TE Lvwg Erkenntnis 2020/9/2 VGW-001/034/15598/2019, VGW-001/V/034/15599/2019

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 02.09.2020
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Entscheidungsdatum

02.09.2020

Index

L55009 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Wien
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BaumschutzG Wr 1974 §3 Abs1 Z1
BaumschutzG Wr 1974 §3 Abs1 Z3
VStG §45 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

gekürzte Ausfertigung

gemäß § 29 Abs. 5 iVm § 50 Abs. 2 VwGVG

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Dr. Osinger über die Beschwerde des Herrn A. B. sowie der C. GmbH gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 25.10.2019, Zl. …, betreffend Übertretungen des Wiener Baumschutzgesetzes (W-BSG) iVm Verwaltungsstrafgesetz (VStG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20.07.2020

zu Recht e r k a n n t:

I.) Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG die Verfahrenseinstellung verfügt.

II.) Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

III.) Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist gegen dieses Erkenntnis eine ordentliche Revision nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet wie folgt:

„Datum:  21.01.2019

Ort:             Wien, D.

Funktion:  handelsrechtlicher Geschäftsführer

Firma:    C. GmbH mit Sitz in Wien, E.-straße

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der C. GmbH mit Sitz in Wien, E.-straße, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Nutzungsberechtigte der Liegenschaft in Wien, D., am 21.01.2019, folgende verbotene Eingriffe bei 11 Bäumen (Baumnummer 1-11) gesetzt und dadurch die Bestimmungen nach § 3 Abs. 1 des Wiener Baumschutzgesetz, wonach es verboten ist, den in § 1 Abs. 1 bezeichneten pflanzlichen Lebensraum zum Nachteil des Baumbestandes für andere Zwecke zu verwenden und Bäume durch chemische, mechanische oder andere Einwirkungen zu beschädigen, im Wuchs zu hemmen oder zum Absterben zu bringen, nicht eingehalten hat:

?    Bei Baum Nr. 1 wurden 2 Baracken im Kronenbereich aufgestellt und Sand am Boden aufgetragen;

?    Bei Baum Nr. 2 wurde eine Baracke innerhalb des Kronenbereichs errichtet, ein Bottich innerhalb des Wurzelbereichs gelagert und Sand aufgeschüttet;

?    Bei Baum Nr. 3 wurden mehrere chemische Behältnisse gelagert, ein Holzpodest fast am Stamm angelegt und im hinteren Teil ist ein Schlauch von der Kältemaschine angebracht;

?    Bei Baum Nr. 4 wurden mehrere Objekte im Kronenbereich gelagert;

?    Bei Baum Nr. 5 wurde ein Container im Kronen- und Wurzelbereich gelagert;

?    Bei Baum Nr. 6 wurde hinter dem Baum ein Gebäude errichtet, dessen Holzgeländer zu knapp am Baum ist;

?    Bei Baum Nr. 7 wurde eine Überdachung mit einer sehr kleinen Aussparung gebaut;

?    Bei Baum Nr. 8 liegt die Holzterrasse zu knapp an dem Stammfuß;

?    Bei Baum Nr. 9 werden Europaletten und eine Stange im Kronenbereich gelagert und eine Beleuchtung wurde am Kronenansatz angebracht;

?    Bei Baum Nr. 10 wurde eine Holzbank um den Stamm aufgestellt;

?    Bei Baum Nr. 11 wurde innerhalb des Kronenbereichs ein Holzzaun aufgestellt;

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 3 Abs. 1 Z 1 und Z 3 iVm. § 13 Abs. 2 Z 2 Wiener Baumschutzgesetz, LGBl. für Wien Nr. 27/1974 idgF. iVm. § 9 Abs. 1 VStG idgF.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von EUR 1.400,00, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag 8 Stunden gemäß § 13 Abs. 2 Z 2 iVm. § 13 Abs. 3 erster Strafsatz Wiener Baumschutzgesetz idgF.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 – VStG zu zahlen:

EUR 140,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe, jedoch mindestens EUR 10,00 für jedes Delikt.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/kosten) beträgt daher EUR 1.540,00.

Die C. GmbH haftet für die mit diesem Bescheid über den zur Vertretung nach außen berufenen, Herrn A. B. verhängte Geldstrafe von EUR 1.400,00 und die Verfahrenskosten in der Höhe von EUR 140,00 sowie für sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen gemäß § 9 Abs. 7 VStG zur ungeteilten Hand.“

Gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 24/2017, kann das Erkenntnis in gekürzter Form ausgefertigt werden, wenn von den Parteien auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof verzichtet oder nicht binnen zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift gemäß § 29 Abs. 2a eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 von mindestens einem der hiezu Berechtigten beantragt wird. Die gekürzte Ausfertigung hat den Spruch sowie einen Hinweis auf den Verzicht oder darauf, dass eine Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 nicht beantragt wurde, zu enthalten.

Gemäß § 50 Abs. 2 VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013 idF. BGBl. I Nr. 24/2017, hat die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses im Fall der Verhängung einer Strafe überdies die als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten (Z 1), im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe (Z 2) zu enthalten.

Das Verwaltungsgericht Wien hat am 20.07.2020 in der gegenständlichen Beschwerdesache eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt und sodann das Erkenntnis mit den wesentlichen Entscheidungsgründen verkündet.

Die in der mündlichen Verhandlung angefertigte Niederschrift, welcher eine Belehrung gemäß § 29 Abs. 2a VwGVG angeschlossen war, wurde dem Vertreter der Beschwerdeführer unmittelbar ausgefolgt bzw. der belangten Behörde am 21.07.2020 zugestellt. Somit wurde die Niederschrift sämtlichen zur Erhebung einer Revision beim Verwaltungsgerichtshof oder einer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof legitimierten Parteien und Organen ausgefolgt oder zugestellt.

Keine zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof beziehungsweise Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof legitimierte Partei und kein hierzu legitimiertes Organ hat innerhalb der gemäß § 29 Abs. 5 VwGVG normierten Frist von zwei Wochen nach Ausfolgung bzw. Zustellung der Niederschrift einen Antrag auf Ausfertigung des Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 4 VwGVG gestellt.

Wesentliche Entscheidungsgründe:

Der zugrundeliegenden Anzeige der MA 42 vom 21.01.2019 iVm. der Anzeigenergänzung vom 22.02.2019 ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob hinsichtlich der Bäume 1 bis 11 von unzulässigem Eingriff iSd. § 3 Abs. 1 Z 1 Wiener Baumschutzgesetz (Verwendung des pflanzlichen Lebensraumes zum Nachteil des Baumbestandes) oder iSd. § 3 Abs. 1 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz (konkrete nachteilige Einwirkung auf den Baum iS. einer Beschädigung oder Wuchshemmung) auszugehen ist, auch im weiteren Verfahren keine eindeutige diesbezügliche Festlegung durch die MA 42 erfolgt, im angefochtenen Straferkenntnis in Folge dessen hinsichtlich der Bäume 1 bis 11 diese konkurrierenden Tatbestände kumulativ vorgeworfen, hinsichtlich Eingriff iSd. § 3 Abs. 1 Z 1 Wiener Baumschutzgesetz (Verwendung des pflanzlichen Lebensraumes zum Nachteil des Baumbestandes) durch eingeholte Stellungnahmen der MA 36, MA 37 und des MBA feststellbar, dass die im Kontrollzeitpunkt 21.01.2019 vorhandenen Baulichkeiten durch Baubescheide der MA 37 vom 14.10.2014 und 24.03.2016, Betriebsanlagenbescheide vom 17.09.2007, 20.09.2010, 05.03.2014 und 14.09.2016 sowie Veranstaltungsbescheid vom 14.11.2018 grundsätzlich bewilligt, d.h. allfällige nachteilige Verwendung des betreffenden Bereiches, in dem Bäume stocken, grundsätzlich durch entsprechend bewilligte gewerbliche bzw. veranstaltungsrechtliche Maßnahmen gedeckt war, d.h. diesbezügliche Nachteile auch iSd. Wiener Baumschutzgesetzes offenbar nicht als unzulässig einzustufen sind, zumal Subsidiarität des Wiener Baumschutzgesetzes gegenüber etwa der GewO 1994 gegeben bzw. grundsätzliche Mitberücksichtigung des Baumbestandes insbesondere im Bauverfahren erfolgt, in dem auch Seitens der MA 42 keine grundsätzlichen Bedenken gegen Aufstellung der Baulichkeiten geäußert wurden, somit diesbezüglich keine Tatbestandsverwirklichung erkennbar, hinsichtlich Eingriff iSd. § 3 Abs. 1 Z 3 Wiener Baumschutzgesetz (konkrete nachteilige Einwirkung auf den Baum iS. einer Beschädigung oder Wuchshemmung) durch Stellungnahmen der MA 42 im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Stellungnahmen vom 26.05.2020 und 02.07.2020) seitens der MA 42 konkret beanstandete Schäden bzw. Wuchshemmnisse näher konkretisiert, lediglich hinsichtlich Baum Nr. 1 im Schreiben vom 26.05.2020 angeführte geringe Wuchsleistung des Baumes (1,6 cm) nicht eindeutig den beiden nicht direkt am Stamm angebauten Baulichkeiten (Abplankung einer Holzterrasse bzw. schmale Holzbaracke an der F.-mauer) zuordenbar, da sonstige Wuchshemmnisse nicht auszuschließen, ganz abgesehen von mangelnder Anlastung des Bestandes dieser beiden Objekte während des gesamten Zeitraumes 2015 bis 2020, somit hier kein direkter kausaler Zusammenhang nachweisbar, Errichtung der „Holzhütte“ im Bereich Baum Nr. 7 baupolizeilich bewilligt, abgesehen davon Baum aufgrund Stammumfanges unter 40 cm gar nicht unter den Schutz des Wiener Baumschutzgesetzes fallend (auch kein Ersatzbaum), hinsichtlich Bäume 3, 5 und 6 in der verfahrenseinleitenden Anzeige keine Erwähnung der in den Stellungnahmen vom 26.05.2020 und 02.07.2020 angeführten Schäden durch zu enge Terrassenbretter und auch keine diesbezügliche Anlastung im Straferkenntnis, hinsichtlich Baum Nr. 9 in den Schreiben vom 26.05.2020 und 02.07.2020 offenkundig Schäden nahe des Bodens und somit in keinem Zusammenhang mit dem am Foto vom 21.01.2019 ersichtlichen Zustand der Baulichkeiten rings um den Baum festgestellt, laut Erläuterungsschreiben vom 22.02.2019 angeführte „Europaletten“ tatsächlich Holzgeländer rings um den Baum zu dessen Schutz, hinsichtlich Baum Nr. 10 keine konkrete Benennung eines Schadens durch rings um den Baum aufgestellte Holzbank durch die MA 42, auf vorliegenden Fotos keine Berührung der Rinde des Baumes durch die Holzbank erkennbar, abgesehen davon auch keine Konkretisierung konkreter Schäden an den Bäumen durch die teilweise angelasteten Maßnahmen (vgl. VwGH vom 26.09.1983, 83/10/0179), somit im Ergebnis keine sichere Zuordnung allenfalls auch erst nach dem Tatzeitpunkt durch nachfolgende Bauarbeiten entstandener Schäden an den bezifferten Bäumen möglich, somit Verfahrenseinstellung zu verfügen.

Deshalb konnte das Erkenntnis gemäß § 29 Abs. 5 iVm. § 50 Abs. 2 Z 2 VwGVG gekürzt ausgefertigt werden.

Schlagworte

Baumschutz; Eingriff; Einstellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2020:VGW.001.034.15598.2019

Zuletzt aktualisiert am

04.12.2020
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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