucht, das Gnadenrecht zu gewähren.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sah die belangte Behörde einen Teilbetrag in Höhe von S 2.500,-- der rechtskräftig verhängten Geldstrafe von S 10.000,-- im Gnadenwege nach. Zur Begründung wird ausgeführt, Voraussetzung einer Gnadenentscheidung sei das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände, wobei dies keine Frage des Ermessens, sondern der objektiven Sachverhaltsermittlung sei. Nur dann, wenn die Behörde berücksichtigungswürdige Umstände festgestellt habe, werde sie in die Lage versetzt, eine Ermessensentscheidung zu fällen, bei der die Grundsätze der Billigkeit und Zweckmäßigkeit zu beachten seien. Die sehr schwierige persönliche, gesundheitliche und finanzielle Situation des Beschwerdeführers, das lange Zurückliegen der Tat und die bis zur gegenständlichen Bestrafung finanzstrafrechtliche Unbescholtenheit würden von der belangten Behörde als berücksichtigungswürdige Umstände im Sinn des § 187 Finanzstrafgesetz anerkannt. Unter Berücksichtigung der bei der Gnadenentscheidung heranzuziehenden Kriterien erlasse die belangte Behörde "unter großzügiger Anwendung der Möglichkeiten des Gnadenrechts" ein Viertel der Geldstrafe, womit die nunmehr tatsächlich zu bezahlende Geldstrafe ca. 30 % der höchstmöglichen Geldstrafe betrage und noch als angemessen bezeichnet werden könne. Für eine weitere Herabsetzung oder einen vollständigen Nachlaß fehlten hinreichende Gründe, sei doch die Geldstrafe von vornherein im unteren Bereich des Strafrahmens angesetzt worden. Zusätzlich sei auch noch anzumerken, daß erhebliche Beträge an Abgabenschuldigkeiten des Beschwerdeführers vom Finanzamt gelöscht worden seien. Weiters sei dem Beschwerdeführer "überaus schwer anzulasten", daß - wie er selbst in seinem Antrag an das Bezirksgericht angebe - unberichtigten Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 9,000.000,-- bis 10,000.000,-- Schilling lediglich S 4,000.000,-- bis 6,000.000,-- "durch Liegenschaften gedeckt gegenüberstehen, er also seinen Gläubigern ganz erhebliche Nachteile verursacht hat bzw. verursachen wird". Dieser Umstand sei jedoch kein Teil des abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens und werde nur deswegen angeführt, um dem Beschwerdeführer zu verdeutlichen, daß ein derartiger für andere ruinöser Umstand nicht dazu angetan sei, bei der belangten Behörde eine positive Entscheidung herbeizuführen. Auch solle jede Bestrafung (nach dem Willen des Gesetzgebers) eine Härte darstellen, wobei eben im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe die Ersatzfreiheitsstrafe vorgesehen sei.

In der Beschwerde werden Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 187 Finanzstrafgesetz kann bei Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände über Ansuchen des Bestraften die verhängte Strafe ganz oder teilweise nachgesehen werden. Danach und in Verbindung mit der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen vom 15. Dezember 1958, BGBl. Nr. 290/1958, in der Fassung BGBl. Nr. 607/1982, können die Finanzlandesdirektionen durch die Finanzstrafbehörden auferlegte Geldstrafen bis zum Gesamtbetrag von S 120.000,-- nachsehen.

Gemäß § 187 Finanzstrafgesetz hat niemand einen Rechtsanspruch auf die gnadenweise Nachsicht einer Abgabenstrafe, es besteht aber ein Anspruch auf Ermessensübung im Sinn des Gesetzes (Art. 130 Abs. 2 B-VG). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Ermessensentscheidungen jedenfalls insoweit zu begründen, als dies für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 16. Februar 1973, 1798/72, und vom 7. Juli 1978, 1265/77).

Die Ausübung des Gnadenrechtes setzt nach der zitierten Gesetzesstelle das Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Umständen voraus. Die Feststellung dieser Umstände ist keine Frage des Ermessens, sondern der objektiven Sachverhaltsermittlung. Liegen keine berücksichtigungswürdigen Umstände vor, muß das Gnadengesuch als unbegründet abgewiesen werden. Hat die Behörde berücksichtigungswürdige Umstände festgestellt, ist ihr der Weg zu der nach dem Gesetz in weiterer Folge zur treffenden Ermessensentscheidung eröffnet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juli 1987, 87/16/0052, und vom 23. November 1992, 91/15/0071, sowie Sommergruber-Reeger, Finanzstrafgesetz-mit Kommentar, Eisenstadt 1990, Seite 729). Die Ermessensentscheidung muß sich in den Grenzen halten, die das Gesetz (§ 20 BAO) dem Ermessen zieht, wobei § 187 Finanzstrafgesetz nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes der Behörde einen besonders weiten Ermessensspielraum zur Verfügung stellt (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1983, G 34/83-10, und auch die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 8. März 1994, 90/14/0049, sowie vom 11. Dezember 1996, 96/13/0182).

Strebt ein rechtskräftig Verurteilter die gnadenweise Nachsicht der über ihn verhängten Strafe an, dann ist es seine Aufgabe, im Gnadenansuchen das Vorliegen der vom Gesetz dafür vorausgesetzten berücksichtigungswürdigen Umstände zu behaupten. Die Tatsache, daß jemand aus einer schlechten Vermögenslage heraus die rechtskräftig über ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen könne und deshalb eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müsse, stellt für sich allein noch keinen gnadenwürdigen Grund dar (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Februar 1984, 83/13/0166, und vom 21. Mai 1985, 84/14/0192).

Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, daß die vom Gesetz geforderten berücksichtigungswürdigen Umstände gegeben sind. Im Rahmen der Ermessensentscheidung hat die belangte Behörde ein Viertel der rechtskräftig verhängten Geldstrafe nachgesehen. Wenn in der Beschwerde u.a. die Behauptung aufgestellt wird, dem Beschwerdeführer sei das Gnadenrecht verweigert worden, ist dies im Hinblick auf diese erfolgte Nachsichtsgewährung unrichtig. Daß die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung von dem ihr durch das Gesetz eingeräumten Ermessen dem Sinn des Gesetzes zuwider Gebrauch gemacht hätte (Art. 130 Abs. 2 B-VG), ist auch unter Zugrundelegung des Beschwerdevorbringens nicht erkennbar. Der bereits keinen berücksichtigungswürdigen Grund darstellenden Konsequenz der Ersatzfeiheitsstrafe kann im - nachgelagerten - Bereich des Ermessens keine Bedeutung zukommen. Zu dem neuerlich in der Beschwerde betonten schweren Krankheitszustand des Beschwerdeführers ist in diesem Zusammenhang auf die Bestimmung des § 176 Abs. 1 Finanzstrafgesetz hinzuweisen, die u. a. bei Nichtdurchführbarkeit eines dem Wesen der Freiheitsstrafe entsprechenden Strafvollzuges wegen einer Krankheit einen Aufschub des Strafvollzuges vorsieht. Grundsätzlich kann der belangten Behörde weiters kein Vorwurf gemacht werden, daß sie bei ihrer Ermessensentscheidung auch die bisherige Strafhöhe berücksichtigte und eine Herabsetzung auf ca. 30 % der höchstmöglichen Geldstrafe (nach § 49 Abs. 2 Finanzstrafgesetz war dies die Hälfte des nicht entrichteten Betrages) als ausreichend erachtete (vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. November 1992, 91/15/0071). Aus dem Beschwerdevorbringen wird nicht deutlich, warum eine weitere Herabsetzung des (absolut schon eher geringfügigen) Strafbetrages von S 7.500,-- - auch unter generalpräventiven Gesichtspunkten - gerechtfertigt sein könnte. Es kann daher letztlich dahingestellt bleiben, ob die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid betreffend die Verneinung eines weiteren Gnadenerweises die Schuldensituation des Beschwerdeführers darstellte, ohne entsprechend der in der Beschwerde vorgetragenen Verfahrensrüge, Erhebungen anzustellen, wie es zu dieser Überschuldung gekommen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Schlagworte

ErmessenBegründung von Ermessensentscheidungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1997150042.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

10.04.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten